Toole FE, Loudspeaker Measurements and Their Relationship to Listener Preferences: Part 2

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Balbidur
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 03. Nov 2020, 00:17
In diesem Forum höre ich immer wieder die Behauptung, das im subjektiven Klangempfinden des Menschen „linear“ abgestimmte LS per se „nicht-linear“ abgestimmten Lautsprechern in verblindeten Tests überlegen sind. Hier wird vor allem eine Arbeit von Toole referenizert:

Toole FE, "Loudspeaker Measurements and Their Relationship to Listener Preferences: Part 2", J. Audio Eng. Soc., vol. 34, no. 5, pp. 323-348, (1986 May.)

Ich habe mir das Paper mal angesehen, da ich beruflich oft wissenschaftliche Arbeiten zu Gesicht bekomme und mich solche Sachen interessieren. Ich muß aber festhalten, dass ich aus einem komplett anderen Bereich komme (bin also interessierter Laie).

Zum Paper:

Hier handelt es sich um eine dreiteilige Publikation, welche sehr umfänglich ist, für mich Interessant war für die Eingangsfragestellung nur der zweite Teil.

In der Studie wurden n=42 Probanden zum Probehören verschieder Lautschprecher mit unterschiedlichen Frequenzgängen (rel. Linear bis wenig linear) in einem Hörraum aufgefordert ihr Hörerlebnis auf einer Skala von 0 (Schlechtester LS überhaupt) – 10 (bester Lautsprecher überhaupt) zu klassifizieren. Alle Probanden hatten mit Musik zu tun („History of serious critical listening“ – bin mir aber nicht sicher was das bedeutet), konnten gut hören und die Sessions wurden mehrmals in getrennten Hörsitzungen wiederholt. Weitere Details zum Test kann man im Paper nachlesen, Herr Toole schreibt ausgiebig darüber.

Erwähnenswert ist das nur einzelne Lautsprecher (Mono) abgehört wurden. Nach der Lektüre hier im Forum würde ich annehmen, dass die Stereoabbildung für die Mehrheit der Foristen ein sehr wichtiges Kriterium beim Klang eines LS ist, dieser Teil des Hörens fehlte hier komplett. Auch hat nicht jeder Teilnehmer alle LS zu hören bekommen. Das ist problematisch, da es das Ergebnis verfälschen kann. Ich hätte nur Teilnehmer mit vollständigem Datensatz zur Analyse zugelassen.

Diskussion:

Zum ersten ist natürlich unklar, ob ein solches Kollektiv an „Hörprofis“ in ihrer nennen wir es mal allgemein „Höhrkompetenz“ mit der Gesamtgruppe der Gesamtbevölkerung vergleichbar ist, oder eine Untergruppe darstellt. Ich nehme an die Meisten der Teilnehmer waren Kollegen des Autors und Mitarbeiter von HK. Es lässt sich nicht ausschließen, das diese Menschen in ihren Hörgewohnheiten vorgeprägt waren. Vielleicht wäre es ja gerade sinnvoll "untrainierte" Subjekte zum Hörtest zu bitten, zumindest stellen diese in der Gesamtbevölkerung die überwältigende Mehrheit. Auch sind 42 Studienteilnehmer eine sehr kleine Anzahl um hier statistisch signifikante Analysen zu ermöglichen.

Zweite Beobachtung: Von den 42 Hörern zeigten 14 inkonsistente Ergebnisse, dh. die Ergebnisse der verschiedenen Hörsitzungen waren stark divergent. Das bedeutet, das sie nicht in der Lage waren die verschiedenen LS sicher und wiederholt eindeutig zu identifizieren. 33% der Teilnehmer konnten keine zuverlässigen Unterschiede zwischen den LS hören.

Dritte Beobachtung: Diese 14 indifferenten Höhrer wurden aus der Auswertung der Ergebnisse ausgeschlossen. Das Exkludieren von Studienteilnehmern sollte zumindest gut begründet werden und hat immer ein bisschen Geschmäckle. 33% eines Studienkollektivs zu disqualifizieren selektiert die für die gewünschten(?) Ergebnisse am besten geeigneten Teilnehmer. Eine Analyse der übriggebliebenen Gruppe ist zumindest vor dem Hintergrund eine allgemeine Aussage über die bevorzugte Lautsprecherselektion in der Bevölkerung zu machen sinnlos und wenn ich es böse formulieren würde suggestiv. Noch bessere Ergebnisse hätte man bekommen, wenn man gleich die 10 konsistentesten Hörer zur Analyse genommen hätte (von denen einige ja auch nur zufällig konsistente Ergebnisse gezeigt haben könnten). Da beweist man sich quasi mit sich selbst.

Vierte Beobachtung: Der Autor legt fest, das ein 5% Unterschied zwischen den Höreindrücken (0,5 auf der Skale) als signifikant wahrgenommen wird. Woher diese Festlegung kommt wird nicht erläutert, ich gehe davon aus, das es mehr mit dem Dezimalsystem, als mit Empirie zu tun haben muß. Der Beweis, das 0,5 Punkte unterschied auf einer Skala von 0-10 einen subjektiv deutlichen Unterschied bedeuten bleibt der Autor schuldig. Der Unterschied zwischen z.B. 6 und 6,5 wäre bei mir in der Bewertung eines LS zumindest sehr gering (bei einer Skala von 0-10!).

Fünfte Beobachtung: Die absoluten Bewertungen rangieren zwischen 6,0 und 7,9. Es gab also offensichtlich keine richtig schlechten und auch keine überflieger Lautschprecher. Ich bin erstaunt, das die Ergebnisse so nah beienander liegen. Interessant wäre noch eine Analyse der durchschnitlichen Standardabweichung aller Teilnehmer gewesen um ein Gefühl für die Bandbreite der individuellen Einschätzungen zu bekommen und diese wäre für die Schlußfolgerungen in der Bewertung der Daten durch den Autor auch nötig gewesen.

