Musikalische Exequien... Das erste "Deutsche Requiem" aus der Feder von Heinrich Schütz (1636)

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BigBerlinBear
Stammgast
#1 erstellt: 04. Apr 2004, 01:10

Heinrich Schütz (1585-1672) komponierte seine "Musikalischen
Exequien in Form einer Teutschen Begräbniß-Missa" im Auftrage des Duodezfürsten Heinrich Posthumus Reuß, dessen Landeskind Schütz durch seine Geburt in Köstritz war, auf
"hochderoselben Wunsch" nach vom Auftraggeber persönlich bestimmten Texten.
Zum ersten mal wurde hier unter ausschliesslicher Verwendung
der deutschen Sprache der Versuch unternommen, ein Werk zu schaffen, das sich deutlich vom bisher üblichen abhebt:
Die Anlage der Komposition ist dreiteilig; als Mittelstück verwendet Schütz seine große Parentationsmotette, "Herr, wenn ich nur dich habe"; den Beschluss bildet das "Nunc dimittis", der Lobgesang des Simeon. Mit dieser Komposition hinterlies uns Schütz das sicher eindrucksvollste Werk über Sterben und Vergehen des Frühbarock. Seit der "Wiederentdeckung" des Komponisten in den 20ger Jahren des vergangenen Jahrhunderst haben sich viele Interpreten in ganz unterschiedlichen Deutungen dieser Komposition angenommen; die Palette reicht vonb Rudolf Mauersberger bis zu John Elliot Gardiner. Meine Referenzaufnahme stammt von
Howard Arman, der zusammen mit der Schütz-Akademie zu Berlin
das Weerk am Ort seiner Uraufführung, der Salavatorkirche zu
Gera, aufnahm. Was sind eure bevorzugten Aufnahmen ? Welche Bedeutung hat Heinrich Schütz für eurer Hören ? Ich freu mich auf viele Antworten !

Susanna
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 04. Apr 2004, 12:58
Hallo BBB,

danke für den Schützbeitrag! Dieser Komponist, m. M. nach der bedeutendste vor Bach, verdient Würdigung! Für mich interessant ist die Verflechtung von deutschem Frühbarock mit italienischem Barock, und eine interessante,- wie Du sagst - neuartige Mischung ist herausgekommen.
Einige von mir geschätzte Werke habe ich im Matthäuspassion - Thema vorgestellt.

Gruß,
Susanna
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 04. Apr 2004, 13:59
Hallo,

Ich bin hocherfreut, daß BBB Beiträge bringt, die den selben Geist atmen wie meine eigenen
Damit meine ich die Vorstellung des Komponisten, oder des Werkes oder irgendeiner Begebenheit, die im Zusammenhang mit dem Thema steht, was den Beitrag gleich ungemein interessanter macht, und eventuell Interesse bei solchen Forianern (und noch viel mehr bei Gästen, die wir ja nicht sehen !!) wecken kann, die Werk oder/und Komponisten noch nicht kannten.
Schütz hätte ich nich einfach (noch) nicht getraut anzuschneiden, obwohl er wahrscheinlich der grösste deutsche Komponist vor Bach sein dürfte. Auch die Anzahl seiner Werke ist außergewöhnlich groß. Das Schützwerkeverzeichnis (SWF) geht ja, wenn ich richtig informiert bin bis 494.

Neben den bekannten Portraits, wo wir einen düster blickenden alten Asketen erblicken, gibt es auch noch ein Bild von Rembrandt (1633) das in den Katalogen unter dem Titel "Bildnis eines Musikers" geführt wird. Der darauf Abgebildete ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Heinrich SCHÜTZ.

Meine CDS

Heinrich SCHÜTZ:

Deutsches Magnificat SWF494
Psalmen Davids SWV 24/25/29/35/36/39
Windsbacher Knabenchor/Karl Friedrich Berger
Bellaphon
-----------------------------------------------
Heinrich SCHÜTZ:

Musikalische Exequien
La Chapelle Royale
Philippe Herreweghe
Harmonia mundi France
-----------------------------------------------
Heinrich SCHÜTZ

Il Promo Lbro de Madrigali (Venezia 1611)
The Consort of musicke
Anthony Rooley

deutsche harmonia mundi
-----------------------------------------------

Grüße aus Wien
Alfred
Susanna
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 04. Apr 2004, 14:55
Hallo,

dann gibt es noch dieses Ölbild von Christoph Spetner, Leipzig, ca. 1650:


Es ziert als Umschlagszeichnung die von mir genannte Biografie und soll authentisch sein.

Gruß,
Susanna
BigBerlinBear
Stammgast
#5 erstellt: 04. Apr 2004, 15:14
[q1]

dann gibt es noch dieses Ölbild von Christoph Spetner, Leipzig, ca. 1650:
Es ziert als Umschlagszeichnung die von mir genannte Biografie und soll authentisch sein.

