Gulda, Friedrich: Ein genialer Geck?

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Marthaler
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 28. Jan 2005, 15:15
Gestern Abend im Fernsehen ein Porträt des Pianisten Friedrich Gulda. Wie eitel, wie kokett, wie selbstgerecht dieser Typ doch war. Immer dieser Muckerton, das erwartbar Unkonventionelle, der vorauseilende Ungehorsam. Und wenn ich schon höre: Nicht ich spiele, ES spielt mich! Auch so ein unvergänglicher Topos aller inspirierten Trottel. Ok, kurz: unerträglich dieser Geck! Und doch, wenn er anfängt zu spielen, vergesse ich das alles. Und hat wohl auch er das alles vergessen. Da vermeidet er jede Exzentrik, jede falsche Expressivität, das ist dann nichts als selbstvergessene Hinwendung zum Werk. Jedenfalls will es mir so vorkommen.

Und was meint ihr?

Freundlich fragend
Marthaler


[Beitrag von Marthaler am 28. Jan 2005, 15:16 bearbeitet]
sound67
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 28. Jan 2005, 15:20
Ich meine: Alles in Ordnung, je mehr Mätzchen um so besser. Warum? Dann hatte er nicht soviel Zeit zum "Komponieren"

Genialer Beethoven- und Mozart-Interpret - und wie viele Genies immer an der Grenze zum Wahnsinn.

Gruß, Thomas
Albus
Inventar
#3 erstellt: 28. Jan 2005, 15:26
Tag,


Friedrich Gulda, an Friedrich Gulda denke ich häufiger. Seine Gedanken über Musik (Taschenbuch) lese ich nicht mehr wieder. - Friedrich Gulda war ein schlechter Schreiber, ein inspirierter Musiker, ein einfallsreicher Komponist, jenseits des Jazz, der ihn wohl doch nicht glücklich gemacht hatte. Sein Concerto for myself (auch als eine NDR-CD produziert) ist allerbeste musikalische Unterhaltung. Und: Wir sind alle eitel.

MfG
Albus
Marthaler
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 28. Jan 2005, 15:34
@ sound67
Genie und Wahnsinn - auch so ein Wortehepaar, das mit Interesse vermählt bleibt. Als würde es nicht mal wenigstens einen Gedanken lohnen, warum so viele begabte Künstler in den gar nicht komischen Wahnsinn getrieben wurden. Von wegen: Je mehr Mätzchen, desto besser. Aber Gulda war ja nicht verrückt, seine Mätzchen waren wohlfeil, die Turnereien eines Zirkuspudels für die Galerie.

@ Albus
"Wir sind alle eitel" - sagst du, und ich schlucke trocken. Aber sind wir denn wirklich? Müssen wir? Können wir nicht anders? Schadet es uns nicht? Oder jenen, die gezwungen sind, uns zu ertragen.

So viele Fragen.

Freundlich grüßend
Marthaler


[Beitrag von Marthaler am 28. Jan 2005, 15:35 bearbeitet]
Albus
Inventar
#5 erstellt: 28. Jan 2005, 15:47
Tag erneut,
und Tag Marthaler,

es ist schon so, wie der Prediger Salomon sagt (Prediger Sal.: 1., 2): "Alles ist ganz furchtbar eitel, ganz furchtbar eitel."

Nimm Lorin Maazel, nachdem die Berliner Philharmoniker nicht ihn, wie erwartet, sondern Claudio Abbado zum Nachfolger von Karajans wählten, Maazel sagte die geplanten Konzerte mit dem Orchester ab. Gefragt: "Ist das eine Reaktion aus verletzter Eitelkeit?" Unumwundenen die Antwort von Lorin Maazel, zum Interviewer: "Wir sind alle eitel."

Schau Dich um, der Prediger hat wahr gesprochen.

Aber Friedrich Gulda hatte doch eine liebenswürdige Art der Snobtümelei. Schubert konnte Friedrich Gulda spielen, männlich, unverzärtelt. Sein Gesang, die Golowien Lieder, komisch (nicht lächerlich - d.h., er hat um das Merkwürdige gewußt!).