Für mich ist das Ergebniss des Tests nicht schlüssig. Der Autor lehnt sich hier weit aus dem Fenster, wenn er in seiner Diskussion feststelltl, das es hier objektive nachweisbare Charakteristiken gibt aus denen der zu erwartende Höreindruck eines Menschen mit durchschnittlicher Hörleistung vorhergesagt werden kann.

Gibt es vielleicht eine aussagekräftigere Studie, die das hier oft proklamierte Dogma der Frequenzgänge untermauern kann - lasst es mich bitte wisse. Ich bin immer interessiert zu lernen und wie schon oben festgestellt Laie.

Letzendlich beweisen für mich ja die tausende tägliche Entscheidungen der Konsumenten, welche nach mehr oder weniger intensiven Hörtests zu ganz unterschiedlichen Lautsprechern tendieren das das Hörerlebnis sehr individuell ist, auch wenn die Dogmatiker natürlich einwerfen werden, das alle ihrem Glauben gegenläufigen Entscheidungen doch nur beweisen, das der jeweilige Konsument blöd, verblendet, fremdgesteuert, manipuliert oder unmündig ist (Stichwort: Verzerrungsblindheit)

Anekdotisch: Die lineare Regression aus einer Punktewolken mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,35 - was soll uns das wohl sagen?

Punktewolke


[Beitrag von Balbidur am 03. Nov 2020, 00:23 bearbeitet]
P@Freak
Inventar
#2 erstellt: 03. Nov 2020, 01:02
Hallo,

linearität über Frequenz ist bloß EIN Punkt von vielen auf der Pflichtenliste den man gefälligst bei der Konstruktion von Lautsprechern zur naturgetreuen stimmigen Klangwiedergabe um zu setzen hat. Zielklarheit ist auch eindeutig gegeben in sehr vielen Punkten der Pflichtenliste und lässt sich auch genauestens definieren. Auch kann es durchaus Sinnig sein EINEN Lautsprecher mit 2 Ohren ab zu hören ... das macht fast jeder der das Thema verstanden hat so beim Entwickeln auch weil man mit 2 Ohren auf eine Quelle besser, genauer und MEHR hört. Zudem gleicht man damit Ungleichheiten der Ohren aus ...

Entschuldige bitte auch das ich deinen ausschweifenden Text sicher nicht komplett lese und kommentiere ... du bist hier nach dem 1. Satz schon sehr klar ein zu ordnen. Wenn es um "subjektive Meinungsbildung" geht wünsche ich viel Spaß beim unnützen Ziellosen Diskutieren ...

P@Freak


[Beitrag von P@Freak am 03. Nov 2020, 01:13 bearbeitet]
stoneeh
Inventar
#3 erstellt: 03. Nov 2020, 04:50
Erstens - wenn man subjektive Eindrücke zu standardisieren versucht, entfernt man sich, um eine neutrale Testumgebung herzustellen, von der Praxis bzw. der Realität beim Hörer zuhause, und nähert sich dem Labor an. Dabei gehen zwangsweise wichtige Faktoren verloren.

Beispiele:

- Hörumgebung: eine unbekannte / ungewohnte Hörumgebung wird immer andere Unterschiede verschleiern. Wenn ich zuhause in einem Raum, den ich seit Jahren kenne, höre, weiss ich sofort, welcher subjektive Eindruck vom Raum kommt, und welcher vom Lautsprecher (oder anderen Komponente in der Signalkette).
- Musik: ich hatte nun schon mehrere Tests von verschiedenen Komponenten bei / mit Fremden, bei welchen ich mit meiner Musik Unterschiede höre, mit der Musik des / der anderen Teilnehmer nicht. Wieso? Weil ich seine / ihre Musik nicht kenne, und nicht so intuitiv und treffsicher raushöre, was nun eine Eigenschaft des Musikstücks ist, und was eine der gewechselten Geräte.
- einpegeln: bei Vergleichen von Lautsprechern tun sich die Unterschiede oft insb. dann auf, wenn man zwischen verschiedenen Lautstärken wechselt. Das ist ein wesentlicher Bestandteil von Lautsprechertests.
- wie schon gesagt, man hört selten Mono.
- etc etc.

Blindtests unter Laborbedingungen taugen mMn rein dazu, die Existenz eines grundlegenden Phänomens zu beweisen; nie, um eines zu widerlegen. Wenn ich zB ein paar Verstärker unter vorgegebenen Bedingungen blind höre, und treffsicher Unterschiede feststellen kann, beweist dies grundsätzlich die Existenz des Verstärkerklangs. Wenn ich aber keine Unterschiede höre, beweist das noch lange nicht, dass es keinen Verstärkerklang gibt bzw. geben kann - ich konnte nur zwischen den wenigen Geräten im Test unter schwierigen Bedingungen in der aktuellen Verfassung an diesem Tag keinen Unterschied raushören.


Dann gibt's weitere Probleme, wie die Voreingenommenheit. Oft ist bei den oberflächlich objektivsten Tests bei näherem hinsehen eben diese herauszulesen. Wenn auch oberflächlich verschleiert, stehen die eigenen lange gehegten Vorlieben und Überzeugungen meist ganz oben in der Liste der möglichen Motive.

Ein weiterer Faktor ist schlicht und einfach die Kompetenz des Autors beim erstellen der Testprozedur und interpretieren der Ergebnisse. Diese lässt sich, trotz dass viele das gerne hätten, nicht vom Titel oder der Position des Autors ableiten. Auch in den Arbeiten der vermeintlich renomiertesten Autoren lassen sich regelmässig Fehler finden. Diese werden aber oftmals gerne übersehen, weil "schau mal was der vor seinem Namen stehen hat und schau mal in welcher Gesellschaft der ist und wo der arbeitet - der muss doch sicher recht haben!".

