Verkettung unglücklicher Umstände

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vampir
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 22. Mrz 2012, 20:27
Kennt ihr das auch? Eigentlich freut ihr euch über etwas, aber dann geht einfach dauernd etwas schief und die Laune sinkt auf einen Tiefpunkt.

Vor einigen Tagen habe ich endlich mein Traum Tapedeck gefunden, ein Pioneer CT-F9191. Der Preis war ok und der Zustand sollte es auch sein. Es kam bei mir mit DHL an, in einer supersicheren Verpackung, genauso wie beschrieben und wie ich es mir erhofft hatte. Laut Beschreibung gab es nur zwei kleine Fehler: Das Zählwerk und die Lampen in der Aussteuerungsanzeige gehen nicht. Das sollte doch kein wirkliches Problem sein. Ich hab das Gerät aufgeschraubt (das Servicemanual habe ich mir aus dem Netz kostenlos runtergeladen) und siehe da, der Riemen zum Zählwerk fehlte ganz. Ich habe schnell mal ein passendes Gummiband eingesetzt und dan ging es los. Der Bandtransport funktionierte nicht mehr. Kein Wunder, weil der 2 zweite von insgesamt 3 notwendigen Riemen ausgeleiert war und den Transport zum Zählwerk durch mein neues Gummiband zwar ging, aber der Rest nicht mehr. Kein Problem. Für das Deck gibt es noch komplette Riemensätze zu kaufen. Während die Bestellung lief, habe ich dann am geöffneten Gerät den Fehler an der Beleuchtung gesucht. Also nicht nur den oberen Deckel des Gehäuses entfernt, sondern auch ncoh die Vorderfront mmit allen Knöpfen und Schaltern abgebaut. An die Lampen der VU-Meter kam ich nicht ran, die sind irgendwie in den kleinen Gehäusen eingebaut. Während ich nach dem Fehler gesucht habe, fiel mir auf, dass auch die Beleuchtung im Kassettenfach nicht ging. Auch hier wieder weitere Abdeckungen entfernt und festgestellt, dass die betreffende Birne ok ist. Dann den Boden des Decks abgeschraubt (jetzt steht nur noch ein Gerippe vor mir). Bei den Feinsicherungen ist eine kaputt - zuständig für die nicht funktionierenden Lampen. Prima, wieder einen Schritt weiter. Diese Sicherung (5 x 30 mm) habe ich leider nicht da, also per Telefon einen Laden hierfür gesucht. Nach ein paar Tagen des vergeblichen Suchens kam dann in der Zwischenzeit der Riemensatz per Post. Also schnell mal zwei von drei Riemen ausgetauscht. An den dritten Riemen kam ich so nicht ran. Dazu muss offensichtlich die Motoreinheit abgeschraubt werden. Vier Schrauben. An eine bin ich gut rangekommen und die ließ sich auch gut lösen, die anderen drei sich schwere zu erreichen und gingen so nicht auf. Kein Problem. Laut Manual kann man mit vier weiteren Schrauben die ganze Laufwerkseinheit ausbauen. Also weiter geschraubt. Drei von vier gingen gut, die vierte ging gar nicht. Nur der Schraubenkopf ging durch die Versuche langsam dahin. Zum Schluss habe ich das Teil rausgebohrt und dabei festgestellt, dass die Schraube mit einem Sicherungslack richtig festgeklebt war. prima. Nun ist das Laufwerk draussen, aber von den vier Schrauben am Motorblock geht wieder nur eine auf. Grummel. Jetzt habe ich erst mal ein paar Sicherungen übers Netz bestellt.

So schnell geht die Reparatur dieser Kleinigkeiten wohl doch nicht. Und nach einem Problem tun sich mindestens zwei weitere auf.

Von diesen Baustellen habe ich leider mehrere in der Werkstatt stehen. Und dann gibt es wohl noch Leute, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen.

Fröhliche Grüße und viel Erfolg beim Schrauben!

Andreas
grautvOHRnix
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 22. Mrz 2012, 21:57
Ja ! Hier ! Ich !

... und dann erkläre mal dem Kunden, der sowieso schon weiß, was kaputt
ist ("Kleinigkeit, hab' ich schon im Netz (HiFi-Forum ???) gelesen, ist bloß
ein Kondensator kaputt"), daß die Reparatur seines vergammelten Wracks
mehr kosten wird als ein (z.B. von mir) aufgearbeitetes Geräte im wirklich
funktionierenden Zustand, von denen ich immer einige "vorhalte".
Ich verachte die Lügenbeschreibungen in eBäh und bemitleide die Käufer,
die auf diese überschwänglichen Beschreibungen hereinfallen und dann
(z.B. von mir) das "Todesurteil" für ihr frischgekauftes Schnäppchen erhalten.

