Siemens Spezialsuper B8

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der.simon
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 04. Aug 2016, 21:03
Hallo zusammen,

ich hab auf dem Trödelmarkt ein Siemens Spezialsuper B8 geschossen. Es soll ein Alltagsradio für meine Freundin werden.

Soweit funktioniert alles (sind ja auch wie ein Panzer gebaut), der Radioempfang (UKW) ist nur leider abgesehen von einigen starken Sendern von Nebengeräuschen geplagt.

IMG_3282

1. Frage: welche Antenne wird dafür verwendet? So ein 300 Ohm Dipol?

2. Frage: wie bekommt man Nikotin-Schmock von Innen weg ?

IMG_3283

3. Frage: Sind die ganz linke (aus UKW-Kasten) und die beiden rechten (Vor- und Endstufe meiner Einschätzung nach) schonmal erneuert worden (andere Bauart) und die anderen Röhren kaputt (Silberner Schimmer)

Röhren (von links nach rechts): ECC85; ECH81; EF89; EABC80; EL84; EM80 (magisches Auge)

IMG_3284

4.Frage: Sehe ich das richtig, das eine Vorstufen-Röhre (EABC80) eine Endstufen-Röhre (EL84) und dann jeweils eine Röhre für jedes Radio-Band (UKW-MW-LW)

hier einmal der Schaltplan:

Spezialsuper_Schaltplan Kopie

5.Frage: Kann man Klang und Empfang abgesehen von der Antenne noch anders verbessern? Sollte man zumindest Teilweise die Röhren erneuern? Oder geht so etwas mit der alten Technik einfach einher?

Ich weiß, viele Fragen, ich hoffe nicht all zu dumme. Ich habe bisher viel mit alten Transistor-Verstärkern rumgespielt aber Röhren- und Radio-Technik sind, auch wenn ich die Grundprinzipien verstehe, noch Neuland für mich.

Multimeter, Lötkolben und der Wille sich die Hände schmutzig zu machen sind vorhanden.


Soweit vielen Dank schonmal und allen einen schönen Abend
hf500
Moderator
#2 erstellt: 04. Aug 2016, 23:31
Moin,
1. ja, ein 300 Ohm (240 Ohm) Dipol.
2. Ist etwas schwierig. Viel kleinteilige Putzerei.
3. Nein, die Roehren sehen fuer Siemensroehren voellig normal aus. Scheint noch die Originalbestueckung zu sein.
4. Nein, die Roehrenfunktionen:
ECC85: UKW Vorstufe und selbstschwingende Mischstufe
ECH81: AM-Oszillator und AM-Mischstufe, 1. ZF fuer FM (UKW)
EF89: 1. ZF fuer AM, 2.ZF fuer FM
EABC80: enthaelt die Dioden fuer den AM und FM-Demodulator, dazu die NF-Vorstufentriode
EL84: Endroehre
5. Das Geraet muss ueberholt werden. So, wie es aussieht, ist es in einem Alter, wo noch Papierkondensatoren ueblich waren. Die ziehen aus der Luftfeuchtigkeit Wasser und das verschlechtert den Isolationswiderstand. Die Endroehre ist in Gefahr, die beiden Kondensatoren im Netzeingang gegen Masse werden erstmal ersatzlos gestrichen. Ersatz nur durch gepruefte Entstoerkondensatoren, wenn es Probleme mit Stoerungen aus dem Netz gibt.
Der Kondensatortausch ist erforderlich, wenn man ein betriebssicheres Alltagsradio haben will.
Die Papierkondensatoren werden gegen moderne Folienkondensatoren getauscht:
http://shop.antikrad...rt_order&language=de

Die drei kleinen Elkos sollte man auch tauschen, den 1µ neben dem 22k Widerstand wuerde ich sogar durch 4,7µ/400V ersetzen. Er siebt die Betriebsspannung der EabC80; diese Spannung kann nicht brummfrei genug sein, weil Brumm hier in der Endroehre weiterverstaerkt wird.

Erst, wenn die Wickelkondensatoren getauscht sind, ist es sinnvoll, die Betriebsspannungen nachzumessen, um zu sehen, was es sonst noch fuer Handlungsbedarf gibt.

Siehe auch:
http://www.dampfradi...05daa9dd27f35f2d5e11


73
Peter


[Beitrag von hf500 am 04. Aug 2016, 23:38 bearbeitet]
Rabia_sorda
Inventar
#3 erstellt: 05. Aug 2016, 01:15
Und bitte die Kontakte der Röhren und der Sockel mit einem Glasfaserpinsel vom Oxid befreien.
der.simon
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 05. Aug 2016, 08:28
Meine Güte....

was für eine gute Antwort! Vielen Dank dafür.
Ich hab noch 2 andere Projekte hier stehen für die schon lange der Warenkorb bei R. voll ist. Da werd ich mal die paar Kondensatoren hinzufügen und dann geht's damit weiter.

