Desktop-Leisesprecher

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10_BGS
Stammgast
#1 erstellt: 17. Nov 2016, 09:03
Hallo zusammen,

ich möchte Euch ein kleines Resteverwertungs-Projekt vorstellen.

Motivation:
Der Rechner an meinem Arbeitsplatz verfügt über keinerlei Tonwiedergabemöglichkeit. Der einfache Weg wäre jetzt gewesen für ein paar Euro aus der Firmenkasse zwei Plastik-Desktoptröten zu besorgen. Ich kann sowas aber nicht kaufen. Nennen wir es eine Behinderung.
Es geht also nicht vorrangig drum Musik zu hören sondern eher gelegentlich ein Video, das einem ohne Ton halt nichts nützt und ab und an leise Radio.

Konzept:
Der Schreibtisch ist chronisch voll, weswegen möglichst keine zusätzliche Stellfläche versperrt werden sollte. Außerdem handelt es sich um eine Eckanordnung, so dass am ehesten noch hinter dem Bildschirm ein bißchen Platz zur Verfügung ist. Der steht außerdem auf zwei zusammen 10 cm hohen Holzklötzen, um die Ergonomie zu verbessern. Die sind dann in Zukunft obsolet.
=> Breite = 56 cm (24" Monitor), Höhe = 10 cm, Tiefe nach Bedarf, ggf. hinten schmaler werdend.
Für ein akzeptables Stereopanorama sollten die Treiber nahe der Seitenkanten platziert, und um keinen total ungünstigen Winkel zu ihnen zu haben, die Schallwände um 30° angestellt werden.

Es drängt sich fast automatisch ein 3"-Breitbänder auf. Die Wahl fiel auf den TangBand W3-871B, weil er günstig ist, klanglich offenbar keine nennswerte Fehler macht und mich die begrenzte Pegelfestigkeit wegen des linearen Hubs von gerade mal eiinem halben Millimeter hier nicht störte. Die Hörentfernung liegt schließlich nur bei 60 cm und laut musste es auch nicht werden.

Mit AJHorn habe ich ein geschlossenes Gehäuse (etwas mehr als 3 l) mit Hochpasskondensator simuliert:

Tiefton-Simulation

Eine untere Grenzfrequenz von knapp unter 90 Hz versprach schonmal nicht mehr völlig blutleer zu klingen und vielleicht packt am Ende die Tischplatte untenrum sogar noch ein bißchen was drauf. Das muss am Ende der Hörtest, bzw. eine Messung zeigen.

Hier der Sketch-Up-Gehäuseentwurf gemäß den Erörterungen von oben:

GehäuseentwurfGehäuseentwurf

Boden, Deckel und Schallwände bestehen aus 12 mm MPX, alle senkrechten Brettchen aus 9 mm MPX.

Weiter geht's demnächst in Teil 2.

Ciao einstweilen.
10_BGS
Stammgast
#2 erstellt: 18. Nov 2016, 09:33
Weiter geht's:

Resteverwertung nenne ich das Ganze deshalb, weil alle Teile bis auf's Holz und die TangBands (und ein paar Schrauben) noch herumlagen. Also Dämpfungsmaterial, Zeug zur Oberflächenbehandlung, Füße, Einschlagmuttern, Kabel, Buchsen und vor allem die elektrischen Bauteile für die Hochpasskondensatoren und die Sperrkreise.
Es gibt sowohl von Klang&Ton (CT 209) als auch von HobbyHifi (Lancetta) einen Bauvorschlag mit dem Treiber. Die Sperrkreise, die dort benutzt werden unterscheiden sich zwar etwas, aber meine Schallwand ist sowieso nochmal deutlich anders. Deswegen habe ich jetzt einfach den Lancetta-Sperrkreis als Grundlage genommen und muss am Ende kucken, ob's so funktioniert.