Hallo Susanna, es gibt nur 2 mit Sicherheit authentische
Schütz-Porträts; das von Spenter ist das eine, obwohl man heute statt 1650 eher 1660 als Entstehzngsjahr annimmt.
das hier eingefügte, angeblich aus dem Jahr 1670 stammende
Miniatur-Bild ist eine Fälschung aus den dreissiger Jahren des 20. Jh.

doch das von Eberhard Möller in der Ratschul-Bibliothek zu Zwickau aufgefundene Porträt zeigt den 42jährugen Schütz im
Jahr 1627 !


Alfred, das das vermeintliche Rembrandt-Bild " Bildnis eines
Musikers" ist nicht von Rembrandt und setllt mich Sicherheit auch nicht Heinrich Schütz dar
Soviel noch zur Ikonografie und nun zurück zum Werk !
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 04. Apr 2004, 16:27

Alfred, das das vermeintliche Rembrandt-Bild " Bildnis eines
Musikers" ist nicht von Rembrandt und setllt mich Sicherheit auch nicht Heinrich Schütz dar
Soviel noch zur Ikonografie und nun zurück zum Werk !

Wen es wirklich darstellt, das ist natürlich nicht beweisbar, obwolh Schütz immer wieder als Modell genannt wird. Das Bild selbst jedoch wird von 2 der großen
Rembrandt-Spezialisten als Rembrandt geführt:
Bredius/red.Gerson gibt ihm die Katalog Nr 174
Bauch gibt ihm die Nr 362
Gerson hält es nicht für authentisch und führt es nicht im Katalog.

Zurück zu Schütz

Gruß Alfred
Hilda
Stammgast
#7 erstellt: 05. Apr 2004, 09:34
ja, ja, der alte Schütz...

Ich muss gestehen, daß ich mir mit ihm immer noch schwertue.
Schütz ist mir meist zu spröde. Vielleicht bin ich da auch protestantisch-kantoreimässig verbogen (als alter Katholik ). Die beiden big boys der protestantischen Kantoreien, Schütz und Hugo Distler haben es bei mir schwer...

Wobei ich sagen muss, daß mir Schütz 'leichter' fällt, seitdem ich mich mehr mit ihm und seiner Zeit beschäftigt hatte. Ich denke, im Gegensatz zu vielen 'zeitlosen' Grossen der Musikgeschichte kann man Schütz fast nicht ausserhalb seines historischen Kontexts würdigen.

Zu meinen Favoriten aus seinem Oeuvre zählen neben den Musikalischen Exequien weniger die Passionen als die Cantiones Sacrae und die Psalmen Davids.

Gruss
Klaus
Susanna
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 05. Apr 2004, 15:47


Zu meinen Favoriten aus seinem Oeuvre zählen neben den Musikalischen Exequien weniger die Passionen als die Cantiones Sacrae und die Psalmen Davids.



Auch zwei wunderbare Werke!

Susanna
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 06. Apr 2004, 02:36
Hilda schrieb:



ja, ja, der alte Schütz...

Ich muss gestehen, daß ich mir mit ihm immer noch schwertue.
Schütz ist mir meist zu spröde


Wenn Du den "alten Schütz" als zu spröde empfindest, dan hör Dir doch mal den jungen an.....

Ich weiß, wein man in ein Tonträgergeschäft kommt, dann sieht man meist düstre geistliche Werke.
Aber Schütz konnte auch anders: Sie das erst Madrigalbuch
"Il primo Libro de Madrigali" Venedig 1611.
Als Schütz das schrieb, war er gerade mal 26.

Schütz bekam durch seinen Dienstherrn und Gönner im Jahre 1608, die Möglichkeit nach Italien zu reisen und bei Gabrielli zu studieren. Aus dieser Zeit stammt das von mir
angesprochene Werk.
Im ersten Augenblick (Ohrenblick ?)erinnert mich das Gehörte an Monteverdi, vieleicht doch eine Spur "deutscher ", aber von "spröde" doch meilenweit entfernt.

