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Wohnzimmertaugliche Raumakustiktips

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till285
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 05. Sep 2007, 22:39
Hallo@all

ich habe im Wohnzimmer meine Anlage stehen. Klingt soweit gut, da die Komponeneten sich dizipliniert zeigen. Soll heissen, keine Fehltöne, wie Dröhnen, fehlende Bässe o.ä.

Natürlich geht trotzdem noch was. Der Klang wird am besten, wenn ich testweise die Boxen ca. 80cm in den Raum ziehe. Dann steht keine TV Rack mehr zwischen den Boxen. Wesentlich grössere Bühne und gesteigerte Räumlichkeit

Raum 4,5m auf 6,5m

Um den Raum mal darzustellen gibts zwei Fotos.






Wer hat noch ideen, die der Raumakustik dienlich wären, ohne den Hausfrieden zu stören.

mfg
Klaus-R.
Inventar
#2 erstellt: 06. Sep 2007, 11:35
Moin,

das erste, was einer Behandlung bedürfte, wäre eine zu grosse Nachhallzeit. Solange es nicht zu stark hallt, kein Problem. Messen brauchste nix, einfach lauschen reicht. Nachhallzeit ist ein Parameter, der in grossen Räumen (Konzertsäle etc.) wichtig ist, in kleinen Räumen (Wohnzimmer) spielt er keine Rolle, ausser, wenn sie zu hoch ist.

Das zweite, was einer Behandlung bedürfte, wären Raumresonanzen, die am Hörplatz störend in Erscheinung treten.

Frühe Reflexionen brauchen in der Regel nicht behandelt zu werden, dies im Gegensatz zu der landläufigen Meinung, die, wie ich in den letzten paar Monaten feststellen musste, falsch ist. Die einzigen Reflexionen, die man absorbieren könnte, weil eventuell ein positiver Effekt auftritt, sind die von den Wänden hinter Box und Hörplatz.

Toole, "Loudspeakers and Rooms for Sound Reproduction—A Scientific Review", Journal of the Audio Engineering Society Volume 54 Number 6 pp. 451-476; June 2006

Moulton, "The Significance of Early High-Frequency Reflections from Loudspeakers in Listening Rooms", AES preprint 4094 (1995)

Kuttruff, "Sound Fields in Small Rooms", The AES 15th International Conference: Audio, Acoustics & Small Spaces,
Paper Number: 15-002 (September 1998)


Klaus
Ydope
Inventar
#3 erstellt: 06. Sep 2007, 14:30

Klaus-R. schrieb:

Frühe Reflexionen brauchen in der Regel nicht behandelt zu werden, dies im Gegensatz zu der landläufigen Meinung, die, wie ich in den letzten paar Monaten feststellen musste, falsch ist. Die einzigen Reflexionen, die man absorbieren könnte, weil eventuell ein positiver Effekt auftritt, sind die von den Wänden hinter Box und Hörplatz.


Wieso das denn?

Das Hauptproblem ist hier mal wieder der Klassiker mit der nahen Rückwand. Da sollte man auf jeden Fall möglichst viel absorbieren
In den Frequenzbereichen, wo man dort nicht absorbieren kann, kann man einen satten Kammfiltereffekt erwarten, mit engeren und höheren Zacken, je näher man der Rückwand ist.

Gruß
Klaus-R.
Inventar
#4 erstellt: 07. Sep 2007, 09:47
Moin Ydope,

es scheint, als ob man Kammfiltereffekte zwar prima messen, aber nicht gut hören kann (Moulton 1995, Toole 2005, 2006).

Ausserdem hat Bech gefunden, dass nur die Bodenreflexion stark genug ist, um einen inviduellen Einfluss auf Klang und Lokalisation zu haben:

"Perception of Reproduced Sound: Audibility of Individual Reflections in a Complete Sound Field, III"
AES Preprint 4195 (1996)


Weiterhin stammt der "audiophil zwingende Bedarf", den heimischen Wohnraum akustisch zu behanden, aus dem Studiobereich, wo er dringend notwendig ist, im trauten Heim trifft dies jedoch nicht zu:

Toole, "The Acoustics and Psychoacoustics of Loudspeakers in Small Rooms: A Review", 119th AES Convention, October, 2005 - Tutorial

Völker, "Acoustics in Control Rooms-That Recurring, Burdensome Subject", AES Preprint 4832 (1998)


Toole sagt (JAES "2006), daß Reflexionen von den Wänden hinter Box und Hörplatz den geringsten positiven Effekt aller vorhandenen Reflexionen aufweisen, was er nicht sagt, ist, daß sie einen negativen Effekt haben und daher unbedingt ausgemerzt werden müssen!


Es scheint, als ob im Bereich Akustik und Behandlung von akustisch kleinen Räumen vieles falsch verstanden worden ist.

Klaus
inthro
Inventar
#5 erstellt: 07. Sep 2007, 11:25
Hallo Klaus,



Es scheint, als ob im Bereich Akustik und Behandlung von akustisch kleinen Räumen vieles falsch verstanden worden ist.



Nun,in Anlehnung an deine Zitate habe ich andere Erfahrungen gemacht. Sicherlich kann ich jetzt nur für meinen Geschmack sprechen, ziehe aber, was Stichwörter wie Nachhall, Hallradius, Ortungsschärfe, stabile Phantomschallquellen und frequenzneutrale BSP angeht, pauschal angehauchte Schlussfolgerungen.

Die Stereophonie lebt von gewissen Grundsätzen und kann in ihrer eigentlichen Funktion nur dann funktionieren, wenn gewisse Parameter stimmen.
Diese in einem normalen, unbehandelten Wohnraum, bei Hörabständen über einen Meter zu realisieren, ist schier unmöglich. Jedenfalls nicht perfekt.
Akustische Symmetrie und praxisgerechte Nachhallzeiten sind nun mal leider nicht so einfach zu erreichen.
Die Stereophonie funktioniert nicht durch Reflexionen, nur der eigene Geschmack. Dabei ist der Eindruck von Räumlickeit bei der Wiedergabe von Musik nur eine untergeordnete Aufgabe des Raumes.

Ist natürlich alles eine Frage des Anspruchs



Grüsse Andy
Klaus-R.
Inventar
#6 erstellt: 07. Sep 2007, 12:28
Hallo Andy,

ich bin zufällig auf den obengenannten Artikel von Floyd Toole gestossen, und daraus wird deutlich, daß, wie gesagt, einiges im Bereich Akustik kleiner Räume falsch verstanden worden ist. Der Artikel hat mich sehr überrascht, weil auch ich bis dato diese falschen Auffassungen geteilt hatte.

Nachhall z.B. ist der wichtigste Parameter in grossen Räumen wie Konzertsälen, in kleinen Räumen jedoch relativ bedeutungslos, ausser die Nachhallzeit ist zu hoch. Ob sie zu hoch ist, lässt sich ohne aufwendige Messtechnik feststellen. Wenn man denn doch messen will, muss man eine rundumabstrahlende Schallquelle benutzen, ein (mehr oder weniger bündelnder) Lautsprecher führt nicht zur Messung der Nachhallzeit des Raumes. Nachhallzeit ist eine Raumgrösse, ein bündelnder LS erzeugt ein Reflexionsfeld, welches von der Abstrahlcharakteristik des LS sowie der Position im Raum bestimmt wird.

Auch das Konzept der Schröder-Frequenz ist in kleinen Räumen nicht mehr gültig, der Übergang von dem Bereich, wo Raummoden vorherrschen (wellenakustischer Bereich) zum Bereich der geometrischen Akustik (Raummoden so dicht, daß die einzelne Raumresonanz nicht mehr hervortritt) ist bei höheren Frequenzen, als man nach Schröder berechnen kann (Baskind 2002).

Hallradius: auch eine Grösse, die eigentlich nur im Konzertsaal Bedeutung hat, wo ein diffuses Schallfeld (Nachhall) vorhanden ist. Das Schallfeld in kleinen Räumen besteht aus Direktschall, frühen Reflexionen und einem unbedeutenden Nachhallfeld:

Toole, JAES 2006 sowie Kuttruff, "Sound Fields in Small Rooms", The AES 15th International Conference: Audio, Acoustics & Small Spaces (September 1998)

In Konzertsälen wirst Du keine Absorber finden, die Reflexionen sind wichtig für das Klangereignis. Es wird immer und überall gesagt, daß man in Hörräumen unbedingt die ersten Reflexionen eliminieren soll (EBU, Tonmeister: 15 ms, um 10 dB). Es hat sich jedoch herausgestellt, daß z.B Sprachverständlichkeit besser ist, sobald frühe Reflexionen vorhanden sind (Bolt 1950, Muney 1953, Nakajima 1991, Toole 2006). Bei Musikwiedergabe wird die Anwesenheit früher Reflexionen bevorzugt (Ando 1985), wobei der Pegel natürlich auftretender Reflexionen (Devantier 2002) unterhalb der präferierten Pegel liegt.

