Ivery IS-1 - ist der Hype-Train bereits abgefahren?

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Kopfhörer-Chris
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 18. Mrz 2015, 22:59
Prolog:
Letztes Jahr stieß ich beim Stöbern im Internet auf einen In-Ear, der im allseits bekannten amerikanischen Kopfhörerforum Head-Fi mächtig Aufmerksamkeit und Hype bekam. Wirklichen Glauben schenkte ich den meisten Sachen, die ich dort je gelesen hatte sowieso nicht, gerade bei vielen Hype-Produkten, weshalb ich die Sache auch nicht anging. Einige der Beiträge klangen jedoch interessant, da der In-Ear von vielen Käufern als neutral oder wenigsten sehr natürlich und ausgewogen klingend bezeichnet wurde und angeblich eine Auflösung und Basspräzision besitzen sollte, die nicht einmal In-Ears für 200€ hätten. Messkurven des IS-1 kann man leider nirgends finden.
Durch Treuepunkte hatte ich für einen Onlineshop noch einen Gutschein übrig und so kam es, dass ich den In-Ear für wenige Cent kaufte und nun folgendes Review mit euch teilen möchte:

Lieferumfang:
Für den geringen Preis von etwa 10$ darf man bei der Verpackung und dem Lieferumfang, sowie bei der Materialanmutung nicht viel erwarten und so kommt es auch, dass lediglich ein weiteres Paar Aufsatzstücke aus Silikon in einer anderen Größe in der Verpackung vorhanden sind - nebst dem In-Ear, versteht sich.

Verarbeitung:
Die Verarbeitungsqualität ist in Ordnung, wobei die InEars selbst gut verarbeitet sind und das Kabel zwar merklich der günstigere Sorte angehört, dafür jedoch keine wirklich erkennbaren Mängel aufweist. Das typische 1€-Radio-Beipackhörer-Feeling vermittelt es jedenfalls nicht. Der Knickschutz am Stecker ist noch recht gut, am Y-Splitter (welcher als Fernbedienung fungiert) und den InEars selbst wünscht man sich jedoch einen ebenso guten Knickschutz. Das Plastikgehäuse weist keine Grate oder Klebereste auf, fühlt sich jedoch nicht sonderlich hochwertig an.

Tragekomfort
Durch die weichen Silikonaufsätze ist der Tragekomfort gut, die Geräuschisolation etwas besser als durchschnittlich.
Kabelgeräusche gibt es beim IS-1 in Hülle und Fülle, jene lassen sich jedoch durch eine Trageweise mit dem Kabel über dem Ohr enorm minimieren, jedoch nicht gänzlich minimieren - ein weicheres Kabel wäre hier eine wünschenswerte Sache.

Klang:

Tonalität:
Ohne wirkliche Erwartungen an den Klang startete ich die Wiedergabe und war teils echt schockiert:
Die Klangsignatur lässt sich mit einem Wort passend beschreiben: BASS.
Der Ivery IS-1 besitzt einen enorm angehobenen Bassbereich, mehr 20dB sind es schätzungsweise.
Die Betonung erstreckt sich gleichmäßig über den ganzen Bassbereich und strahlt leider auch stark in den Mittelton hinein, wodurch Stimmen unnatürlich dunkel und "wollig belegt" klingen. Anders lässt sich dies einfach nicht umschreiben. Von Natürlichkeit kann da gar keine Rede sein und selbst als "Spaßhörer" ist der IS-1 meiner Meinung nach wirklich nicht zu gebrauchen. Ein SoundMagic E10 oder BrainWavz R1, das sind für mich preisgünstige In-Ears, die den Begriff "Spaßhörer" verdienen, da sie trotz teils starker Betonungen noch ohne Equalizereingriffe hörbar sind und ihre Stärken besitzen - der Ivery jedoch ist davon weit entfernt.
Im oberen Hochton gibt es eine kleinere, eher schmalbandig ausfallende Betonung, welche jedoch zu weit oben und zu leise ausfällt, als dass sie das Klangbild noch einigermaßen retten könnte und einigermaßen Ausgewogenheit bringen könnte. HiHats erhalten dadurch lediglich ein klein wenig "Körper", gehen aber trotzdem im Basswald verloren.

Auflösung:
Der Bass schwingt einigermaßen schnell ein, dafür jedoch viel zu schnell aus und ist komplett undifferenziert. Die Auflösung im Mittel- und Hochtonbereich ist schlecht, alles klingt zusammengematscht und hohl. Details in der Musik suche ich vergeblich. Beim Sennheiser HD 598 oder dem Westone W4 wird von einem Schleier gesprochen? Leute, im Vergleich zu diesem In-Ear sind jene Kopfhörer so klar, wie ein HD 800 oder UERM. Auch mit starken Equalizereingriffen lässt sich keine wahre Auflösung entlocken.
Die starken Verfärbungen des Mitteltons vermiesen das Musikhören zudem enorm.
Wenn man im Kofferraum eines Bumm-Bumm Golf 4 mit dem nachgerüsteten zu laut spielenden Subwoofer, der zudem eine zu hohe Übernahmefrequenz besitzt, eingesperrt ist und gerade noch so die kreischenden Hochtöner in den A-Säulen erahnen kann - dann ist das der Ivery IS-4.

