Wie legt man das Gehäuse bei "normalen" Lautsprechern aus?`

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hehejo
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 15. Mai 2012, 11:01
Hallo zusammen,

ich habe etwas Erfahrung mit der Simulation von Subwoofern in WinISD (habe bereits 2 gebaut).
Nun meine Frage:
Wie simuliere ich "normale" Lautsprecher, also keine Subwoofer? Geht das anhand der TSP?

Ich habe bereits einen Breitbänderbausatz gekauft und gebaut, nun möchte ich aber gerne versuchen ausgehend von einem bestimmten Breitbänder (z.B. dieser hier http://oaudio.de/Lau...4-1052SDF::4535.html ) ein Gehäuse auszulegen.

Am liebsten geschlossen oder als bassreflex, also keine allzu komplizierten Bauformen.

Wie gehe ich vor?

Vielen Dank!
richi44
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 15. Mai 2012, 13:59
Hallo,
zuerst mal: Ich arbeite mit BassCADe, einer Freeware.
Und eine Gehäuseberechnung geht immer nur über die TSP!

Angenommen, wir hätten keinen Verlustwiderstand vor dem Lautsprecher (keine Weiche, keinen Röhrenverstärker und normale Kabel), dann kann man dierkt die TSP eingeben und die Daten abspeichern. Und für den Tangband kommt dabei (bei einer Systemgüte von 0.707) ein geschlossenes Gehäuse mit 2.8 Liter Volumen und einer Grenzfrequenz von 118Hz raus.
Oder Du baust eine Bassreflex, dann wird das Gehäuse (die Angabe von BassCAD noch optimiert) mit 6 Liter, ein Reflexrohr von 5cm Innendurchmesser und 20cm Länge und damit ist die Grenzfrequenz 59Hz.

Angenommen, wir hätten durch den Ri des Verstärkers, durch das Kabel und durch ein allfälliges Filter einen Verlustwiderstand von total 1 Ohm, so würde sich damit das Gehäuse geschlossen auf 6.7 Liter vergrössern, der Pegelverlust wäre rund 2dB und die Grenzfrequenz würde auf rund 92Hz abfallen. Bei der Bassreflex und 1 Ohm Verlust kämen wir auf einen Pegelabfall von ca. 1,7dB, ein Gehäusevolumen von 10.5 Liter, ein BR-Rohr von 5cm Durchmesser und 16cm Länge, bei einer Grenzfrequenz von 46Hz.

Wenn Du diese Freeware verwendest kannst Du selbst einen beliebigen Widerstandswert eingeben und sehen, was sich da alles ändert. Natürlich geht die berechnete Kurve nicht auf die tatsächlichen Frequenzgänge der Chassis ein, sondern rechnet mit dem idealen Verhalten. Nur ist es in der Regel so, dass sich im Bassbereich die Chassis kaum auswirken, ausser die Membran wäre aus derart dünnem Material, dass ein ganzflächiger Antrieb nicht möglich ist. Sowas gilt für bestimmte Breitbänder mit relativ grossem Durchmesser. Alles, was halbwegs normal gebaut ist bringt in den tiefsten Lagen und bei vernünftigem Pegel einen vollflächigen Antrieb zustande.
hehejo
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 15. Mai 2012, 18:37
Hallo richi,

Danke dir für die Antwort. Was du mir beschreibst hat ja nur Auswirkungen auf das Verhalten im unteren Frequenzbereich, wie simuliere ich was der Lautsprecher bei höheren Frequenzen macht und ob ich eventuell eingreifen (-> Sperrkreis) muss?

Angenommen ich nehme den oben verlinkten Lautsprecher, stimme ihn nach deinem Vorgehen ab und bin dann mit dem Ergebnis im Mittel/Hochtonbereich nicht zufrieden, was tue ich?

Noch eine Anfängerfrage: Welche Wand ist die Schallwand? Die Rückseitige?
Black-Devil
Gesperrt
#4 erstellt: 16. Mai 2012, 03:04
Schallwand ist die Front!

Was man dann macht, ist messen!

