Mein kleines Basotect Projekt / Experiment / Beispiel

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lumlum
Stammgast
#1 erstellt: 26. Aug 2021, 01:31
Moin Zusammen,
würde gerne mal mein kleines Akustikexperiment in den Raum werfen, eventuell ja für den ein oder anderen Interessant.

Ich habe mich zwar ein wenig in das ganze Thema Akustik eingelesen bin aber trotzdem blutiger Anfänger und habe einfach mal drauf los gebastelt. Daher gerne mal bewertet von den Profis unter euch ob meine Messungen so halbwegs plausibel erscheinen und auch gerne weitere Tipps zum Besten tun.

Da ich in den nächsten zwei Jahren in ein Hausbauprojekt starte und da vermutlich fast überall Akustikdecken einziehen will, zum einen für Musik aber auch zum reinen wohlfühlen, hab ich gedacht ich nutze die noch vorhandene Freizeit um mein aktuelles Büro mal "testweise" zu bearbeiten.
Lieber jetzt schon mal ein Gespür für das Thema bekommen als nachher im Hausbauplanungsstress.

Mein verwendetes Equipment:
Lautsprecher: Wharfedale EVO 4.2
Verstärker: Nubert nuConnect ampX (Settings alle neutral)
Mic: UMIK-1 mit Calibration File für 0°

Hier die Ausgangsituation mit dem komplett unbehandelten Raum.
Die Bilder sind alle im Weitwinkel aufgenommen um das im kleinen Raum aufs Bild zu bekommen, Proportionen dadurch natürlich teils extrem verzerrt! Zur Orientierung, der Schreibtisch ist 280cm breit und 100cm tief.

Rein akustisch ein Raum mit extremem Hall, dafür braucht man nicht messen um das sofort zu merken. In die Hände klatschen, egal an welcher Stelle schallt extrem nach.

Step0


Habe die Messungen in 5 Steps unterteilt, um die Unterschiede von den verschiedenen Positionen zu testen, mit jedem Step kommen weitere Absorber dazu, Einzelmessungen habe ich keine.

Step 0: Unbehandelter Raum
Step 1: 4x 5cm Basotect an der Raum Vorderseite
Step 2: 2x 7cm Basotect an den Seiten vorne
Step 3: 3x 5cm Basotect an den Seiten hinten
Step 4: 2x 7cm Basotect an der Decke Vorne Mitte
Step 5: 2x 7cm Basotect an der Decke Vorne Außen

raum

Die Platten sind alle aus Basotect und 100x50cm, die 5/7cm beziehen sich auf die Dicke.



Step 0: Unbehandelter Raum

Frequenzgang:

Step0_freq
https://i.ibb.co/7vVKQWz/Step0-freq.png

Wobei ich bei den anderen Steps die Einzelbilder zum Frequenzgang weg lasse, die Änderungen sind recht unspektakulär, ich lege die am Ende nochmal übereinander.


RT60:

Step0_RT60
https://i.ibb.co/hMXRkZ7/Step0-RT60.png


Gehe mal davon aus dass das relativ normal ist für einen kleinen Raum mit quasi nichts an den Wänden und nur Möbel mit geraden Oberflächen.




Step 1: 4x 5cm Basotect an der Raum Vorderseite

Step1

RT60:

Step0+1_RT60
https://i.ibb.co/BGTCP19/Step0-1-RT60.png


Hier war ich direkt schon überrascht wie stark sich 4 Absorber auf den Nachhall auswirken können.
Auch beim Musikhören kann man schon deutlich eine direkte Verbesserung feststellen, wobei es trotzdem noch recht hallig ist.



Step 2: 2x 7cm Basotect an den Seiten vorne

Step2

RT60:

Step1+2_RT60
https://i.ibb.co/gD3JfDr/Step1-2-RT60.png


Die Absorber habe ich angebracht weil ich gelesen hatte das man Erstreflektionen hinter den Boxen und da wo die Boxen als erstes Frontal die Wand treffen abfangen soll.
Da die EVO Boxen kein Bassreflex nach hinten haben, hatte ich mir hier eigentlich wenig versprochen, aber deutlich mehr gebracht als gedacht!




Step 3: 3x 5cm Basotect an den Seiten hinten

Step3_1

Step3_3

RT60:

Step2+3_RT60
https://i.ibb.co/8DZDcHH/Step2-3-RT60.png


Das sind dann die Erstreflektionen so gut wie möglich an den Seiten hinten versucht abzufangen, dank Tür und Fenster waren das die einzigen Optionen.
Hier bewusst nur 5cm genommen da man gerade neben der Tür beim Reinkommen da drauf schaut und da wollte ich nicht so fette Geräte hängen haben.



