Warum so geringe Nachhallzeit bei so schlechter Akustik?

+A -A
Autor
Beitrag
floschu
Inventar
#1 erstellt: 08. Aug 2007, 11:26
Hallo Ihr Spezialisten!

Bin mit dem Klang meiner Anlage eigentlich sehr zufrieden, aber wer kennt nicht den Drang, immer etwas mehr zu wollen.
Da Akustikmaßnahmen ja ohen Zweifel die wirksamsten und verhältnismäßig günstigsten Mittel sind, habe ich mich entschlossen, mich mit der nicht ganz einfachen Materie zu beschäftigen (An diese Stelle schonmal 1000 Dank an Poison_Nuke für seine erstklassigen Tutorials!

Habe nun meinem Raum vermessen, auch wenn ich zwecks Umzug im Oktober hier keine Maßnahmen mehr anwenden werde.
Erwartungsgemäß gleicht der Frequenzgang einem Hochgebirgspanorama (natürlich inkl. der dank hier gefundener Formel berechneter Raummmoden bei 38Hz und 76Hz).
Was mich wundert sind nur die Nachhallzeiten im Wasserfalldiagramm!
Diese liegen nämlich größtenteils sogar unter den empfohlenen 0,25-0,4ms, ohne dass ich (bewusst) absorbiert habe.
Woran kann das liegen?

Hier ein Grundriss des Raumes:

Bodenbelag ist niederfloriger Teppich, an der Wand hinter den LS ist eine Dachschräge, die sich bis ca. 2/3 in den Raum hineinzieht.
Grün sind die Lautsprecher, rot der Subwoofer.

Die Messergebnisse gibt es hier:
http://img180.imageshack.us/img180/9488/frequenzcw2.jpg
http://img180.imageshack.us/img180/3853/wasserfallrj2.jpg

Gruß, Florian
Maui74
Inventar
#2 erstellt: 08. Aug 2007, 11:44
Hallo!

Da gibt es zwei Gründe:
zum einen die Dachschräge, die naturgemäß den Schall in eine andere Richtung reflektiert als eine gerade Wand, wodurch das Ohr (und die Messmikrofone) einen geringen Nachhallwert ermitteln.

Der andere Grund:
das Zimmer ist schlichtweg zu voll! Bett, Schrank, Sessel, Teppich, vermutlich Vorhänge an den Fenstern und noch "Körmel in den Ecken"...
All dies dämpft, und zwar gewaltig!

Wenn Du umziehst, mach Dir doch mal den Spass und räum jedes größere Teil einzeln raus, und mess dann jedesmal aufs Neue. Das wäre ein sehr interessantes Projekt! Den Effekt jedes Möbelstücks auf den Klang zu ermitteln.

Gruß,
Maui.
floschu
Inventar
#3 erstellt: 08. Aug 2007, 11:54
Hallo!

erstehe ich Dich richtig, dass die Nachhallzeit also gar nicht so gering ist, sondern die Schräge nur das Mikro "täuscht"?

Dass es zu voll (für eine Musikzimmer) ist, weiß ich natürlich, aber leider muss der Raum auch noch den nebensächlichen Zweck erfüllen, dass ich in ihm leben kann...
Vorhänge und Gerümpel gibt es dagegen nicht, die Skizze trifft den Kern schon recht genau.

Das Problem ist, dass meine nächste Bleibe wohl kaum größer wird (Studentenbude). Ich werde zwar wieder versuchen, die Anlage möglichst gut aufzustellen, aber die Frage ist eben, inwiefern das möglich sein wird.

Wenn ich dann mit Absorbern gezielt Verbesserungen vornehmen kann, werde ich auf jeden Fall nicht davon Abstand nehmen!

Gruß, Florian
Maui74
Inventar
#4 erstellt: 08. Aug 2007, 12:07

floschu schrieb:
erstehe ich Dich richtig, dass die Nachhallzeit also gar nicht so gering ist, sondern die Schräge nur das Mikro "täuscht"?