Die Verstärkerplatine wartete auch noch auf einen Einsatzzweck. Die ging vor einiger Zeit mal für 8 € bei Pollin mit in den Warenkorb. Nun bekam sie mit freundlicher Unterstützung einer CNC-Fräse ein passgenaues GFK-Häuschen spendiert:

Verstärkergehäuse

Die 6 Wände sind einfach zusammengesteckt - hält optimal. Ein gut passendes 12 v/1,5 A-Steckernetzteil fand sich auch noch in der Gruschkiste.

Bilder vom Gehäusebau:

Bodenplatte

Bei den innenliegenden Flächen habe ich mit der Oberflächenbehandlung (blaue Pulverbeize) schonmal angefangen, weil sie nachher schwer zu erreichen sind.
Links und rechts unten sind zwei geschliffene Mulden zu erkennen. Dabei handelt es sich um einen Planungsfehler. Der Magnet des 3-Zöllers ist nämlich raumgreifender als gedacht und brauchte deswegen noch etwas Platz, wie man auf dem nächsten Bild gut erkennen kann:

Planungsfehler

Da am Grund der beiden Furchen nur noch ein paar Millimeter Restwandstärke stehengblieben sind, habe ich die Stellen auf der Unterseite jeweils noch mit einem 1,5 mm dicken Holzpflaster verstärkt. Damit ist wieder alles in Ordnung:

Boden - Unterseite

Hier erkennt man außerdem die Vertiefungen für insgesamt acht Klebefüßchen. Soll schließlich keine Probleme geben, wenn was Schweres obendrauf steht.

Ciao & bis Teil III.


Edit: Wort zuviel.


[Beitrag von 10_BGS am 18. Nov 2016, 15:10 bearbeitet]
10_BGS
Stammgast
#3 erstellt: 18. Nov 2016, 15:33
nächster Abschnitt:

Hier der Mini-Verstärker nochmal in Echt:

Verstärker

Er dürfte so 5 - 6 Watt locker machen. Hierfür also absolut ausreichend.

Die Hochpasskondis (je ~ 280 µF) sind größtenteils aus glatten Elkos und zu etwa 10 % aus Folientypen zusammengesetzt. Endlich sinnstiftend untergebracht und in der Teilekiste ist wieder Platz!
Die Sperrkreise sind auf jeweils einem Brettchen angeordnet, das von unten durch den Boden verschraubt ist, so dass ich da bei Bedarf nochmal dran komme. Sie passen gerade so durch den Treiberausschnitt:

Hochpasskondensator + Sperrkreis

Die Bauteile, speziell die Folienspule, sind ein bißchen "over-the-top", aber sie waren halt schon da.

Wie es der Zufall will (Oder war's diesmal doch erfolgreiche Planung? ) passt der Verstärker genau in einen der Mitteltunnel:

Anordnung

Der Rest wird später mutmaßlich mit Notizzetteln aufgefüllt. Außerdem sind nun alle senkrechten Brettchen und die Versteifungselemente verleimt.

Als Bedämpfung habe ich den hinteren Bereich mit Schafwolle locker gefüllt, vorne etwas Polyesterwatte und um die Chassis zwei dünne Lagen Basotect. Wieder genommen was halt so rumlag.

Bedämpfung

Deckel drauf:

Deckel drauf I

Deckel drauf II

Gehäuse ist fertig:

Gehäuse fertig

Die rechtwinkeligen Kanten haben noch eine Behandlung mit dem 8 mm-Radiusfräser bekommmen. Leider bin ich mit dessen Anlaufring an der linken äußeren Schallwandkante in den Treiberauschnitt geplumpst. Die übliche Holzleim-Holzstaub-Paste musste es richten. Blöde Hektik!

Hier nun der komplettierte Lautsprecher:

ganz fertig

Da die Treiber durch die schräge Anordnung durch herabfallende Gegenstände gefährdet sind habe ich mir noch eine Schutzmaßnahme ausgedacht. Ein bißchen Kupferschrott wurde zu passenden Bügeln verlötet, zwischen die ich dann eine Wachsschnur (Schmuckbastelzubehör) geschlungen habe. War eine sowohl kosten- als auch klangneutrale Lösung, die mir außerdem gut gefällt.