Du sagt "Stereophonie funktioniert nicht durch Reflexionen". Die diesbezügliche Literatur sagt, daß Reflexionen einer der 2 Hauptbestandteile des Geschehens sind.

Reflexionsbekämpfung ist sehr deutlich ein Thema, das jeder für sich beurteilen muss, aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keinen Grund, sie auszumerzen, im Gegenteil!

Ein normal möblierter Wohnraum mit Teppichen bzw. Teppichboden, Vorhängen usw. bedarf keinerlei akustischer Behandlung. Raumresonanzen können eventuell ein Problem sein, dies ist jedoch durch Verrücken von LS oder Hörplatz zu lösen. Wie gesagt, ich war überrascht durch die Aussagen und Schlussfolgerungen des Artikels von Toole.


Klaus


[Beitrag von Klaus-R. am 07. Sep 2007, 12:31 bearbeitet]
inthro
Inventar
#7 erstellt: 07. Sep 2007, 13:00

Nachhall z.B. ist der wichtigste Parameter in grossen Räumen wie Konzertsälen, in kleinen Räumen jedoch relativ bedeutungslos, ausser die Nachhallzeit ist zu hoch. Ob sie zu hoch ist, lässt sich ohne aufwendige Messtechnik feststellen. Wenn man denn doch messen will, muss man eine rundumabstrahlende Schallquelle benutzen, ein (mehr oder weniger bündelnder) Lautsprecher führt nicht zur Messung der Nachhallzeit des Raumes. Nachhallzeit ist eine Raumgrösse, ein bündelnder LS erzeugt ein Reflexionsfeld, welches von der Abstrahlcharakteristik des LS sowie der Position im Raum bestimmt wird.



Wiederspricht sich das nicht ein bischen? Die Nachhallzeit ist bedeutungslos, ausser sie ist zu hoch....?

Nicht umsonst wird bei professionellen Messungen ein Dodekaeder verwendet. Kann man aber einigermassen umgehen, indem man die Schallquelle in eine Raumecke stellt und an der gegenüberliegenden Raumecke(n) misst.

In Konzertsäälen kommt es darauf an, möglichst an jedem Punk des Saales eine gleichlaute Darbietung zu realisieren. Daher gezielte Diffusion oder "Schalllenkung".



Hallradius: auch eine Grösse, die eigentlich nur im Konzertsaal Bedeutung hat, wo ein diffuses Schallfeld (Nachhall) vorhanden ist. Das Schallfeld in kleinen Räumen besteht aus Direktschall, frühen Reflexionen und einem unbedeutenden Nachhallfeld


Das verstehe ich nicht ganz. Wo ist da der Bezug zur Raumgrösse? Der Hallradius berechnet sich aus der Bündelung des LS, dem Raumvolumen und der Nachhallzeit. Das lässt sich auf jede Raumgrösse anwenden. Warum der Hallradius in kleinen Räumen eine untergeordnete Rolle spielen soll, erschliesst sich mir nicht ganz.


Es hat sich jedoch herausgestellt, daß z.B Sprachverständlichkeit besser ist, sobald frühe Reflexionen vorhanden sind


Frühe Reflexionen haben doch erst mal nichts mit der Nachhallzeit zu tun.
Meines Wissens sorgen frühe Reflexionen <20 ms für eine, für das menschliche Ohr nicht zu unterscheidende, Verfälschung des Originalsignals. Das dies u.U. für eine subjektiv "bessere" Räumlichkeit sorgen kann, ist eine andere Sache.

Für mich ein bischen schwer, mit dir darüber zu diskutieren, da ich diese Bücher nicht gelesen habe (fehlende Englischkenntnisse und mangelndes Geld).
Und aus ein paar stark zusammengefassten Sätzen fällt es mir schwer, einen Weg des Nachvollziehens zu finden.

Schade.



Grüsse Andy
Klaus-R.
Inventar
#8 erstellt: 07. Sep 2007, 14:26

Wiederspricht sich das nicht ein bischen? Die Nachhallzeit ist bedeutungslos, ausser sie ist zu hoch....?


Im KOnzertsaal herrscht eine diffuses Schallfeld, d.h. homogen und isotrop, alle Hörer sitzen im Nachhallfeld, die ersten paar Reihen kriegen vielleicht noch ein bisschen Direktschall ab. Daher ist die Nachhallzeit der einzige Raumparameter, der von Bedeutung ist. Im kleinen Räumen hat das Nachhallfeld sehr untergordnete Bedeutung (Kuttruff). Zu hohe Nachhallzeiten à la Badezimmer sollten natürlich nicht vorliegen. Ein normal möblierter Wohnraum ist nicht hallig, also liegt auch kein Problem vor, das man behandeln müsste. Untersuchungen zur "optimalen" Nachhallzeit in Wohnräume sind mir in der diesbezüglichen nicht untergekommen. Falls Du da irgendwelche Hinweise hats...

Da in Konzertsälen keine Raummoden vorliegen (Schröder-Frequenz typischerweise unterhalb von ca. 30 Hz), in kleinen Räumen aber sehr wohl, ist die Nachhallzeit in kleinen Räumen frequenzabhängig (Pegelabfall über Zeit, in logarithmischer Darstellung: linear bei hohen, gekrümmt bei niedrigen Frequenzen).



Das verstehe ich nicht ganz. Wo ist da der Bezug zur Raumgrösse? Der Hallradius berechnet sich aus der Bündelung des LS, dem Raumvolumen und der Nachhallzeit. Das lässt sich auf jede Raumgrösse anwenden. Warum der Hallradius in kleinen Räumen eine untergeordnete Rolle spielen soll, erschliesst sich mir nicht ganz.


Die (fehlende) Raumgrösse hat zur Folge, daß kein diffuses Schallfeld mehr entsteht. Der Hallradius im klassischen Sinne ist der Abstand, wo Direktschall und Nachhallfeld gleich laut sind. Das Nachhallfeld im Konzertsaal (nicht bündelnde Schallquelle) ist nicht überall gleich, sondern fällt mit zunehmendem Abstand von der Schallquelle ab. Fügt man absorbierende Materialien hinzu, wird der Hallradius grösser. Bündelt die Schallquelle, wird der Hallradius grösser. In kleinen Räumen befindet sich der Hörer in einem Bereich, bei typischen Hörabständen, wo Direktschall und frühe Reflektionen überwiegen, das Nachhallfeld vernachlässigbar ist (Toole 2006), mit zunehmendem Abstand abnimmt und zudem frequenzabhängig ist. Das Schallfeld ist anisotropisch und zeitlich nicht konstant (Gover 2004). Die Formel von Sabine zur Berechnung der Nachhallzeit ist nicht mehr gültig.


Frühe Reflexionen haben doch erst mal nichts mit der Nachhallzeit zu tun.


Stimmt, habe ich aber auch nicht behauptet.



Meines Wissens sorgen frühe Reflexionen <20 ms für eine, für das menschliche Ohr nicht zu unterscheidende, Verfälschung des Originalsignals. Das dies u.U. für eine subjektiv "bessere" Räumlichkeit sorgen kann, ist eine andere Sache.



Innerhalb der ersten 50 ms (für Sprache, für Klicktöne sind es 8 ms) werden frühe Reflektionen unterdrückt bzgl. Lokalisation der Schallquelle (Haas-Effekt). Danach wird die Reflektion als separates Schallereignis wahrgenommen. Kammfilteffekte sind ohne Bedeutung, sagt zumindest die mir vorliegende Literatur. Daher braucht man frühe Reflektionen auch nicht zu unterdrücken.



Für mich ein bischen schwer, mit dir darüber zu diskutieren, da ich diese Bücher nicht gelesen habe (fehlende Englischkenntnisse und mangelndes Geld).
Und aus ein paar stark zusammengefassten Sätzen fällt es mir schwer, einen Weg des Nachvollziehens zu finden.



Sind keine Bücher, sondern Artikel aus Fachzeitschriften. Bei Bedarf kann ich sie einscannen und mailen. Ich war auch sehr erstaunt über einige der Aussagen, aber nimm sie, wie sie sind:

Reflektionen im Wohnzimmer sind kein Problem, Behandlungsbedarf besteht demnach nicht.

Das Schallfeld besteht im wesentlichen aus Direktschall und frühen Reflektionen, "optimale" Nachhallzeiten erübrigen sich daher ebenfalls.

Die Gruppe um Floyd Toole ist meines Wissens die einzige, die sich systematisch mit dem Thema Zusammenspiel zw. Lautsprecher und Hörraum befasst hat (seit ca. 25 Jahren).


Klaus
Verrückter
Inventar
#9 erstellt: 07. Sep 2007, 14:34
Hallo,

mailst Du mir die dann auch zu?