Räumliche Darstellung:

Von einer Bühne oder Ortung kann man bei diesem In-Ear leider auch nicht sprechen, alles kommt aus der Mitte, die Bühne ist sehr schmal und besitzt so gut wie keine Tiefe.

Der Driver-Flex (Knistern beim Einsetzen der InEars durch eine anschlagende Membran) ist beim Ivery auch sehr stark vorhanden - das spricht nicht unbedingt für einen starken Magneten.

Fazit:
Klanglich kann ich dem IS-1 also nicht wirklich etwas abgewinnen.
Ist man nur an einem möglichst lauten und möglichst dröhnenden Bass interessiert und die anderen Frequenzbereiche, sowie halbwegs natürliche Mitten sind von keinerlei Relevanz, kann man vielleicht auch am Ivery IS-1 Gefallen finden - ansonsten wohl eher nicht.

Eine einzige positive Eigenschaft konnte ich dann doch finden - der Schalter an der 1-Button Remote, welcher Verschieben die Kontakte des Masse- und Mikrofonleiters tauscht, gewährleistet eine Funktionsweise der einen Fernbedienungstaste und des In-Ears selbst an einer großen Bandbreite von Geräten.

Ich bin jemand, der meist auch noch bei sehr lausigen Schallwandlern (wie bspw. dem Sony ME-21, einem Mono-Kristallhörer) wenigstens einen einzigen positiven klanglichen Aspekt finden kann - beim Ivery IS-1 hingegen finde ich keinen einzigen.

Wie ich soeben festgestellt habe, ist der IS-1 Thread von Head-Fi verschwunden - besser ist's. Das bei den Amerikanern so beliebte Einspielen (wenigstens schadet es nicht) brachte (wie zu erwarten) rein gar nichts.
YMaxP
Stammgast
#2 erstellt: 18. Mrz 2015, 23:56
Sehr informativ und interessant wie die InEars für kleines Geld abschneiden.

Ein Review zu den folgenden InEars wäre mit Sicherheit interessant um zukünftige Käufer einen Vergleich zu bieten. Und die meisten InEars werden nun mal im unteren Preissegment gekauft.

Philips SHE8000
CSL - In Ear 680
Panasonic RP-HJE120E1K
evtl. Apple EarPods

Sind alles Bestseller auf Amazon und ein Vergleich könnte weniger Erfahrene vor einem Fehlkauf bewahren.

Apple EarPods und Soundmagic hätte ich zwar bei mir rumliegen, allerdings lasse ich für ein Review den Erfahreneren erstmal den Vortritt. Bin dafür noch zu kurz dabei
Kopfhörer-Chris
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 19. Mrz 2015, 21:09
Zu den EarPods habe ich tatsächlich auch ein paar Zeilen verfasst, die ich zu einem Review ausweiten könnte, zunächst möchte ich jedoch meinen Single-BA Reviewthread weiter pflegen und die noch ausstehenden Kurzreviews fertigstellen, mit dem Sony XBA-C10 wird noch ein sehr günstiger In-Ear folgen.
Bezogen auf die EarPods: Für den Preis von ~28€ erhält man jedenfalls einen guten Ear-Bud und der bereits bestehende EarPods Thread bietet bereits eine große Menge an Eindrücken.
Zu den anderen In-Ears, die du genannt hast, kann ich jedoch leider gar nichts sagen, da ich lediglich kaufe, woran ich wenigstens ein kleines Bisschen Interesse besitze. Von den genannten wäre das, wenn überhaupt, der Panasonic, weil man den recht oft auf der Straße sieht - wirkliche Wunder würde ich jedoch nicht erwarten.
YMaxP
Stammgast
#4 erstellt: 19. Mrz 2015, 21:46

Zu den anderen In-Ears, die du genannt hast, kann ich jedoch leider gar nichts sagen, da ich lediglich kaufe, woran ich wenigstens ein kleines Bisschen Interesse besitze.

Kann ich verstehen, allerdings gibt Amazon ja 30 Tage Rückgaberecht. Falls du Zeit hättest, könntest du dir die genannten einfach "ausleihen".