"Täuschen" ist vielleicht nicht ganz richtig. Aber es kommen durch die Schräge im Zimmer weniger reflektierte Schallwellen auf direktem Wege zurück, obwohl die Decke in der Menge genauso Schall reflektiert wie die umgebenden Wände. Aber halt in eine andere, quasi "diffuse" Richtung, was dann unser Ohr nicht mehr als Hall wahrnimmt. Dies trifft insbesondere auf Zimmer mit Gauben zu.

Dass es zu voll (für eine Musikzimmer) ist, weiß ich natürlich, aber leider muss der Raum auch noch den nebensächlichen Zweck erfüllen, dass ich in ihm leben kann...

Ist das nicht Pech....

Gruß,
Maui.
floschu
Inventar
#5 erstellt: 08. Aug 2007, 12:18
Also ist die Schräge klanglich sogar von Vorteil!?
Hätte mir das nie denken können, aber so wie ich Dich jetzt verstehe, sorgt sie ja dafür, dass mich weniger Reflexionen erreichen, weil diese sonstwo landen und mich somit ein verhältnismäßig größerer Anteil an Direktschall erreicht?
Den gleichen Effekt versucht man doch auch zu erzielen, wenn man mit der Spiegelmethode gezielt Absorber aufstellt, oder?

Tja, ich gehe davon aus, dass ich mir eines Tages einen extra Hörraum einrichten werde, aber bis dahin gilt es, dass Beste aus den vorhandenen Mitteln/Räumlichkeiten zu machen...


Gruß, Florian
Ydope
Inventar
#6 erstellt: 08. Aug 2007, 12:31
Hi,

den absoluten Zahlen von Carma darf man beim Wasserfall nicht trauen. Ich gehe jede Wette ein, dass z.B. deine tiefsten Modalfrequenzen länger nachklingen als dieser Wasserfall suggeriert.
Die Theorie mit der Dachschräge kann ich auch nicht wirklich nachvollziehen.

Gruß
Maui74
Inventar
#7 erstellt: 08. Aug 2007, 12:35
Stimmt!

Ich hab mein Heimkino auch unterm Dach eingerichtet, und stehende Wellen oder sonstiger Blödsinn ist bei mir noch nie aufgetreten.
Wichtig bei Dachschrägen ist allerdings, dass man nicht quer zur Schräge den Schall ausrichtet, sondern längs. Anderenfalls hat man ein Ungleichgewicht zwischen Links/Rechts.

Überleg Dir doch nur mal, wie moderne Multiplexkinos aufgebaut sind: die überhöhten, ansteigenden Sitzplätze sind wie eine umgedrehte Dachschräge und sorgen nicht nur für bessere Sicht, sondern auch für besseren Ton!

Gruß,
MAui.
Ydope
Inventar
#8 erstellt: 08. Aug 2007, 12:39

Maui74 schrieb:

Ich hab mein Heimkino auch unterm Dach eingerichtet, und stehende Wellen oder sonstiger Blödsinn ist bei mir noch nie aufgetreten.


Nichts für ungut, aber stehende Wellen hast du immer, wenn du Reflektionen hast.
Wenn du keine stehenden Wellen hättest, hättest du Freifeldbedingungen.

Gruß
floschu
Inventar
#9 erstellt: 08. Aug 2007, 12:40
Nun, dass die Werte nicht zu 100% genau sind, habe ich mir schon gedacht, aber es sind ja immerhin Anhaltspunkte.
Es wundert mich halt, wenn ich hier lese, dass 0,25-0,4ms eine erstrebenswerte Nachhallzeit sind, die aber nur mit gründlichen raumakustischen Maßnahmen zu erreiche ist.
Inthro etwa, der seinen Raum ja akustisch sehr schön und der Theorie nach als Vorzeigebeispiel hergerichtet hat, hat höhere Nachhallzeiten als ich, der nichts gemacht hat, außer mal eine Messung durchzuführen.
Wie kann das sein?

Gruß, Florian
Ydope
Inventar
#10 erstellt: 08. Aug 2007, 12:52
Hi,

eine Messung ist keine Messung.
Miss mal hiermit: http://www.hometheatershack.com/roomeq/
Dass du im gesamten Bassbreich nach 0,3 Sekunden bei -40dB bist, ist schlicht unmöglich ohne Bassabsorption.

