Verständnis Technischer Daten

+A -A
Autor
Beitrag
greenleaf-009
Schaut ab und zu mal vorbei
#1 erstellt: 05. Dez 2011, 15:48
Hi Leute,

ich hätte folgende Frage:

Wenn in einen Werbekatalog zu Technischen Geräten (Cassette Decks) folgende Angaben gemacht wurden:

Tape 3: Gleichlaufschwankungen (WRMS) 0,06% (DIN 0,2%)

wie sind diese Angaben zu verstehen ?

Heißt dies nun:

a. "dass die DIN 45500 maximal 0,2% Gleichlaufschwankungen zulässt, das Gerät jedoch mit 0,06% WRMS angegeben ist"

oder

b. "Eine Messung der Gleichlaufschwankungen nach der "WRMS-Messmethode" (= 0,06%) ist gleichbedeutend dem angegebenen Wert der Messung nach der "DIN-Messmethode" (= 0,2%),
oder anders ausgedrückt,
"dass die 0,06% WRMS-Messung den 0,2% der DIN-Messung entsprechen" ?

Leider konnte ich bis jetzt keine vernünftige Erklärung bekommen, denn wenn die Bedeutung unter "a." richtig wäre, würde sich die Anforderung der DIN je nach Modell des gleichen Gerätetyps ändern. Denn im gleichen Werbekatalog ist bei anderen Geräten ein ganz anderer DIN-Wert zu lesen.
So steht zu zwei anderen Modellen der Cassette Decks z. Bsp. folgendes:

Tape 1: Gleichlaufschwankungen (WRMS) 0,03% (DIN 0,1%)

Tape 2: Gleichlaufschwankungen (WRMS) 0,05% (DIN 0,15%)

Der Logik von "a." entsprechend lägen die Anforderungen der DIN für "Tape 1" also bei 0,1% der Gleichlaufschwankungen, bei "Tape 2" wiederum bei 0,15% und für "Tape 3" dann also bei 0,2% ?!?

Dieser Logik kann ich leider nicht folgen.

Wäre schön wenn einmal jemand Licht ins dunkle dieser Angelegenheit bringen könnte, denn im Netz sind so gut wie gar keine Informationen darüber zu finden.

Ich bedanke mich im Voraus für eure Teilnahme und hoffe auf eine Ergebnisreiche Korrespondenz.

ciao,
Klaus
WinfriedB
Inventar
#2 erstellt: 05. Dez 2011, 17:12
Es geht hier weniger um Anforderungen nach DIN-Norm, sondern um die Meßmethode.

Nach DIN wird bei der Messung der Gleichlaufschwankungen ein Filter benutzt, das die Wahrnehmbarkeit der Gleichlaufschwankungen berücksichtigt.

http://www.technikle...laufschwankungen.htm

Bei der DIN-Messung werden die Spitzenwerte der Gleichlaufschwankungen erfaßt und angegeben.

W-RMS bedeutet: "weighted root-mean-square". "Weighted" heißt soviel wie "gewichtet", was bedeutet, daß auch hier ein Filter benutzt wird. RMS bedeutet, daß nicht der Spitzenwert, sondern der sog. Effektivwert berücksichtigt wird. Dieser ist immer geringer als der Spitzenwert.

Oder, kurz gefaßt, DIN und W-RMS sind eben unterschiedliche Auswertemethoden, bei denen sich unterschiedliche Werte ergeben. Man kann also DIN-Werte NICHT mit W-RMS-Werten vergleichen (und auch nicht direkt umrechnen). Deine Aussage unter b) trifft es also so ziemlich.

Ist so ähnlich wie bei PS-Angaben bei Autos, "deutsche" PS sind etwas anderes als die amerikanischen SAE-PS (letztere werden mit "nacktem" Motor ohne Nebenaggregate wie Lichtmaschine, Servolenkung, Klimaanlage, Getriebe gemessen).

Die max. erlaubten Werte für Gleichlaufschwankungen sind in der DIN 45500 festgelegt, dort dürfte auch zu finden sein, daß die Werte nach einem DIN-genormten Meß- bzw. Auswerteverfahren ermittelt werden müssen.
greenleaf-009
Schaut ab und zu mal vorbei
#3 erstellt: 05. Dez 2011, 17:28

WinfriedB schrieb:
Es geht hier weniger um Anforderungen nach DIN-Norm, sondern um die Meßmethode.
.......
Deine Aussage unter b) trifft es also so ziemlich.


