KT 88 glüht wo sie wohl nicht soll

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GTZZ
Neuling
#1 erstellt: 24. Okt 2015, 15:04
Hallo allerseits,

hatte meinen Cayin 88Ti kürzlich bei meinem Händler zur Biaseinstellung. Danach wurde der Verstärker erst zweimal benutzt (nach Abholung 1 Std. und heute 1,5 Std.).

Beim heutigen Hören fiel mir auf, dass eine KT88 SED Winged C dort glüht wo es die anderen 3 nicht tun.
Irgendwelche Klangeinbußen oder gar Störgeräusche oder eigenartige Gerüche konnte ich nicht feststellen!
Der Endröhrensatz hat rund 750 Std. oder 4Jahre auf dem Buckel und stammt von BTB.

Mein Händler hat den Bias in dieser Zeit jährlich eingestellt und mir zum wiederholten mal mitgeteilt, dass besagte Röhre sich schwer auf den geforderten Wert justieren lässt.

Eure geschätzten Meinungen erwarte ich hier gerne.

Grüsse von Günther


KT88 SED
pragmatiker
Administrator
#2 erstellt: 24. Okt 2015, 17:34
Servus Günther,

wenn sich das Glühen der Anodenbleche auch schon in vernünftiger Zeit nach dem Einschalten beim Händler im Rahmen seiner Ruhestromeinstellaktion gezeigt hat, dann ist der meiner Meinung nach mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Pfuscher mit wenig bis gar keiner sattelfesten Ahnung von der Röhren-Thematik.

Ein Ruhestrom läßt sich auf einen Sollwert einstellen - und bleibt dann dort halbwegs stehen......oder er tut es eben nicht. Ein Aussage wie: ".....daß besagte Röhre sich schwer auf den geforderten Wert justieren läßt...." kann man nur noch mit erhöhtem Mißtrauen quittieren. Weil, wie gesagt: Entweder läßt sich der Ruhestromwert auf den geforderten Wert (wie hoch ist er eigentlich, der "geforderte" Wert?) einstellen - oder eben nicht. Und wenn er sich nicht oder "nur schwer" (was auch immer diese Platitüde heißen mag) auf den "geforderten" Wert einstellen läßt, dann sucht ein seriöser Fachmann mit Berufsehre nach der Ursache - und liefert nicht einfach das Gerät wieder an den Kunden aus.

Vermutbare mögliche Ursachen nach Fern-Augenscheindiagnose:

  • Die Röhre ist defekt (Vakuum nicht mehr brauchbar oder ähnliches) --> glaube ich angesichts des Aussehens des Getterspiegels dieser Röhre eher nicht....aber, wer weiß?
  • Der Ruhestromwert dieser Röhre ist wirklich ganz falsch eingestellt.
  • Macke (schwankender Widerstandswert) im Kathodenwiderstand dieser Röhre oder in dessen Schaltungszweig.
  • Macke (Wackelkontakte im Ruhestrompoti und dergleichen) im Steuergittervorspannungseinstellzweig dieser Röhre.
  • Macke (Wackelkontakt usw.) im Kontaktgebiet von Röhrenfassung und Röhrensockel.
  • Defekter (z.B. Feinschluß - gerne auch spannungsabhängig) Koppelkondensator zum Steuergitter dieser Röhre.

Ich sehe gerade, daß ich vor einigen Jahren schonmal so einen Vogel reparaturtechnisch in den Fingern hatte - mit der Qualität der Widerstände im Bereich der Endröhren war es damals wohl nicht weit her, jedenfalls hab' ich die an (mindestens) einer Endröhre ausgetauscht (links im Bild: buntes, chinesisches Original, rechts: grüne, deutsche Reparaturwiderstände).



Das Thema "Widerstände" hat sich damals scheinbar weiter durch das Gerät gezogen - jedenfalls ist von den vier Widerständen auf dem nachfolgenden Bild auch nur noch einer original (der senkrechte in Bildmitte):



Die aus meiner Sicht wirklich lausigen Ruhestromeinstellpotis sind mir damals schon aufgefallen:



Offensichtlich hat das Gerät damals nach der Reparatur auf dem rechten Kanal bei ca. 10[W] Ausgangsleistung in 4[Ohm] bei 1[kHz] Frequenz einen Klirrfaktor von ca. 0.22% abgeliefert:



Und, nein, um der Frage zuvorzukommen: Ich hab' das damals nur für einen Freund gemacht - ich repariere keine solchen Geräte. Und, ja, selbstverständlich hab' ich damals nach der Reparatur einen elektrischen Sicherheitstest des Verstärkers nach VDE 0701 / 0702 gemacht:



Grüße

Herbert


[Beitrag von pragmatiker am 24. Okt 2015, 18:26 bearbeitet]
GTZZ
Neuling
#3 erstellt: 25. Okt 2015, 11:09
Guten Morgen Herbert,

herzlichen Dank für deine umfassende Antwort.

Leider ist es wie so oft, dass es viele mögliche Ursachen gibt.

Schon beim ersten Einsetzen der KT88 wurde lt. Rechnung 2011 die Ruhestromschaltung modifiziert, bzw. ein Widerstand eingelötet.

Ob das Glühen schon beim Händler nach der diesjährigen Eistellung (vorher war alles ok) auftrat kann ich natürlich nicht sagen.

Möglicherweise habe ich es selbst erst nach dem zweiten Einschalten bemerkt.

Da ich die SED-Röhren sehr schätze und sie leider nicht mehr produziert werden möchte ich sie halt gerne noch eine Weile spielen. Ca. 750 Std. Spielzeit sind doch noch nicht das Ende – oder?
Ich besitze sogar noch einen älteren Satz SED, der geschätzte 1100 Std. problemlos gelaufen ist und vor dem aktuellen Sorgenkind spielte. Wäre das sinnvoll den älteren Satz nochmal zu verwenden?

