Klangphilosophie im Zeit - Raum - Gefüge

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Jörg_Paul_B
Stammgast
#1 erstellt: 21. Jul 2016, 07:48
Hallo Forum,

Früher war bei deutschen Lautsprechern der Taunus - Sound (Frequenzgang badewannenförmig) angesagt, der Sound der 80er. Englischen Lautsprechern sagte man dagegen Generationen lang einen besonders weichen und warmen Klang nach, oder, wenn man denn so will, einen hochtonärmeren Klang.
Heute sollen Lautsprecher vor allem neutral abbilden, die Frequenzgänge sollen wie mit dem Lineal gezogen sein. Ob das immer so hinhaut ist eine andere Frage.
Dabei war doch damals wie heute Hifi, also höchstmögliche Klangtreue angesagt. Wieso klangen alte Boxen, oder englische Boxen, dann denn anders als die heutigen Klangneutralitätswunder? Gab es wirklich in der Vergangenheit unterschiedliche Klangphilosophien, ja könnte man diese vielleicht sogar in Epochen clustern?
Oder fischte man damals aufgrund mangelhafter Messtechnik einfach im Trüben und war man von daher abhängig von den persönlichen Klangpräferenzen der Entwickler?

Welche Klangphilosophien sind am ehesten Hifi?

Es grüßt
Jörg
mroemer1
Inventar
#2 erstellt: 21. Jul 2016, 07:52
Die Antwort auf deine Frage hast du dir schon selbst gegeben:


Heute sollen Lautsprecher vor allem neutral abbilden, die Frequenzgänge sollen wie mit dem Lineal gezogen sein.


[Beitrag von mroemer1 am 21. Jul 2016, 07:52 bearbeitet]
ingo74
Inventar
#3 erstellt: 21. Jul 2016, 08:05
Die Lautsprecher sind das eine, der Frequenzgang am Hörplatz mit dem Raumeinfluss das andere.
Es gibt einige Hersteller, die das Berücksichtigen und die Lautsprecher dementsprechend abstimmen.
So kann es durchaus Sinn machen, dass der F-Gang des Lautsprechers eben nicht linear ist.

Ansonsten gibt es schon diverse Threads zum Taunussound, zur englischen und zur amerikanischen Abstimmung usw., die näher darauf eingehen und erklären
Mediaplayer
Gesperrt
#4 erstellt: 21. Jul 2016, 08:06
Unter Taunus Badewanne verstehe ich etws ganz anderes.
https://www.youtube.com/watch?v=4UPlFzKLeeo
ingo74
Inventar
#5 erstellt: 21. Jul 2016, 08:12
stimmt, wir sind ja hier in einem Automobilforum
thewas
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 21. Jul 2016, 10:46

Wieso klangen alte Boxen, oder englische Boxen, dann denn anders als die heutigen Klangneutralitätswunder?

Weil der meistens nur gemessene bzw. gezeigte neutrale Frequenzgang auf 0°-Achse sehr wenig zu dem tonalen Charakter aussagt außer man hört in einem extremen Nahfeld oder unter Freifeldbedingungen. Viel aussagekräftiger dazu ist das Abstrahlverhalten, Energiefrequenzgang bzw. Frequenzgang unter vielen unterschiedlichen horizontalen und vertikalen Winkel der aber selten und ungerne gezeigt wird weil einen 0° FG linear hinzubiegen ist sehr leicht, aber das Abstrahlverhalten gleichmäßig hinzubekommen nicht.

Beispielsweise wurden früher (70er) z.B. viele deutsche Lautsprecher auf linearen Frequenzgang am Hörplatz in einem "durchschnittlichen" Wohnzimmer abgestimmt während später und bis heute eher das Ziel der meisten Hersteller ein linearer Freifeldfrequenzgang ist, so dass im Vergleich zu späteren Lautsprechern diese älteren ziemlich höhenbetont klingen. Generell werden heute großteils Lautsprecher eher auf linearen Freifeldfrequenzgang abgestimmt so sind die charakteristischen Unterschiede zwischen Länder geringer geworden, die Unterschiede sind eher zwischen unterschiedlichem "Markensounding" zu finden.

Auch wurden früher Lautsprecher im Bass eher auf linearen Frequenzgang am Hörplatz in einem "durchschnittlichen" Wohnzimmer abgestimmt was, wenn man keine Raumentzerrung benutzt und/oder sie nahe an Wände aufstellt oft ein neutraleres Ergebnis im Bass geben kann als neuere Lautsprecher die auf bis zum Tiefbass linearen Freifeldfrequenzgang abgestimmt sind.

Durchschnittliche Hifi Lautsprecher wurden bis in den frühen 80er eher als Halbraumstrahler entwickelt, das bedeutet mit für den Arbeitsfrequenzbereich/Wellenlängen eher kleinere Chassis die wenig und aber auch eher gleichmäßig bündeln. Da dieses Konzept aber schnell ziemlich perfekt ausentwickelt war musste was neues her um bei den damaligen Tests herauszustechen, so kamen in Deutschland dann eher große (Tief-)Mitteltöner ins Spiel die im Mittelton stärker bündeln und trotz linearen "0° Katalogfrequrnzganges" fürs saubere "Hifi-Gewissen" am Hörplatz eine euphonische Loudnessbadewanne generierten die mit Testsiegen gegenüber "der alten Generation" (die aber neutraler/ehrlicher war) honoriert wurde.