Detailaufnahme davon:

Detail - Membranschutz

es leuchtet (und spielt ):

es leuchtet

Im letzten Teil werde ich mich an einer Klangbeschreibung versuchen und zwei Messungen zeigen - vielleicht heute Abend.

Ciao!
LarsNL
Stammgast
#4 erstellt: 18. Nov 2016, 17:21
Gefällt mir gut, interessantes Konzept und Design. Statt der Schnüre hätte ich wohl nach passenden Gittern geschaut, wenn die Treiber denn wirklich "geschützt" werden müssen. Aber das ist natürlich Geschmackssache.

Gibt's schon Messungen?

Gruss,
Lars
10_BGS
Stammgast
#5 erstellt: 19. Nov 2016, 00:02
Grüß dich Lars. Danke für dein Interesse.
Zum Glück muss man die Treiber auf dem Schreibtisch nicht vor Fußtritten oder schützen. Insofern bin ich zuversichtlich, dass die Schnurlösung ausreicht.

Messungen gibt es, zu denen komme ich gleich.

Ergänzung zur Oberflächenbehandlung: Nach zweimaligem Beizen wurde das Ganze mit drei Schichten Hartwachsöl versiegelt, jeweils mit genug Trocknungszeit dazwischen. Das gibt eine feste, glatte und natürlich wasserabweisende Oberfläche.

Als der Klotz fertig war habe ich mich queerbeet durch meine Festplatte gehört und fasse mal meine Eindrücke zusammen:

- Der Bass ist noch etwas zurückhaltender als erwartet, aber er fehlt keinesfalls komplett.

- Der Hochtonbereich ist an der Hörposition (oberhalb der Hauptachse der Treiber) ebenfalls zurückhaltend, aber im angenehmen Sinn. "Sanft" trifft's wohl.

- Alles dazwischen schien mir sehr ausgewogen und gut aufgelöst, allenfalls etwas zaghaft in den oberen Mitten.

- Die eine Paradedisziplin eines Breitbandsystems sollte die Stimmenwiedergabe sein. Check. Sehr gut!

- Die andere wäre die Räumlichkeit. Die ist hier exzellent, solange man sich nicht wesentlich weiter als die geplanten 60 cm von den Laut-(Leise-)sprechern entfernt. Dann fällt die Tiefenwirkung schlagartig in sich zusammen und es klingt buchstäblich flach. Bleibt man dagegen nah genug, so sind Sänger förmlich auf einen Punkt deutlich hinter der Verbindungslinie der Treiber festgenagelt. Nochmal check.

- Der Maximalpegel ist natürlich musikabhängig, aber für meine Bedürfnisse absolut ausreichend. Ca. 80 dB an der Hörposition sollten immer drin sein. Klingt wenig, aber solange man sich nicht die Kante geben will reicht das völlig.

- Das Frappierendste an dem Konstrukt - stärker als bei allem was ich bisher an Lautsprechern gehört hatte - ist wie negativ sich die Dynamikkompression bei vielen Stücken bemerkbar macht. Es kann so nerven, dass man sich von dem Typen am Mischpult manchmal direkt verarscht vorkommt. Mir ist allerdings nicht ganz klar wie dieser Effekt zustande kommt. Man könnte jetzt meinen es läge vielleicht daran, dass das System selbst so lautstärkelimitiert ist, dass es einfach nicht mehr lauter kann, obwohl es sollte. Aber der Effekt tritt bei Pegeln deutlich unterhalb des Maximums genauso auf. Merkwürdig, aber eigentlich spricht's ja für diese Box, wenn sie Aufnahmefehler entlarvt.

Zu den Messungen:

So sah die erste Messanordnung aus. Sie entspricht dem geplanten Einsatz - Lautsprecher auf einer Tischplatte platziert, Hör-(Mikro-)position ca. 60 cm entfernt und oberhalb der Treiberachse :

Messanordnung

Das Ergebnis sah so aus (Skala links bitte nur relativ lesen - nicht absolut [sofern es überhaupt jemand entziffern kann - es sind jedenfalls 5 dB pro Teilstrich]):

rechts + links 60 cm

Ich hab da drei Sachen abgelesen:

- Untenrum reicht der Lautsprecher nicht so tief wie die Simulation prognostizierte. Da die TangBands aber noch nicht eingespielt sind kann da noch was kommen.