Step 4: 2x 7cm Basotect an der Decke Vorne Mitte

Step4

RT60:

Step3+4_rt60
https://i.ibb.co/bgZjPfn/Step3-4-rt60.png


Die Deckensegel wollte ich alleine schon aufgrund der Optik haben, aber auch weil ich wie schon angesprochen mit Akustikdecken im Haus liebäugle waren die fest auf dem Plan.
Hab die mit grob 6cm Luft zwischen Decke und Absorber aufgehangen an ganz dünner Angelschnur, fand ich optisch ansprechender als direkt unter die Decke.



Step 5: 2x 7cm Basotect an der Decke Vorne Außen


Step5

RT60:

Step4+5_rt60
https://i.ibb.co/5np8bQN/Step4-5-rt60.png


Hier dann der Endausbau, schön zu sehen wie die Werte mit jedem Step ein bisschen besser werden auch wenn der Unterschied immer kleiner wird.
Der Musiktest war am Anfang zwischen Step 0 bis 2 noch sehr deutlich immer zu unterscheiden, am Ende war es dann recht schwer zu beurteilen. Im direkten Vergleich vermutlich hörbar aber zwischen Absorber aufhängen und hören liegen dann doch mal schnell 5-10min, da ist das schwer.

Hier auch nochmal der Unterschied zwischen Step 0 und 5.

Step0+5_RT60
https://i.ibb.co/6Rgjbrv/Step0-5-RT60.png



Und dann noch den versprochenen Frequenzgang Vergleich zwischen Step 0 und 5.
Die anderen Steps liegen da immer irgendwo dazwischen, keine besonderen Ausreiser drin.

Step0-5_freq
https://ibb.co/RN8FwwT



Mein Fazit:

Man sieht denke ganz gut wie massiv die Nachhallzeiten mit wenig Mitteln zu verbessern sind.
Das Ganze hat mich 247€ für den Basotect inkl. Versand gekostet, der Stoff kam nochmal ~60€ oben drauf, die Halterung ist Marke Eigenbau. Daher ist man für ~300€ schon dabei.
Stoff habe ich dünnen Bühnenmolton genommen mit 150g/m². Habe da zwar einige Stimmen zum Thema Akustikstoff gelesen aber die Gegenstimmen dass man eventuell leicht absorbierenden Stoff auf ABSORBER macht und das daher kein Thema wäre hat mich dann doch eher überzeugt.

Vom Aufwand her war das grob einen Tag Arbeit, hab aber auch die 08/15 Eigenbaumarke gewählt, man kann sich dabei auch sicherlich mehr Mühe geben dann wird das noch schöner.
Der Stoff ist einfach um die Ecken gezogen und auf der Rückseite mit kleinen Nägeln fest.
Die Halterung ist einfach ein Schlitz im Material mit einem Stück Pappe als Stopper/Halter.
Da die Platten mit Stoff <500g wiegen ist das kein großes Thema.

20210825_221636


So jetzt seid ihr dran, gerne mal Kommentare zur Einschätzung der Plausibilität der Messungen.
Hab mir Mühe gegeben zwischen den Messungen alles komplett unangetastet zu lassen, das Mic war jederzeit an der gleichen Stelle mit Bodenmarkierungen platziert.
Ich hab jeden Step 3-5x gemessen und die Werte verglichen, dann jeweils die Messung genommen die am besten in der Mitte lag, wobei die alle recht ähnlich waren.

Aber rein von der Gemütlichkeit hat sich das Projekt schon gelohnt, sitze hier meist minimum 8h im Homeoffice unter der Woche und gerade die Deckensegel geben ein echt angenehmes Gefühl.
Die Akustik beim telefonieren was ich die Hälfte vom Tag tue ist auch extrem besser geworden, selbst beim Tastaturanschlag merke ich schon einen Unterschied wie die Klicks nicht mehr einen Hall im ganzen Raum hinterlassen.