Gruß
floschu
Inventar
#11 erstellt: 08. Aug 2007, 12:56
Hmm, muss ich mich wohl echt in ein weiteres Programm einlesen.

Dachte immer, dass Carma recht Aussagekräftig ist und (auch hier) das am weitesten verbreitete Tool ist...

Gruß, Florian
inthro
Inventar
#12 erstellt: 08. Aug 2007, 14:19
Hallo Florian,


bezgl der Nachhallzeiten würde mich der Pegel des Messsignals interessieren. Denn diese Messung kann nicht stimmen.
Beachte, dass das Messsignal 60 dB über dem Rugepegel liegen muss. Das heisst in den meisten Fällen ein Messpegel von 90-95 dB! Die muss man mit üblichen Hifi-LS bei entsprechender Entfernung zum Mikro erst mal erreichen....

Falls du die Messung noch mal wiederholen möchtest, aber bitte Vorsicht, wäre nicht der erste Hochtöner, der dabei die Grätsche macht



Grüsse Andy
floschu
Inventar
#13 erstellt: 08. Aug 2007, 14:26
Aha, DAS wird die Erklärung sein!
Ich habe die Messungen bei dem Pegel durchgeführt, mit dem ich normalerweise Musik höre bzw. Filme schaue. Imho nicht gerade leise!
Bei CARMA gibt es ja so einen Balken, der ausschlägt, wenn das Messsignal übertragen wird und der kommt dabei bei mir nur bis knapp über die Hälfte.
In der BDA steht ja, dass man bei externen Signalen die Skala fast ausschöpfen sollte, wie es mit den (von mir verwendeten) internen Signalen aussieht, steht da allerdings nicht.
Wenn ich allerdings auch die Skala fast füllen sollte, dass würde ich exorbitante Lautstärken erzielen!

Gruß, Florian
audiohobbit
Inventar
#14 erstellt: 08. Aug 2007, 14:48
um die T60 zu erreichen müssen die werte bei -40 db sowieso erstmal mit 1,5 multipliziert werden. und i.d.r. ist die T60 gemeint wenn man anzustrebende nachhallzeiten von 0,2 bis 0,3 ms angibt.
und aus verschiedenen threads hier lese ich heraus, dass carma da recht konservativ darzustellen scheint.
inthro
Inventar
#15 erstellt: 08. Aug 2007, 15:06
Sicher sind die Angaben von Carma (den Nachhall betreffend) nicht "richtig", sind m.E. ausreichend, Tendenzen aufzuzeigen.

Die Messung mit Carma in meinem leeren Raum (davon drei Begrenzungsflächen in Trockenbauweise und eine grosse Fensterfront) ergab eine T60 von knapp 2 sec bei 40 Hz. Relativ realistisch, denke ich.


Grüsse Andy
floschu
Inventar
#16 erstellt: 08. Aug 2007, 15:18

audiohobbit schrieb:
um die T60 zu erreichen müssen die werte bei -40 db sowieso erstmal mit 1,5 multipliziert werden. und i.d.r. ist die T60 gemeint wenn man anzustrebende nachhallzeiten von 0,2 bis 0,3 ms angibt.


Hier kann ich doch Abhilfe schaffen, indem ich vor der Berechnung angebe, dass das Wasserfalldiagramm bis -60dB, statt bis -40dB anzeigen soll, oder?
Müsste dann doch auf das gleiche Ergebnis hinauslaufen.
Dann sieht es jedenfalls so aus:


Gerne würde ich ja nochmal mit höherer Lautstärke messen, aber ich traue mich nicht so recht...

Gruß, Florian
aktivposten
Stammgast
#17 erstellt: 08. Aug 2007, 16:36

floschu schrieb:

Gerne würde ich ja nochmal mit höherer Lautstärke messen, aber ich traue mich nicht so recht...