- Im Hochtonbereich sieht's im Mittel sehr ausgewogen aus. Der resultierende Abhörwinkel scheint also zu passen.

- Zwischen 1 und 4 kHz fehlt Einiges. Hierher rührte wohl der Eindruck, den ich oben mit "etwas zaghaft" umschrieben habe. Genauer untersuchen!

Nun bin ich mit dem Mikro bis auf 10 cm an die Membranen herangerückt, diesmal axiale Messung:

rechts + links 10 cm Tischreflexion

- Jetzt sieht der Hochtonbereich schon etwas angriffslustig aus. Die obere Messung passt an der Stelle, aber eindeutig besser zum Klangeindruck.

- Das Loch um 2 kHz ist wieder zu sehen.

Nun habe ich den Kasten mal an die Tischkante gezogen und die Messung ansonsten genau wiederholt:

rechts + links 10 cm Tischkante

- Das Loch ist jetzt verschwunden. Es stammt also aus einer destruktiven Interferenz zwischen dem Direktschall und einer Reflexion von der Tischfläche.

- Die Messung sieht nun recht schön aus. Deutlich wird, dass der verwendete Sperrkreis, der hauptsächlich zwischen 1 und 3 kHz wirkt, eigentlich genau passt. Für einen Einsatzzweck wie diesen hier könnte man aber darüber nachdenken den Widerstandswert zu verringern.

Fazit:

Ziel erreicht. Bin recht zufrieden und gleichzeitig selbst mein bester Kritiker, weswegen man stellenweise vielleicht einen anderen Eindruck bekommen könnte.
Am tatsächlichen Arbeitsplatz liegt jetzt vor dem Lautsprecher eine Papier-Schreibtischunterlage. Kann sein, dass die die erste Reflexion etwas bremst. Ich finde den Klang nämlich wirklich ausgewogen und gut. Ob dezidiert besser als bei der ersten Hörsession auf dem schallharten Tisch vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht packe ich zum Sperrkreis-Widerstand noch einen weiteren parallel - am besten gleich abschaltbar, so dass man den Unterschied direkt beurteilen kann. Mal sehen... - habe gewisse Zweifel, dass ich's tatsächlich probieren werde, denn wie schon gesagt: Bin zu frieden.

Würde mich freuen, wenn jemand den Bericht interessant oder aufschlussreich fand.

Ciao,
10 BGS.
10_BGS
Stammgast
#6 erstellt: 19. Nov 2016, 00:24
Nachtrag:

Bei obigen Messungen handelt es sich um zweikanalige, d. h. der Frequenzgang von Verstärker und Soundkarte taucht im Ergebnis nicht auf. Analog zur letzten Graphik hatte ich auch noch eine einkanalige Messung durchgeführt, um zu kontrollieren, ob der Verstärker denn tut was er soll. Die Kurven waren zum Glück deckungsgleich im Rahmen der Messtoleranz.
Hintergrund ist, dass die kleine Schaltverstärkerplatine (Es handelt sich übrigens um diese hier.) ohne Ausgangsfilter daherkam, weswegen ich eines drangefrickelt habe. Die Bauteilwerte waren dabei erstmal nur berechnet, dürften aber hinkommen, da's mir nicht den halben Hochtonbereich abgeschnitten zu haben scheint.
Apalone
Inventar
#7 erstellt: 27. Feb 2017, 10:53

10_BGS (Beitrag #5) schrieb:
....Würde mich freuen, wenn jemand den Bericht interessant oder aufschlussreich fand....


auf jeden Fall!

Zusätzlich zum interessanten Grundthema auch eben fleißig und sehr sorgfältig dokumentiert.

Gute Arbeit!
10_BGS
Stammgast
#8 erstellt: 27. Feb 2017, 16:27
Danke, hört man gern!
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