Mit simulieren kommt man da nicht mehr weit.
richi44
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 16. Mai 2012, 09:36
Es gibt den Effekt des Bafflesteps. Darüber habe ich hier auch schon geschrieben. Dieser kann einen Einfluss haben, aber in Abhängigkeit des Raums und der Aufstellung. Also müsste man da experimentieren. Diesen Effekt hätte man aber auch mit einer fertigen Box mit gleichen Abmessungen, also liegt es nicht unbedingt an der Boxenkonstruktion, sondern an der Wechselwirkung Box zu Raum. Simulationen bringen einen da nicht unbedingt weiter.

Generell gibt es Breitbänder, die gute Daten aufweisen (Frequenzgang) und andere mit grossen Abweichungen. Wie stark sich das jeweils auf die Wiedergabe auswirkt hängt unter anderem von der Musik ab, aber auch vom eigenen Empfinden.
Ausserdem ist es so, dass die lineare Wiedergabe allein noch keine Klangqualität garantiert. Ergäbe ein linearer Frequenzgang eine ausgeglichene, reproduzierbare Wiedergabe, dann gäbe es keine Klangunterschiede zwischen einem Zweiweg-Studiomonitor (Genelec 1032A) und einem Dreiweg-Studiomonitor (Genelec 1037C). Der Klang differiert aber deutlich, weil jede Trennung Phasenprobleme generiert. Wenn man sich jetzt an eine Zweiwegbox gewöhnt ist, welche z.B. bei 1500Hz trennt, so macht sie da, wo unser Gehör empfindlich ist hörbare Fehler. Das ist für uns dann "Richtschnur".
Haben wir eine Dreiwegbox, welche den Bereich 300Hz bis 5kHz über einen Mitteltöner wiedergibt, so liegen die Trennungen in Bereichen, wo unser Gehör sie weniger feststellt, wo also die entstandenen Fehler weniger eine Rolle spielen. Ist das unsere "Richtschnur", so haben wir mit einem Breitbänder auch weniger Probleme, weil er letztlich auch zumindest diesen Bereich allein überträgt.

Ob also ein Schwingkreis nötig und sinnvoll ist (eigentlich ist er nie sinnvoll, weil er das Ein- und Ausschwingerhalten verschlechtert) hängt nicht unbedingt vom Lautsprecher ab, der kann durchaus linear sein, sondern von der Art zu hören und den Hörgewohnheiten. Man kann sich an einen guten Breitbänder gewöhnen, wie man sich auch an eine Dynaudio-Box gewöhnen kann und man wird sowas nicht mehr hergeben wollen, wenn man die Vorzüge schätzen gelernt hat. Ist man sich an etwas wie die Genelec Zweiweg gewöhnt, so braucht es Zeit, sich an den Breitbänder zu gewöhnen.

Für die Wiedergabe im Mittel- und Hochtonbereich (also da, wo die Musik spielt, ohne Zisch und Bumm) gibt es keine wirklichen Simulationen. Massgebend ist da zunächst der Frequenzgang (Herstellermessung wenn man nicht selber messen kann) und dann vor allem das "Wasserfalldiagramm". Das sagt aber wie beschrieben wenig über den tatsächlichen Klang aus. Da gibt es nur noch das Probieren.
puffreis
Inventar
#6 erstellt: 16. Mai 2012, 13:33
Das andere Klangergebnis ist bestimmt nicht auf Phasenprobleme zurückzuführen. In dem erwähnten Programm WinISD kann man zu einem Chassis einen Tiefpass hinzufügen. Nur bei tiefen Frequenzen steigt die Gruppenlaufzeit spürbar. Bei den erwähnten, höheren Frequenzen bleibt die GLZ (solange man nicht mit der Flankensteilheit übertreibt) unter der hörbaren Grenze von 2ms im Mittelton und 1ms im Hochton.

Der hörbare Unterschied ist dem schlechteren Bafflestep-, Klirr- und IM-Verhalten geschuldet.
Außerdem gibt es im MT verschiedene Abstrahlcharakteristiken, vor allem die Unstetigkeit beim 1037 ist bei den Messungen von Anselm Goertz sichtbar.

Du hast aber Recht, wenn du behauptest, dass man sich nach einiger Zeit an einen Breitbänder gewöhnen kann.
Der Mensch kann sich tatsächlich an jeden Mist gewöhnen.