Gerade erst gestern wieder : Sony DTC-59ES, "gereinigt, super Zustand, spielt
einwandfrei" ... eBäh eben ...
Laufwerk total verschmoddert, Einfädelhebel beide ausgehakt, Andruckrolle
steinhart + spiegelblank + rissig (gibt's nur noch zu Wunderpreisen) ... das
Ding hatte mit Sicherheit seine letzte Cassette vor 10 Jahren abgespielt !,
Kopfverstärker sowieso hinüber (Blumenkohlgestank aus siffenden SMD-Elkos).

Mein Kunde hat immerhin mit meinem Gutachten seine Kohle wiederbekommen,
aber das glückt selten genug ...


Aber ich halt' jetz' die Klappe - ich hab' Feierabend !!
vampir
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 22. Mrz 2012, 23:08
Vielleicht noch zur Beruhigung: Die vier Schrauben des Motoblocks sind endlich draussen. Den Sicherungslack habe ich mit Aceton angelöst und die Schrauben seitlich mit einem scharfen Metallstift und leichtem Hämmern gelockert. Nundenn, dann benötige ich für den Zusammenbau auch noch ein paar passende Schrauben. Der dritte Riemen sitzt jetzt auch im Laufwerk. Und nun ist bei mir auch erst mal Werkstattschluss.

Guten Abend!
Andreas
Lennart777
Inventar
#4 erstellt: 23. Mrz 2012, 11:05
Hallo Andreas,

auch wir, mein Vater und ich, verdienen unseren Lebensunterhalt mit der Instandsetzung von alten Hifi-Geräten. Einen Pioneer CT-F9191 (er gehört Ivo, auch hier aus dem Forum) hatten wir auch schon auf dem Tisch. Du wirst mit diesem Gerät noch viel Spaß haben, wenn Du bemerkst, dass beide Zwischenräder abgenutzt sind und Du die noch erneuern musst, damit das Deck wieder richtig läuft. Man bekommt solche Gummis zum Glück noch (z.B. bei Fred gewinnt auf ebay), aber der Austausch ist recht zeitraubend.

Aber das ganze Wiederaufbereiten von solchen Schätzchen nimmt erheblich mehr Zeit in Anspruch als man gemeinhin denkt. Lämpchen zum Beispiel: fast jeder denkt, so ein Lämpchen ist doch rasch erneuert - aber häufig gibt es nicht mehr die richtige Bauform oder die verwendeten Spannungen und/oder Ströme - dann muss umgebaut werden und leicht heran zu kommen ist auch nicht immer - wie Du bei den VU-Meter-Lampen des 9191 gemerkt hast - und so verrinnt die Zeit beim Arbeiten...

Beim Kauf auf ebay kann man prinzipiell davon ausgehen, dass jedes Gerät, was dort angeboten wird, auch überholungsbedürftig ist, wenn es nicht ausdrücklich als komplett überholt angeboten wird, und selbst dann, gibt es Geräte, mit denen wir noch Stunden und Aberstunden zubringen könnten...

Zum Glück gibt es aber viele Leute, die unserer Arbeit zu schätzen wissen und sie gerne in Anspruch nehmen.

Grüße
Lennart
PBienlein
Inventar
#5 erstellt: 23. Mrz 2012, 11:55
Hallo Andreas,

ich kann Lennart nur beipflichten! Ich muß zwar nicht meinen Lebensunterhalt mit dieser Arbeit verdienen, aber es gibt so Tage und Geräte, da zerrinnt einem förmlich die Zeit zwischen den Fingern.

Gerade kürzlich ein äußerlich gut erhaltener Vollverstärker und deshalb restaurationsfähiger, Kenwood KA-405. Beim Öffnen des Gehäuses sollte man sich immer bekreuzigen, denn das Erstaunen ist häufig groß, wenn man erst mal den Deckel abgenommen hat: Meist zeigt sich folgendes Bild: total verdreckt, verstaubt oder versifft und eindeutige "Kampfspuren" derjenigen, die sich zuvor meist erfolglos an dem Gerät versucht haben. Man kann schon froh sein, wenn alle Bauteile vorhanden sind. Teilweise wurden sie bereits ersetzt ob sie auch passen, zeigt sich meist erst später.

