Class-D Receiver, Roll-off gewollt?

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Hörschnecke
Inventar
#1 erstellt: 15. Jan 2017, 20:03
In einem anderen Thread neulich war mir beiläufig bereits ein Roll-off schon weit vor 20 kHz am Kopfhörer-Ausgang eines Denon Class-D Stereo-Receivers aufgefallen.

Schon unterhalb 20 kHz sah ich dort eine Absenkung der Höhen bis zu rund -10 dB. Nun ist zwar bekannt, daß Class-D Endstufen meist einen Lautsprecher-abhängigen Frequenzgang haben, aber in dieser starken Ausprägung scheint mir das hier nicht die Erklärung zu liefern. Auch eine versehentliche Verstellung des Treble scheidet aus, da in Stellung "s.direct" (also ohne Klangregelung) das Frequenzspektrum des Weißen Rauschens aufgenommen wurde.

Zur Erinnerung: Weißes Rauschen enthält alle Frequenzen mit gleichem Pegel und die Hüllkurve des Spektrums sollte praktisch eine gerade Linie ergeben. Da mein Quellsignal mit 24/96 generiert war, sollte bei linearer Übertragung des Denon über seinen analogen Eingang das Spektrum eigentlich bis rund 48 kHz geradlinig aussehen. Da der Denon-Receiver analoge Eingangssignale intern aber nur mit 48 kHz verarbeitet, ist der steile Abfall schon oberhalb von 20 kHz zu erwarten. Soviel war zunächst ja auch schon bekannt.

Aber was könnte der Grund für die bis zu -10 dB Roll-off schon unterhalb/vor 20 kHz sein??

Bei einem KH-Ausgang eines rein analogen Verstärkers dürfte man solche Werte vermutlich schon einen "Defekt" nennen. Sollte das bei dem Denon DRA-F109 nicht der Fall sein, könnte man spekulieren, daß hier bewusst das typische Störspektrum eines Class-D Verstärkers möglichst billig unterdrückt werden soll. Über gute Kopfhörer werden Störgeräusche in den Höhen schließlich besonders leicht auffällig.

"Gemessen" hatte ich am KH-Ausgang mit einer Focusrite 2i2, welche eine 10 kOhm Last für den KH-Ausgang darstellt. Ist denkbar, daß diese ungewöhnlich geringe Lastimpedanz zu dem Roll-off führt? Sollte eigentlich nicht, da hohe Impedanzen > 8 Ohm normalerweise eher zu einem Höhenanstieg bei Class-D Endstufen führen sollen.

Zur Illustration drei Spektren am KH-Out bei source direct, treble +10dB und treble -10 dB: (Obacht, die y-Achse wird von Audacity leider autoskaliert!)
Denon-DRA-F109-HP-out-sdirect
Denon-DRA-F109-HP-out-treble-plus-10dB
Denon-DRA-F109-HP-out-treble-minus-10dB

PS: Am LS-Out ist der Frequenzgang im Kontrollversuch übrigens linear bis 20 kHz.
cr
Inventar
#2 erstellt: 15. Jan 2017, 20:20
zum Vergleich SMSL 50 (Test in Hobby Hifi 2/2012)
2 Ohm: -8dB
4 Ohm: -2dB
6 Ohm: 0dB
8 Ohm: +1,5
16 Ohm: +4dB

alles bei 20 kHz

Das KH-Problem ab Endstufe läßt sich bei ClassD wohl nur so lösen, dass der KH-Buchse ein Widerstand parallelgeschaltet werden muss, einerseits nicht so hoch, dass der Frequenzgang zu sehr leidet, andererseits hoch genug, dass er nicht zu einem Heizelement wird. Oder es wird ein billiger KHV verbaut, kostet ja nix, so was wie in jedem CDP drinnen ist.

Warum mißt du nicht bei 150 Ohm? 10kOhm, also quasi Leerlauf, ist schon etwas unrealistisch und das Ergebnis letztlich belanglos
Hörschnecke
Inventar
#3 erstellt: 15. Jan 2017, 21:51
Zitat cr:
"
2 Ohm: -8dB
4 Ohm: -2dB
6 Ohm: 0dB
8 Ohm: +1,5
16 Ohm: +4dB
"
10000 Ohm: +99dB ??

Wenn Du jene Reihe als Begründung siehst, warum bei 10000 Ohm der Pegel bei 20 kHz auf rund -10 dB gefallen war, ist es unlogisch. Da muss dann noch ein weiterer Faktor hinzukommen.