Hi WinfriedB,

ersteinmal danke ich dir für deine Erklärung.

Nicht nur ausführlich, sondern auch meine Auffassung bestätigend.

Die unter "b." genannte, entspricht nämlich meiner Überzeugung.

Aber nun einmal ganz kurz und knapp gefragt:
Die Betrachtung der technischen Daten unter der Definition von "a." wäre AUF JEDEN FALL eine falsche Interpretation ???
Ich frage dies vor allem deshalb, weil diese Aussage von einem gemacht wurde welcher beruflich tagtäglich mit der Reparatur solcher Geräte zu tun hat, und genau aus diesem Grund war ich mir nicht sicher ob meine Interpretation der Daten evtl. falsch sein könnte - aber auch Fachleute können sich ja einmal irren !!!

ciao,
Klaus
WinfriedB
Inventar
#4 erstellt: 05. Dez 2011, 17:39
Also ich gehe davon aus, daß die Aussage (a) nicht zutrifft.

In der DIN 45500 (sog. Hifi-Norm) sind die Grenzwerte für die Gleichlaufschwankungen festgelegt, und die gelten (bei der jeweiligen Band- bzw. Drehgeschwindigkeit) für ALLE betroffenen Geräte, der Grenzwert ist also nicht einmal 0.1% und bei einem anderen Gerätetyp 0.2%.

Zumindest bei jap. und US-Geräten werden häufig die Werte angegeben, die sich bei den dort üblichen Meßverfahren ergeben.
greenleaf-009
Schaut ab und zu mal vorbei
#5 erstellt: 05. Dez 2011, 18:08

WinfriedB schrieb:

... und die gelten (bei der jeweiligen Band- bzw. Drehgeschwindigkeit) für ALLE betroffenen Geräte, der Grenzwert ist also nicht einmal 0.1% und bei einem anderen Gerätetyp 0.2%. .....


Genau dieser Meinung bin ich auch.

Zum einen sieht man bei den Angaben zu den verschiedenen Modellen ja die Gemeinsamkeiten der Werte:

Tape 3: Gleichlaufschwankungen (WRMS) 0,06% (DIN 0,2%)

Tape 1: Gleichlaufschwankungen (WRMS) 0,03% (DIN 0,1%)

und zum zweiten würde, meiner Meinung nach, eine Angabe der Werte nach Meinung von "a." ja jedem Sinn und Zweck einer "NORM" widersprechen.

VIELEN DANK für deine regen Erklärungen.

ciao,
Klaus
dual721
Schaut ab und zu mal vorbei
#6 erstellt: 12. Dez 2020, 14:52
Also, es sieht aus, dass sich der Wert für Gleichlaufschwankungen nach WRMS und DIN 45501 um ca. den Faktor 3 unterscheiden.
Demnach wäre ein Dual 721 (0,03% DIN 45501) von 1975 besser als ein höchstgelobter Technics SL 1000R von 2020 (0,015% WRMS
Nehme ich gern zur Kenntnis. Tausend Dank.
http://www.rudihaberstroh.de/abhoeranlagen.html
Der 721mod. ist seit 1975 mein endgültiges Laufwerk. Zusammen mit dem Kiseki Blue Goldspot von 1992 und dem Selbstbau-MC-V V. ein einziger Traum. Doch hört selbst diese Analgaufnahme von 1975

https://1drv.ms/u/s!As0UUNncixz2kiFNQ6QHxHYxsehM

.(krankheitsbedingt kann ich keine URL markieren, sorry)

Beste HighEnd-Grüße an alle
dual721
Passat
Inventar
#7 erstellt: 12. Dez 2020, 16:38
Nein, denn es ist übrlich, immer beide Werte anzugeben.
So hat auch Dual neben dem DIN-Wert den WRMS-Wert angegeben.

Die Angaben für den CS 721 waren:
DIN < 0,03%
WRMS < 0,018%

Und bei einigen Herstellern muß man auch aufpassen, wo die Werte gemessen wurden.
Beispielsweise hat Technics damals beim SP10MK3 zwei WRMS-Werte angegeben:
0,007% und 0,015%.
Der erste Wert wurde direkt am Frequenzgenerator gemessen, der zweite am Teller nach der japanischen Norm JIS C5521..