Zusätzlich zu meiner Kritik schliesse ich mich den Punkten des Threaderstellers an. Und ohne grundsätzlich jemanden in eine Schublade stecken zu wollen - ich kenne keine Arbeit von dem Herren Toole, die nicht grob der eigenen Hörerfahrung, und aller Personen mit etwas Erfahrung und Begeisterung für Tonanlagen (egal ob HiFi, PA, Studio, ...), die ich im echten Leben kenne, widerspricht.
MZeeTex
Stammgast
#4 erstellt: 03. Nov 2020, 11:33

P@Freak (Beitrag #2) schrieb:

Entschuldige bitte auch das ich deinen ausschweifenden Text sicher nicht komplett lese und kommentiere ... du bist hier nach dem 1. Satz schon sehr klar ein zu ordnen. Wenn es um "subjektive Meinungsbildung" geht wünsche ich viel Spaß beim unnützen Ziellosen Diskutieren ...

P@Freak

Entschuldige bitte auch, wenn ich dich direkt angehe. Man sollte nicht den Autor und die Diskussion abtun ohne wenigstens den Text vollständig gelesen zu haben. Objektiv gesehen ist das, was der TE schreibt, eine sinnvolle Kritik am Paper.

Zum Text des TEs:
Ich kenne keine Arbeiten von Toole. Aber ich kenne mich ebenfalls etwas mit wissenschaftlichen Arbeiten aus und finde den Ansatz, die Schlussfolgerung des Papers infrage zu stellen, wenn die Methode große Schwächen aufweist, nachvollziehbar. Man kann sowas zwar einreichen aber ein relevantes wissenschaftliches Magazinen würde auf dieser Basis keinen Artikel veröffentlich. Das würde keiner Prüfung standhalten.

Herr Toole ist sicher ein hervorragender Fachmann aber man kann auf Basis dieser Daten keine zuverlässigen Aussagen treffen.


[Beitrag von MZeeTex am 03. Nov 2020, 11:36 bearbeitet]
Keksstein
Inventar
#5 erstellt: 03. Nov 2020, 12:10

In der Studie wurden n=42 Probanden zum Probehören verschieder Lautschprecher mit unterschiedlichen Frequenzgängen (rel. Linear bis wenig linear) in einem Hörraum aufgefordert ihr Hörerlebnis auf einer Skala von 0 (Schlechtester LS überhaupt) – 10 (bester Lautsprecher überhaupt) zu klassifizieren. Alle Probanden hatten mit Musik zu tun („History of serious critical listening“ – bin mir aber nicht sicher was das bedeutet), konnten gut hören und die Sessions wurden mehrmals in getrennten Hörsitzungen wiederholt.


Nehmen wir mal an im Testteam ist ein Gitarrist, ein Klassik Fan, einen Heavy Metal Fan und ein Tontechniker der arbeiten auf linearen Studiomonitoren gewohnt ist.

Eine Aufnahme mit Gitarre wird gespielt, einer der Lautsprecher hat einen angehobenen Grundton. Dem Gitarristen kommt das (unter umständen) gefälliger vor, er kennt seine Gitarre und weiß wie die klingen muss, und die klingt halt voller so. Das das von der Quelle garnicht kommt interessiert ihn wenig, der Klang muss gefallen.
Der Klassik Hörer ist begeistert von einem Lautsprecher mit leicht angehobenem Mittel/Hochton, Details werden herausseziert und sind deutlicher Hörbar.
Dem Metal Fan gefällt der Lautsprecher des Klassik Fans nicht, er bevorzugt einen mit leicht abgesenktem Mittel/Hochton damit seine Musik nicht kreischt.
Der Tontechniker wird (vermutlich) einen Linear abgestimmten Lautsprecher bevorzugen, eher aber den Lautsprecher der seinen Monitoren am ähnlichsten Klingt.

Soll heißen, ob man einen Linearen Frequenzgang bevorzugt hängt stark von dem eigenen Hörempfinden ab, von der gehörten Musik und von der Tageslaune. Es überrascht wenig das der "lineare" Lautsprecher nicht immer als der beste bewertet wird, das ist eine Frage vom persönlichen Ziel. Will ich meine Musik hören so wie sie mir gefällt oder möchte ich möglichst genau das hören was von der Quelle kommt.
Sockenpuppe
Gesperrt
#6 erstellt: 03. Nov 2020, 13:14

Balbidur (Beitrag #1) schrieb:
In diesem Forum höre ich immer wieder die Behauptung, das im subjektiven Klangempfinden des Menschen „linear“ abgestimmte LS per se „nicht-linear“ abgestimmten Lautsprechern in verblindeten Tests überlegen sind. Hier wird vor allem eine Arbeit von Toole referenizert:

Toole FE, "Loudspeaker Measurements and Their Relationship to Listener Preferences: Part 2", J. Audio Eng. Soc., vol. 34, no. 5, pp. 323-348, (1986 May.)


Soweit der Lautsprecher ein gleichmäßiges, bzw. sanft wechselndes Abstrahlverhalten aufweist, um das mal zu ergänzen. Auch erklärt Floyd Toole recht verständlich, warum dem so ist.

mit frdl. Gruß


[Beitrag von Sockenpuppe am 03. Nov 2020, 13:48 bearbeitet]
Dadof3
Moderator
#7 erstellt: 03. Nov 2020, 15:55
Vielen Dank @Balibur für diesen Thread, und die präzise /und m. E. zutreffende) Analyse! (Lediglich beim Monohören bin ich der Meinung, dass das richtig so ist, denn das Monohören hat einige Vorteile für die Beurteilung, und Abbildungseigenschaften waren für das Ergebnis nicht relevant, weil es nur um den Frequenzgang ging.)

Ich habe dieser pauschal aus der Studie abgeleitete Aussage schon immer ein wenig kritisch gegenübergestanden. Das ist auch bei anderen Studien von Toole so, zum Beispiel der, bei der er belegt haben will, dass der Raum keinen Einfluss darauf hat, welchen Lautsprecher man als besser empfindet.