Wenn man dann "mal gerade" die Front abnehmen muß, zwecks Reinigung oder weil man an Schalter oder Regler kommen will, nimmt das Drama seinen Lauf: festsitzende Poti- und Schalterknöpfe, festgegammelte Schrauben, deren Köpfe teilweise schon rund gedreht sind, falsche Gewindesteigungen hatten oder vermurkste Gewinde an Potis, und so weiter und so fort. Manchmal hilft wirklich nur die Bohrmaschine.

Im aktuellen Fall des KA-405 zeigten sich leider auf der Hauptplatine mehrere Brüche, deren Entstehung mir schleierhaft ist. Diese zu flicken, ist auch immer wieder eine wunderbar zeitraubende Arbeit.

Aber letztlich entschädigt - mich jedenfalls - ein schön instandgesetztes, wieder voll funktionierendes Gerät und all der Ärger ist vergessen.

Gruß
PBienlein
grautvOHRnix
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 23. Mrz 2012, 14:49
Genau, ich freue mich auch jedesmal, wenn ich zwischen
dem vielen Plastikgenök einem Kunden sein "echtes"
altes Schätzchen frisch gewartet zurückgeben kann.

Gerade eben : Technics SU-3500, ohne einen einzigen
Kratzer, in unserem Laden mal neu gekauft, noch nie
geöffnet gewesen (!!!), jetzt wieder komplett funk-
tionstüchtig wie neu zurück.

Woanders hätte man dem Herrn gesagt, er möge die alte
Kiste wegtun und sich eine B**e - Tischhupe kaufen !
Lennart777
Inventar
#7 erstellt: 23. Mrz 2012, 16:09
Tischhupe für das "böse" Fabrikat ist gut - und zutreffend!

Grüße
Lennart
bukongahelas
Inventar
#8 erstellt: 24. Mrz 2012, 05:15
So einen Klassiker wiederzubeleben , auch wenn es technisch viel Aufwand bedeutet, kann durchaus befriedigend sein , zumal man von Gerät zu Gerät besser wird.
Aber: Die Ersatzteilbeschaffung kostet (jedenfalls bei mir) bis zur
doppelten als der eigentlichen Reparaturzeit von etlichen Stunden.
Stunden und Tage auf der Jagd über -zig Lieferanten , zu 90% erfolglos.
Was der eine nicht hat gibts woanders oder garnicht (oder ich finde es einfach nicht, zugegeben nicht meine Stärke).
Habe xmal versucht einen Lieferanten zu finden , der flexibel auf meine
Anfragen reagiert : erfolglos.
Da man die Stunden Beschaffungszeit nicht berechnen kann (jedenfalls fände ich das unfair) , relativiert sich der effektive "Gewinn" auf ein paar Euro pro Stunde. Das davon keiner leben kann dürfte klar sein.
Trotz voller Auftragsbücher und großer Kundenzufriedenheit muß ich daher früher oder später wegen dieser Ersatzteilprobleme aufgeben.
Es bleibt die Frage offen , ob auch andere Reparateure dieses Problem haben bzw wie sie es lösen.

Festsitzende Kreuzschlitz-Schrauben: Da nehme ich einen möglichst gut passenden (warum gibts eigentlich soo viele verschiedene Schraubenköpfe bzw Kreuzschlitze?) Schraubendreher und setze ihn an die feste Schraube an. Dann den SD ganz leicht "in Lose-Richtung" der Schraube vorspannen , einige Winkelgrade drehen.
Dann mit Hammer kräftig auf den SD schlagen:
Der Schlag treibt den SD in den Schraubenschlitz und produziert dabei ein "Lose" Drehmoment linksherum.
Funktioniert auch mit angefressenen(vom Laien vermurksten) Schrauben.
Praktisch das Prinzip des Schlagschraubers.

Gruß
bukongahelas
vampir
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 25. Mrz 2012, 11:36
In diesem Beitrag habe ich unabsichtlich zwei Themen miteinander vermischt: Die Reparatur meines F9191 (das war nur als Beispiel gedacht) und Rentabilität von Klassiker-Reparaturen für Kunden und Service-Techniker. Um die Themen voreinander zu trennen, mache ich jetzt mal zwei neue Threads ("Reparatur Pioneer CT-F9191" und "Rentabilität von Klassiker-Reparaturen") auf und führe diesen hier nicht mehr weiter.

Andreas
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