Achja und noch einen kleiner Bonus Step, leider hab ich hier das Messsetup etwas geändert, daher nicht mit oben vergleichbar.
Aber hier mal die Unterschiede der Bassfrequenzen mit der Nubert Room Calibration On/Off.
Keine Ahnung wie Nubert das macht, aber das Ganze ist eingemessen mit einem uralt iPhone 6 was ich noch rumliegen hatte, weil das nur mit Apple Geräte ohne Zusatzhardware funktioniert. Werde ich nochmal mit einem modernen iPhone nachholen sobald der erste Besucher mit Apple Gerät hier auftaucht.
Der Unterschied ist echt extrem hörbar, damit hab ich mir vermutlich das ganze leidige Thema Bass Raummoden und möglicherweise schwere Eckabsorber halbwegs gespart?

room_calibration_freq
https://i.ibb.co/YkSrXT8/room-calibration-freq.png

room_calibration_RT60
https://i.ibb.co/FmMLn8x/room-calibration-RT60.png

Beim RT60 dachte ich erst an einen Messfehler, aber ich habe es mit ein/ausgeschalteter Room Calibration jeweils 5x nachgemessen, die Ergebnisse waren alle exakt gleich.

Ansonsten sind mir die Lautsprecher, im jetzt doch deutlich gedämpften Raum, deutlich zu stark im tiefen Mittelton und zu schwach im Hochton gewesen.
Habe das entsprechend mit einem Equalizer angepasst nach meinen Bedürfnissen, bin jetzt super happy mit der Anlage.

Damit genug Text zur späten Stunde!


[Beitrag von lumlum am 26. Aug 2021, 01:39 bearbeitet]
Acoustics_Fun
Ist häufiger hier
#2 erstellt: 26. Aug 2021, 10:06
Okay, ich versuche es kurz und verständlich zu machen :

Vergiss Basotect in dieser Menge. Für Home Office, bessere Sprachverständlichkeit und Wohlfühlfaktor eine gute Sache, für Musik ist das nicht so toll.

1. RT60
Vergiss RT60 als Richtwert. Damit RT60 funktionieren kann, bedarf es eines diffusen Schallfelds. Das ist in so einem kleinen Raum nicht gegeben.

2. Das Basotect dämpft Höhen und ein bisschen die Mitten, mehr aber auch nicht. Das Problem, grade in kleinen Räumen ist der Tiefton.

3. Der Frequenzgang ist für das Room Treatment erstmal ziemlich egal. Man behandelt die Zeitebene, deshalb muss man sich am Wasserfall Diagramm orientieren. Der Frequenzgang sind alle Probleme des Raums in einen Graphen gematscht. Was genau woher kommt, kann man versuchen auseinanderzuziehen, ist aber zu Beginn des Prozesses nicht sinnvoll. Das Wasserfalldiagramm zeigt die modalen Probleme und gibt Hinweise, wie dick das Treatment sein muss.

4. Wieso ist der Tiefton das Problem und ein DSP ist NICHT die Lösung.
Der Frequenzgang zeigt die Unterschiede in der Amplitude, das ist das Ergebnis des room gains durch unterschiedliche Anregung der Raummoden, Speaker Boundary interference und des Nachhalls der Frequenzen. Simpel ausgedrückt : Der Nachhall im Bassbereich ist in jedem unbehandelten Raum (Es gibt Ausnahmen, unsere akustisch kleinen Räume zählen nicht dazu) zu hoch, dieser Nachhall wirkt sich auf Mitten und Höhen aus und lässt diese "vermatschen" außerdem ist der Bass selbst nicht präzise, einzelne Noten lassen sich nicht raushören. Man spricht auch vom "single note Bass". (Im schlimmsten Fall)
Ein DSP wirkt nur auf die Amplitude und behandelt diesen Nachhall nicht, wie auch. Deshalb ist ein DSP als letzte Instanz sinnvoll, oder wenn man an der Akustik gar nichts machen möchte, weil es nicht geht.

5. Dein Frequenzgang zeigt einen breiten Dip im Bassbereich, das lässt sich mit der Aufstellung der Lautsprecher bestimmt deutlich verbessern. Die Aufstellung ist die wichtigste erste akustische Maßnahme, ist ja sogar for free. Eine korrekte Behandlung des Nachhalls über das gesamte Spektrum verändert den Frequenzgang viel weniger, als man zunächst glaubt. Das hängt damit zusammen, dass die Lautsprecher so ungünstig stehen können, dass sie im Wellenbauch einer Raummode stehen. Dann können die Lautsprecher physikalisch kaum Energie im Bereich dieser Mode in den Raum abgeben. Der Raum diktiert den Ort der Aufstellung, das kann man sich nicht aussuchen, wenn man hohe Ansprüche hat

Wenn du einen Raum tatsächlich richtig behandeln möchtest, kann ich Hinweise geben. Das sind so runtergebrochen die Basisc. Basotect eignet sich maximal als ER Absorber. Der längsbezogene Strömungswiderstand ist zu hoch. Es wirkt im Bassbereich nicht, da der Bass nicht tief genug in das Material eindringen kann. Außerdem sind deine Absorber zu dünn.
Molle2
Stammgast
#3 erstellt: 26. Aug 2021, 10:52
Ich glaube, Lehrgeld hat jeder schon mal bezahlt.
imLaserBann
Inventar
#4 erstellt: 26. Aug 2021, 11:13
Danke für den tollen Erfahrungsbericht.