Genug.

MfG
Albus


[Beitrag von Albus am 28. Jan 2005, 15:48 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#6 erstellt: 28. Jan 2005, 22:31
hallo Albus und sound67,

dito !


außerdem sollte man nicht vergessen, dass f. gulda schon als 16-jähriger international beethoven-zyklen auf hohem niveau aufführte. sowas ist sicherlich für die entwicklung der persönlichkeit auch von bedeutung.


gruß, siamak
icknam
Stammgast
#7 erstellt: 28. Jan 2005, 23:01
Also - auf das ganze Rumgetue würde ich nicht viel geben. Ich habe Gulda einmal - vor Jahren - mit eigenem Programm gesehen. Es war keine Katastrophe (vom Hocker hat es mich auch nicht gehauen), sondern zumindest erfrischend anders.
Aber: Schaltet doch einmal das Radio ein, wählt einen Sender, der auch Verkehrsnachrichten bringt, und wartet ab, bis ein Musikstück kommt, das besser ist.
AcomA
Stammgast
#8 erstellt: 29. Jan 2005, 02:01
hallo icknam,

ich weiß nicht, wie dein kommentar mit den verkehrsnachrichten friedrich gulda gerecht werden soll. entschuldigung, aber das ist völlig deplaziert !

gruß, siamak
knackser
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 29. Jan 2005, 03:23
Siamak schrieb:

hallo icknam,

ich weiß nicht, wie dein kommentar mit den verkehrsnachrichten friedrich gulda gerecht werden soll. entschuldigung, aber das ist völlig deplaziert !

gruß, siamak


Hallo siamak,
ich fürchte, Du hast icknams Beitrag nicht richtig verstanden!
Sein Beitrag bedeutet, dass Guldas Musik besser als alle Machwerke heutiger Pop-Musik ist!
icknam
Stammgast
#10 erstellt: 29. Jan 2005, 11:30

knackser schrieb:
ich fürchte, Du hast icknams Beitrag nicht richtig verstanden!
Sein Beitrag bedeutet, dass Guldas Musik besser als alle Machwerke heutiger Pop-Musik ist!


"Alle" wollte ich jetzt auch nicht sagen, aber "so gut wie". Er war halt - wie schon oben steht - ein Exzentriker, von sich selber überzeugt. Ich habe die Sendung nicht gesehen und natürlich kann man eine Person in Filmen auf viele Arten darstellen. Aber ihn gleich als "eitel, kokett, selbstgerecht" abzutun (der aber, (sozusagen) wenn er sich selber ausschaltet, genial Klavier spielt) wird ihm sicherlich nicht gerecht. Schon allein, dass er etwa den Münchner Klaviersommer auf die Beine gestellt hat, zeigt, dass das Bild nicht passt.

Er hat sich selber mal für tot erklärt, um die Nachrufe über sich zu lesen - allein diese Idee finde ich schon klasse (auch wenn die meisten es als geschmackslos ansehen).
joerggr
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 29. Jan 2005, 12:18
Hallo,

Gulda gehoert zu meinen Lieblingspianisten. Schliesslich hat ja auch Martha Argerich bei ihm studiert. Seine Beethoven-Sonaten (bei Amadeo) sind einfach super, man beachte vor allem den unverkennbaren Jazz-Einschlag bei der letzten (op. 111) im zweiten Satz: so hat das niemand sonst gespielt.