Damit meine ich gar nicht einmal, dass ich die Ergebnisse für falsch halte. Ich finde diese Studien sehr aufschlussreich und interessant. Aber die Stichproben sind zu klein und die Bedingungen zu singulär, um daraus einen Allgemeinheitsanspruch ableiten zu können.

Für persönliche Entscheidungen eines Hifi-Fans liefern sie daher wichtige Indizien, aber sie ersetzen nicht die Überprüfung der Gültigkeit im Einzelfall.
Balbidur
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 03. Nov 2020, 22:04
Ich möchte hier (fast ) allem zustimmen.

@Dadof3, wenn nur der Einfluß des Freguenzgangs auf den Höreindruck untersucht werden soll ist Mono-Wiedergabe sicherlich vorteilhaft, da man ja einen störenden Einflußparamater (die Räumlichkeit) bei der Beurteilung entfernt. Nach etwas Nachdenken ergibt das für mich Sinn.

Für mich ist es offensichtlich das ein linearer Frequenzgang für einen "guten" Klang von Vorteil ist. Die Frage ist, wie "linear" oder "nicht-Linear" er sein kann um vom Ohr als solches wahrgenommen zu werden. Ich glaube, da ist der Mensch, mit verlaub, ziemlich unempfindlich, bzw. es ist auch eine Geschmackssache.

Da wir ja kein komplett kalibriertes System haben (wie es z.B. im Farbmanagement in der Fotografie möglich ist), ist das was aus uns als Musikmaterial zugespielt wird schon mehrfach modifiziert - absichtlich und unbeabsichtigt. Ich halte es deshalb für absolut legitim seine Anlage zu zusammenzustellen, wie es einem am besten gefällt und nicht nach einem "Originalklang" hinterherzuspüren (den gibt es dann ja auch nur bei bestimmten Musikstücken)

Auch gibt es neben dem Freuquenzgang noch sehr viele oft wichtigere Faktoren, die es zu beachten gilt, sowohl bei der Umgebung (Stoneeh), wie auch unser eigenes Hörvermögen und - oft unterschätzt - die Musik die wir am liebsten hören (Keksstein). Ich hatte schon befürchtet hier von einigen Eiferern gekreuzigt zu werden und freue mich um so mehr, das ihr meine Gedanken so komplettiert habt!

Natürlich will ich die Expertiese von Herrn Toole nicht schmälern und das was er in seinen Videos so erzählt erscheint mir sinnvoll. Die Komplexität des Themas ist überwältigend und es gibt halt keine einfachen Antworten - das machte es ja so interessant sich damit zu beschäftigen
Dadof3
Moderator
#9 erstellt: 03. Nov 2020, 22:23

Balbidur (Beitrag #8) schrieb:
Ich glaube, da ist der Mensch, mit verlaub, ziemlich unempfindlich, bzw. es ist auch eine Geschmackssache.

Da bin ich ganz deiner Meinung. Zum einen ist erwiesen, dass sich das Gehör an andere Frequenzgänge gewöhnt.
Zum anderen: In gewisser Weise wird die von Dritten abgeleitete pauschale Behauptung "die Menschen bevorzugen lineare Frequenzgänge" ja sogar durch eine andere Analyse von Toole widerlegt:

Subjectively preferred steady-state room curve - Floyd Toole

Da ist das Ergebnis, dass untrainierte Hörer gerne mehr Bass möchten, also nicht generell lineare Frequenzgänge bevorzugt werden.


[Beitrag von Dadof3 am 03. Nov 2020, 22:24 bearbeitet]
sakly
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 03. Nov 2020, 23:27

Dadof3 (Beitrag #9) schrieb:
Da ist das Ergebnis, dass untrainierte Hörer gerne mehr Bass möchten, also nicht generell lineare Frequenzgänge bevorzugt werden.


Deshalb wohl diese Einschränkung in dem Paper:

Balbidur (Beitrag #1) schrieb:
"History of serious critical listening"


Ansonsten stimme ich zu, interessanter Thread 🙃
imLaserBann
Inventar
#11 erstellt: 27. Dez 2020, 20:19
Ich war auch über den Link zu diesen Arbeiten in dem anderen Thread gestolpert, war dann aber zu faul, mir die Arbeiten mal wirklich genau anzuschauen.
Sicherlich gibt es dort interessante Aspekte zu entdecken, jedoch verstehe ich gar nicht erst wirklich, warum die Aussage, dass "im subjektiven Klangempfinden des Menschen „linear“ abgestimmte LS per se „nicht-linear“ abgestimmten Lautsprechern in verblindeten Tests überlegen sind", überhaupt einer solch intensiven Diskussion wert wären.
Denn ein Rückschluss von einer Statistik auf das Individuum ist ohnehin nicht möglich und in der Direktheit und Einfachheit, wie es hier anscheinend oft angenommen wird, schonmal gar nicht.

Auf der anderen Seite ist es imho trivial davon auszugehen, dass die Widergabetreue ("fidelity ratings") am höchsten ist, wenn der Frequenzgang am Hörplatz glatt und flach ist (wenn die Hörlautstärke der Lautstärke des Originals entspricht).

In Räumen kann dann natürlich trotzdem das Verhältnis von Direktschall zu Diffusschall variieren. In dem Zusammenhang verstehe ich auch die Aussage "there appears to be an inherent trade-off between the illusions of specific image localization and the sense of spatial involvement".
Balbidur
Ist häufiger hier
#12 erstellt: 27. Dez 2020, 21:45

imLaserBann (Beitrag #11) schrieb:
Denn ein Rückschluss von einer Statistik auf das Individuum ist ohnehin nicht möglich.