Das Wasserfalldiagramm zeigt die modalen Probleme und gibt Hinweise, wie dick das Treatment sein muss.


Wäre natürlich toll, wenn man die vorher/nachher auch noch sehen könnte.
lumlum
Stammgast
#5 erstellt: 26. Aug 2021, 11:22
Danke für deine Antwort und Infos, auch wenn das mit dem Verständlich bei mir nur halb funktioniert hat.

1. RT60 - Hatte gedacht das wäre bei einem halligem Raum genau der interessante Wert?
Hab mir vorher gefühlt drölf Tutorials und YT Videos angeschaut, hier ging es natürlich meist um Studio Aufbauten da in dem Thema mehr zu finden ist. Da wurde immer auf dem RT60 Wert als interessante Referenz rumgeritten und das dieser im Optimalfall <300ms im kompletten Bereich sein soll.

Die Räume waren jetzt nicht besonders groß und meist durchaus vergleichbar mit meinem.


3. Die Waterfalls hab ich mir natürlich auch angeschaut, hab das wegegelassen weil sonst glaube zu viel Input im ersten Post.
Hier bin ich aber recht schnell raus, sehe hier nur ähnliche Erkenntnisse wie auch im RT60 + Freqgang Graph.

Kann die ja mal hier adden von Step 0, also alles unbehandelt vs. Step 5 mit allem + DSP.
Hoffe ich habe die Settings so korrekt gesetzt das man das Relevante erkennen kann?

Step 0 Bass:

step0_waterfall_bass
https://i.ibb.co/c3fx4Z4/step0-waterfall-bass.png

Step 5 Bass:

step5_waterfall_bass
https://i.ibb.co/PYRgpjs/step5-waterfall-bass.png


Step 0 Full:

step0_waterfall_full
https://i.ibb.co/Fhn9XJv/step0-waterfall-full.png

Step 5 Full:

step5_waterfall_full
https://i.ibb.co/tCJcKyz/step5-waterfall-full.png


4. Das war so grob auch mein Kenntnisstand, dass man entsprechend mit anheben der Lautstärke keine Raummoden besiegen kann sondern eher verschlimmert.
Wobei mein DSP zu mindestens das Loch im 120Hz Bereich deutlich kleiner bekommt, da waren es vorher ja ~12db und jetzt nur noch ~6db.


5. Mit der Aufstellung der Lautsprecher habe ich natürlich rum experimentiert vorher, aber hier ist der Spielraum exakt +/- 10cm auf dem Tisch.
Der Tisch kann nicht verschoben werden da sonst die Tür/Fenster nicht mehr aufgeht. Wenn ich die Lautsprecher weiter nach vorne auf den Tisch stelle wird zwar der Bass leicht stärker aber dafür wird die Bühne sehr seltsam eng.
Klar ist das immer ein Kompromiss, hab mich da einfach für die Mitte entschieden.

Der Bass ist vorne auf dem Tisch am stärksten, fällt dann zur Raummitte stark ab, steigt dann wieder an und hat am Schrank wieder das Maximum erreicht. Mein Sitzplatz ist also grob in der Mitte.



Acoustics_Fun (Beitrag #2) schrieb:

Wenn du einen Raum tatsächlich richtig behandeln möchtest, kann ich Hinweise geben.


Mich würde durchaus mal interessieren in welche Richtung das gehen würde, absolut!
Das Problem ist eben zum einen das die Position des Schreibtisches/Lautsprecher nicht veränderbar sind und der Schreibtisch ist höhenverstellbar. Der fährt bis auf die Unterkante der Absorber hoch und dann kommen noch Monitor + Lausprecher als Aufbau dazu, daher musste ich auch die dünnen Platten nehmen sonst hätte das nicht gepasst. Große Eckabsorber wären zu mindestens Links auch problematisch wegen dem Lautsprecher.