Gruß
hehejo
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 16. Mai 2012, 19:53

richi44 schrieb:
Es gibt den Effekt des Bafflesteps. Darüber habe ich hier auch schon geschrieben. Dieser kann einen Einfluss haben, aber in Abhängigkeit des Raums und der Aufstellung. Also müsste man da experimentieren. Diesen Effekt hätte man aber auch mit einer fertigen Box mit gleichen Abmessungen, also liegt es nicht unbedingt an der Boxenkonstruktion, sondern an der Wechselwirkung Box zu Raum. Simulationen bringen einen da nicht unbedingt weiter.

Generell gibt es Breitbänder, die gute Daten aufweisen (Frequenzgang) und andere mit grossen Abweichungen. Wie stark sich das jeweils auf die Wiedergabe auswirkt hängt unter anderem von der Musik ab, aber auch vom eigenen Empfinden.
Ausserdem ist es so, dass die lineare Wiedergabe allein noch keine Klangqualität garantiert. Ergäbe ein linearer Frequenzgang eine ausgeglichene, reproduzierbare Wiedergabe, dann gäbe es keine Klangunterschiede zwischen einem Zweiweg-Studiomonitor (Genelec 1032A) und einem Dreiweg-Studiomonitor (Genelec 1037C). Der Klang differiert aber deutlich, weil jede Trennung Phasenprobleme generiert. Wenn man sich jetzt an eine Zweiwegbox gewöhnt ist, welche z.B. bei 1500Hz trennt, so macht sie da, wo unser Gehör empfindlich ist hörbare Fehler. Das ist für uns dann "Richtschnur".
Haben wir eine Dreiwegbox, welche den Bereich 300Hz bis 5kHz über einen Mitteltöner wiedergibt, so liegen die Trennungen in Bereichen, wo unser Gehör sie weniger feststellt, wo also die entstandenen Fehler weniger eine Rolle spielen. Ist das unsere "Richtschnur", so haben wir mit einem Breitbänder auch weniger Probleme, weil er letztlich auch zumindest diesen Bereich allein überträgt.

Ob also ein Schwingkreis nötig und sinnvoll ist (eigentlich ist er nie sinnvoll, weil er das Ein- und Ausschwingerhalten verschlechtert) hängt nicht unbedingt vom Lautsprecher ab, der kann durchaus linear sein, sondern von der Art zu hören und den Hörgewohnheiten. Man kann sich an einen guten Breitbänder gewöhnen, wie man sich auch an eine Dynaudio-Box gewöhnen kann und man wird sowas nicht mehr hergeben wollen, wenn man die Vorzüge schätzen gelernt hat. Ist man sich an etwas wie die Genelec Zweiweg gewöhnt, so braucht es Zeit, sich an den Breitbänder zu gewöhnen.

Für die Wiedergabe im Mittel- und Hochtonbereich (also da, wo die Musik spielt, ohne Zisch und Bumm) gibt es keine wirklichen Simulationen. Massgebend ist da zunächst der Frequenzgang (Herstellermessung wenn man nicht selber messen kann) und dann vor allem das "Wasserfalldiagramm". Das sagt aber wie beschrieben wenig über den tatsächlichen Klang aus. Da gibt es nur noch das Probieren.

Hallo richi,

Ganz großen Dank für deine wirklich sehr ausfühlichen Antworten.
Ich möchte mein Anliegen etwas konkreter machen: Ich habe den eingangs verlinkten Breitbänder in ein vorhandenes Gehäuse (ca 5Liter) verbaut, klanglich habe ich aber mehr erwartet.
Wie kann ich ein besseres Ergebnis erzielen, wenn nicht durch Simulation?
Falls nötig würde ich mich auch nich scheuen in begrenztem Maße Messequipment zu kaufen, aber was wäre wirklich von Nöten um meine Lautsprecher zu optimieren?
richi44
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 17. Mai 2012, 08:32
Das einfachste wäre zu sagen: Durch Erfahrung und Fachwissen.
Wenn z.B. ein Lautsprecher dröhnt so ist dies vielfach dem zu hohen Qts zuzuschreiben. Wenn Du mit dem BassCADe übst, kannst Du die Q-Vorgabe ausschalten (häkchen weg klicken) und dann frei operieren. Und Du wirst sehen, dass kleinere Gehäuse einen höheren Q-Wert ergeben. Wenn die Resonanzfrequenz angeregt wird (sichtbar durch die Überhöhung im Frequenzgang der Simulation) dann wird dieser Ton tatsächlich auch überbetont und er schwingt langsam ein und aus.
Im umgekehrten Fall, wenn das Gehäuse zu gross ist gibt es einen langsamen Bassabfall, der aber schon bei höheren Frequenzen einsetzt als bei einem richtig abgestimmten Gehäuse. Das wäre vermutlich bei Deiner Konstruktion der Fall.