Was seine 'Maetzchen' anbelangt, erinnere ich mich an seine Auftritte in Berlin in den fruehen 70ern, die zeigen, dass er zumindest konsequent war. Zuerst in der Philharmonie, ausverkauft, mit Mozart und seinen eigenen Werken. Und nachdem ich bereits seine Platte 'Play Piano Play' hatte, war ich natuerlich begeistert. Dann ein paar Jahre spaeter wieder Philharmonie, diesmal mit 'Anima' (oder wie immer er seine Gruppe nannte). Ich erinnere mich, dass einige Zuhoeren Flugzeuge aus ihren Programmen falteten und sie aufs Podium fliegen liessen. Und als dann auch noch eine Zuhoererin sich 'animiert' fuehlte, aufs Podium zu steigen und mitzumachen, brach er veraergert das Konzert ab und verschwand unter lauten Buh-Rufen. Dann gab es einige Jahre keinen Gulda in Berlin zu sehen. Dann gab er ein Konzert im Kant-Kino (nach er letzten Film-Vorfuehrung, so um Mitternacht oder so). Man kann sagen, dass alle, die da hinkamen, wirklich Gulda-Fans waren, und wir wurden auch nicht enttaeuscht. Aber so war er eben, man wusste nie so genau, was einen erwartete.

Alles in allem: eben eine Persoenlichkeit mit vielen Kanten aber Klavier spielen konnte er!

Gruss, Joerg
AcomA
Stammgast
#12 erstellt: 29. Jan 2005, 14:38
hallo joerggr,

soweit ich informiert bin, studierte martha argerich wie auch gulda selbst (u.a. auch nelson freire und rudolf buchbinder) bei bruno seidlhofer !


gruß, siamak
AcomA
Stammgast
#13 erstellt: 29. Jan 2005, 15:24
hallo,

ich denke, solange künstler-eskapaden anderen keinen schaden zufügen, ist das unproblematisch. z.b. auch der umstand, dass f. gulda bei seiner 2. gesamteinspielung der beethoven-sonaten als einziges textilstück eine unterhose anhatte, was nach seinem bekenntnis ihm ein neues gefühl interpretatorischer freiheit gab. für mich bleiben seine darstellungen des wtk 1 von j.s. bach und der beethovenschen diabelli-variationen referenz !


gruß, siamak
joerggr
Ist häufiger hier
#14 erstellt: 29. Jan 2005, 15:37
Hallo siamak,


soweit ich informiert bin, studierte martha argerich wie auch gulda selbst (u.a. auch nelson freire und rudolf buchbinder) bei bruno seidlhofer !


das kann schon sein. Gelesen habe ich allerding immer nur, dass sie bei Gulda und Michelangeli studiert hat. Es kann ja sein, dass sie auch noch andere Lehrer hatte.

Gruss, Joerg


[Beitrag von joerggr am 29. Jan 2005, 15:37 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#15 erstellt: 29. Jan 2005, 15:43
hallo joerggr,

das problem besteht darin, dass jemand in jungen jahren einmal dem berühmten x oder y vorgespielt hat, und dann heißt es, er habe bei x oder y 'studiert'. es ist garantiert, dass argerich beim wiener klavierpädagogen seidlhofer 'studiert' hat undzwar über jahre !


gruß, siamak
stolte1969
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 29. Jan 2005, 16:55
Gulda war Argerichs 1. Lehrer außerhalb Argentiniens. Eine ziemlich relevante und gluaubwürdige Quelle: Sie hat es selbst in einem Interview gesagt. Bei Michelangeli hat sie lediglich vier Stunden Unterricht gehabt.
Torquato
Stammgast
#17 erstellt: 30. Jan 2005, 13:22
Guten Morgen alle zusammen!

Als Nicht-Kennner Guldas wüsste ich gern: hat man eigentlich von Anfang an gewußt, dass Golowien und Gulda ein und die selbe Person sind?

Gruß,
Torquato
Torquato
Stammgast
#18 erstellt: 31. Jan 2005, 11:35
Oder irre ich mich und sie waren gar nicht ein und die selbe Person?

Gruß
icknam
Stammgast
#19 erstellt: 31. Jan 2005, 12:10

Torquato schrieb:
Als Nicht-Kennner Guldas wüsste ich gern: hat man eigentlich von Anfang an gewußt, dass Golowien und Gulda ein und die selbe Person sind?