Danke

Stefan, der sich auch wundert...
inthro
Inventar
#10 erstellt: 07. Sep 2007, 15:49
Hallo Klaus,



Bei Bedarf kann ich sie einscannen und mailen. Ich war auch sehr erstaunt über einige der Aussagen, aber nimm sie, wie sie sind:



Das wäre sehr nett.


Danke im Voraus und

Grüsse Andy
Ydope
Inventar
#11 erstellt: 07. Sep 2007, 16:00

Klaus-R. schrieb:
Moin Ydope,

es scheint, als ob man Kammfiltereffekte zwar prima messen, aber nicht gut hören kann (Moulton 1995, Toole 2005, 2006).


Hi Klaus,

ich muss vorausschicken, dass ich keinen dieser Arktikel kenne und daher auch sehr an ihnen interessiert wäre.

Kammfiltereffekte kann man natürlich ebensogut hören wie messen. Ganz schön zeigt dies folgendes Video: http://www.realtraps.com/video_comb.wmv
Ein Musterbeispiel ist auch die Auslöschung bei 1/4 Wellenlänge Abstand der Hörposition von der Rückwand. Spiel mal einen Sinus von 86 Hz und er wird bei 1 m Wandabstand deutlich leiser klingen. Hier noch ein Beitrag, wo ich den Einfluss einer frühen Reflektion auf den Frequenztgang betrachtet habe: http://mb.abovenet.de/allabout-hifi/index.php?topic=638.0

Da alle Wände im Allgemeinen den Großteil des Schalls reflektieren (woran eine normale Wohnungseinrichtung nichts ändert), spielt dieser Effekt eine ganz wesentliche Rolle für die Akustik kleiner Räume.

Darin, dass man keine frühen Raumreflektion am Hörplatz haben möchte, stimmt die Standardliteratur (Everest usw.) überein. Es gibt einige Versuche, das Problem mit Diffusion zu lösen statt mit Absorption, aber dass sie überhaupt keine Rolle spielen würden, habe ich noch nie von seriöser Quelle gehört, höchstens von Propagisten aktiver Raumkorrektur, die jegliche Art von Absorption ablehnen.

Gruß


[Beitrag von Ydope am 07. Sep 2007, 16:01 bearbeitet]
Klaus-R.
Inventar
#12 erstellt: 07. Sep 2007, 16:48

Ydope schrieb:
Kammfiltereffekte kann man natürlich ebensogut hören wie messen.



Ich hätte dazu gerne irgendwelche wissenschaftlichen Untersuchungen gesehen, ich meine, Untersuchungen zu durch frühe Reflektionen verursachte, hörbare Kammfiltereffekte.



Ein Musterbeispiel ist auch die Auslöschung bei 1/4 Wellenlänge Abstand der Hörposition von der Rückwand. Spiel mal einen Sinus von 86 Hz und er wird bei 1 m Wandabstand deutlich leiser klingen.


Raumresonanzen haben Druckmaxima und Druckminima. Je nachdem, wo man steht in Bezug auf die Raumbegrenzungsfläche, hört man unterschiedliche Basspegel. Ist ganz normal und hat mit Kammfilter nix zu tun.




Darin, dass man keine frühen Raumreflektion am Hörplatz haben möchte, stimmt die Standardliteratur (Everest usw.) überein.


Dann hat Everest eben unrecht, soll ja vorkommen. Wahrscheinlich geht er von Aufnahmestudiobedingungen aus, wo Raumbehandlung auch Sinn macht. Toole sagt bzgl. Studios auch nichts gegenteiliges. Bloss zuhause, im Wohnzimmer, da ist es anders, ist halt kein Studio!

Neuere Erkenntnisse sollen alte Weisheiten ja angeblich in Frage stellen können, munkelt man Diese Erkenntnisse sind ja auch nicht von mir, sondern von seriösen Quellen (Moulton, Toole)!


Klaus
aktivposten
Stammgast
#13 erstellt: 07. Sep 2007, 17:29

inthro schrieb:
Hallo Klaus,



Bei Bedarf kann ich sie einscannen und mailen. Ich war auch sehr erstaunt über einige der Aussagen, aber nimm sie, wie sie sind:



Das wäre sehr nett.


Danke im Voraus und

Grüsse Andy

Kannst du sie an mich weiterleiten? Dann hat Klaus nicht so viel Arbeit.


Danke und Gruß
Holger
Klaus-R.
Inventar
#14 erstellt: 07. Sep 2007, 17:44
Diejenigen, die an den Artikeln interssiert sind, bitte per PM die email-Addresse durchgeben, und auch, welche Artikel es sein sollen, habe ja eine ganze Anzahl genannt, ich scanne sie dann am Montag auffe Arbeit ein und verschicke sie.

Klaus
Ydope
Inventar
#15 erstellt: 07. Sep 2007, 19:02

Klaus-R. schrieb:

Ydope schrieb:
Kammfiltereffekte kann man natürlich ebensogut hören wie messen.



Ich hätte dazu gerne irgendwelche wissenschaftlichen Untersuchungen gesehen, ich meine, Untersuchungen zu durch frühe Reflektionen verursachte, hörbare Kammfiltereffekte.


Mit wissenschaftlichen Arbeiten kann ich nicht dienen. Im Grunde kann man das einfach durch Experiment feststellen.




Ein Musterbeispiel ist auch die Auslöschung bei 1/4 Wellenlänge Abstand der Hörposition von der Rückwand. Spiel mal einen Sinus von 86 Hz und er wird bei 1 m Wandabstand deutlich leiser klingen.


Raumresonanzen haben Druckmaxima und Druckminima. Je nachdem, wo man steht in Bezug auf die Raumbegrenzungsfläche, hört man unterschiedliche Basspegel. Ist ganz normal und hat mit Kammfilter nix zu tun.


Da liegst du völlig falsch. Der von mir beschriebene Effekt hat überhaupt nicht mit Resonanzen zu tun. Er existiert unabhängig von den Raummaßen bei allen Frequenzen und ist nunmals nichts anderes als ein Kammfiltereffekt.

Was du zum Thema Nachhall/diffuses Schallfeld sagst, klingt im Übrigen vernünftig.

Gruß
aktivposten
Stammgast
#16 erstellt: 07. Sep 2007, 21:32

Klaus-R. schrieb:

Dann hat Everest eben unrecht, soll ja vorkommen. Wahrscheinlich geht er von Aufnahmestudiobedingungen aus, wo Raumbehandlung auch Sinn macht. Toole sagt bzgl. Studios auch nichts gegenteiliges. Bloss zuhause, im Wohnzimmer, da ist es anders, ist halt kein Studio!

Klaus

Toole sagt aber auch: "...that many of the practices to deaden a room’s acoustics came from standards for broadcast and recording control rooms, where sound details must be heard more clearly, not for general listening rooms."
Wird es hier nicht schon wieder zur Geschmacksache? Wenn ich die Details klar hören will muss ich mehr bedämpfen als im normalen Wohnzimmer, ansonsten wird es diffuser. Außerdem sind die Empfehlungen für die Nachhallzeit in Studios und Musikräumen nicht identisch. Was man daraus macht...

Gruß
Holger
Klaus-R.
Inventar
#17 erstellt: 08. Sep 2007, 07:45
Moin Ydope,


Ydope schrieb:
da liegst du völlig falsch. Der von mir beschriebene Effekt hat überhaupt nicht mit Resonanzen zu tun. Er existiert unabhängig von den Raummaßen bei allen Frequenzen und ist nunmals nichts anderes als ein Kammfiltereffekt.



Waterhouse, "Interference patterns in reverberant sound fields", Journal of the Acoustical Society of America vol.27, no.2 (1955), p.247

der Artikel enthält mehr Formeln und Gleichungen als Text , will nicht behaupten, daß ich gross was gerafft habe. In Wandnähe habe ich einfallenden und reflektierten Wellenzug vorliegen, wobei eine Phasendifferenz zw. beiden vorliegt, die sich mit Abstand von der Wand ändert. An der Wand sind beide Wellenzüge in Phase, der Druck ist verdoppelt, in l/4-Abstand, bei 86 Hz also ca. 1m, sind die beiden Wellenzüge in Gegenphase, es findet also Auslöschung statt. Es handelt sich also im weitesten Sinne um einen Kammfiltereffekt. Kuttruff nennt ihn "Waterhouse-Effekt". l/4 ist gültig für einen lotrechten Einfall, mit zunehmendem Einfallswinkel wird der Abstand, bei dem Auslöschung stattfindet, grösser. Die Phasenverteilung vieler Wellenzüge ist zufallsverteilt, die Drücke sind additiv, es ensteht ein diffuses Schallfeld.


Bei Bedarf kann ich den Artikel zuschicken.