Deine Aussage ist trivial. Es ist ja aber auch gar nicht die Absicht dieser Arbeit gewesen das Verhalten einzelner Individuen vorherzusagen.
Hier wurde untersucht ob es im Allgemeinen einen statistisch nachweisbaren kausalen Zusammenhang zwischen dem Frequenzgang und der Bewertung des Klanges gibt. Das ist ja auch durchaus interessant und würde, wenn ein Zusammenhang nachweisbar wäre, die Präferenz für bestimmte Lautsprecher in einem Kollektiv von Menschen statistisch reproduzierbar zulassen...
Vergleich es mal mit dem radioaktiven Zerfall. Du kannst Vorhersagen, wann die Hälfte des Materials zerfallen sein wird, aber nicht wann ein einzelnes Atom zerfällt.

PS: Sollte der kausale Zusammenhang sehr groß sein, könnte man sogar mit einer hohen Wahrscheinlichkeit das Verhalten eines Individuums vorhersagen.

PPS:

Auf der anderen Seite ist es imho trivial davon auszugehen, dass die .. ("fidelity ratings") am höchsten ist, wenn der Frequenzgang am Hörplatz glatt und flach ist.

Dir mag das trivial vorkommen, diese Aussage konnte die Untersuchung aber gerade aus oben diskutierten Gründen NICHT belegen.


[Beitrag von Balbidur am 28. Dez 2020, 10:52 bearbeitet]
imLaserBann
Inventar
#13 erstellt: 28. Dez 2020, 12:35
Im Prinzip verstehe ich die Intention der Arbeit so, dass man sich gefragt hat, wie ein Hersteller einen Lautsprecher designen muss, damit er hinterher vom Fachpublikum als gut bewertet wird. Dabei wird betont, dass man sich anhand von Messungen orientieren kann, wenn man weiß, worauf es ankommt.

The importance of the deviations from the underlying smooth contours must be weighted according to a set of rules that take account of the direction, shape , and magnitude of the irregularities, and the frequencies at which they occur. The result, with no further data, is a ranking of loudspeaker performance that has about the same resolution and order as listening tests conducted with the utmost of care , and with considerably more time and expense .

Dabei scheint allerdings überall durch, dass die Arbeit 30 Jahre alt ist und halt entsprechend wenig moderne Auswerteverfahren genutzt werden konnten.

Für mich ist das Ergebniss des Tests nicht schlüssig. Der Autor lehnt sich hier weit aus dem Fenster, wenn er in seiner Diskussion feststelltl, das es hier objektive nachweisbare Charakteristiken gibt aus denen der zu erwartende Höreindruck eines Menschen mit durchschnittlicher Hörleistung vorhergesagt werden kann.

Auf Seiten der Ergebnisse der subjektiven Beurteilungen der Testhörer sind die detaillierten Ergebnisse ja leider nicht mitveröffentlich, so dass man nicht nachvollziehen kann, ob da evtl. getrickst wurde.
Auf Seiten der Messergebnisse fällt auf, das bis auf den Ansatz zur Bassextension überhaupt keine Größen zur Klassifikation definiert wurden sondern allein auf visuelle Eindrücke beim Betrachten der Kurven abgehoben wird oder anders ausgedrückt, dass die Autoren das "set of rules" zur Bewertung der Kurven lieber für sich behält.
imLaserBann
Inventar
#14 erstellt: 28. Dez 2020, 14:10

Dir mag das trivial vorkommen, diese Aussage konnte die Untersuchung aber gerade aus oben diskutierten Gründen NICHT belegen.

Welche Gründe sind da genau gemeint, zumal die Untersuchung ja nicht darauf abzielte, diese Aussage zu belegen?
Was wäre denn die Gegenthese dazu?
Dabei möchte ich auch nochmal darauf hinweisen, dass es einen Unterschied gibt zwischen "im subjektiven Klangempfinden überlegen" und einem "fidelity rating" in einem Hörtest.

Ich halte es deshalb für absolut legitim seine Anlage zu zusammenzustellen, wie es einem am besten gefällt und nicht nach einem "Originalklang" hinterherzuspüren

Das Problem beginnt ja schon damit, dass man den Originalklang erstmal kennen müsste, was i.d.R. nur bei Stimmen oder natürlichen Instrumenten der Fall ist und damit, dass das, was auf einer Aufnahme ist, eben nicht mehr der Originalklang ist. Dazu kommen noch all die Aspekte der Räumlichkeiten.

Mir ist letztlich nicht klar, was genau
das hier oft proklamierte Dogma der Frequenzgänge
im Detail sein soll.

Es gibt ja z.B. zusätzlich die Notwendigkeit einer Anpassung des Frequenzgangs bei abweichender Hörlautstärke zum Erreichen einer gehörrichtigen Lautstärke.
Weiß vielleicht jemand wie absolutes Hörvermögen mit der Notwendigkeit zur gehörrichtigen Lautstärkekorrektur korreliert?
Balbidur
Ist häufiger hier
#15 erstellt: 28. Dez 2020, 15:06
Für viele Deiner Fragen findest Du die Antwort (z.B. zum Dogma im allerersten Satz) im vorherigen Thread, das wird ja durch Wiederholung nicht besser


Dabei scheint allerdings überall durch, dass die Arbeit 30 Jahre alt ist und halt entsprechend wenig moderne Auswerteverfahren genutzt werden konnten.


Kannst Du bitte mal ausführen, welche hier angewendeten statistischen Modelle heute so keine Gültigkeit mehr haben? (Bin kein Mathematiker)

Ich bin mir sicher, daß der Autor nicht "getrickst" hat. Wenn es von Interesse ist kann man Autoren i.A. auch anschreiben und um die Rohdaten bitten, da gibt sich Herr Toole bestimmt keine Blöße.

Ich glaube, daß man aus einer so geringen Anzahl von Probanden keine statistisch signifikante Aussage treffen kann.