Ab den 2000en wurde dann eher wieder erneut ein gleichmäßigeres Abstrahlverhalten stärker priorisiert, die (Tief-)Mitteltöner blieben zwar relativ groß, aber die Bündelung der Hochtöner wurde an die der Mitteltöner mittels Schallführungen (Waveguides) angepasst. Das hat auch den Vorteil zu den alten Halbraumstrahlern dass die Nahfeldhörzone an dem der Direktschallanteil hörer als der Diffusschallanteil ist, größer ist, somit kann man dann bei gleichem Hörabstand mehr Details und Rauminformationen der Aufnahme heraushören.
MasterKenobi
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 21. Jul 2016, 13:41
Für mich gibt es all das, wie im Eingangspost erwähnt, auch heute noch.

Es gibt neutrale Lautsprecher, es gibt Taunus/Badewannenklang und es gibt den wohlig warmen englischen Sound.

Beispiele zb

- Nubert, Elac, Phonar, XTZ, Neumann usw tragen alle einen sehr neutralen Klang Charakter.

- Klipsch, Canton, Dali, ASW, Focal, Quadral usw tragen durch die Bank weg, eine kleine oder größere Badewanne im Klang mit sich herum.

- Dynaudio, ATC, Harbeth, Spendor, B.W, Sonus Faber usw haben alle noch etwas vom wohlig, warmen englischen Sound, mit guten und kräftigen Mitten, einer kleineren oder größeren Oberbassbetonung und einen zu den Höhen abfallenden Frequenzgang.

Sieht man dann diverse Messungen von den Lautsprechern, dann kommen die Messungen meist recht gut mit dem tatsächlich empfundenen Klang beim hören dieser Lautsprecher hin.

Gab es früher schon und gibt es heute auch noch zu Hauf, die verschiedenen Klang Signaturen. KEF zb hat sich etwas von ihrer früheren klanglichen Signatur verabschiedet und wurde wieder mehr englisch statt nordisch ehr hell.




Was mich viel ehr stört, ist, dass einige Hersteller damit nicht ehrlich umgehen oder zu ihrer Abstimmung nicht stehen. Ist mir häufig bei einigen sogenannten Pseudo neutralen, englischen Monitor Herstellern immer mal wieder aufgefallen. Sie werden stets als so neutral angepriesen, haben dann aber oft einen Buckel und abfallende Höhen, um die Langzeittauglichkeit zu wahren.

Schön und gut, nur neutral darf es dann nicht heißen.

Hier mal Messungen sogenannter englischer neutraler Monitore, wo vermutlich nur das Papier, auf dem sie beworben wurden, neutral war.

Harbeth-7ES-3810Harfig3


[Beitrag von MasterKenobi am 21. Jul 2016, 13:59 bearbeitet]
Dadof3
Moderator
#8 erstellt: 21. Jul 2016, 14:06
Dass die Lautsprecher heute alle neutral sein sollen, sehe ich gar nicht unbedingt. Vielmehr hat jeder Hersteller seinen "Hausklang" entwickelt, der, zumindest in der Einsteiger-und Mittelklasse geschmackliche Nischen bedient. Das wird zwar von Herstellern wie von den Käufern gerne vertuscht, aber ist insgeheim doch erwünscht.

Die Badewanne / der Taunussound war und ist meiner Meinung nach auch Ergebnis der gehörrichtigen Lautstärke. Meistens hört man halt mit weniger als den 85 dB im Tonstudio, und weil Loudnesstasten damals und zum Teil auch noch heute vielfach verpönt waren wegen des heiligen "reinen Klangs", hat man sich halt bei den Lautsprechern beholfen, wo die Klangveränderung weniger augenfällig war.

Auch der Musikgeschmack spielt eine Rolle. Die Musik der 70er und 80er war überwiegend recht bassarm, warum auch immer - da haben etwas dickere Bässe viel weniger gestört als bei dem heutigen Pop, Techno, Hiphop usw.

Und nicht zuletzt kann ich mir vorstellen, dass auch die Raumeinrichtung eine Rolle spielt. In den 80ern war ein Wohnzimmer geprägt von wandfüllenden Bücherregalen, Teppichboden, plüschigen Sofas und dicken Strukturtapeten, die Schall einfach ganz anders schlucken als die heutigen Schwimmhallen.
thewas
Hat sich gelöscht
#9 erstellt: 21. Jul 2016, 14:12

Die Musik der 70er und 80er war überwiegend recht bassarm, warum auch immer

Ich vermute weil sie großteils mit im Bass nicht entzerrten amtlichen Monitoren abgemischt wurde und/oder für Vinyl LPs (Laufzeit pro Seite und kompatibilität mit billigen Abspielern) im Bass entschlackt wurde.