Jedoch, Kammfiltereffekte, die auftreten bei frühen Reflektionen, sind damit nicht zu vergleichen, da sie eben nihct zu einem diffusen Feld führen. Wie schon gesagt, die diesbezüglich mir vorliegende Literatur sagt, daß sie nicht hörbar seien.


Was du zum Thema Nachhall/diffuses Schallfeld sagst, klingt im Übrigen vernünftig.


Sage nicht ich, sondern Toole und alle anderen


Klaus
Klaus-R.
Inventar
#18 erstellt: 08. Sep 2007, 08:00

lego57 schrieb:
Toole sagt aber auch: "...that many of the practices to deaden a room’s acoustics came from standards for broadcast and recording control rooms, where sound details must be heard more clearly, not for general listening rooms."
Wird es hier nicht schon wieder zur Geschmacksache? Wenn ich die Details klar hören will muss ich mehr bedämpfen als im normalen Wohnzimmer, ansonsten wird es diffuser. Außerdem sind die Empfehlungen für die Nachhallzeit in Studios und Musikräumen nicht identisch. Was man daraus macht...



In der Tat, reine Geschmackssache. Obwohl, ein Studio ohne jede Raumbehandlung ist wahrscheinlich viel zu hallig: "custom listening spaces need to be treated" sagt er in seinem 2006 Artikel. Ist das Wohnzimmer ein speziell zu diesem Zweck vorgesehener Hörraum?

Frühe Reflektionen führen zu Veränderungen in der räumlichen Darstellung

Toole, "Detection of reflections in typical rooms", JAES 1989, S. 539


"Whether a change in image position or size is good or bad, then, is a subjective judgement" sagt er in seinem 2006 Artikel. Einen zwingenden Grund für die Behandlung früher Reflektionen gibt er nicht an, im Gegenteil! Jedoch genau das ist der Tenor aller Aussagen im Internet, Handbüchern etc. : Reflektionen sind schlecht, sie müssen weg!

Klaus
Verrückter
Inventar
#19 erstellt: 08. Sep 2007, 10:35
Hallo,

eigentlich habt ihr ja beide Recht.

Aus meiner Sicht ist es letztendlich Geschmackssache. Der eine hat einen normalen Wohnraum und ist zufrieden. Vielleicht sogar deshalb, weil er zufällig passende Boxen hat. Der Andere sagt, ne, ich möchte einen Sound wie im Studio. Wieder ein Anderer sagt, mir reicht meine Kompaktanlage. Und so kann man immer weiter spinnen.

Man findet diese Geschmacksgeschichte ja auch im Hochpreis/qualitätssegment. Beste Beispiele sind beispielsweise Naim, Linn etc. Alles hervorragende Produkte. Aber sie sounden. Und genau diesen Sound wollen deren Anhänger doch haben. Das ist doch auch in Ordnung.

Wie gesagt, es scheint hier um eine Geschmacksgeschichte zu gehen. Denn eines steht fest, ein normales Wohnzimmer klingt anders, als ein Studio. Nun kann doch jeder entscheiden, was er möchte. Und sehr, sehr viele Puristen werden eher die Studiogeschichte wünschen, denn das Ergebnis ist das "ehrlichere" Ergebnis.

Klaus, Deine Aussagen klangen eher so, als ob man das Wohnzimmer nicht behandeln darf. Wahrscheinlich hast Du eher gemeint, eine gute Wiedergabe ist auch in einem normalen Wohnzimmer möglich. Das sind zwei verschiedene paar Schuhe.

Im übrigen ist unser Wohn/Esszimmer normal möbiliert und der Klatschtest reicht um einen Nachhall zu vernehmen. Entsprechende Messungen (siehe mein Thread) zeigen auch interessante Ergebnisse... Über eine Anlage richtig gehört habe ich im Wohnzimmer noch nicht.

Gruß

Stefan
Klaus-R.
Inventar
#20 erstellt: 08. Sep 2007, 11:10
Moin Stefan,



Verrückter schrieb:
Klaus, Deine Aussagen klangen eher so, als ob man das Wohnzimmer nicht behandeln darf.



Echt? Was ich meinte, und, wie ich meine (aber errare humanum est, nech ), auch geschrieben habe, ist, daß man das Wohnzimmer nicht UNBEDINGT, UNTER ALLEN UMSTAENDEN, behandeln MUSS, denn dazu gibt es aus wahrnehmungstechnischer Sicht keinen Anlass. Doch genau dies wird allerortens propagiert: nur ein akustisch behandelter Raum ist in guter Raum, alles andere ist Käse, steht in jedem Flachblatt und in allen Internetforen.

Wer meint, daß Handlungsbedarf besteht, prima, die meisten kaufen sich ja auch Boxen mit krummen Frequenzgängen, aber dies als allgemeingültige Weisheit darzustellen ist halt falsch. Und genau das wollte ich deutlich machen.

In diesem Sinne.

Klaus
Verrückter
Inventar
#21 erstellt: 08. Sep 2007, 11:41
Gut ist relativ. ersetze es durch optimal. Dann wird ein Schuh draus und ich denke, wir sind uns dann alle einig.

Stefan
Klaus-R.
Inventar
#22 erstellt: 08. Sep 2007, 12:19

Verrückter schrieb:
Gut ist relativ. ersetze es durch optimal. Dann wird ein Schuh draus und ich denke, wir sind uns dann alle einig.



Gut ist ein relativer Begriff, aber "besser" und "best" bzw. "optimal" ebenfalls! Welchen Bezugspunkt nimmst Du für die Definition von optimaler Wiedergabe? Wo ist das Optimum, überhaupt keine Reflektionen, jede Menge Reflektionen, irgendwo dazwischen?

Reflektionen sind hörbar, laut Toole (und anderen) sind sie jedoch zu schwach, um optimalen Effekt zu erzielen, die meisten wollen sie unterdrücken, weil sie es überall eingehämmert bekommen, eine ganze Industrie lebt davon. Gibt demnach zahlreiche Optima, also eigentlich keines.

Klaus
Ydope
Inventar
#23 erstellt: 08. Sep 2007, 20:45
Hallo Klaus,


Klaus-R. schrieb:
In Wandnähe habe ich einfallenden und reflektierten Wellenzug vorliegen, wobei eine Phasendifferenz zw. beiden vorliegt, die sich mit Abstand von der Wand ändert. An der Wand sind beide Wellenzüge in Phase, der Druck ist verdoppelt, in l/4-Abstand, bei 86 Hz also ca. 1m, sind die beiden Wellenzüge in Gegenphase, es findet also Auslöschung statt. Es handelt sich also im weitesten Sinne um einen Kammfiltereffekt. Kuttruff nennt ihn "Waterhouse-Effekt". l/4 ist gültig für einen lotrechten Einfall, mit zunehmendem Einfallswinkel wird der Abstand, bei dem Auslöschung stattfindet, grösser. Die Phasenverteilung vieler Wellenzüge ist zufallsverteilt, die Drücke sind additiv, es ensteht ein diffuses Schallfeld.


Bei Bedarf kann ich den Artikel zuschicken.

Jedoch, Kammfiltereffekte, die auftreten bei frühen Reflektionen, sind damit nicht zu vergleichen, da sie eben nihct zu einem diffusen Feld führen. Wie schon gesagt, die diesbezüglich mir vorliegende Literatur sagt, daß sie nicht hörbar seien.


Wenn wir bei der Rückwand bleiben, haben wir dort ja fast lotrechten Einfall. Ein Kammfilter im engeren Sinne ist es deswegen, weil bei lambda/4, 3*lambda/4, 5*lambda/4, usw, jedesmal eine Auslöschung auftritt und bei allen Vielfachen von lambda/2 eine Amplitudenerhöhung. Das wiederholt sich über den gesamten Freuqenzbereich.
Wenn dieser Effekt nun bei einer weniger senkrechten Reflektion zu Kammzacken führt, die weiter auseinanderligen, so ist er doch trotzdem in voller Stärke vorhanden.
Und warum man ihn nicht hören soll obwohl er da ist und diesen objektiven Einfluss auf den Frequenzgang hat, bleibt für mich weiter im Dunkeln. Es ist richtig, dass wir aus unserem täglichen Leben diesen Effekt gewohnt sind und ihn evtl. nicht gleich als solchen erkennen. Wenn wir aber den Originalschall hören wollen, so entfernen wir uns mit jeder frühen Reflektion davon ein Stück weiter, egal aus welcher Richtung sie kommt.

Interessantes Thema allemal...

Gruß Y
Gordenfreemann
Inventar
#24 erstellt: 08. Sep 2007, 20:58
@till285:

schöne Anlage und Zimmer,

ich würde den Center höher setzen am besten Hochtöner der front auf eine höhe.