Was ich aus der Studie ableite ist:
- Hätte man die 33% der indifferenten Teilnehmer dazugenommen (was eigentlich wissenschaftlich korrekt wäre) würde man mit Sicherheit überhaupt keinen Einfluß des Frequenzgangs auf die Beurteilung des Klanges mehr sehen
- Alle getesteten Boxen waren unter Umständen noch "linear genug", das dies keinen statistisch signifikanten Einfluß auf die Beurteilung hatte
- Die erforderliche Trennschärfe zum Nachweis des Einflusses des Frequenzganges auf die Beurteilung dieser Lautsprecher würde wahrscheinlich eine Studie mit hunderten oder tausenden Probanden benötigen
- Der dann zu messende geringe Effekt wäre aber, wie Du schon festgestellt hast nicht dazu geignet das individuelle Verhalten vorhersagen zu können

Zur Beurteilung des Frequenzganes hätte ich dessen Mittleren Rauheitswert (z.B. nach ISO 1302:2002) ermittelt, welcher in der Physik ein Parameter der Oberflächenbeschaffenheit ist. Das ist villeicht etwas simplifiziert, erleichtert aber die Quantifizierung der Unterschiede in der "Glattheit" der Frequenzgänge unterschiedlicher Boxen.

In einer Vorstudie sollte man auch erst einmal feststellen, welche Änderungen im Freuqeunzgang ein durchschnittlicher Mensch überhaupt wahrnehmen kann. Ich bin mir sicher, daß kein Mensch verblinded den Frequenzgang einer "normalen" Hifi-Box nur durch das hören von Musik oder Testsignalen halbwegs exakt aufzeichnen kann.
imLaserBann
Inventar
#16 erstellt: 30. Dez 2020, 15:38
Ich bin auch kein Mathematiker, ich wollte auch nicht ausdrücken, dass da irgendwas keine Gültigkeit mehr hätte. Aber heutzutage hätte man wahrscheinlich andere Möglichkeiten, irgendwelche multivariaten Korrelationen zu untersuchen. Ich kann nicht beurteilen, was damals genau der Stand der Technik war, aber allein sowas wie die Welligkeit aller Messkurven zu ermitteln, dürfte von Hand eine eher unmögliche Mammutaufgabe sein, während es unter Computereinsatz vermutlich eher in Minuten zu erledigen wäre.

Das ausgeklammerte Drittel der Testhörer finde ich auch interessant. Wobei ja nicht ganz deutlich wird, warum dieser Ausschluss erfolgte. Wenn ein Hörer die Lautsprecher nicht ausreichend reproduzierbar bewertet, bleibt sein Empfinden natürlich ungeeignet für eine Korrelation mit Messwerten, die reproduzierbar sind. Das wäre aber als Ergebnis auch schon ein ordentlicher Hammer, dass von den Profi-Hörern ein Drittel nicht in der Lage ist, wiederholt eine konstante Reihung der Lautsprecher vorzunehmen.
Schlimmer im Sinne von doch getrickst wäre es, wenn die ausgeklammerten Hörer zwar reproduzierbare Urteile lieferten, die jedoch nicht konsistent mit der Mehrheitsmeinung der übrigen zwei Drittel war.


Ich glaube, daß man aus einer so geringen Anzahl von Probanden keine statistisch signifikante Aussage treffen kann.

Statistiker bin ich leider auch nicht und genau hab ich die Aussage nicht parat. Aber haben nicht im Hörtest zwei Drittel der Hörer reproduzierbar mit geringen Abweichungen untereinander die gleiche Reihenfolge der Lautsprecher beim fidelity rating ermittelt? Die Wahrscheinlichkeit, dass sowas zufällig passiert, dürfte sehr nahe an Null liegen.
Die Korrelation zu den angeblich flacheren, glatteren Frequenzgängen ist aber leider nicht so nachvollziehbar, da nicht genau definiert ist, was das Maß für Flach-/Glattheit sein soll außer einem visuellen Eindruck beim Betrachten der Kurven
Balbidur
Ist häufiger hier
#17 erstellt: 31. Dez 2020, 11:31

imLaserBann (Beitrag #16) schrieb:
Aber haben nicht im Hörtest zwei Drittel der Hörer reproduzierbar mit geringen Abweichungen untereinander die gleiche Reihenfolge der Lautsprecher beim fidelity rating ermittelt? Die Wahrscheinlichkeit, dass sowas zufällig passiert, dürfte sehr nahe an Null liegen?


Aktueller Anlass, stell Dir mal vor es wäre in der Studie nicht um den Frequenzgang sondern um einen Impfstoff gegangen.
Deine Interpretation wäre: „Die Impfung hat ja bei 66% geklappt, dass hat doch auch eine Bedeutung.“
Meine Antwort wäre: „Mag ja sein, aber dieser Impfstoff taugt nichts, wir müssen weiter forschen.“
imLaserBann
Inventar
#18 erstellt: 31. Dez 2020, 12:30
Und das jetzt, wo ich doch schon Auto-Analogien oft unpassend und wenig erhellend finde.

Ich sag mal so: Wer sich für lineare Frequenzgänge interessiert, wird bereits mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit dem HiFi-Fiber infiziert sein (Schnelltest war positiv). Jetzt hab ich die Wahl, ob ich mich für die Behandlung mit dem Medikament entscheide, die für 2/3 der Patienten dazu führt, dass sie keine schweren Symptome (erratisches Kaufen von gehypten Produkten) entwickeln während 1/3 einfach keinen Effekt spürt.
Auf Hausmittelchen und Globuli würde ich höchstens zusätzlich aber niemals alternativ setzen wollen.
Balbidur
Ist häufiger hier
#19 erstellt: 31. Dez 2020, 14:45
Du machst doch jetzt genau daß, vor dem Du vorher gewarnt hast....
Die individuelle Präferenz eines Menschen kann ich nicht vorhersagen.