Aber wie du sagst auch gehörrichtige Lautstärke, andere Referenzen (Monitore), andere durchschnittlichen Wohnraumakustik sind alles sehr einflussreiche Faktoren die den Wandel der tonalen Zielsetzungen beeinflusst haben.
ehemals_Mwf
Inventar
#10 erstellt: 21. Jul 2016, 14:39
Hi,
HannoverMan31 (Beitrag #7) schrieb:
...Hier mal Messungen sogenannter englischer neutraler Monitore, wo ...
Harbeth-7ES-3810Harfig3

Welcher LS gehört zu der rechten Messung ? (aus stereophile?)

Gruss,
Michael
Moonlightshadow
Inventar
#11 erstellt: 21. Jul 2016, 22:56
Rechts das müsste ne Harbeth P3ESR sein. Das ist aber kein Studiomonitor.

Hier mal ne Messung einer ATC SCM7 (auch kein Studiomonitor), da diese Lautsprecher weiter oben ja als Oberbassbetont dargestellt wurden.

atc_scm7_rev-stereoandvideo cover 2

Quelle


[Beitrag von Moonlightshadow am 21. Jul 2016, 23:32 bearbeitet]
Jörg_Paul_B
Stammgast
#12 erstellt: 21. Jul 2016, 23:54
Womit messt Ihr sowas eigentlich? Habt Ihr schalltote Räume und Messequipment zuhause? Oder arbeitet Ihr als Boxenentwickler?

Vielen Dank für Eure teils sehr interessanten Beiträge. Besonders interessant fand ich den Hinweis, dass sich das Klangdesign im Laufe der Zeit an die sich veränderten Einrichtungsgewohnheiten der Leute angepasst hat. Klar, Laminat war damals noch nicht, eher hochfloriger Teppichboden und Plüschsofas. Also eine wesentlich höhere Dämpfung.

Der Beitrag ist verschoben worden. Gut, wenn er hier besser aufgehoben ist ist das natürlich ok für mich. Den Hinweis, dass ich das nächste Mal vorher besser darüber nachdenken soll, in welche Unterforen ich meine Beiträge platziere, fand ich aber von diesem Forenbot schon etwas überheblich, denn ich hatte mir eigentlich schon meine Gedanken darüber gemacht, wo ich den Beitrag unterbringe. Naja was soll's?

Besten Gruß,

Jörg
thewas
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 22. Jul 2016, 00:12

Womit messt Ihr sowas eigentlich? Habt Ihr schalltote Räume und Messequipment zuhause? Oder arbeitet Ihr als Boxenentwickler?

Die meisten hier gezeigten Messungen sind von Testmagazinen, aber in der heutigen Zeit kann man auch relativ leicht hilfreiche Messungen selber machen und dazu braucht man auch kein reflexionsarmen Laborraum, Stichwort gefenstere Messungen.
Übrigens ist der Verschiebungshinweis eine automatische Textvorlage und nicht persönlich zu nehmen.


[Beitrag von thewas am 22. Jul 2016, 00:13 bearbeitet]
Jörg_Paul_B
Stammgast
#14 erstellt: 22. Jul 2016, 07:11
Hallo thewas,

auch wieder interessant. Scheint ja eine freie FFT - Analysesoftware zu sein, dieses arta. Was es nicht alles gibt. Hab mir mal die User Manuals runtergeladen.

Dass das eine automatische Vorlage war, dachte ich mir. Deshalb war ich ihr auch nicht böse ...

Beste Grüße,

Jörg
Dadof3
Moderator
#15 erstellt: 22. Jul 2016, 08:54

HannoverMan31 (Beitrag #7) schrieb:
Was mich viel ehr stört, ist, dass einige Hersteller damit nicht ehrlich umgehen oder zu ihrer Abstimmung nicht stehen. Ist mir häufig bei einigen sogenannten Pseudo neutralen, englischen Monitor Herstellern immer mal wieder aufgefallen. Sie werden stets als so neutral angepriesen, haben dann aber oft einen Buckel und abfallende Höhen, um die Langzeittauglichkeit zu wahren.

Schön und gut, nur neutral darf es dann nicht heißen.

Hier mal Messungen sogenannter englischer neutraler Monitore, wo vermutlich nur das Papier, auf dem sie beworben wurden, neutral war.

Harbeth-7ES-3810Harfig3

Das gibt es nicht nur bei englischen Monitoren. Beim Probehören der Focal Twin 6 / Trio 6 hatte ich den Eindruck, dass sie zwar im Mittel- bis Hochton neutral waren, aber auch einen leichten Oberbassbuckel haben.

Als ich dann beim Focal-Vertrieb nach Messungen fragte und die Antwort bekam, sie hätten so etwas nicht, war Focal für mich gestorben. Egal, ob das gelogen war oder die Wahrheit, es ist einfach nur peinlich. Mit Professionalität hat so etwas nichts zu tun.
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