Klipsch RF7 Mk.1 Restauration

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woolfinator
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 08. Jan 2020, 16:55
Hallo ihr Lieben,
vor geraumer Zeit hatte ich ein kläglich dreinschauendes Paar RF7 für einen lachhaft günstigen Preis bei einer Auktion schießen können. Wobei schießen ein gutes Stichwort ist. Der Vorbesitzer hat keinerlei Anstalten gemacht diese Klassiker völlig runter zu ranzen und sie in Schlangenlederoptik foliert in einem komplett verqualmten Raum stehen lassen. Um ehrlich zu sein hätte ich nicht gedacht den Zuschlag zu erhalten, aber die anderen Kaufinteressenten waren wohl noch mehr abgeschreckt als ich.

Nach der ersten Bestandsaufnahme eröffneten sich alle Missetaten:
Nicht nur das Folieren der RF7er allein ist ein Sakrileg, an diversen Stellen waren Ecken und Kanten ausgeschlagen.
Klipsch 01

Was auf den Bildern der Auktion nicht so ersichtlich erschien, war die Tatsache dass der gute Herr offensichtlich mit irgend einem Schussgerät (wohl Softair) Zielübungen auf die Basstreiber zu tun pflegte.
Klipsch 02
Manch einer würde manch einen dafür selbst an eine Wand stellen, aber das mal außenvor. Glücklicherweise halten die Cerametallicmembrane einiges aus und bis auf die Dellen waren keinerlei gravierenderen Beschädigungen der Treiber auszumachen (also weder Risse noch Löcher). Eigentlich hatte ich überlegt, wie ich die Dellen zurückbiege, aber nachdem auf diversen amerikanischen Klipsch-Foren davon abgeraten wurde, bleiben die Narben wie sie sind. Alles andere würde die Situation nur verschlimmern und akustisch tut das den RF7 keinen Abbruch.

Da ich selbst schon ein wohl gehütetes paar der Mk.1 Generation in Schwarz besitze und das zweite Paar im zukünftigen Haus (im Bau) als Side meines Kino Setups nutzen möchte, entschied ich mich für eine Restauration und Umlackierung ebenfalls in schwarz. Die armen Klipsch durften erstmal über 12 Monate bei konstanter Temperatur in meinem Keller auslüften, bevor ich mich dann an Weihnachten an das Projekt gewagt habe.

Nebst Tief- und Hochtönern
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wurden die Frequenzweichen
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und Standfüße entfernt und gereinigt.
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Eigentlich hatte ich beabsichtigt alle 'nicht-hölzernen-Teile' zu entfernen, aber die Bassreflexrohre sind derart fest eingeklips(ch)t, dass ich es nach diversen Versuchen dabei belassen habe. Alles andere hätte zu unnötig roher Gewalt mit unbekanntem Ausmaß geführt und daher blieben die Rohe, wo sie waren
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Tatsächlich sollte sich später herausstellen, dass das Furnier durch die Folie recht gut konserviert wurde und wohl der Großteil des Teers aus der Raucherluft nicht durch den Kunststoff diffundieren konnte. Mit Heißluftfön ging es der Schlange an den Kragen
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Die Hestelleraufkleber habe ich übrigens ebenfalls entfernt und für später sicher aufbewahrt.

Wie viele Tiere hierfür sterben mussten bleibt unklar
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Gehäutete RF7
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Beim nächsten Schritt wagte ich ein riskantes Experiment. Da ich nebst Kleberesten auch den Lack vom Furnier entfernen wollte, entschied ich mich für Beize - wohl wissend dass eine zu lange Einwirkzeit ein komplettes Ablösen des Furniers zur Folge gehabt hätte. Aber irgend ein Idiot muss die Pionierarbeit ja leisten. Also zunächst abgeklebt und dann Beize aufgetragen.
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Ich habe die Beize etwa 90 Minuten einwirken lassen bevor ich Lack und Kleber mit einem Multitool zuleibe gerückt bin. Meine Empfehlung für alle, die es mir nachmachen wollen, mit der Handspachtel dauert es Jahre! Ich habe tatsächlich trotz E-Spachtel über 2 Stunden gebraucht.
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Der Reste-Berg nach getaner Arbeit. Was auf dem Bild nicht herauskommt. Die Klebereste waren da etwa handhoch aufgetürmt. Stinkt zum Himmel!
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Nach einem Tag Durchtrocknung sahen die zwei Hübschen schon etwas erleichteter aus
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Ich habe im Anschluss nochmal mit Nitroverdünnung die Stellen von Hand abgezogen, die ich mit dem Multitool nicht erreichen konnte.