Wer bitte ist "Golowien"?
Albus
Inventar
#20 erstellt: 31. Jan 2005, 12:56
Tag,

Friedrich Gulda hat die Lieder an Veranstaltungen selbst vorgetragen, die von ihm so benamsten Golowien-Lieder aus dem Wiener Wald. Die Sache war für Zuhörer klar.

Friedrich Gulda spielte Mozart auch als Kammermusiker (das Bläserquintett), als Solist des großen Klavierkonzertes KV 503 trat er hervor, mit Nikolaus Harnoncourt als Dirigenten. Wo er noch auch hervortrat: mit der Aufnahme des Wohltemperierten Klavier, 1 und 2, J.S. Bach; eine Darstellung in Prägnanz, ohne personalistische Mätzchen.

MfG
Albus
geniesser_1
Hat sich gelöscht
#21 erstellt: 31. Jan 2005, 17:13
Als eher vom Jazz kommend hat mich sein "Befreiungswerk" "the Long Road to Freedom" erschienen bei MPS beeindruckt.... und - entgegengesetzt zu seiner Richtung - ein wenig in Richtung Klassik gebracht.

Schrill ist er schon - eben eine Art Hundertwasser am Flügel..... bunt und interessant.... auch, wenn es oftmals wohlkalkuliert ist.... aber in Wirklichkeit süchtelt doch das Publikum nach soetwas (auch, wenn es dann nachher völlig unglaubhaft behauptet, es würde so etwas nicht mögen und billigen... )

Und so betrachtet ist Gulda allemal bessr als 99,999 der heutigen Pop-(und einiger Klassik?) Interpreten, die NUR noch viel warme PR-Luft, aber keine Musikalischen Gemüter bewegen können....

Gruß
geniesser_1


[Beitrag von geniesser_1 am 31. Jan 2005, 17:30 bearbeitet]
Torquato
Stammgast
#22 erstellt: 31. Jan 2005, 20:34

icknam schrieb:

Wer bitte ist "Golowien"?


Links auf dem Cover-Scan ist Albert Golowin, rechts Friedrich Gulda zu sehen. Beide sind jedoch Friedrich Gulda (ungefähr um die gleiche Zeit fotografiert).



Albert Golowin war das Pseudonym der Gesangsstimme des Pianisten Gulda - oder doch sein Alter Ego?

Auf den Platten wurde jedenfalls
Friedrich Gulda (Klavier), Albert Golowin (Gesang)
gelistet

Gruß,
Torquato
icknam
Stammgast
#23 erstellt: 31. Jan 2005, 21:02
Das Problem ergab sich aus dem "E", das sich da eingeschlichen hat: Golowien, statt Golowin. Über Golowien habe ich nämlich überhaupt nichts gefunden, von "kennen" ganz zu schweigen. (Golowin hat mir aber auch nichts gesagt).


[Beitrag von icknam am 31. Jan 2005, 22:46 bearbeitet]
Torquato
Stammgast
#24 erstellt: 31. Jan 2005, 23:07
Mir ist die falsche Schreibweise auch erst aufgefallen, nachdem ich Golowien in Google eingeben hatte und auch nichts fand Die aus dem Bild hervorgehende Doppelexistenz Golowin/Gulda finde ich schon sehr spaßig; wüßte gern mehr darüber. Leider habe ich bis jetzt noch kaum weitergehende Informationen darüber gefunden.

Gruß, Torquato
icknam
Stammgast
#25 erstellt: 31. Jan 2005, 23:37

Torquato schrieb:
Die aus dem Bild hervorgehende Doppelexistenz Golowin/Gulda finde ich schon sehr spaßig.