Alternativ hätte ich noch die kaum gespielten Original-Cayin Endröhren, denn auf einen Austausch wird es wohl hinauslaufen.

Grüsse
Günther
Anro1
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 25. Okt 2015, 14:47
Der super ausführlichen und fundierten Erklärung von Herbert lässt sich nichts dazufügen.

Aus meiner Erfahrung:
In vielen Fällen tritt solch ein Verhalten auf Grund von Sockelkontakt Problemen am
Gittervorspannungs Pin/Kontakt des Röhrensockels auf, oder die Röhre ist tatsächlich
defekt was auch bei der Wing-C vorkommt.

Oft hilft es mit einem kleinen Schraubendreher die Kontakte im Röhrensockel vorsichtig
nachzubiegen. (Bitte im ausgeschalteten Zustand)

Wenn das nichts bringt mal die betroffene Röhre tauschen und neu einmessen.

Wenn das nichts bringt dan zur Reparatur zum Fachmann.
Grüsse und viel Erfolg bei der Fehlersuche.
pragmatiker
Administrator
#5 erstellt: 25. Okt 2015, 18:11

GTZZ (Beitrag #3) schrieb:
Schon beim ersten Einsetzen der KT88 wurde lt. Rechnung 2011 die Ruhestromschaltung modifiziert, bzw. ein Widerstand eingelötet.

Interessant zu erfahren wäre es, was GENAU da gemacht wurde - und vor allen Dingen: WARUM?

Grüße

Herbert
GTZZ
Neuling
#6 erstellt: 02. Nov 2015, 17:31
Mittlerweile wurden die Original Cayin-KT88 eingesetzt und eingestellt. Mal sehen wie lange die halten.

Laut Händler und einem Cayin-Experten (er ist wirklich einer!) war die glühende Röhre defekt.
Was bei der Modifizierung bzw. weshalb sie durchgeführt wurde ist nicht mehr zu erfahren.

Kann mir vielleicht jemand mitteilen wie lange in Std. seine SED's im Cayin spielten, da ich ja noch den älteren Satz und 3 intakte Röhren besitze.

Danke
Günther
Anro1
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 02. Nov 2015, 18:13
War das Gerät bei Herrn Noll (Technischer Experte beim Cayin Importer) ?
Herr Noll ist aus meiner Erfahrung ein wirklich sehr kompetenter Röhrengeräte Experte.


Wenn die KT88 von guter Herstellungs Qualität ist, und konservativ innerhalb der
Spezifikationen (Datenbaltt) betrieben wird, sollte eine solche Röhre denke ich im
Durchschnitt durchaus >5000 bis 10000 Std völlig klaglos ihren Dienst versehen.

Wird eine entsprechend niedrige Leistung abverlangt, und ein gewisser
Parameterdrift / Toleranz bei der Alterung vom Betrieb des Gerätes / Besitzer tolleriert, habe
ich auch schon von längeren Betriebszeiten gehört ???.
Wobei mir das schon als sehr viel vorkommt.

Man sieht den Röhren IMHO übermäßigen Betriebsstunden und Überbeanspruchung auch meisten an.
Braune Ablagerungen / Schlieren im Glaskörper, schwarze, Hitze geplagte AnschlussPins.
Viele Spass beim Röhren hören.
MfG
eckibear
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 02. Nov 2015, 18:26
Die KT88 hat intern eine Strahlfokussierung (sog. "Beam Power Tube"). Dabei wird der Elektronenstrom in Schichten aufgeteilt und jede Schicht auf die Anode abgebildet. Die Fokussierung erfolgt über gemeinsame Elektroden außerhalb der Steuergitter/Schirmgitter Ebenen. Diese Elektroden sind intern mit der Kathode verbunden.
So ungleichmäßig und stark wie die Röhre glüht, funktioniert diese Schichtung garnicht mehr. Entweder ist eine der strahlformenden Elektroden verbogen (Stoß) oder der Kontakt zur Kathode ist abgebrochen. Ebenso könnte das Schirmgitter verbogen oder ohne Kontakt zur Außenwelt sein.
Man sollte einmal die Vorspannungen messen, einmal mit und einmal ohne eingebaute Röhren. Aber Vorsicht, das Messgerät muss wirklich sicher genug sein für die hohen Spannungen. Also keinen China-Böller anschließen!

Sehr wahrscheinlich ist aber die Röhre defekt.
DB
Inventar
#9 erstellt: 02. Nov 2015, 20:14
Wenn das Schirmgitter innen abgerissen ist, fließt eigentlich kein Anodenstrom mehr.
Auf jeden Fall ist es keine gute Idee, einen Verstärker umzubauen, nur um eine von den Daten aus dem Rahmen gefallene Röhre darin betreiben zu wollen.


MfG
DB
GTZZ
Neuling
#10 erstellt: 06. Nov 2015, 17:56
Hallo Anro1

der von dir genannte Herr war beratend für den Händler eingeschaltet.

Du sprichst ja von enormen 5000 bis 10000 Std Laufzeit für die KT88. Habe meinen ersten Satz vorsichtshalber schon nach ca. 1100 Std ausgetauscht.
Gottseidank habe ich den alten Satz noch aufgehoben, da können sich ja noch meine Erben und auch noch deren Erben auf etliche Stunden Laufzeit freuen.

Grüsse
Günther
DB
Inventar
#11 erstellt: 07. Nov 2015, 11:49
Hallo,

Röhren werden nicht anlaßlos getauscht, weil ja irgendwie die Zeit heran sein könnte. Man tauscht Röhren, wenn sie defekt oder verschlissen sind.

MfG
DB
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