Da nicht nur Macken und Dellen des Vorbesitzers ausgebessert werden wollten, sondern auch ich nicht der Meisterspachtler bin und diverse Furchen hinterlassen hatte, bin ich den 'Corpora Delicti' mit Holzspachtel entgegengetreten
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habe anschließend alle zu verschonenden Stellen abgeklebt (die Bassreflexrohre habe ich abermals verflucht)
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und den Rest mit Teller- und Winkelschleifer in diversen Körnungsstufen bearbeitet, bis sich die Oberfläche eben anfühlte
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Die Farbwahl stellte sich als mittelschweres Unterfangen heraus. Klipsch verwendet wohl (gemäß Information zuvor genannter US-Foren) Valspar #40 Semi-Gloss Lacke für die Black-Ash Farben. Nachdem diese allerdings in Europa nicht vertrieben werden, musste ich mir 750ml davon importieren. Mit horrendem Grundpreis, Zoll und Fracht war das die wohl teuerste Farbe, die ich jemals verwendet habe.

Vorher-/Nachhervergleich
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Unter und Rückseite sind etwas weniger matt als der Rest, was daran lag, dass hier nicht Foliert und ich nicht gebeizt hatte. Der Untergrund wurde lediglich angeschliffen - da diese beiden Seiten allerdings seltener betrachtet werden, konnte ich mit dem latenten Unterschied leben. Der Glanz, so wie auf den Bildern verschwand übrigens nach einigen Tagen Endtrocknung komplett und das Delta zu den gebeizten Seiten ist fast nicht mehr auszumachen.
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Jede Seite wurde gerollert und anschließend nass mit einem breiten Rosshaarpinsel nachgezogen, um die Bläschen der Rolle zu entfernen. Da ich jeden Durchgang einen Tag trocknen ließ, dauerte der gesamte Vorgang 5 Tage. Anschließend habe ich die RF7 wieder bestückt
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und im Licht aufgestellt um das Gesamtbild begutachten zu können. Ich habe mir von Rolle und Pinsel kein Meisterwerk erhofft und hier und da sind für den, der genau hinsieht einige Nasen aufgekommen
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aber insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem Resultat. Die beiden Klipsch verdanken es mir mit dem gewohnt wuchtigen und schillerndem Klangpanorama.
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Frau und Kinder sind entzückt - ich sowieso.
Mission erfüllt.

Euch allen wünsche ich ein gesundes und gutes neues Jahr 2020!
Mechwerkandi
Inventar
#2 erstellt: 09. Jan 2020, 10:25

woolfinator (Beitrag #1) schrieb:

Jede Seite wurde gerollert und anschließend nass mit einem breiten Rosshaarpinsel nachgezogen, um die Bläschen der Rolle zu entfernen.

Bemerkenswerter Job.
Tipp für das nächste Mal:
Nach der Beschreibung der Lackierarbeit mit den "Bläschen" hast Du vermutlich eine Schaumstoffrolle verwendet. Die ist für solche Lacke ungeeignet.
Wesentlich besser geht das mit einer kurzflorigen Veloursrolle, das ist innen Schaum und aussen rum so was wie eine Art Samt oder wie immer an das beschreiben will.
Damit gibt es keine Bläschen.
woolfinator
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 09. Jan 2020, 12:00

Mechwerkandi (Beitrag #2) schrieb:

Bemerkenswerter Job.
Tipp für das nächste Mal:
Nach der Beschreibung der Lackierarbeit mit den "Bläschen" hast Du vermutlich eine Schaumstoffrolle verwendet. Die ist für solche Lacke ungeeignet.
Wesentlich besser geht das mit einer kurzflorigen Veloursrolle, das ist innen Schaum und aussen rum so was wie eine Art Samt oder wie immer an das beschreiben will.
Damit gibt es keine Bläschen.


Danke! Nein tatsächlich habe ich eine Nylon Walze verwendet aber auch hier war mir das Resultat nach dem Walzen zu "fleckig" - ich weiß nicht wie ich es besser beschreiben soll. Du hast recht, das Wort 'Bläschen' war an dieser Stelle falsch. Aber auch die Überlappungen jeder Rollenspur empfand ich zu stufig und da hat der Trick mit dem Pinsel sehr gut Abhilfe schaffen können. Wichtig ist nur, dass die Borsten zuvor gut mit der Farbe getränkt wurden. Ein trockener Pinsel zieht unschöne Streifen.
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