Vor kurzem habe ich eine starke und kostenlose Akustikverbesserung durch den Benutz eines Regal oder Kompaktlautsprechers anstatt des "richtigen Centers" machen können. Wobei das nachtürlich in deinem Fall ein Canton sein sollte.

Dadurch wirkt das Zusammenspiel der Fronts viel harmonischer und breiter als mit einem normal Sub.

Darauf gekommen bin ich einmal durch Teufel die auf gleicher Lautsprecher im vorderen Bereich setzen und durch ein Hifi-Mitglied Poisen Nuke

Probieren geht über Studieren
Gordenfreemann
Inventar
#25 erstellt: 08. Sep 2007, 21:00

Dadurch wirkt das Zusammenspiel der Fronts viel harmonischer und breiter als mit einem normal Sub.


ich meinte natürlich mit einem normalen Center....

warum denke ich nur im an Subs
inthro
Inventar
#26 erstellt: 10. Sep 2007, 09:34
Hallo Klaus,


zum Thema Verständlichkeit in Räumen, in Anlehnung an Reflexionen mal folgendes Zitat in den Raum geworfen...

"Bezüglich der Einschätzung von Laufzeitdifferenzen gibt es drei unterschiedliche
Bereiche:
• Laufzeitdifferenzen Δt ≤ 0,05 s führen durch Verstärkung des direkten Schalles zu
einer Verbesserung der Verständlichkeit. Die Laufzeitdifferenz von Δt = 0,05 s
entspricht dabei einer Laufwegdifferenz von 17 m.
• Laufzeitdifferenzen 0,05 < Δt ≤ 0,1 s führen zu einer Verschlechterung der
Verständlichkeit. Die Laufzeitdifferenz von Δt = 0,1 s entspricht dabei einer
Laufwegdifferenz von 34 m.
• Laufzeitdifferenzen Δt > 0,1 s werden Echo genannt. Die Laufwegdifferenz liegt
hier über 34 m.
Bei Laufzeitdifferenzen Δt > 0,05 s sind damit raumakustische Maßnahmen in Form einer
Unterdrückung der Schallreflexionen erforderlich. Dieses wird erreicht durch die
Erhöhung des Schallabsorptionsverhaltens der entsprechenden Flächen in einem Raum."


Quelle: ruhr-uni-bochum.de


In der Akustik scheint es sich ähnlich zu verhalten, wie bei den Gutachtern. Zu allem eine Meinung, hauptsache eine andere


Grüsse Andy
Klaus-R.
Inventar
#27 erstellt: 10. Sep 2007, 12:17
Hallo Andy,

Laufzeitdifferenz von 17 m und mehr?

Mal schauen, unser Wohnzimmer hat 8x5 m (100 m3), wenn ich die LS 1 m von den kurzen Raumecken aufstelle, Hörabstand 3m, dann komme ich auf eine Laufzeitdifferenz der Wandreflektion von ca. 1.3 m.

In typischen Wohnzimmern (40-160 m3) liegen die gemessenen Laufzeitdifferenzen zw. 1.8 ms (Boden) und 12.6 ms (Seitenwand), also zw. 62 cm und 4.3 m:

Devantier, "Characterizing the Amplitude Response of Loudspeaker Systems", AES preprint 5638 (2002)


17 m Differenz, dett is keen kleiner Raum nich mehr, sondern ein Auditorium o. Ä. 50 ms Differenz ist ungefähr der Grenzwert für den Haas-Effekt:

Haas: "Über den Einfluss eines Einfachechos auf die Hörsamkeit von Sprache", Acustica 1, 1951, S. 49

Die Uni Bochum hat wohl recht, aber wir sprechen hier über kleine Räume. Das ist ja das grundsätzliche Problem, das Regeln, die sehr wohl in grossen Räumen gelten, in kleinen plötzlich keine Gültigkeit mehr haben. Man darf grosse und kleine Räume halt nicht über denselben Kamm scheren, sondern muss deutlich differenzieren. Tun auch Raumakustiker nicht immer!

Klaus
inthro
Inventar
#28 erstellt: 10. Sep 2007, 13:30
Hallo Klaus,


das geht mir auch gerade durch den Kopf....


Nun ist es aber so, dass wir es ja nicht nur mit einer ersten Reflexion zu tun haben, sondern mit der zweiten, dritten, vierten usw.
Nun ist es natürlich ein wenig schwierig, sich sämtlichen Reflexionen auszurechnen,um alles >17 m zu eliminieren.

Was mir auch nicht in den Kopf will...was daran gut sein soll (auch wenn es durch Reflexionen < 0,05 sek zu einer besseren Verständlichkeit, weil erhöhte Lautstärke durch Summierung, kommt), wenn das Signal doch aus einer völlig anderen Richtung kommt, als es ursprünglich abgemischt wurde (wieder das Thema "Funktionalität der Stereophonie).
Ich habe hier eine nette Test-CD, mit der man (durch lange Sweeps und phasenverschobene Bursts) wunderbar das Shifting bei bestimmten Frequenzen hörbar machen kann.
Wenn wir von "Verständlichkeit" reden, hat das doch aber nichts mit "Ortbarkeit" zu tun. Meiner Meinung (laienhaft und unstudiert) leidet nämlich letzteres eben genau durch Reflexionen.
Diese Normen oder Richtwerte mögen für die Sprachverständlichkeit zB in Konferenzsäälen oder Klassenzimmern zutreffen, beim Musikhören kommt es ja noch auf ein paar weitere Dinge an.

Nehmen wir doch mal ein Beispiel.
Eine Aufnahme mit zwei Vocals...davon eine mittig (Pegel und Laufzeit links/rechts ident) und eine soll rechts stehen (was durch Pegel-, oder Laufzeitdifferenzen links/rechts bei der Aufnahme oder der Mischung realisiert wird).
Jetzt habe ich in meinem Wohnzimmer links einen Vorhang und rechts eine nackte Wand. Die ersten Reflexionen, die ich jetzt von links und rechts bekomme, sorgen vielleicht für eine bessere Verständlichkeit, durch unterschiedliche Absorption der Begrenzungsflächen aber auch für eine frequenzabhängige Pegelbeeinflussung des Originalsignals.
Für eine möglichst unverfälschte Ortung des Originalsignals ist m.E. nichts wichtiger, als akustische Symmetrie. Welche gerade im Mittel/Hochtonbereich am einfachsten durch gezielte Absorption/Diffusion hergestellt werden kann.

Oder eben Nahfeld



Grüsse Andy
Klaus-R.
Inventar
#29 erstellt: 10. Sep 2007, 16:16
Moin Andy,



inthro schrieb:
Nun ist es aber so, dass wir es ja nicht nur mit einer ersten Reflexion zu tun haben, sondern mit der zweiten, dritten, vierten usw.
Nun ist es natürlich ein wenig schwierig, sich sämtlichen Reflexionen auszurechnen,um alles >17 m zu eliminieren.



Brauchste auch gar nicht, die eliminieren sich selber durch Absorption an den Raumwänden etc. und sind irgendwann so leise, daß sie nicht mehr als Reflektion wahrnehmbar sind, sondern nur als Nachhall. Ausserdem, wo würdest Du die Absorber anbringen wollen, an allen potentiellen Auftreffpunkten, die der ersten Reflektion folgen? Schwellenwerte für Hörbarkeit von Erstreflektionen sind bekannt (Toole, "Detection of reflections in typical rooms), ob Folgereflektionen jemals untersucht worden sind, weiss ich nicht, von Toole jedenfalls nicht. Ich gehe daher mal davon aus, daß sie nicht weiter wichtig sind oder zum Nachhall gerechnet werden, der ja bekanntermassen beim Schallfeld in kleinen Räumen nur eine kleine Nebenrolle spielt.


Was mir auch nicht in den Kopf will...was daran gut sein soll (auch wenn es durch Reflexionen < 0,05 sek zu einer besseren Verständlichkeit, weil erhöhte Lautstärke durch Summierung, kommt), wenn das Signal doch aus einer völlig anderen Richtung kommt, als es ursprünglich abgemischt wurde (wieder das Thema "Funktionalität der Stereophonie).



Warum, weiss ich nicht, aber die Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind dementsprechend: Reflektionen sind nicht von Natur aus störend, im Gegenteil. Lies Dir mal den Artikel von Toole durch, steht alles drin.


Für eine möglichst unverfälschte Ortung des Originalsignals ist m.E. nichts wichtiger, als akustische Symmetrie. Welche gerade im Mittel/Hochtonbereich am einfachsten durch gezielte Absorption/Diffusion hergestellt werden kann.


