Siebung berechnen [ Verstärkerbau ]

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Kobun
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 04. Sep 2006, 14:23
Hallo,

wurde bereits das Thema: Berechnung der Siebung des Verstärkers besprochen?

Wie kann ich eine hochwertige Siebung berechnen?

Was ist klanglich bedeutender: RC oder LC Siebung?

Wie hoch "darf" die Brummspannung [ Spitzenwert ] max. sein, damit es sich noch gut anhört?


Vielen Dank
Kobun
richi44
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 05. Sep 2006, 10:22
Im Grunde ist es ganz einfach: Du weisst, wie sich eine Kapazität definiert:
An einem Kondensator von 1 Farad entsteht eine Spannung von 1V wenn man einen Strom von 1A 1S lang fliessen lässt.
Jetzt musst Du nur die restlichen Parameter festlegen.

Nehmen wir mal an, wir möchten einen Verstärker mit 100W bauen und wollen einen Lautsprecher von minmal 2 Ohm daran betreiben. Dann bekommen wir eine Spannung von 14,14V effektiv oder 20V Spitze.
Das bedeutet, dass bei den 100W und 2 Ohm (folglich 20V Spitze) ein Spitzenstrom von 10A fliesst.

Nehmen wir weiter an, wir möchten die 100W aber auch an 8 Ohm haben, so bekämen wir eine Spitzenspannung von 40V und einen Spitzenstrom von 5A.

Jetzt haben wir mal die Eckwerte festgelegt. Nun müssen wir uns entscheiden, wie gross die Ripplespannung am Elko sein darf. Nehmen wir einfach mal 10% der Spitzenspannung, also 2V

Unsere Eckwerte sind also 2V, 10A und 10mS. Diese 10mS sind die Zeit, die vergeht von einer Ladung zur nächsten (100Hz wegen Zweiweggleichrichtung).

C wird grösser bei grösserem Strom und/oder bei längerer Ladezeit und C wird kleiner bei grösserer erlaubter Spannung. Das gibt die Formel
C= (I*T) / U

Wir können also einsetzen 10(A) * 0,01 (S) / 2 (V) = 0,05F oder 50'000 Mikrofarad.

Wenn wir die Werte für C weiter verwenden, aber I bei 100W und 8 Ohm einsetzen (5A), so wird U Ripple noch 1V.

Wir müssen aber nicht nur die Kapazität berechnen, sondern auch die Trafospannung. Dazu nehmen wir mal die 40V (Spitzenspannung bei 8 Ohm) und rechnen dazu die Verluste in der Verstärkerschaltung von rund 6V. Folglich muss die Betriebsspannung 2*46V sein (plus und minus!). Die Trafospannung muss also rund 34V sein. Und der Maximalstrom des Trafos ist mit rund 15A zu veranschlagen.

Diese Berechnungen basieren auf einem verlustfreien Trafo und Netz.
Wir müssen aber berücksichtigen, dass wir in der Praxis einen Drahtwiderstand des Trafos haben und dass zwar alle 10mS der Elko wieder aufgeladen wird, jedoch nicht 10mS lang, sondern wesentlich kürzer. Und wenn wir beim Nachladen in vielleicht 2mS die Energie hineinpumpen müssen, die wir in 10mS wieder abgeben, muss der Ladestrom 5 mal so gross sein, also es können Ladeströme von 75A entstehen. Und wenn wir jetzt mit dem Drahtwiderstand und dem Trafo-Wirkungsgrad (also auch dem Drahtwiderstand der Netzwicklung) rechnen, sind solche Ströme schon ziemlich unrealistisch. Entsprechend grösser wird der Spannungsabfall am Trafo und entsprechend sinkt die Betriebsspannung bei Belastung. Das bedeutet, dass zwar der Elko richtig berechnet ist und er unter 2 Ohm Last nur 2V Ripplespannung aufweist, dass aber die Betriebsspannung im Leerlauf nochmals um mindestens 10% zu erhöhen ist (Trafo mit höherer Spannung).