Der erste Wert hat für die Praxis keinerlei Relevanz und dient nur angeberischen Zwecken.

Und die Krux bei den Werten ist, das die Praxiswerte deutlich schlechter sind, denn auch eine Plattenschneidemaschine hat Gleichlaufschwankungen.
Und die sind schon direkt auf der Platte drauf.
Selbst wenn der Plattenspieler einen Wert von 0% hätte könnte man trotzdem Gleichlaufschwankungen messen, nämlich die der Schneidemaschine.
Und auch eine nicht exakte Zentrierung des Mittellochs verursacht Gleichlaufschwankungen. Da reichen schon wenige 1/10 mm.
Auch Höhenschlag verursacht Gleichlaufschwankungen.

Die Herstellerangaben wurden wohl ohne Platte ermittelt, denn niemals konnten bei Tests mit Testplatten bei irgendeinem Gerät die Herstellerangaben erreicht werden, da keine Platte wirklich perfekt ist.

Beim CS 721 wurden damals mit einer Testplatte Gleichlaufwerte von 0,05% nach DIN ermittelt.
Das liegt deutlich über der Herstellerangabe von < 0,03%.

Die allermeisten Plattenspieler haben bessere technische Daten, als man mit dem Medium Schallplatte auch tatsächlich umsetzen kann.
Die Schallplatte selbst limitiert da, nicht das abspielende Gerät.

Grüße
Roman


[Beitrag von Passat am 12. Dez 2020, 16:49 bearbeitet]
dual721
Schaut ab und zu mal vorbei
#8 erstellt: 12. Dez 2020, 20:26
Vielen Dank für Ihre wahren Aussagen.
Also, Dual 1975 DBGL. praktisch gleich mit Technics HighEnd 2020. Quod erat demonstrantum!
Mein 721 läuft seit 1975 ohne Fehl und Tadel; und das seit 1992 mit einem grandiosen Kiseki Blue Goldspot (davor nach Shure V15III ein Audio Technica At 20SLA, Dynavector Karat Rubin und Highphonic MC R5).

Hier ein Gruß der Kette Kiseki, Dual, Selbstbau MCVorv., Korg MR 1000

https://1drv.ms/f/s!As0UUNncixz2glM8b4eH1nzZw7Wq

Beste Grüße
dual721
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
Gleichlaufschwankungen durch Netzunreinheiten?
DOSORDIE am 14.02.2020  –  Letzte Antwort am 16.02.2020  –  15 Beiträge
Gleichlaufschwankungen TD 320
Pimo59 am 16.02.2008  –  Letzte Antwort am 17.02.2008  –  2 Beiträge
Marantz 6200 Gleichlaufschwankungen
Juergen_H. am 29.01.2009  –  Letzte Antwort am 02.02.2009  –  8 Beiträge
Akai GX 630D - Gleichlaufschwankungen
butzi06 am 20.10.2007  –  Letzte Antwort am 20.10.2007  –  3 Beiträge
Gleichlaufschwankungen bei Luxman PD 121
jeff_rowland am 24.09.2006  –  Letzte Antwort am 28.09.2006  –  6 Beiträge
AIWA AD-F 770 mit Gleichlaufschwankungen
Tilly04 am 06.06.2009  –  Letzte Antwort am 08.06.2009  –  4 Beiträge
High Fidelity/HiFi - und die DIN 45500
lyticale am 05.12.2009  –  Letzte Antwort am 09.12.2009  –  8 Beiträge
DIN oder CHINCH
pepe56 am 09.01.2008  –  Letzte Antwort am 10.01.2008  –  15 Beiträge
Saba-DIN-Problem
Andi1020 am 11.07.2004  –  Letzte Antwort am 17.07.2004  –  12 Beiträge
DIN vs Cinch Anschlüsse
kuni1 am 31.03.2006  –  Letzte Antwort am 03.02.2019  –  51 Beiträge

Anzeige

Produkte in diesem Thread Widget schließen

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.682 ( Heute: 2 )
  • Neuestes Mitgliedvivianbelue6
  • Gesamtzahl an Themen1.550.901
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.533.523

Hersteller in diesem Thread Widget schließen