Anscheinend gibt es dazu Untersuchungen, die zeigen, daß mit steigendem Unterschied des Klanges, der an den beiden Ohren eintrifft, die Präferenz steigt (Kapitel 3.4.1. im Toole Artikel). Ich würde mich einfach mal darauf verlassen, daß Toole weiss, wovon er spricht (schliesslich beschäftigt er sich seit über 25 Jahren mit dem Thema), die Schlussfolgerungen in Kapitel 9 des Artikels lesen, sie, so notwendig, umsetzen und ansonsten den Raum in Ruhe lassen. Entspricht zwar nicht der gängigen Lehrmeinung, aber diese ist anscheinend nicht so ganz richtig.

Und Vorsicht, Absorption nur im Hochtonbereich ist zwar einfach, aber verändert deutlich den Klang, genausogut kannst Du den Pegel vom Hochtöner runterfahren, hat denselben Effekt. Wenn schon absorbieren, dann breitbandig bis runter zu <200 Hz. Sagt Toole!


Klaus
inthro
Inventar
#30 erstellt: 10. Sep 2007, 16:30

Wenn schon absorbieren, dann breitbandig bis runter zu <200 Hz. Sagt Toole!


Nicht umsonst stehen hier 7 Plattenresos rum


Zu dem Rest:

Wiederspricht irgendwie meinen eigenen Erfahrungen, aber ok. Ich werde mir die Artikel mal zu Gemüte führen...
Wenn das alles wirklich so sein sollte, hab ich entweder einen, dem Durchschnitt abweichenden Geschmack, oder was auf den Ohren oder die Fachwelt prasselt demnächst aufeinander...


Bin gespannt. Denn immerhin beschäftigt sich nicht nur Toole mit dem Thema. Und seine Aussagen (nach deiner Aussage) sind schon ein wenig...na,ich sag mal wage.



Grüsse Andy
Verrückter
Inventar
#31 erstellt: 10. Sep 2007, 16:37
Hallo Klaus,

ich habe das noch nicht gelesen...

Aber eines ist klar. Bei einigen Dingen, die Du von Toole wiedergibst, bin ich dabei, bei anderen sehr skeptisch.

Deine Aussage, dass vieles der allgemein gültigen Meinung falsch sei, weil einer, wenn auch mit vielen Erfahrungen etc., das schreibt, finde ich sehr gewagt bis provokant.

Das würde ja bedeuten, das die Arbeit vieler anderer renomierter Wissenschaftler fürn Ar.... war.

Wie gesagt, ich schau mir mal die Dinge an...

Stefan
Onemore
Inventar
#32 erstellt: 10. Sep 2007, 17:48
Also ich kenne diesen Toole (noch) nicht. Aber Dinge ich bisher in diesem Thread mitgelesen habe scheinen durchaus plausibel zu sein.

Zu den Räumen im allgemeinen und zu deren akustischer Anwendung muss man schon recht genau unterscheiden. Die Sprachverständlichkeit in einem großen Vorlesungssaal kann sicherlich nicht der Maßstab für einen 20 qm Raum sein.

Es gibt ja auch große kleine Räume, sowie kleine große Räume und alles dazwischen. Normale Wohnräume bewegen sich zwischen 15 und 100qm. Schon für diese beiden Extreme sind die akustischen Voraussetzungen völlig andere. Die Modenanregung wird bei einem 100qm Raum angenehmer ausfallen als bei kleineren Räumen.

Was meiner Ansicht nach unabdingbar ist es die langen Nachhallzeiten im Bassbereich zu mindern. Besonders bei kleinen Räumen ( bis ca. 60qm) entsteht ansonsten unweigerlich ein matschiger, verschwommener Bass, der auch noch zum Dröhnen neigen kann. Je nach Hörposition hat man auch noch die üblichen Überhöhungen und Auslöschungen. Es wird schwer fallen nur mit Möbeln eine deutliche Besserung herbeizuführen.

Ich habe vor kurzem bei einem Bekannten in einem ca. 110 qm großen Raum gehört. Alles sehr spartanisch eingerichtet, teilweise halbhohe Trockenbauwände als Raumteiler. Natürlich keine Türen o.ä.. Mein Eindruck war trotz recht guter Aufstellung der LS und einer Hörposition mindestens 2,5m von der Rückwand entfernt, dass insgesamt der Bass noch zu schwammig war und aufgrund der deutlich längeren Nachhallzeiten ein recht basslastiger Gesamteindruck blieb.

Was ich auf jeden Fall machen würde:

1. gezielte Bedämpfung der Raummoden bis ca. 200 Hz.
2. Verminderung der Nachhallzeiten bis ca. 500 Hz auf deutlich unter eine Sekunde
3. Aufstellungsoptimierung der LS
4. Hörposition min. 1m von der Rückwand entfernt, besser 2m
5. bei wandnaher Aufstellung der LS die frühen Reflektionen breitbandig bedämpfen
6. LS leicht einwinkeln in Abhängigkeit davon was zwischen bzw. hinter den LS steht.


Gruß Bernd
Klaus-R.
Inventar
#33 erstellt: 10. Sep 2007, 18:18
Hallo Andy,



inthro schrieb:
Bin gespannt. Denn immerhin beschäftigt sich nicht nur Toole mit dem Thema. Und seine Aussagen (nach deiner Aussage) sind schon ein wenig...na,ich sag mal wage.



Toole fasst 76 themenbezogene Artikel auf 23 Seiten zusammen, klar, daß da einiges detaillierter sein könnte. Deutlich finde ich es schon.

Der einzige, der sich m.W. noch mit diesem Thema beschäftigt hat, ist Bech. Wenn Du noch jemand anderen weisst, her damit, und wo ist das publiziert.


Klaus
Klaus-R.
Inventar
#34 erstellt: 10. Sep 2007, 18:20
Hallo Stefan,





Verrückter schrieb:
Das würde ja bedeuten, das die Arbeit vieler anderer renomierter Wissenschaftler fürn Ar.... war.



Würde ich gerne lesen, die Arbeit anderer. Haste mal Namen und wo das veröffentlicht ist?


Klaus
Verrückter
Inventar
#35 erstellt: 10. Sep 2007, 20:00
Hallo Klaus,

letztendlich geht es doch um möglichst genaue Lokalisation von Schallereignissen. Dazu hat sich Blauert in seiner Trilogie ausgelassen und immer wieder Verweise zu anderen Literaten gegeben.

Blauert sagt auch, dass eine scharfe Lokalisation "nur" im RAR möglich ist. Ein normales Wohnzimmer ist jedoch keine Annäherung an einen RAR. Ein akustisch behandelter Raum schon.

Hast Du im RAR schon einmal Musik gehört?

Hast Du im Hallraum schon einmal Musik gehört?

Du schreibst mehrfach, dass die Nachhallzeit nicht zu lang werden darf. Wo ist die Grenze? Oder besser, wo ist der Korridor?

Ich hatte mal einen Hörraum, welcher relativ lange Nachhallzeiten hatte, insbesondere im Bass (Messergebnisse in meinem ersten Projektthread) und der Bass klang sehr bescheiden! War es ein normal möbilierter Raum? Jetzt habe ich einen normal möbilierten Raum und mit einfachen Boxen gehört und die Nachhallzeiten gemessen (siehe mein zweiter Projektthread). Man hört, trotz der relativ kurzen Zeiten, beim Klatschtest noch deutlich einen Nachhall. Es klingt zwar besser als in dem anderen Raum, aber da geht noch ne Menge! Was ich aufgrund meiner Erfahrungen im RAR weiß!

Gruß

Stefan, der sich die Scanns immernoch nicht angeschaut hat

Edit: Ich kenne übrigens einen High End Händler (Naim, Linn etc.) der ist der Meinung, dass man mit Regalboxen auf Ständer und einen sehr tief angekoppelten Subwoofer, in fast jeden normal möbilierten Wohnraum besser hört, als in einem behandelten Raum...


[Beitrag von Verrückter am 10. Sep 2007, 20:02 bearbeitet]
inthro
Inventar
#36 erstellt: 10. Sep 2007, 20:18
Hallo Klaus,


ich kann nichts empfehlen, was ich nicht selber gelesen habe, aber wenn du was zum Lesen brauchst...

ist der ideale Hörraum ein RAR?






Grüsse Andy
Klaus-R.
Inventar
#37 erstellt: 11. Sep 2007, 12:57
Moin Stefan,



Verrückter schrieb:
letztendlich geht es doch um möglichst genaue Lokalisation von Schallereignissen. Dazu hat sich Blauert in seiner Trilogie ausgelassen und immer wieder Verweise zu anderen Literaten gegeben.

Blauert sagt auch, dass eine scharfe Lokalisation "nur" im RAR möglich ist. Ein normales Wohnzimmer ist jedoch keine Annäherung an einen RAR. Ein akustisch behandelter Raum schon.