Das Testen der Kondensatoren werde ich mir getrost sparen, bei den geringen Preisen für neue, werden einfach alle ersetzt.

Die Wickelkondensatoren sind die Papierkondensatoren von denen du sprachest?

Grüße

Simon
Rabia_sorda
Inventar
#5 erstellt: 05. Aug 2016, 19:29

Die Wickelkondensatoren sind die Papierkondensatoren von denen du sprachest?


Ja. Diese sind, wie schon angesprochen, nicht nur von ihrer Kapazität wohl mittlerweile grenzwertig, sondern auch noch Brandgefährlich (= können brennen).
hf500
Moderator
#6 erstellt: 05. Aug 2016, 19:39

der.simon (Beitrag #4) schrieb:

1. Das Testen der Kondensatoren werde ich mir getrost sparen, bei den geringen Preisen für neue, werden einfach alle ersetzt.
2. Die Wickelkondensatoren sind die Papierkondensatoren von denen du sprachest?


1. Man sollte fuer den Ersatz schon axial bedrahtete Kondensatoren verwenden, die lassen sich auch etwas zwangloser einbauen.
2. Ja, ich meine die Papierkondensatoren. Styroflex- und Keramikkondensatoren sind in solchen Geraeten nur sehr selten defekt und werden nur getauscht, wenn sie sicher defekt sind.

Auch Papierkondensatoren, die eine Kunststoff-/Kunstharzumhuellung haben (z.B. Wima Durolit), muessen getauscht werden. Die Umhuellung ist nicht wasserdampfdicht, auch diese Kondensatoren sind nach inzwischen ca. 50 Jahren "nass". An gebraeuchlichen Kapazitaetsmessgeraeten zeigen sie eine ueberhoehte Kapazitaet, ein sicheres Zeichen, dass da Wasser drin ist. Diese Bauteile (eigentlich das ganze Radio) wurde fuer eine Gebrauchsdauer von etwa 10 Jahren ausgelegt, diese Zeit haben sie eigentlich immer gut ueberstanden, aber jetzt sind es nun mal 50+x Jahre.
Ach ja, da es ein Siemensradio ist, muesste ich auch mal ein gutes Bild von der Unterseite des Chassis haben. Es geht um die Widerstaende, Siemens hat um 1960 herum Kohlemassewiderstaende verwendet, die inzwischen auch gerne unter Alterungserscheinungen leiden und besonderes grossere Widerstandswerte sollten ueberprueft werden. Sie werden gerne noch hochohmiger.

73
Peter
Holger66
Ist häufiger hier
#7 erstellt: 07. Aug 2016, 00:05
Diese für Siemens (und Philips) typischen Widerstände werden nicht nur gerne hochohmiger, sondern neigen auch dazu, raschelnde Geräusche in der Nf zu fabrizieren. Kommt immer wieder vor, hatte ich schon mehrfach.

H.
hf500
Moderator
#8 erstellt: 07. Aug 2016, 19:24
Moin,
eigentlich sind diese Widerstaende fuer nichtdeutsche Unterhaltungsgeraete bis weit in die 70er typisch. Schichtwiderstaende waren eher eine deutsche Marotte, von Ausnahmen mal abgesehen z.B. Braun, Siemens, einige Kleinhersteller, die fuer den Versandhandel/Kaufhaus gebaut haben, bei Saba sickerten sie mal ein, verschwanden aber schnell wieder. Interessant konnte in dem Zusammenhang sein, dass ein Grossteil der "Massewiderstaendler" irgendwie zu US-Konzernen gehoerten (Braun, Imperial, Saba) Da gabs wohl Fuchtel, weil Schichtwiderstaende zu teuer waren ;-)
Philips und Massewiderstaende? Muss ich mal darauf achten, bislang waren da fuer mich hellbraune (beige) Schichtwiderstaende typisch. Schliesslich hatte Philips/Valvo eine riesige Fertigungstiefe, die haben ja fast alles selbst hergestellt.

Bei Siemens wundert mich die Verwendung von Massewiderstaenden. Allerdings zeigt auch die mechanische Konstruktion der Radios, dass das (nach meiner Ansicht) eher "haben wir auch"-Produkte waren. Man "musste" sie im Programm haben, waren aber eigentlich schon recht weit ausserhalb des Kerngeschaeftes. So ist es naheliegend, dass kein zu grosser finanzieller Aufwand getrieben wurde. Siemens hat seine UE-Geraete denn auch schon ziemlich frueh eingekauft, sei es als OEM von inlaendischen Herstellern oder aus Fernost.

73
Peter
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