Wir haben also jetzt einen Trafo, einen Gleichrichter und einen Elko und bekommen so die Werte, um den Verstärker mit 100W und 2 Ohm oder 100W und 8Ohm zu betreiben.
Wir könnten nun statt der einfachen Elkoschaltung eine LC- oder RC-Siebung aufbauen.
Rechnen wir mal die RC-Variante: Nehmen wir wieder die 10A Spitzenstrom und tolerieren einen Spannungsabfall von 1V am Siebwiderstand (damit verändert sich die Betriebsspannung um 1V unter Last), so darf dieser 0,1 Ohm und 10W sein.
Jetzt schalten wir als Kapazität nochmals 50'000 Mikrofarad an. Damit bekommen wir eine Ripplespannung von rund 0,63V.
Hätten wir auf den Widerstand verzichtet und die beiden Elkos direkt parallel betrieben, hätte sich die Ripplespannung halbiert.

Wenn man sich eine Verstärkerschaltung anschaut, so ist die Speisung im Vorstufenteil stabilisiert, in der Endstufe nicht. Je nach Schaltungsauslegung ist nun eine Rückwirkung von der Ripplespannung auf den Ausgang vorhanden. Bei Endstufen-IC ist diese Rückwirkung in der Praxis um mindestens 60dB unterdrückt, das bedeutet, dass bei voller Leistung (100W an 2 Ohm) eine Ripplespannung von 2mV am Ausgang vorhanden ist, bei gleichzeitig 20V Tonspannung (immer Spitzenwerte gerechnet). Die Störspannung wäre somit 80dB unter der Nutzspannung und damit absolut unhörbar.
Andererseits ist ohne Ausgangsleistung die Ripplespannung am Elko auch um 40dB geringer, sodass dann (bei Null Ton am Ausgang) ein Brumm von -100dB möglich wäre, was wieder weit unter der Hörschwelle liegen würde.

Aus diesem Grund macht es keinen Sinn, die Ripplespannung unter Last weiter zu reduzieren. In diesem Sinne ist in unserem Beispiel 50'000 Mikrofarad ohne weitere Massnahmen mehr als ausreichend.
Würde man die Siebung durch LC zu verbessern versuchen, wäre das Resultat messtechnisch etwas besser als bei RC, aber so oder so weit über dem praktisch auswertbaren.

Zu erwähnen ist, dass die Leitungsführungen auf der Schaltung ihren Einfluss haben und im Extremfall den Brumm um Faktor 10 verstärken können und somit letztlich kritischer sind als die eigentliche Elkogrösse.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass man die Ripplespannung anhand der Schaltungsdaten festlegen und den Rest nach obigen Formeln berechnen kann. Eine übertriebene Kapazität kann im Endeffekt kontraproduktiv sein, weil die dadurch entstehenden, höheren Ladeströme höhere Störspannungen auf der Masseleitung zur Folge haben und damit bei unglücklicher Leitungsführung den Brummverstärken.
Kobun
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 05. Sep 2006, 13:06
wow,

recht herzlichen Dank.

ich habe zwar auf:

http://www.elektronik-kompendium.de/sites/slt/0210251.htm


und

http://www.thel-audioworld.de/module/Netzteil/Infos.htm

einiges gefunden, aber Dein Beitrag ist spize

Vielen Dank
Kobun
palewka
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 17. Nov 2007, 22:56
- Quote entfernt -

Hallo richi44,
besten dank für deinen Beitrag. Ist echt erfrischend was man hier im Forum alles findet.
Danke an alle die sich hier echt bemühen anderen etwas zu erklären.
Gruß palewka


[Beitrag von FloGatt am 17. Nov 2007, 23:25 bearbeitet]
suchtgutenklang
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 23. Nov 2008, 14:33
Hi richi44,

TOP...jetzt habe auch ich etwas kapiert...
DANKE
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