Das erinnert ein an Heinz Erhard Humor - so mit Perücke, falscher Bart <=> Brille. Ist jedenfalls Klasse, wenn da nicht immer der trübe Bierernst herrscht.
leifislive
Ist häufiger hier
#26 erstellt: 03. Feb 2005, 00:32
Hi,

als "teilzeitcellist": ich finde sein cellokonzert megaspassig...;)

und laut einem mir bekannten Dirigenten hat der mal folgendes getan: auf dem programm war schubert, er "fühlte sich aber nicht nach schubert und "musste" improvisieren... die ersten leute gingen... nach einer viertelstunde meinte er dann, die idioten sind ja jetzt gegangen, dann kann ich ja endlich schubert spielen...

klingt arrogant, ist mir aber irgendwie äusserst sympathisch... vielleicht selbstinszenierung, aber irgendwie richtig...

grüsse

leif
Sektionschef
Neuling
#27 erstellt: 07. Feb 2005, 23:07
Gulda ist für mich persönlich der interessanteste Pianist unserer Zeit. Seine diversen Eskapaden bei Konzerten, die ich zunehmend nicht mehr mitvollziehen konnte, na ja..
Wenn man allerdings bedenkt, dass der 19/20-jährige Gulda die Beethovensonaten in drei Abenden auf einer 2-jährigen Konzertreise durch Amerika und Südamerika in 600 (!) Konzertabenden aufführte, dann ist es wenig verwunderlich, wenn ein Künstler Alternativen sucht - und im Jazz findet.
Eine Anekdote in diesem Zusammenhang: Gulda kehrte von einer Konzertreise zurück, so berichtete er und hatte am Flughafen in Salzburg zwei "Tickets" in der Tasche: eine Verpflichtung für eine Meisterklasse in Wien und die Einladung des Birdland, dort aufzutreten. Er bestieg das Flugzeug Richtung Amerika.
Für mich immer noch ein Genuß ersten Ranges:
Das Wohltemperierte Klavier (BASF-LP und nicht die CD!!!!), die fünf Beethoven Klavierkonzerte mit Horst Stein (wiederum die LPs und nicht die CDs!!!, Decca), die Klaviersonaten von Beethoven allerdings in der nicht mehr erhältlichen ersten Aufnahme bei Decca und die Mozartklavierkonzerte mit Abbado und Harnoncourt.
Ich trauere heute noch, dass er sich nicht entschließen konnte die Mozartsonaten aufzunehmen. Wer solches jemals live gehört hat, wird es kaum vergessen.
lydian
Stammgast
#28 erstellt: 08. Feb 2005, 00:30
Da möchte ich auch meinen Senf dazu geben und für Guldas Aufnahme der Klavierkonzerte KV 461 und 595 unter Hans Swarovsky werben. Ich weiß nicht, ob es da eine CD gibt, ich habe eine etwas obskure LP, die nicht gut klingt, aber Himmel welche Musik.............das Orchesterspiel hält Guldas Niveau jedoch nicht.

Seine Aufnahmen der Beethoven´schen Sonaten für Cello und Klavier mit Fournier suche ich schon lange....

Gruß,
Steff
lydian
Stammgast
#29 erstellt: 08. Feb 2005, 14:44

Sektionschef schrieb:

Ich trauere heute noch, dass er sich nicht entschließen konnte die Mozartsonaten aufzunehmen. Wer solches jemals live gehört hat, wird es kaum vergessen.


Zumindest die Sonaten KV 331 und KV 333 hat er aufgenommen, für amadeo.
ruhri
Stammgast
#30 erstellt: 08. Feb 2005, 22:58
Hallo leifislive,

ich finde das nur arrogant und wüßte nicht, was daran "richtig" sein soll.

Es ist traurig, dass man irgendwelchen Unsymps alles durchgehen lässt, weil sie (angeblich) so tolle Genies sind. Das ist die beste Garantie dafür, dass die Erde auch weiterhin von den Unsymps bevölkert bleibt.

Grüße

Ruhri
das_dritte_ohr
Neuling
#31 erstellt: 22. Mai 2006, 23:12
Auch nach so langer Zeit korrigiere ich mal in diesem alten Thread die Sache mit Golowin und Argerich.