Genauso Deine Ansicht, daß man einen KH-Ausgang nicht mit 10 kOhm Lastimpedanz messen dürfe. Ein KH-Out ist normalerweise niederohmig ( <120 Ohm nicht untypisch). Mit 10k liegt eine Spannungsanpassung vor, welche den Pegel über das Spektrum eines normalen KH-Verstärkers nicht zusammenbrechen lassen würde, wie gemessen. Bekanntlich sind eher zu niederohmige Lasten/Kopfhörer für verbogene Frequenzgänge verantwortlich.

Also wie ist der Höhenverlust nun tatsächlich zu erklären (wenn er nicht gezielt vom Hersteller eingerichtet wurde)??

Deine Idee mit dem Spannungsteiler ist vielleicht nicht ganz falsch. So hatte ich an anderer Stelle im Forum ja 220 Ohm Ausgangsimpedanz an jenem KH-Ausgang bestimmt. Zusammen mit den 10 kOhm Last und den typischen Hochtonverbiegungen bei einfachen Class-D Endstufen bei Lasten zwischen 2 bis 16 Ohm solltest Du doch eigentlich ein Widerstandsnetzwerk berechnen können, welches die -10 dB verursachen kann, oder?


[Beitrag von Hörschnecke am 15. Jan 2017, 21:52 bearbeitet]
Hörschnecke
Inventar
#4 erstellt: 16. Jan 2017, 21:49
... zum Vergleich mal, wie sich ein "echter" Kopfhörerausgang (einer Soundcard Focusrite 2i2) verhält, wenn er mit einem 10 kOhm Eingang aufgezeichnet wird. Bei Weißem Rauschen mit 48 kHz Bandbreite ist der Frequenzgang auch bis weit über 30 kHz linear. Nicht verwirren lassen von der folgenden, leider stark gespreizten Skalierung, es geht hier nur um die gemittelte Hüllkurve, welche geradlinig verläuft:
Scarlett-2i2-KH-WN-an-10k-Input

Der KH-Ausgang des zitierten Class-D Verstärkers zeigte am selben 10 kOhm Eingang hingegen wie beschrieben weit vorher einen starken Höhenabfall (-10 dB bei 20 kHz).

Ich hatte jetzt Gelegenheit den KH-Ausgang auch einmal zusätzlich mit 100 Ohm und ein anderes mal mit 33 Ohm zu belasten. Bei 100 Ohm ist der Höhenverlust an gleicher Stelle "nur" noch -4 dB und bei 33 Ohm "nur" noch -2 dB. Sichtbar hier:

Denon-DRA-F109-HPout-100Ohm 100 Ohm
Denon-DRA-F109-HPout-33Ohm 33 Ohm

Es spricht aus meiner Sicht jetzt alles dafür, daß einfach die Class-D Endstufe für den KH-Ausgang abgegriffen wird. Erstes Indiz war ja bereits dessen gemessene Ausgangsimpedanz von 220 Ohm. Ein weiteres Indiz ist nun noch die starke Abhängigkeit von der Impedanz eines jeweils angeschlossenen Kopfhörers (wie an den Höhenverlusten bei verschiedenen Widerständen zu sehen). Wahrscheinlich wechselwirkt der passive Tiefpassfilter der Class-D Endstufe und sein Spannungsteiler sehr empfindlich mit angeschlossenen Impedanzen am KH-Ausgang. Hochohmigere Kopfhörer werden dabei anscheinend stark benachteiligt.

Ich könnte mir vorstellen, daß man die Kosten und Mühen gescheut hat, intern das PCM abzugreifen, mit einem DAC zu analogisieren und mit einem Buffer-Verstärker für den KH aufzubereiten. Das PWM vor dem LS mit einem Widerstand abzuzwacken ist natürlich billger und unterdrückt beiläufig auch noch eventuelle Rauschanteile im Hochtonbereich. - Technischer Fortschritt sieht für mich allerdings anders aus ...


[Beitrag von Hörschnecke am 16. Jan 2017, 21:56 bearbeitet]
cr
Inventar
#5 erstellt: 16. Jan 2017, 23:34
Muss ich mal bei meinem SMSL messen. Der hat auch KH-Ausgang, habe aber nie KH verwendet, weil ich davon ausgegangen bin, dass das nichts taugen dürfte wegen der Impedanz

Mit billigen Class-D-Verstärkern dürfte man wohl eine Tür für Verstärkerklang öffnen (bzw.liefert den Klanghörern viel Munition), denn was da bei komplexen Frequenzweichenimpedanzen alles auftreten kann, ist die Frage.......
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