Gruß, Florian

Kenne ich
Da hilft nur ein Schallpegelmessgerät. Meine ersten Messungen lagen so bei 80 dB habe ich später herausgefunden, das fand ich schon sehr laut
Poison_Nuke
Inventar
#18 erstellt: 08. Aug 2007, 21:28
also wenn deine Lautsprecher 95dB laut sind (dauerpegel), dann kannst du z.T. nichtmal mehr deine eigene Stimme verstehen
daher trag ich bei solchen Messungen immer Gehörschutz, wobei man dann nicht so recht hört, ob der LS gerade schon verzerrt oder nicht. Auf diese Weise sind mit auch schon 2 Hochtöner verbrannt.

am besten so weit aufdrehen, wie es sauber klingt, idealerweise mit weißem Rauschen. Mit der Hand am Lautstärkeregler immer höher gehen, und wenn es dann anfängt deutlich unsauber zu klingen, sofort runter. Dann weißt wenigstens, was die LS aushalten und dann kannst die Messlautstärke entsprechend einstellen (etwas darunter).

Des Weiteren würde ich für eine aussagekräftigere Messung den Frequenzgang im Bass absenken, entweder mit einem EQ oder mit einem "Bassregler" am Verstärker, denn derzeit ist der Hochtonbereich im Pegel schon recht niedrig, wodurch die Nachhallzeit auch nicht korrekt ist. Denn das Wasserfalldiagramm zeigt ja nur an, wann der Pegel absolut gesehen 60dB leiser geworden ist. Wenn dabei aber schon der Anfangspegel einer Frequenz -10dB beträgt, dann ist sie nach relativ 50dB Pegelabnahme schon aus der Betrachtung von Carma raus.



floschu schrieb:
(An diese Stelle schonmal 1000 Dank an Poison_Nuke für seine erstklassigen Tutorials!

bitte
Kay*
Inventar
#19 erstellt: 09. Aug 2007, 00:44


die Decke in der Menge genauso Schall reflektiert wie die
umgebenden Wände.


NÖ!

alle Formen von Dachkonstruktionen, die ich mir vorstellen
kann (Flach-/Betondach mal vergessen) sind derart
verlustbehaft, dass man von einem "unkontrollierten"
(=undefiniert) Plattenresonanzabsorber ausgehen sollte,
bzw. der tieffrequente Schall geht einfach durch.


mein Heimkino auch unterm Dach eingerichtet, und stehende
Wellen oder sonstiger Blödsinn ist bei mir noch nie
aufgetreten

glaube ich nicht, es sein denn du hast nur Dachflächen.

andrs sieht es natürlich bei den Mitten und Höhen aus,
aber da hat die Einrichtung eine gewisse Wirkung.
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Nachhallzeit
gizzi001 am 29.07.2005  –  Letzte Antwort am 30.07.2005  –  4 Beiträge
Nachhallzeit
raw am 17.01.2004  –  Letzte Antwort am 10.02.2004  –  14 Beiträge
Nachhallzeit, grundsätzliches
focal_93 am 17.10.2007  –  Letzte Antwort am 03.11.2007  –  184 Beiträge
Nachhallzeit
Limiter_db am 01.09.2004  –  Letzte Antwort am 02.09.2004  –  2 Beiträge
Nachhallzeit
verstehnix am 30.06.2004  –  Letzte Antwort am 10.07.2004  –  8 Beiträge
Erstes Wohnheimkino mit schlechter Akustik
Crusher21 am 04.09.2015  –  Letzte Antwort am 05.09.2015  –  17 Beiträge
Nachhallzeit verringern...
raw am 12.12.2003  –  Letzte Antwort am 14.12.2003  –  13 Beiträge
Nachhallzeit Mitteltonbereich
castorpollux am 27.08.2005  –  Letzte Antwort am 27.08.2005  –  2 Beiträge
Nachhallzeit verringern
elPato am 01.09.2010  –  Letzte Antwort am 03.09.2010  –  4 Beiträge
Akustik verbessern
Hannibalor am 09.04.2011  –  Letzte Antwort am 11.04.2011  –  8 Beiträge
Foren Archiv
2007

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.736 ( Heute: 7 )
  • Neuestes Mitglied-MoritzL-
  • Gesamtzahl an Themen1.551.094
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.537.960

Hersteller in diesem Thread Widget schließen