Nicht missverstehen, ich glaube auch, das ein linearer Frequenzgang (wie linear müsste noch ermittelt werden) vorteilhaft für den Klangeindruck ist.
Wahrscheinlich spielen bei der Wahrnehmung aber noch viele andere Faktoren eine gleich wichtige Rolle.
Das von einigen Foristen so vehement vorgetragene Dogma, das dem linearen Frequenzgang eine überragend wichtige Funktion zukommt ist nach meinem Kenntnisstand nicht bewiesen und (Achtung Polemik) erscheint oft proportional zur Linearität des Frequenzgangs der eigenen Lautsprecher
Es gibt beim Geschmack halt unterschiede und das ist ja auch voll OK. Keiner sollte hier einen unbelegten Wahrheitsanspruch pflegen.

Fakt bleibt:
Die Hypothese, daß Menschen im Allgemeinen eine Präferenz zu linearen Frequenzgängen haben ist durch diese Studie nicht nachgewiesen.

PS: Die wahrgenommen Klangunterschiede in der Studie waren nach meinem dafürhalten sehr gering (wie schon geschrieben), den Nachweis, das diese Unterschiede in der Praxis relevant sind hat der Autor nicht vorgelegt.


[Beitrag von Balbidur am 31. Dez 2020, 14:50 bearbeitet]
Dadof3
Moderator
#20 erstellt: 01. Jan 2021, 18:16

imLaserBann (Beitrag #14) schrieb:

Dir mag das trivial vorkommen, diese Aussage konnte die Untersuchung aber gerade aus oben diskutierten Gründen NICHT belegen.

Welche Gründe sind da genau gemeint, zumal die Untersuchung ja nicht darauf abzielte, diese Aussage zu belegen?

Ich denke, die Differenz stammt daher, dass du vom "Frequenzgang am Hörplatz" schriebst. Die Untersuchung zielte aber auf den Frequenzgang des Lautsprechers.

Es sind andere Untersuchungen, die zeigen, dass ein linearer Frequenzgang des Lautsprechers, aber ein kontinuierlich abfallender Frequenzgang am Hörplatz bevorzugt wird. Siehe auch die Grafik weiter oben im Thread und: http://www.hifi-forum.de/viewthread-33-21535.html
imLaserBann
Inventar
#21 erstellt: 02. Jan 2021, 11:07
[quote]Fakt bleibt:
Die Hypothese, daß Menschen im Allgemeinen eine Präferenz zu linearen Frequenzgängen haben ist durch diese Studie nicht nachgewiesen.[/quote]

Was davon steht denn in Frage?
Die Welligkeit der Frequenzgänge nimmt augenscheinlich mit steigender Bewertung ab. Oder wird das schon in Abrede gestellt?
Die Wahrscheinlichkeit, dass die 28 Testhörer zufällig reproduzierbar eine einheitliche Reihung mit nur geringen Abweichungen in der Bewertung liefern, ist verschwindend gering. Oder nicht?
Folglich gibt es eine Korrelation zwischen der Bewertung und der Welligkeit. (Es wird ja davon ausgegangen, dass nicht getrickst wurde.)
Wird jetzt in Abrede gestellt, dass die abnehmende Welligkeit auch kausal für die bessere Bewertung ist?
Welche anderen Faktoren sollten denn die Ursache sein?
Die Testhörer können auch noch voreingenommen sein, so dass ein Bias vorliegt. Ihre Hörfähigkeit soll überprüft worden sein, worin besteht der Bias? Naheliegend scheint auch im Hinblick auf die zuvor gezeigten Bilder aus dem anderen Paper der Gedanke, dass alle Testhörer professionell in dem Bereich tätig waren.
Aber zu was für einer Hypothese führt das dann? Menschen im Allgemeinen haben keine Präferenz zu linearen Frequenzgängen, sondern nur solche, die Ahnung von der Materie haben?

[quote]Die wahrgenommen Klangunterschiede in der Studie waren nach meinem dafürhalten sehr gering[/quote]
Eine Aussage über das Ausmaß der Klangunterschiede in der Wahrnehmung der Testhörer ist zunächst mal unmöglich. Dass ein vermeintlich nur geringer Teil der Skala zu Bewertung genutzt wurde, ist vermutlich eher eine Fehleinschätzung. Die Größe der Unterschiede stellt zudem nicht die Grundaussage in Frage, denn auch kleine Effekte können real und messbar sein.
[quote]den Nachweis, das diese Unterschiede in der Praxis relevant sind hat der Autor nicht vorgelegt./quote]
Wenn allein die Qualität der Hörtests bemängelt wird, bleibt die Frage, was diese Einstellung für die eigene Praxis bedeutet. Also wenn 42 professionelle Testhörer nicht in der Lage sind in einem aufwendigen verblindeten Test zwischen 20 (vermeintlich guten) Lautsprechern zu unterscheiden, kann ich ja eigentlich nur folgern, dass ich als einzelner durch Hören überhaupt nicht in der Lage bin, den besten Lautsprecher zu finden, was dann voll in die Hände der Linearität-Dogmatiker spielt....
Balbidur
Ist häufiger hier
#22 erstellt: 02. Jan 2021, 13:12
Falls es Dich wirklich interessiert, lies Dir noch mal die Argumente vom alleresten Post durch.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die 28 Testhörer zufällig reproduzierbar eine einheitliche Reihung mit nur geringen Abweichungen in der Bewertung liefern, ist verschwindend gering.

Du kannst doch keine Studie machen und dann nur die Teilnehmer analysieren, welche ein für Dich passendes Ergebniss zeigen. Das ist unwissenschaftlich und führt sehr schnell ins Nirvana der Fehlinterpretationen (wo wir gerade stehen).