Gulda hat die Doppel-Identität des Golowin nach eigener Aussage drei Jahre lang geheim gehalten. Es sollen sich sogar Kritiker beschwert haben, dass dieser talentierte Golowin keine Unterstützung von Gulda bekommt.
Quelle Friedrich Gulda - Gespräche mit Kurt Hoffmann, Langen/Müller.

Martha Argerich hat laut Gulda zwei Jahre bei ihm Unterricht genommen. Sie nannte ihn „one of the most talented people I ever met“. Mehr über den Unterricht hier:
http://www.andrys.com/arg-1979.html

Generell sollte man vorsichtig sein, über Gulda ohne Kenntnis der Zeit vor ca. 1965 zu urteilen. Wer als Österreicher mit 20 Jahren in der Carnegie Hall auftritt, mit 30 wirklich alles erreicht hat, bei dem ist es vielleicht verständlich, wenn er sich gelangweilt zur Ruhe setzt. Die spätere Arroganz und Eitelkeit wurden sicher durch eine Lust an der Provokation gegenüber den Gesprächspartnern verstärkt, waren aber durch das früher vorhandene musikalische Niveau nicht ganz ohne Rechtfertigung.

Langsam gräbt Universal die alten Aufnahmen aus, einige großartige alte live-Mitschnitte tauchen gelegentlich bei den Rundfunksendern auf. Die zeigen dann wieder das richtige Gulda-Bild.

@ruhri Die Provokationen gingen immer auch von der konservativen Seite aus. In Texten, oder durch die Kündigung der klassischen Plattenverträge, obwohl am pianistischen Niveau nichts auszusetzen war. Sein Beethoven war genial, aber Decca hat ihn rausgeschmissen, weil er nebenbei Jazz spielte. Ist das "richtig"?

Ich kann da verstehen, wenn ein Musiker manchmal versuchte, sich die Hörer auszusuchen.
teleton
Inventar
#32 erstellt: 23. Mai 2006, 11:29
Eine der besten Aufnahmen der Beethoven: Klaviersonaten mit Friedrich Gulda findet man auf dieser Preiswerten Decca-Eloquence-CD-Box, die mit 20,-€ wirklich ein heißer TIPP ist:

Klaviersonaten Nr. 1-32
+Klavierkonzerte Nr. 1-5

Friedrich Gulda (Klavier),Wien PO, Horst Stein
Aufnahmen Amadeo 1968 - 71

Die enthaltenen Beethoven-Klavierkonzerte können IMO nicht mit den Besten mithalten, schon gar nicht vom etwas langweiligen, uninspirierten Orchesterspiel unter Horst Stein.
Man höre dagegen Szell´s dirigat bei den Klavierkonzerten, das ist Orchesterglanz (mit Fleisher).
trotz-tinitus-hörer
Schaut ab und zu mal vorbei
#33 erstellt: 14. Aug 2006, 18:39
Hallo Gulda-Freunde,
ich habe "Gulda spielt Golowin" in den 70er Jahren gehört. Ganz weit hinten dämmerts, das was eine BASF-Scheibe. Seit langem bin ich auf der Suche danach aber Gebraucht gibts nichts und Neuauflage ist auch nichts. Hat jemand die Möglichkeit an das gute Stück ranzukommen?
Ansonsten hatte ich noch Ende der 80er das Glück, Friedrich live in der Münchner Philharmonie zu sehen, 1. Halbzeit fürs gediegene Publikum, 2. Halbzeit für einen nur noch 2/3 gefüllten Saal (dafür mit Ursula). Für mich, in Sachen Beethoven wirklich aller oberste Schublade und ein Mensch der im zunehmenden Alter nur für die Musik - und weniger fürs Publikum - gelebt hat.
Sicher auch noch ein Tipp sind seine Einspielungen "Sämtliche Klaviersonaten von Ludwig van", Amadeo Classic, 11 LP-Kassette von 1967 mit folgender (Gulda)-Anmerkung: "zu einer Zeit, in welcher Geist schon fonktioniertund die Technik noch immer" - also, um einen abgegriffenen Begriff zu gebrauchen: im besten Alter.
In diesem Sinne viel Muße an alle
Don_Paolo
Neuling
#34 erstellt: 16. Aug 2006, 18:26
Auch ich bin bekennender Gulda-Fan. Ich kenne keinen Pianisten, der alle drei Götter des Komponistenolymps (Bach, Mozart, Beethoven) gleichermaßen großartig interpretiert. Allen Freunden der Mozart-Interpretationen von Gulda seien die wiederentdeckten "Mozart-Tapes" empfohlen:

http://www.jpc.de/jpcng/classic/detail/-/hnum/8774934/rk/home/rsk/hitlist

Gruß

Paul
SirVival
Hat sich gelöscht
#35 erstellt: 17. Aug 2006, 11:20
Hi,

meine Meinung: Man soll die Toten ruhen lassen. Ob Gulda wirklich so ein guter Pianist war? Seine Interpretationen der Beethoven-Sonaten sind mir einfach zu kühl und zu distanziert, sozusagen in Klavierschüler-Manier runtergeklimpert ohne innere Beteiligung. Danach weiss ich, was ich an meiner Brendel-Kassette habe. Ansonsten spiegeln seine Mätzchen lediglich den Zeitgeist der 70er Jahre wider, als man nur auf die Bühne scheissen (Otto Mühl), oder als Cellistin nackt (Name ist mir leider entfallen) auftreten musste, um als Genie zu gelten, also Getue ohne jede tiefere Bedeutung. Zugegeben, heute ist es allerdings auch nicht besser um den Kulturbetrieb bestellt.

Gruß

SV
ph.s.
Inventar
#36 erstellt: 22. Okt 2006, 18:40
Hallo an alle!

Ich habe heute mit einem Bekannten über Friedrich Gulda gesprochen. Als wir darauf kamen, dass sein Todestag genau auf den Geburtstag des von ihm so vergötterten Mozarts fiel, nämlich den 27. Januar, meinte mein Bekannter, dass quasi inoffiziell allen bekannt sein, dass er sich selbst, bewusst an diesem Datum ums Leben gebracht hätte. Man habe das nur nie explizit ausgesprochen. Das war für mich völlig neu! Ist euch das auch bekannt oder habt ihr davon, so wie ich, auch noch nie etwas gehört? Eine Recherche meinerseits im Internet hat auf jeden Fall bis jetzt noch keinen Hinweis auf einen Selbstmord geliefert. Allerdings wäre der Zusammenfall des Geburtstages Mozarts und des Todestages Guldas schon ein eigenartiger Zufall!
MartinG
Stammgast
#37 erstellt: 27. Okt 2006, 19:04

Torquato schrieb:
Guten Morgen alle zusammen!

Als Nicht-Kennner Guldas wüsste ich gern: hat man eigentlich von Anfang an gewußt, dass Golowien und Gulda ein und die selbe Person sind?

Gruß,
Torquato


Nein, hat man nicht.
Ich habe hier das Buch mit sämtlichen Plattenkritiken der Zeitung Sounds (von 66-77) vor mir liegen - und dort wird er als unglaublicher Sänger beschrieben, der sich nicht fotografieren läßt und Publicity scheut. "Leider erhält er von Gulda und seinem Trio nicht die Unterstützung, die man sich wünscht."
Und das ist ernst gemeint.
Gulda hat das selbst mal zitiert, weil er sich darüber freute, wie gut es funktioniert hat.
Also für mich lohnt sich der Kauf der 4-fach-CD "Midlife Harvest" schon wegen der Golowin-Lieder. Allein daraus hätte man eine Karriere machen können!
Aber in Gulda steckten einfach zu viele Talente und in mancher Hinsicht ist es ihm vielleicht oft auch zu leicht gefallen.
Ich finde ihn in seiner Gesamtheit großartig!
Leider habe ich ihn nur 2x Live gehört, beide Male in Berlin, beide Male mit Mozart-Sonaten.