Blauert ist mir natürlich ein Begriff. Aber hat er auch subjektive Tests bzgl. früher Reflektionen durchgeführt? Toole sagt, daß die natürlichen Reflektionen eigentlich zu schwach seien, daß subjektiv stärkere bevorzugt würden. Da es sich um ein subjektives Phänomen handelt, hängt es latürnich davon ab, welche Einstellung man dazu hat. Dogmatisch aufzutreten und zu sagen, frühe Reflektionen seien störend, ist m.E. auf jeden Fall falsch. Man sollte eher sagen, die Lage hinsichtlich früher Reflektionen ist die und die (Details nebst Quellenangaben), nun entscheide Du selber, was Du davon hälst.



Hast Du im RAR schon einmal Musik gehört?


Nee, aber es scheint, als ob das gar nicht gut klingt.


Hast Du im Hallraum schon einmal Musik gehört?


Auch nicht, aber weder RAR noch Hallraum ist das, was man i.d.R. zuhause vorfinden wird.


Du schreibst mehrfach, dass die Nachhallzeit nicht zu lang werden darf. Wo ist die Grenze? Oder besser, wo ist der Korridor?


In der mir vorliegenden Literatur werden RT60 nur für Konzertsäle, Auditorien, u.Ä. angeben, für Regieräume werden Werte von 0.3-0.5 Sekunden gehandhabt. Ich vermute mal, daß letztere einfach ohne weiteres Nachdenken für heimische Hörräume übernommen worden sind, da auch hier Werte dieser Grössenordnung empfohlen werden. Bloss, in Regie-oder Tonstudioräumen sollen Aufnahmen beurteilt werden, zuhause wohl kaum, also stellt sich die Frage, wie hoch subjektiv als angenehm empfundene RT60 sein sollten? Da laut Toole das Nachhallfeld im Wohnraum nur untergeordnete Bedeutung hat, ausser die Werte sind exzessive hoch (Badezimmer), denke ich, daß eine Optimierung der Nachhallzeiten etwas übertrieben ist.

Unser Wohnzimmer ist gefliest, an den Wänden kein Rigips o.Ä, keine Teppiche, daher war eine RT60-Behandlung dringend notwendig, habe dann eine Spanntuchdecke einsetzen lassen, rechnerisch komme ich auf Werte von 0.3-0.5 Sekunden.


Ich kenne übrigens einen High End Händler (Naim, Linn etc.) der ist der Meinung, dass man mit Regalboxen auf Ständer und einen sehr tief angekoppelten Subwoofer, in fast jeden normal möbilierten Wohnraum besser hört, als in einem behandelten Raum...



Die optimalen Plätze für Bass-LS bzw. Mitten/Hochton sind nicht dieselben, daher ist eine Trennung des Frequenzbereichs die technisch bessere Lösung. Der subwoofer kann zur Raummodenbekämpfung in Wandnähe eingesetzt werden, Mitten/Hochton habe in Wandnähe nix verloren. Man erinnere sich, der erste LS, der von Revel seinerzeit vorgestellt wurde und der auf den Erkenntnissen von Toole basiert war, war eine subwoofer-Satelliten Kombi.

Satelliten wie auch subwoofer haben den Vorteil, relativ kleine Gehäuseoberflächen zu haben, wodurch die strukturellen Resonanzen hoch liegen auf der Frequenzskala, wodurch das Gehäuse wenig Eigenklang produziert:

Bastyr, "On the Acoustic Radiation from a Loudspeaker's Cabinet", JAES 2003, S. 234

In diesem Artikel wurde ein Lautsprecher von NHT untersucht, in der Marktversion und in einer Version ohne innere Verstrebungen: die Version ohne Verstrebungen war besser! Einfach Versteifungen einbauen scheint es also nicht zu bringen. Noch ein Punkt, der einen nachdenklich machen kann.

Auf jeden Fall kann auch hier das Aktivkonzept mal wieder punkten, da die Gehäuseflächen im Vergleich mit Passivboxen wesentlich kleiner sind.
Klaus


[Beitrag von Klaus-R. am 11. Sep 2007, 13:00 bearbeitet]
Ydope
Inventar
#38 erstellt: 11. Sep 2007, 15:13
Hi Klaus,

hier meine Einschätzung des Toole Artikels:

Er hat erkannt, dass die übliche Lehre von Konzertsälen nicht einfach so auf kleine Räumer übertragbar ist. Vorallem die RT Kenngröße ist nicht sinnvoll, da man in einem kleinen Raum nicht den echten gleichmäßigen 'Nachhall' erhält, sondern das Bild noch eher von einzelnen Reflektionen geprägt ist, die sich nicht wirklich zu einem einheitlichen Hall vereinigen.
Seine zweite Beobachtung ist, dass in einem Raum, der nicht akustisch optimiert ist, die Sprachverständlichkeit durch Reflektionen verbessert werden kann. Wenn man also z.b. ein Klassenzimmer hat, sollten die Begrenzungen etwas reflektieren, um die Verständlichkeit zu erhöhen.

Soweit gehe ich konform mit ihm.
Sein Fehler liegt aber meines Erachtens darin, aus diesen beiden Erkenntnissen zu schließen, dass frühe Reflektionen im Zweifelsfall eher positiv sind, und zwar auch für eine hochqualitative Stereo-Wiedergabe in einem Hörraum.
Zu Kammfiltern (Kaptitel 2.5) sagt er, dass sie tatsächlich durch frühe Reflektionen erzeugt werden und auch dass sie klar messbar seinen.
Dann versucht er zu erklären, dass das Hirn mit seinen beiden Ohren in der Lage wäre, sich nicht von den Reflektionen verwirren zu lassen und dass, wenn man mehrere frühe Reflektionen hat, sich diese mit großer Wahrscheinlichkeit alle auslöschen würden, eine These, die er paradoxerweise mit der Erfahrung aus Konzerthallen begründet, obwohl er doch gerade festgestellt hat, dass in kleinen Räumen eben andere Gesetze herrschen.
Letztendlich soll der Mennch dann noch die Fähigkeit haben, den Raum quasi zu 'lernen' und somit akustisch vom Original zu trennen und auch deswegen seien Reflektionen nicht schlimm.
Die Literatur, der er das entnimmt, scheint wieder ausschließlich von Sprach(wiedergab)e und Konzertsälen zu sprechen, da sehe ich also keine wirklich neuen Erkenntnisse, die die alte Lehre ablöst, sondern nur ein paar Thesen, die wirklich nicht gut begründet sind, und die m.E. einfach zeigen, dass Toole, da ein wenig über das Ziel hinausgeschossen ist, nämlich klar zu machen, dass in kleineren Räumen andere Gesetze gelten als in großen.
Es wird ganz am Anfang schon deutlich, dass er eher aus der Ecke der 'Boxenbauer' kommt, die den Lautsprecher grundsätzlich für viel wichtiger halten als den Raum.

Vielleicht bietet dieser Artikel auch noch Aufklärung:
S.E. Olive and F.E. Toole "The Detection of Reflections in Typical Rooms"

Gruß Y


[Beitrag von Ydope am 11. Sep 2007, 15:19 bearbeitet]
Klaus-R.
Inventar
#39 erstellt: 11. Sep 2007, 15:57
Hallo Ydope,

man müsste sich mal die entsprechenden Quellen ansehen, aus denen Toole seine Schlussfolgerungen zieht. Auch sagt er an verschiedenen Stellen, daß die entsprechenden Themen noch näher untersicht werden sollten.

Den Ando [50] kann ich Donnerstag besorgen.

Mehr zum Thema frühe Reflektionen steht im Moulton paper.


Toole kommt ursprünglich aus der Boxenmesserecke, www.soundstage.com misst noch immer im NRC, wo Toole seinerzeit tätig war und das ganze LS-Gemesse angeleiert hat.

In "Detection of reflections in typical roms" geht es eher um Schwellenwertbestimungen als um Wertungen.

Klaus
Ydope
Inventar
#40 erstellt: 11. Sep 2007, 18:02

Klaus-R. schrieb:

man müsste sich mal die entsprechenden Quellen ansehen, aus denen Toole seine Schlussfolgerungen zieht.


Im Kapitel 2.5, das mich am meisten interessiert, wo er über Kammfilter schreibt, sind seine Quellen Nr. 34-38.

Bei 35 gehts um Konzerthallen.
Bei 36-38 gehts um die Verständlichkeit von Sprache. Das wird schon aus den Titeln deutlich bzw. spätestens aus den Abstracts.
Bleibt noch Nr. 34, ein Artikel von Zurek von 1979, dessen Abstract ich nicht ganz verstehe.
Achso und er zitiert noch Blauert (6), der aber laut "Verrückter" auch nicht zu der Erkenntnis kommt, dass frühe Reflektionen gut seien.

Insgesamt finde ich das nicht ausreichend, um die restliche Lehrmeinung über den Haufen zu werfen.

Übrigens noch der Verweis auf Kapitel 16 (und 17) von Everest - Master Handbook of Acoustics. Da gehts genau um diese Sachen und Toole wird auch explizit erwähnt. Ich finde, da ist das Thema auch etwas kohärenter dargestellt. Wenn du willst, kann ich dir das Buch als .pdf zuschicken.