Eine Studie analysiert eine Stichprobe eines Gesamtkollektivs um Rückschüsse auf das Gesamtkollektiv zu gestatten. Es kann sein, daß diese Stichprobe zufällig anders zusammengesetzt ist, als das Gesamtkollektiv (Falls es Dich interessiert schlage mal das Thema statistische Signifikanz nach). Die Wahscheinlichkeit eines zufällig falschen Ergebnisses einer Studie steigt u.A. je geringer die Probenzahl und je enger die Ergebnisse/Messungen beieinander liegen. 28 Teilnehmer, noch dazu mit teilweise unvollständigen Datensätzen und handselektiert aus der ursprünglichen Anzahl der Stichprobe von 42, sollen also einen Rückschlus auf die Eigenschaften des Gesamtkollektives geben??
In der Analyse werden diese selektrierten 28 in vier Gruppen (ich nehme an es sind die Quartile) segmentiert, was zu 7 Ergenissen pro Quartil führt - überleg mal was da ein einzelnes Ergebniss für einen Unterschied macht. Auch sind von der möglichen Skala 0-10 nur die Ergebnisse 6 - 7,9 zu finden, die Ergebnisse liegen also sehr nahe beieinander. Ob diese unterschiede wirklich eine praktische Bedeutung haben hat der Autor nicht nachgewiesen, das wäre noch eine andere, grundsätzlichere Frage.

Das ist so als wenn Du 5 mal würfelst und dabei 3 x die 6 würfelst, 1 x die 2 und 1x die 5. Dann schreibst Du ein Paper und proklamierst das man mit einem Würfel nie die 1, 3 oder 4 würfelt und die Wahrscheinlichkeit für eine 6 bei 60% liegt. Das ist statistischer nonsens. Trotzdem argumentierst Du, das die 60% doch was zu bedeuten haben müssen. NEIN, das muß gar nichts bedeuten!!

Die Frage ist: Können diese Ergenisse auch zufällig so zustande gekommen sein?
Die Antwort darauf ist: JA!
Der Autor hat es unterlassen einen Wert für die statistische Signifikanz zu ermitteln (ein Schelm wer böses denkt). Mit Sicherheit liegt dieser Wert aber deutlich über dem für den Nachweis eines Effektes allgemein akzeptierten maximalen Wert von 5%.

Nochmal: Ganz klar, es gibt Menschen, welche einen linearen Frequenzgang bevorzugen. Die gesamte Frage des Threads ist doch ob diese Aussage eine allgemeine Gültigkeit hat und das kann diese Studie nicht nachweisen. Das kannst Du drehen und wenden wie Du willst.

Wir drehen uns hier im Kreis. Jeder kann glauben was er will, darum ging es mir überhaupt nicht.

Wenn jemand behauptet, das es eine wissenschaftlich nachgewiesene allgemeine Präferenz zu Lautschprechern mit "geradem" Frequenzgang gibt muß er das mit einem andern Paper als mit diesem hier nachweisen.....

Ich würde mir Lautsprecher einfach nach dem für mich besten Klang aussuchen und dem Frequenzgang keine große Bedeutung beimessen.


[Beitrag von Balbidur am 02. Jan 2021, 19:24 bearbeitet]
imLaserBann
Inventar
#23 erstellt: 18. Jan 2021, 12:04

Die Frage ist: Können diese Ergenisse auch zufällig so zustande gekommen sein?
Die Antwort darauf ist: JA!

Das ist bei empirischen Untersuchungen immer so. Die Frage ist halt, wie wahrscheinlich das ist.

Der Autor hat es unterlassen einen Wert für die statistische Signifikanz zu ermitteln

Das weiß man nicht, in dem angegebenen Paper ist nur keiner genannt. Das Paper zu den Hörstest ist ja auch nochmal ein anderes.

Mit Sicherheit liegt dieser Wert aber deutlich über dem für den Nachweis eines Effektes allgemein akzeptierten maximalen Wert von 5%.

Dann bitte mal vorrechnen, sonst bleibt es ja nur beim

Jeder kann glauben was er will
Balbidur
Ist häufiger hier
#24 erstellt: 19. Jan 2021, 22:50

Dann bitte mal vorrechnen


Ich sehe Du kennst Dich aus.....
Zur Berechnung der Signifikanz fehlen zumindest einmal die einzelnen Messewerte, welche im Paper nicht angegeben wurden.

Aus all dem vorher schon gesagten und meiner Erfahrung von mehreren tausend gelesenen Papern komme ich zu der Einschätzung, da kannste rechnen wie Du willst, da kommt keine signifikante Aussage raus. Sollte meine Schätzung falsch sein, kann sie ja ggf. mathematisch widerlegt werden - feel free

Der Autor hat genau so einen Nachweis ja auch nicht geführt - Warum wohl...? Wenn wir dem Autor keine Dummheit oder Unfähigkeit unterstellen wollen würde ich zu der Aussage tendieren, dass Herr Dr. Tool genau wusste, das er mit dieser Analyse keinen Blumenstrauß gewinnen kann und es deshalb nicht gemacht hat - fair enough...

Aufgrund welcher Merkmale schließt Du denn auf eine Allgemeingültigkeit der These?
Widerlege doch bitte mal eines der vorgenannten Argumente, bzw. erkläre warum trotz all dem noch irgendeine allgemeine Aussage aus den Daten zu machen ist:

- geringe Probenzahl
- Unvollständige Datensätze
- Geringe Streuung der Ergebnisse
- exkludieren von 33% der Proben
- fehlender Nachweis der praktischen Relevanz dieser numerisch geringen Unterschiede

Denkst Du das hat alles keinen Einfluss auf das Ergebnis????

Gerne lass ich mich hier fachlich korrigieren (bin bestimmt auch nicht der Kompetenteste hier im Forum),
aber bitte mit einer fundierteren Argumentation als „Ich glaub’s einfach nicht“ und „Rechne er mir was vor“


[Beitrag von Balbidur am 19. Jan 2021, 23:01 bearbeitet]
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