Gruß,
Martin


[Beitrag von MartinG am 27. Okt 2006, 21:06 bearbeitet]
Thomas133
Hat sich gelöscht
#38 erstellt: 12. Jun 2007, 13:55
Hallo,

Ich schätze sehr den Pianisten Gulda vor allem was das Mozart, Beethoven-Repertoire anbelangt. Über den Menschen bin ich mir noch im unklaren. Er war sicher etwas außer der Norm, ein Spinner...aber irgendwie auch schon auf eine erheiternde, so authentische Weise das es schon fast wieder sympathisch rüberkam.
Kurios finde ich seine im Alter zunehmende Liebe zur Techno-Musik und sein Credo "Ferrari, Mozart, Techno und Discos" wobei er sich laut einem Interview Nächtelang in diversen Discos abgeshaked hat und wenn ihn dann die Jungen aufforderten zur After-Hour-Party mitzugehn ein "Der Papa muß jetzt schlafen gehn" entgegnete.
Aber Abseits von Skandalen wie die zB die fingierte Todesanzeige, rein musikalisch betrachtet hat er schon viel drauf gehabt. Er war sich dessen auch bewußt und dementsprechend sein Selbstwertgefühl. Einige seiner Mozart-Klavierkonzerteinspielungen sind bis heute Referenz, sowie die schon erwähnte Beethoven-Klaviersonaten-Gesamteinspielung, eine der wenigen die durchgehend konstant auf einem sehr hohen level eingespielt wurde.
Das er tatsächlich gerade am Geburtstag seines verehrten Mozarts gestorben ist (zuletzt war er wie es den Anschein hatte noch der Einzige den er über sich stellte) kann man schon als zumindest sehr kuriosen Zufall betrachten. Ob es Selbstmord war oder nicht (offiziell starb er an einen Herzinfarkt) wissen wahrscheinlich nur Insider. Merkwürdig ist allerdings das er 2 Monate zuvor im Wiener Musikverein "Waun i amol stirb" (Wenn ich einmal sterbe) gesungen hatte, spielte er schon hier mit dem Gedanken?
Was seine Eigenkompositionen betrifft kenne ich noch nichts von ihm werde ich aber sicher nochmal nachholen.
gruß
Thomas


[Beitrag von Thomas133 am 12. Jun 2007, 13:56 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#39 erstellt: 20. Jun 2007, 21:11
Hallo ihr Guldafreunde (und Guldahasser),
endlich gibt's sie wieder auf CD: die Preludes von Debussy (2007 - Universal Music - classics & jazz LC 00979/476 5674).
Als ich beim Stöbern in den alten Beiträgen gelesen habe, Gulda "klimpere seinen Beethoven in liebloser Klavierschülermanier herunter", da kam mir spontan die Idee, ob die Moderatoren nicht wie beim Fussball mir roten Karten arbeiten sollten, und die Autoren total unqualifizierter Meinungen für ein paar Wochen 'sperren' sollten. (das soll ein smiley sein, aber ich bin wahrscheinlich zu blöd die richtig zu aktivieren)
Beim Hören der 'cathédrale engloutie'
Joachim
Thomas133
Hat sich gelöscht
#40 erstellt: 21. Jun 2007, 13:11
Hallo Joachim,

Ganz deiner Meinung, man kann ja immer fundierte, sachliche Kritik an Etwas äußern aber polemische Unsachlichkeiten sagen meiner Meinung nach meist viel mehr über den Kritiker als über den Kritisierten etwas aus.
Als Strafe wäre auch gut wenn der Kritikübende sich dann selbst ans Klavier setzen müßte, alle Beethovensonaten runterzuspielen und sich dann unserer Kritik auszusetzen. Weigert man sich wird eine Schmähschrift über bei der Einstiegsseite des Forums ausgehängt.
Übrigens, wegen smilies: Für was ist denn eigentlich das smily gedacht wo ein Messer den Kopf durchtrennt? (so fuchsteufelswild wird ja hier hoffentlich Niemand werden um das zu gebrauchen?)
gruß
Thomas
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