Gruß Y

PS den Moulton werd ich mir mal als nächstes ansehen...


[Beitrag von Ydope am 11. Sep 2007, 18:15 bearbeitet]
Gelscht
Gelöscht
#41 erstellt: 11. Sep 2007, 18:46
da ich den thread nur kurz überfliegen konnte, nur eine wichtige beobachtung, die auch blauert schon beschrieben hat: der präzedenzeffekt (und nicht haas-effekt, wie immer falsch geschrieben wird) ist offensichtlich erlernt. kleinkinder nicht älter als 16 wochen können nicht zwischen der richtung des dirketschalls und erster reflexionen unterscheiden (s. blauert "spacial hearing", s. 420).
die wahrnehmung von kammfilterartigen verzerrungen bei beidohrigen hören ist tatsächlich sehr gering.
trotzdem muss man sich fragen, was stereophonie eigentlich leisten soll und kann. will ich z.b. die illusion einer nahen schallquelle in einem grossen raum darstellen, dürfen keine starken ersten reflexionen durch den hörraum erzeugt werden, da diese sonst zu einer entfernten wahrnehmung führt (s. sengpiel).
Onemore
Inventar
#42 erstellt: 11. Sep 2007, 20:42
Bei Sengpiel kann man auch folgendes Nachlesen.
Zitat: "Die in üblichen Wohnzimmern durch Möbel und Wände entstehenden frühen Reflexionen unter 15 ms, die immer vorhanden sind, sollten nicht schon stark in der Stereoaufnahme enthalten sein, um ein möglichst klares und unverwaschenes Klangbild zu erhalten"

Das ist aus der Sicht des Tonmeisters gesehen, der schon bei der Aufnahme versucht frühe Reflektionen zu vermeiden. Siehe auch hier. Zitat:"Die "schädlichen" frühen Reflexionen fallen beim "natürlichen Hören" nicht unangenehm auf, sie sind dabei sogar nützlich - aber in einer Stereoaufnahme eben nicht!"

Die frühen Reflektionen werden also im Hörraum wieder dazu gefügt. Jetzt bleibt nur noch die Frage ob es günstig ist bei geringen Wandabständen (weniger als 1m) diese frühen Reflektionen nicht doch zu unterdrücken. Meiner Meinung nach steigt die Abbildungsqualität durch die verbesserte Lokalisation. Andererseits wird das so erzielte Klangbild natürlich "kleiner" ausfallen. Ebenso wird das Klangbild größer wenn starke Reflektionen von der Wand hinter den LS dazu kommen. Wer z.B. einen Dipol-Flächenstrahler betreibt erzeugt damit einen völlig anderen "Raum" als ein gewöhnlicher LS. Auch eingewinkelte LS mit geringem Wandabstand können seltsame Effekte erzeugen, die wiederum von ihrem Abstrahlverhalten abhängig sind.


Gruß Bernd
inthro
Inventar
#43 erstellt: 11. Sep 2007, 20:49
Der arme Till...er wollte doch nur ein paar Tips
Onemore
Inventar
#44 erstellt: 11. Sep 2007, 21:11

inthro schrieb:
Der arme Till...er wollte doch nur ein paar Tips :D


Na ja, einen Nutzen kann er dennoch aus diesem Thread ziehen. Er dürfte jetzt einigermaßen verwirrt sein.


Gruß Bernd
till285
Hat sich gelöscht
#45 erstellt: 11. Sep 2007, 21:19

Onemore schrieb:

inthro schrieb:
Der arme Till...er wollte doch nur ein paar Tips :D


Na ja, einen Nutzen kann er dennoch aus diesem Thread ziehen. Er dürfte jetzt einigermaßen verwirrt sein.


Gruß Bernd



ja, da ist was dran
Gelscht
Gelöscht
#46 erstellt: 11. Sep 2007, 21:22
@Onemore: jegliche verminderung früher reflexionen führt zu einer zunahme der ortungsschärfe.
Onemore
Inventar
#47 erstellt: 11. Sep 2007, 21:35

markus767 schrieb:
jegliche verminderung früher reflexionen führt zu einer zunahme der ortungsschärfe.


Jetzt bleibt die Frage ob es generell besser ist frühe Reflektionen auch im Hörraum zu unterdrücken. Lokalisierung ist ja nicht alles beim Musik hören. Wie gesagt, ich finde es ist bei geringen Wandabständen besser frühe Reflektionen breitbandig zu vermeiden, bei größeren Wandabständen halte ich es aber für wenig angebracht, zumal auch eine zunehmend große Fläche behandelt werden müsste.


Gruß Bernd
inthro
Inventar
#48 erstellt: 11. Sep 2007, 21:38
Wer die Möglichkeit hat, sollte sich mal die Mühe machen, seine LS in den Garten zu schleppen und dort mal frei aufstellen.
Das Ergebnis wird nicht jedem gefallen, für mich war das ein erschlagendes Erlebnis. Erschlagend, weil ich kaum vom Stuhl hochgekommen bin und wieder im Raum hören muss


Grüsse Andy
Verrückter
Inventar
#49 erstellt: 11. Sep 2007, 22:21

inthro schrieb:
Wer die Möglichkeit hat, sollte sich mal die Mühe machen, seine LS in den Garten zu schleppen und dort mal frei aufstellen.
Das Ergebnis wird nicht jedem gefallen, für mich war das ein erschlagendes Erlebnis. Erschlagend, weil ich kaum vom Stuhl hochgekommen bin und wieder im Raum hören muss


Grüsse Andy


Erinnert mich ein bischen an den RAR...

Mal eine Frage: Extrem gute Konzepte sind in einer Baffle Wall gebaut. Auch im Kino wird ne Baffle Wall eingesetzt. Alles um die rückwertigen Reflexionen zu eliminieren. Warum nur?

Stefan
Gelscht
Gelöscht
#50 erstellt: 11. Sep 2007, 23:00

Onemore schrieb:
Jetzt bleibt die Frage ob es generell besser ist frühe Reflektionen auch im Hörraum zu unterdrücken. Lokalisierung ist ja nicht alles beim Musik hören.


es stellt sich die frage, ob erste reflexionen und nachhall aus 2 boxen bei stereoaufstellung in der lage sind, eine hinreichend plausible virtuelle akustik zu erzeugen. falls nicht, kann jeder nach gutdünken die ersten reflexionen in seinem raum gestalten oder ungestaltet belassen. ein antwort habe ich nicht, beschäftige mich aber z.zt. mit einigen alten grundsatzuntersuchungen dazu.
Klaus-R.
Inventar
#51 erstellt: 12. Sep 2007, 07:15
Moin Ydope,



Ydope schrieb:
Im Kapitel 2.5, das mich am meisten interessiert, wo er über Kammfilter schreibt, sind seine Quellen Nr. 34-38.

Bei 35 gehts um Konzerthallen.
Bei 36-38 gehts um die Verständlichkeit von Sprache. Das wird schon aus den Titeln deutlich bzw. spätestens aus den Abstracts.
Bleibt noch Nr. 34, ein Artikel von Zurek von 1979, dessen Abstract ich nicht ganz verstehe.
Achso und er zitiert noch Blauert (6), der aber laut "Verrückter" auch nicht zu der Erkenntnis kommt, dass frühe Reflektionen gut seien.


Bei 35 geht's zwar um Konzerthallen, aber die Messungen wurden im schalltoten Raum gemacht. Weiterhin wird in 35 gesagt, daß sich Sprache und Musik sehr ähnlich verhalten, was die Schwellenwerte angeht. Den Zurek-Artikel habe ich auch noch nicht ganz geschnallt. Soweit ich es begriffen habe,werden Kunstkopfaufnahmen gemacht, ein LS + eine Reflektion, diotic bedeutet Einkanal, dichotic bedeutet binaural oder Zweikanal, es wird dann die Einkanal mit der Zweikanalaufnahme verglichen, wobie sich herausstellt, daß bei Einkanal die Reflektion besser erkannt wird, daß also bei Zweikanal, wo interaurale Zeitdifferenzen vorliegen, die Reflektion besser unterdrückt wird.

Blauert habe ich nicht gelesen, aber es scheint, als ob es bei ihm um die Qualität der Phantomschallquelle geht die bei fehlenden reflektione schärfer ausgebildet ist. Bei Toole, "Detection of reflections" ging es darum, daß sich ab einem gewissen Schwellenwert die Grösse und Position der Phantomschallquelle (change in size and position of primary image) ändert. Ob dies wünschenwert ist, ist dem Einzelnen überlassen.

Im grossen und ganzen scheint es jedoch, also ob die Schlussfolgerugen, die Toole zieht, ok sind.



Klaus
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