Die Entscheidung zu Basotect ist am Ende eigentlich gefallen weil es so leicht ist und doch recht günstig zu bekommen.
Hatte aber auch sehr viel positives als Breitbandabsorber dazu gelesen, daher bin ich schon etwas verwundert dass das komplett ungeeignet sein soll für kleine Räume?



Molle2 (Beitrag #3) schrieb:
Ich glaube, Lehrgeld hat jeder schon mal bezahlt.


Zu mindestens für den Wohlfühlfaktor und die deutlich bessere Sprachqualität hat sich das schon absolut gelohnt, für 300€ bekomme ich als fertiges "Kunstwerk" maximal ein mittelgroßes Akustikbild oder 1-2 fertige Holzdiffusoren/absorber.

Die Musik klingt jetzt auch meiner Meinung nach deutlich trockener und präziser.
Mit dem Bass bin ich auch gar nicht so unzufrieden, gerade Tiefbass ist sehr stark.

Also klar man muss das immer einsortieren, das hier waren 300€ und 1 Tag Aufwand und kein Wochenlanges planen/messen und nachher 10 Tage lang Absorber bauen und an die Wand verankern.

Aber man lernt nie aus und das war eher der Anfang einer vermutlich langen Reise.
Danke jedenfalls für euer Feedback und gerne weitere Stimmen.
Acoustics_Fun
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 26. Aug 2021, 11:41
Poste bitte mal die .mdat der Messungen mit Beschriftung. Außerdem am Besten eine Skizze mit den Raummaßen
Dann kann ich gerne was dazu sagen.
RT60 kann Hinweise geben, ist aber keine "sichere Sache"
Ich hab Räume erlebt, die enorm lebendig klingen im RT60 aber angeblich im Mitten/Hochtonbereich nur 150ms haben laut RT60.
Außerdem sagt die Nachhallzeit auch nie etwas über die Qualität des Nachhalls aus.
lumlum
Stammgast
#7 erstellt: 26. Aug 2021, 12:15
Das bekommen wir hin, hier die ganze REW Files mit den Step/Stufen 0 bis 5 wie oben beschrieben und die Nubert Room Calibration noch dazu.

https://1drv.ms/u/s!AtaKvFEsWsH55VxXFPIztgacnJLG?e=SgSppC

Raum ist wie oben schon zu sehen 355cm x 348cm und 250cm cm hoch.

Dank dir!

raum


[Beitrag von lumlum am 26. Aug 2021, 12:15 bearbeitet]
Acoustics_Fun
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 26. Aug 2021, 14:36
Schande auf mein Haupt - Ich habe die Raummaße nicht gesehen, sah durch die Bilder größer aus.
Der Raum ist zu klein, lass es bleiben. Auch wenn das sicher nicht das ist, was du hören möchtest.
Das Problem mit kleinen Räumen ist, dass schnell der Platz für Treatment ausgeht. doch davon brauch es viel um den Tiefton in den Griff zu bekommen. Außerdem bedenke folgendes :

1. Die Raumgeometrie ist maßgeblich für einen ausgeglichenen Bassbereich verantwortlich. Du hast zwei Dimensionen, die nahezu gleich sind. Das ist schlecht, weil die Moden sich übereinanderlagern. Das ist Kompromiss Nr. 1.

2. Du kannst die Lautsprecher nur 10 cm +- bewegen. Du wirst nie die optimale Aufstellung haben in dem Raum. (Lautsprecher gehören auf Ständer, nie auf den Tisch.) das ist Kompromiss Nr 2.

3. Du hast da einen riesen Schreibtisch, der zu Dips in den Mitten führt, starke Reflexionen auslöst und den Platz für Treatment weiter einschränkt. Das ist Kompromiss Nr 3.

4. Du hast da einen riesigen Schrank hinter dir, der den Raum nochmal kleiner macht. Der ist vermutlich auch dafür verantwortlich, dass die Raummodenrechner bei deinen Maßen eigentlich was anderes ausspucken, als auf Wasserfall und Spectrogram zu sehen ist. Wieder kein Platz für Treatment. Das ist Kompromiss Nr 4.

5. Links von dir ist ein Fenster und rechts von dir eine Tür. Kein Platz für Treatment. Man kann mit mobiler Absorption da arbeiten, frage ist ob man das will. Das ist Kompromiss Nr 5.

Du hast also schon 5 Kompromisse, die du eingehen musst, bevor du irgendwas gemacht hast und hast überhaupt keinen Platz.