Dies alles ist Fachwissen, das man sich spielerisch erwerben kann, wenn man mit so einem Simu-Programm rum spielt. Und es ist Fantasie, sich vorstellen zu können, was da abgeht und welche klanglichen Auswirkungen sowas haben könnte.

Das Problem ist, dass eigentlich noch Erfahrung dazu gehört. Ich hatte früher im elterlichen Geschäft die Möglichkeit mit Lautsprechern zu experimentieren. Ich habe also im Lauf der Jahre (und Jahrzehnte) gelernt, was welche klanglichen Auswirkungen hat. Und ich hatte die Möglichkeit dutzende von Fertigboxen zu vergleichen (habe damals für ein Schweizer Hifi-Magazin getestet) Ich hatte dadurch auch Kontakte zu Lautsprecherentwicklern in Europa und konnte von deren Erfahrung profitieren. Dies wirst Du kaum schaffen.

Fachwissen kann man erlernen. Man muss dabei aber beachten, dass vieles theoretisch richtig ist, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen gilt und dass diese Voraussetzungen im Wohnraum selten so gegeben sind. Viele Theorien basieren auf der Annahme des reflexionsfreien Raums. Und noch mehr Überlegungen gelten nur im eingeschwungenen Zustand, wenn also ein Ton schon eine Weile andauert. Beide Voraussetzungen haben nun mit der Realität nichts zu tun.

Erfahrung ist teuer, denn man muss sich z.B. ein Chassis beschaffen, das man aufgrund von Empfehlungen oder der Interpretation der Prospektdaten (inkl. verschwurbelter Beschreibungen) als gut taxiert. Dass es dann nicht das hält was man erwartet merkt man erst wenn man es gekauft hat. Und wenn das Chassis das nicht leistet was man erwartet gibt es nur eins: Ab damit in die Bucht.

Ich habe von den beiden Genelec-Modellen berichtet, welche unterschiedlich klingen, obwohl der Frequenzgang bei beiden nahezu identisch ist. Die Unterschiede sind offensichtlich und gelten nicht nur für diese Modelle, sondern generell für die Zweiweg- und Dreiwegmodelle. Und sie gelten genau so wenn die Lautsprecher in die Frontwand eingelassen werden und somit der Bafflestep nicht mehr existiert.

Weiter ist bekannt, dass eine Weiche eine Phasendrehung verursacht in Abhängigkeit ihrer "Ordnung". Und es wird, um die Probleme zu mildern bei Weichen höherer Ordnung der Mitteltöner verpolt angeschlossen. Dies ergibt einen ausgeglichenen Frequenzgang im eingeschwungenen Zustand, aber es ergibt eine falsche Sprungantwort, also ein verfälschtes Einschwingverhalten.

Wenn man Lautsprecher entwickeln will muss man einen Rauschgenerator haben (rosa Rauschen), einen Vertärker zum Ansteuern des Lautsprechers, ein Messmikrofon mit Vorverstärker und Zubehör und ein Bandfilter und/oder einen Analyzer.
Weiter ist es vorteilhaft wenn man einen Generator hat um Messtöne zu generieren für Klirr- und IM-Messungen.

Aber wie gesagt Fachwissen und Erfahrung. Und dazu gehört eben auch das Wissen ums Hören, wie also das Ohr (und das Hirn) funktioniert und zwar die neuesten medizinischen (und technischen) Ergebnisse! Und wenn man dann noch etwas musikalische Kenntnisse mitbringt ist es nicht von schlechtem...
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