Von den genannten wäre das, wenn überhaupt, der Panasonic, weil man den recht oft auf der Straße sieht - wirkliche Wunder würde ich jedoch nicht erwarten

Für mich spielen InEars unter 100€ keine wirkliche Rolle mehr, aber für potenzielle Käufer wäre es mit Sicherheit interessant. Ich könnte natürlich auch die Low Budget InEars testen, allerdings habe ich, wie schon gesagt, zu wenig Erfahrung und Vergleiche um ein sinnvolles Review abzugeben.
XperiaV
Inventar
#5 erstellt: 19. Mrz 2015, 22:57
WoW so ein Review für ein No Name Bassbomber ... hat er doch gar nicht verdient.
Trotzdem Danke ...
Ich bin sicher im unter 100€ Bereich gibt es noch das ein oder andere Schätzchen was unentdeckt ist (in HiFi Foren)
Lord_of_the_Files
Stammgast
#6 erstellt: 20. Mrz 2015, 13:57
Ganz bestimmt!
z. B. der VJJB K1 (Bei US-Amazon als GranVela VJJB gelistet)

vom geschrieben her würde ich sagen, der ist dem Ivery Chinakracher haushoch überlegen.

Gibt aber noch andere Testfälle:
Knowledge Zenith (KZ) ED-2 und ED-8
AstroTec AM90 für die Non-Bassheads (selber Treiber wie Meelec A151, anderes Gehäuse, neutraler Sound).


[Beitrag von Lord_of_the_Files am 20. Mrz 2015, 14:10 bearbeitet]
Kopfhörer-Chris
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 22. Mrz 2015, 11:24

YMaxP (Beitrag #4) schrieb:

Kann ich verstehen, allerdings gibt Amazon ja 30 Tage Rückgaberecht. Falls du Zeit hättest, könntest du dir die genannten einfach "ausleihen".


Nee, einen In-Ear (/Kopfhörer im Allgemeinen) schon im Voraus mit dem Hintergedanken, dass ich ihn wieder zurückschicke, zu bestellen, ist nicht meine Art, egal in welchem Preisbereich.


Für mich spielen InEars unter 100€ keine wirkliche Rolle mehr, aber für potenzielle Käufer wäre es mit Sicherheit interessant.


Zum primären Musik Hören verwende ich heutzutage auch nichts mehr, je nach Anwendungsgebiet finde ich jedoch auch für diese Verwendung und dann bereiten sie mir auch Freude, ebenfalls beim Hören von Musikrichtungen, die ich nicht primär stationär höre oder beim Radio Hören unterwegs oder beim Sport - da muss der Schallwandler dann nicht die letzten 10% an Details aufdecken, sondern soll mir primär durch seine Abstimmung gefallen.


Ich könnte natürlich auch die Low Budget InEars testen, allerdings habe ich, wie schon gesagt, zu wenig Erfahrung und Vergleiche um ein sinnvolles Review abzugeben.

So viel Erfahrung benötigt man mMn nicht unbedingt - ein paar unterschiedlich klingende Modelle bereits gehört zu haben (am besten sollte dabei mMn auch ein ziemlich neutrales Modell gewesen sein) und deren Frequenzgang und die Einschätzung anderer Besitzer zu kennen, dazu noch ein wenig Zeit mit unterschiedlichen Musikstücken und ggf. noch ein Sinusgenerator (z.B. SineGen für Windows) und schon ist eine sehr solide Grundbasis vorhanden.



XperiaV (Beitrag #5) schrieb:
WoW so ein Review für ein No Name Bassbomber ...


Ein schlechtes Produkt zu reviewen ist (persönliche Einschätzung) auch einfacher, da es sehr viele Negativaspekte gibt, welche aufgezählt werden können. Dazu gibt es keine Messungen und die wenigen Meinungen, der Ivery sei weit von Neutralität entfernt und technisch schlecht, wurden ganz schnell von Anderen niedergemacht und durch extreme Änderungen nach einer gewissen Einspielzeit zu erklären versucht.
Möglicherweise ist der In-Ear bei sehr lockerem Sitz auch deutlich ausgewogener, eine solch enorme Bassüberbetonung und das niedrige technische Niveau werden dadurch wohl aber auch nicht verdeckt.


Lord_of_the_Files (Beitrag #6) schrieb:
Gibt aber noch andere Testfälle:
[...]
AstroTec AM90 für die Non-Bassheads (selber Treiber wie Meelec A151, anderes Gehäuse, neutraler Sound).


Ist der AstroTec denn auch gleich abgestimmt (Filter, Austrittsdurchmesser)? Der A151 zumindest ist wirklich kein schlechter In-Ear, so besitzt er doch ein gutes technisches Niveau und ist mit seiner eher warmen Abstimmung auch kein Spaßhörer im Sinn abartiger Überbetonungen, sondern geht sehr zivilisiert "an die Sache heran".
Lord_of_the_Files
Stammgast
#8 erstellt: 24. Mrz 2015, 13:49
Die Unterschiede zwischen Astrotec AM90 und Meelec A151 sind sich so sehr ähnlich, daß es nicht nennenswert wäre. Unterschiede können schon durch die unterschiedliche Bauform und Tips kommen.
Seal und Sitz sind ein mMn. ein Vorteil vom Astrotec.
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