Und jedes Treatment braucht Platz, selbst wenn man Druckabsorber einsetzt (Plattenschwinger, Helmholtz). Die Voraussetzungen sind also sehr schlecht. Wenn du es doch machen willst :

40 cm Sonorock vollflächig in Holzboxen raumhoch. Hinten offen, vorne verbrettert mit Schlitzen. Das nennt sich Helmholtz Array. Hinterher kann auf die ER Punkte das Basotect.

Alternativ : Panels 100x60x20 mit 16 cm Thermarock 30. Vorne komplett absorptiv, im hinteren Teil des Raums mit einer MLS Sequenz verbrettert, um die Höhen zu behalten. Dann über soviele Kanten mit ner 30cm Air Gap drüber knallen, wie es geht. Wobei von der Prio die Vorderwand bei den Lautsprechern das wichtigste ist. Danach Decke, dann Seiten und zum Schluss hinten.Das wirkt gut bis 40 hz runter.

In beiden Fällen passt in den Raum weder der riesen Schreibtisch rein, noch der Schrank.
Diffusoren kannst du bei der Raumgröße knicken. Da ist hinterher nicht mehr viel Raum über. Deshalb mein heißer Tipp : Spar dir das Geld, kauf dir richtig gute Kopfhörer (Ja ich weiß, das ist nicht das gleiche) und sei mit dem was du hast glücklich. Beschäftige dich mit dem Thema wieder, wenn du mal einen Raum hast, der groß ist, da macht das dann richtig Sinn
Acoustics_Fun
Ist häufiger hier
#9 erstellt: 26. Aug 2021, 14:40
Mls

Hier Absorber mit MLS Sequenz.
lumlum
Stammgast
#10 erstellt: 26. Aug 2021, 17:23
Danke für die ausführliche Antwort!
Ich glaube wir sind da einfach auf zwei komplett verschiedenen Leveln unterwegs was das angeht.

Für jetzt reicht mir die Lösung erstmal, werde dann denke gar nicht mehr viel mehr Zeit darein investieren.
Bin extrem happy was die reine Dämpfung angeht für das wohlfühlen und bei Musik tut es auch seinen Job.

Für den Hausbau mit Berechnung der Akustikdecke wird das dann nochmal eine ganz andere Nummer.
Muss mal sehen ob ich mir das überhaupt selbst drauf schaffen kann oder doch zu einem Profi gehe.
Wobei da die Preise pro m² für fertige Decken schon teils hart sind... mal sehen ob ich einen finde der die Theorie macht und ich dann nachher trotzdem Marke Eigenbau agieren kann.

Wobei ein Großteil der Räume eher Richtung wohlfühlen gehen sollen und da scheint das Thema ja nicht so kompliziert zu sein.
Kann ich denn mit den RT60 Werten diesbezüglich was anfangen oder sind die da auch unbrauchbar?
old-DIABOLO
Stammgast
#11 erstellt: 28. Aug 2021, 00:22
Hallöchen lumlum.

„bin jetzt super happy mit der Anlage“. Ist es nicht das, was vor allem zählt? Zudem effektiv investiertes Lehrgeld.

Deine Messungen zeigen dies meiner Ansicht zu Teilen recht anschaulich, sind denke ich nicht ganz verkehrt. Vorteil deines Raumes ist eine im Bereich unterhalb 150 Hz bereits erträglich geringe Nachhallzeit von Ø ca. 0,5 s bereits vor der akustischen Maßnahme. Meiner Erfahrung ist das nicht üblich.

So ist es weniger tragisch, die von dir eingesetzten Absorber zeigen beispielhaft aufgrund der geringen Stärke von 50 bis 70 mm und überwiegend direkter Wandmontage zu tiefen Frequenzen eine entsprechend geringe Absorptionswirkung. (Warum nicht eine selbst angefertigte Akustikdecke, die Raumhöhe reicht doch dafür aus, oder?)

RT60 ist sicherlich nicht die einzige, jedoch eine der bzw. die grundlegende Größe zur Raumakustik. Das gilt für recht kleine Räume (z.B. KFZ-Kabinen) wie auch deinen, meiner Ansicht mit über 12 m² gar nicht so kleinem Hörraum.

Die Einschätzung von Acoustics_Fun „Der Raum ist zu klein, lass es bleiben“ teile ich nicht.

Praxisgerecht (bzw. auch Forderung der DIN) sind zur Ermittlung raumakustischer Eigenschaften Messungen an verschiedenen Raumpositionen. (Lautsprecher wie auch Mikrofon). Insbesondere zu tiefen Frequenzen ist die gemessene Nachhallzeit oftmals erheblich positionsabhängig. Deine Messungen beziehen sich, soweit ich richtig gelesen habe, jedoch nur auf eine Position.