Gruß aus Wien
Alfred


[Beitrag von Alfred_Schmidt am 06. Apr 2004, 02:38 bearbeitet]
BigBerlinBear
Stammgast
#10 erstellt: 07. Apr 2004, 08:37
Daß Schütz zu "spröde" sei, habe ich schcon oft gehört. Das liegt zum einen sicher an der "Orgelbewegung" in den 20ger,
30ger Jahren, die auch Schütz über die Kirchenchöre wieder einem breiteren Publikum zugänglich machen wollte. Propagiert wurde ein Klangbild jenseits aller Romantik und ich erinnere mich sehr wohl an Schütz-Aufführungen in Kirchen, wo man sich auf knarrender Bank den Hintern hart saß. Noch bei dem von mir sonst vereehrtem Rudolf Mauersberger ist davon einiges zu spüren, aber in den vergangenen 25 Jahren hat sch sowohl in interpretatorischer wie auch exegetischer vieles geändert und hervorragende Einspielungen tragen dem Rechnung.Ich denke nicht, daß man den zeitgeschichtlichen Hintergrund des 17. Jahrhunderts
sich mühevoll erarbeiten muss, um etwa "Die sieben Worte Jesu am Kreuze" oder das "Deutsche Magnificat" aus dem Jahr 1670 unmittelbar auf sich wirken lassen zu können. Wirklich liturgisch gebundene Werke sind bei Schütz eher selten, (Becker-Psalter, Passionen). Ein guter Einstieg in den "expressiven" Schütz, sind die "Cantiones sacrae" aus dem Jahr 1625, die man, denke ich, als "geistliche Madrigale" am treffendsten umschreibt. Weiter hat sich Schütz sowohl in harmonischer wie auch exaltiert exegetischer Deutung nie wieder gewagt. Deshalb sei hier ausdrücklich empfohlen, da auch für nur wenig Geld zu haben:

Hilda
Stammgast
#11 erstellt: 07. Apr 2004, 10:06
@all

spröde ist sicherlich ein schwer zu beschreibender Begriff - glaubt mir, ich habe mir Mühe gegeben Ich habe mich als Chorsänger durch relativ viel Schütz gesungen (und nicht gerade in einem feldwaldwiesenchor...) und habe ihn immer auf schwer beschreibbare Art als anders empfunden...

Ich stimme zu, daß sich auf Tonträgern viel getan hat in der letzten Zeit - aus persönlicher Sicht könnt ihr mir aber sowohl mit zeitlichen Vorgängern als auch mit Nachfolgern mehr Freude machen... Das lässt sich IMHO einfach schöner singen (und damit meine ich nicht die technischen Schwierigkeiten)

Gruss
Klaus
BigBerlinBear
Stammgast
#12 erstellt: 07. Apr 2004, 11:00
Hallo Klaus.also das mit dem "lässt sich schöner " singen, kann ich nicht nachempfinden. Also ich kannnoch heute die meisten Motetten aus der "Geistlichen Chormusik" in allen Stimmen, die ich während meiner Chorzeit durchlebte auswendig. Für mich gab es nichts schöneres, als die Verflechtungen, das Auseinanderdriften und Sichwiederfinden der Stimmen zu verfolgen...
Ich war 8 Jahre alt, als ich zum ersten mal ein Werk von Schütz (Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, aus der "Gesitlichen Chormusik (1648) hörte: dieser Eindruck war überwältigend und prägend für mein weiteres Leben !
Hilda
Stammgast
#13 erstellt: 07. Apr 2004, 12:41
Hallo BBB,

na zum Glück sind ja die Geschmäcker unterschiedlich Ich bin da auch innerhalb des Chores eine Minderheit

Grüsse
Klaus
Susanna
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 08. Apr 2004, 11:22
In unserer Jugendkantorei haben wir damals (ist schon etwas länger her!) natürlich viel Bach gesungen. Dann stand irgendwann Schütz auf dem Plan, und diese Reihenfolge war gut. Bach fanden die meisten von uns musikalisch leichter zu singen, man kannte ihn und konnte mit den Schwierigkeiten umgehen. Mit Schütz hatten wir neue Probleme.
Das Wort „spröde“ in dem Zus.hang finde ich gar nicht schlecht, auf jeden Fall ist seine Chormusik objektiv schwerer zugänglich als die späterer Komponisten des Hochbarock.

Inzwischen hatte ich mich viel mit Schütz und seiner Zeit beschäftigt. Ich denke, dieses Sperrige liegt teilweise in der Kompositionsweise. Wir hören heute fast nur noch in Dur und Moll. Schütz verwendet noch häufig die sog. Kirchentonarten, z. B. die dorische in der Matthäuspassion. Gitarristen üben diese Tonarten in ihren Jazz - Rock - oder Blues - Skalen = Tonleitern, auch Neue Musik setzt sie ein, nur, wer hört schon Neue Musik!

Zu der „Geistlichen Chormusik“ hat Schütz ein aufschlußreiches Vorwort geschrieben, in dem er die Kompositionskunst seiner Zeit beschreibt. Da verwendet er Vokabeln wie „die harte Nuß“ des Motettenstils, die man „aufbeißen“ müsse. So ist´s heute noch und daher vielleicht unser erschwerter Zugang.

Als unsere Kantorei dann nach der ganzen Überei die Motetten beherrschte, gab es eigentlich Keinen mehr, der Schütz gegenüber Bach ablehnte oder als schlechter empfand. Nur eben anders.

Grüße,
Susanna
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