Wenn du deine Abhörlautsprecher auch für die Messungen verwendest, sehe ich den Pegelabfall unterhalb 40 Hz kritisch. Wobei die Kohärenz deiner Messungen untereinander für einen noch ausreichenden Pegel spricht. Sofern nicht bereits bekannt, verwende zur Messung immer nur eine der Lautsprecherboxen nie beide (bzw. mehrere) gleichzeitig.

Die Schreibtischplatte beeinflusst die akustischen Übertragungseigenschaften nicht positiv, eine typische, Kompromiss behaftete Problemstellung. (deine Frequenzmessung zeigt zunächst einen recht unausgeglichenen Verlauf). Dies zeigt sich typisch in der Messung des Frequenzgangs, der bei nur geringer Positionsänderung des Mikrofons zumeist erheblich variiert (weit mehr als bei entsprechender Kopfbewegung empfunden). Eine Gehör-richtige Korrektur via EQ ist (sofern erforderlich) hierzu nicht trivial aber auch möglich. Warum kann es bzw. klingt es richtig gemacht trotzdem? Die Messdifferenzen mit einem Mikrofon unterscheiden sie u. a. dadurch, dass Mensch stets mit zwei Ohren hört. ..

Erfolg wie auch lehrreiche Niederlagen bei der weiteren Reise.
Acoustics_Fun
Ist häufiger hier
#12 erstellt: 28. Aug 2021, 14:59
Ich lerne gerne dazu - Wie würdest du diesen Raum mit dem Schrank und dem großen Tisch, Fenster und Tür an ungünstigen Positionen genau behandeln ? 12 qm sind nicht das Problem, wenn man bereit ist den ganzen Raum leer zu räumen und für alles andere als die Musik aufzugeben.

Informiere dich bitte nochmal über RT60 in akustisch kleinen Räumen. Es ist nicht aussagekräftig. Man zieht Wasserfall, Spectrogram und die Impulsantwort zur Beurteilung ran. KFZ Kabinen haben mit Räumen in Gebäuden nicht viel gemeinsam. Das Auto ist ja überall durchlässig, deshalb ist der Nachhall auch im Tiefton so kurz im Auto. Mag sein, dass RT60 da greift. Damit hab ich mich aber nie beschäftigt.
Ich weiß nicht, welche DIN Norm du meinst, ich würde mich an die EBU Specs halten. Wieso soll der TE irgendwo im Raum messen ? Was soll das nützen ? Es ist schon schwer genug einen linearen Frequenzgang an der Hörposition hinzubekommen, wenns hinten in der Ecke nicht linear ist, ist das für mich komplett uninteressant. Hier wird ja kein Konzertsaal gebaut, wo der gesamte Raum gut klingen soll.
old-DIABOLO
Stammgast
#13 erstellt: 29. Aug 2021, 00:16
Hy Acoustics Fun.

Danke der Nachfrage. In der Hoffnung nachfolgendes ist hilfreich klärend.

Eine wesentliche Eigenschaft zur Hörsituation bei lumlum ist der geringe Abstand zwischen den Lautsprechern und Kopf/Ohren des Hörers (lumlum). Er befindet sich (vereinfacht) bei einer gelungenen Optimierung der Raumakustik über weite Frequenzbereiche innerhalb des Hallradius, sprich der Direktschallpegel der Lautsprecher an den Ohren ist grösser als die der Reflexionsschalle des Raumes. Entsprechend gering ist der Raumeinfluss (die Reflexionsschalle) auf das Hörempfinden.

RT60 (Nachhallzeit) siehe DIN 18041, Hörsamkeit in Räumen. Im Weiteren DIN 15996 (Arbeitsplatz Ton Produktion und Wiedergabe. Da du die EBU ansprichst, EBU 3276 (Hörbedingungen für die Bewertung bei monauralem, stereophonem und multichannel sound). Sowohl in den DIN-Normen als auch der EBU Empfehlug ist die Nachhallzeit die übergeordnete Basisgröße. Zu akustischem Verständnis meinerseits auch naheliegend.

In KFZ-Kabinen ist die Wiedergabe tiefer Frequenzen aufgrund des Druckkammereffektes auch mit hochabgestimmten Baßsystemen (Resonanzfrequenz) möglich. Wäre die von dir beschriebene Eigenschaft, „überall durchlässig“ maßgeblich, dann ginge der Druckkammerfeffekt entsprechend verloren.

Der von dir beschriebene kurze Nachhall (die Nachhallzeit RT60) tiefer Frequenzen in Kfz-Kabinen (sind übrigens oftmals gar nicht so gering) ergibt sich durch die Eigenschaft, die ½ Wellenlänge der Frequenzen ist größer als die Abmessungen der Fahrzeugkabine (daher Druckkammereffekt).

Zu deiner Aussage „KFZ Kabinen haben mit Räumen in Gebäuden nicht viel gemeinsam“. Das ist meiner Ansicht nicht richtig. Die Fahrzeugkabine ist ein kleiner Raum mit etlichen akustisch ungünstigen Eigenschaften. Doch auch hier ist entscheidend was an den Ohren ankommt. (vereinfacht, nicht berücksichtigt weitere Sinneseindrücke die das subjektive Klangempfinden beeinflussen).

Meine Aussage zum Messen an mehreren Positionen im Raum bezog sich auf (Zitat) „Ermittlung raumakustischer Eigenschaften“, nicht auf den Frequenzgang an unterschiedlichen nicht Hörpositionen. Diese (siehe DIN 18041) an mehreren Positionen im Raum zu messen ist (siehe mein letzter Beitrag) zielführend.


[Beitrag von old-DIABOLO am 29. Aug 2021, 00:17 bearbeitet]
Acoustics_Fun
Ist häufiger hier
#14 erstellt: 29. Aug 2021, 01:15
Kfz technisch hast du recht.Fehlinterpretation meinerseits. Das der Nachhall eine wichtige feste Größe ist, damit auch, das bestreite ich ja gar nicht. Aber eben nicht RT60 in akustisch! kleinen Räumen. RT60 benötigt ein diffuses Schallfeld um zu funktionieren, das gibt es in einem akustisch kleinen Raum aber nicht. Den Nachhall bestimmt man deshalb über das Wasserfalldiagramm und nicht über RT60. Die EBU Specs nehmen RT60, aber das gilt nur für Räume, die in EBU überhaupt abgedeckt sind. Und das gilt mit minimal 30qm für "Control Rooms" und minimal 40 qm für "reference Listening Rooms". https://tech.ebu.ch/docs/tech/tech3276.pdf

Eine Quelle, von denen es aber einige gibt, auch Floyd e toole hat darüber mal was ähnliches gesagt :

Don Davis: “What is often overlooked in the attempted measurement of RT60 in small rooms is that the definition of RT60 has two parts, the first of which is unfortunately commonly overlooked.

1 RT60 is the measurement of the decay time of a well mixed reverberant sound field well beyond Dc, a real critical distance.

2 RT60 is the time in seconds for the reverberant sound field to decay 60 dB after the sound source is silenced.

Since in small rooms, there is no Dc, no well mixed sound field, hence, no reverberation but merely a series of early reflected energy, the measurement of RT60 becomes meaningless in such environments.

Don Davis quotes from Sound System Engineering 4th Edition

Du schreibst über eine "gelungene Optimierung der Raumakustik". Ja wie denn ? So ganz ohne Platz für irgendeine zielführende Behandlung des Raums. Mein aktueller Raum ist leider auch nicht sonderlich groß, aber da ist halt auch nix drin außer der Anlage und Treatment.

Jo er sitzt im Nahfeld, so wie so die meisten Toningenieure. Er kriegt trotzdem alle Erstreflexionen ab, die den Klang vermatschen, deshalb machen die ja auch was dagegen. Die kann man mit den dünnen Basotectdingern durchaus wegsaugen, dann hat man sich allerdings nur die Höhen und ein bisschen Mitten geklaut. Dann dreht man lauter, weil man oben rum Pegel verloren hat und das Tieftonproblem wird nochmal prägnanter. Das Problem ist nunmal der Tiefton und da bringen die einfach nix. Ich hab die Din Norm kurz überflogen, das Ziel scheint auch ein anderes zu sein, als Stereophonie im Nahfeld. Er sitzt alleine in dem Raum, was in irgendeiner Ecke oder an der Hinterwand oder wo auch immer für ein Nachhall ist, ist vollkommen irrelevant. Es zählt der Klang an der Hörposition. Und da der TE diese nur um +-10cm verändern kann, muss genau an dieser Stelle der Klang gut sein, da bringt ihn woanders messen einfach nicht weiter. Ich verstehe wirklich nicht, wobei das helfen soll, welche Schlüsse man für die Tätigkeit "Musik hören am Schreibtisch im Nahfeld" daraus ziehen könnte.
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