Sharp SG-320H - Restauration + Plattenspieler Mechanik Frage

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tho84
Neuling
#1 erstellt: 22. Jun 2020, 22:26
Guten Abend zusammen!

Kurz vorab zu mir, da ich neu hier bin..: Durch meine bessere Hälfte habe ich in letzter Zeit mehr mit Hifi zu tun, als je zuvor, vor allem älteren Sachen.. denn im Gegensatz zu mir, steht sie auf Vinyl :D. Dies ist mein erster Thread, aber sicher nicht der Letzte, ich habe schon wenigstens einen oder zwei weiteren im Kopf, aber möchte jetzt mit diesem hier anfangen ;).

Vor knapp 2 Monaten ist meine Freundin über einen "Plattenspieler (defekt) zu verschenken" gestolpert, der lokal zur Abholung bereit war.. Zwar hat sie einen ordentlichen modernen Spieler der im Wohnzimmer steht, aber für ihr eigenes Zimmer und weil ich immer gern mit Technik aller Art bastele, stand das gute Stück dann 35 Minuten später bei uns auf dem Esstisch, und ich fing direkt die Demontage an, nachdem ich erstmal geschaut habe, was ich da überhaupt vor mir habe :D.

Vor mir stand ein über 40 Jahre alte "Kompaktanlage" von Sharp, die SG-320H.

Zustand optisch:
- Deckel viele feine Kratzer, kleiner Riss nahe einem Scharnier, aber komplett stabil
- Gerät an sich verstaubt und schmutzig, hat definitiv eine Weile gelegen
- vollständig bis auf 45er Adapter

Zustand technisch - Aussage Vorbesitzer:
- es kommt kein Ton raus
- Radio geht nicht an
- Plattenspieler geht, aber halt auch kein Ton
- Tapedeck scheint zu gehen, minus Ton, hat aber auch schon ein Tape gefressen

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Als erstes ging es dann direkt an die Demontage und Fehleranalyse. Für mich das erste Gerät aus dem Hifi-Bereich das ich je geöffnet habe, und definitv das erste Teil aus den 70ern. Ich komme aus der PC/IT-Ecke, und repariere andere Gerätschaften beruflich, also war ich vorsichtig optimistisch.

Deckel auf..

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Und direkt erstmal beim Tapedeck fündig geworden:

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Plattenspieler raus..

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Wegen "kein Ton" ging der erste Blick direkt hierher..

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Aber der nächste Blick ging direkt nebenan auf eine süße kleine Platine mit 3 Glassockelsicherungen.. Und siehe da, eine war durch - die für den Amp! Und festgegammelt was sie auch noch.. hier ein Foto nach dem Entfernen..

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Der Halter wurde gereinigt, und wie der Zufalfl es wollte, hatte ich eine passende Sicherung zur Hand! Mit neuer Sicherung eingeschaltet, und dann festgestellt, dass genau wie vorher der Plattenspieler dreht, und das Tapedeck auch, aber kein Ton raus kommt, Macht aber natürlich auch Sinn, denn ich Dödel hab auch keine Lautsprecher mit DIN-Anschluss im Haus, oder DIN-Stecker für die LS am TV/Receiver ..


Jumpcut zum nächsten Nachmittag:

Ebay Kleinanzeigen haben 2 alte Lautsprecher mit DIN-Anschluss für 20€ zwei Orte weiter.. also kurzer Hand abgeholt, völlig ohne Ahnung was ich da kaufe ;). Stellt sich heraus, gekauft habe ich 2 Minerva Regal-Box RB 6050 HiFi, welche nach kurzer Recherce (hier im Forum :D) wohl baugleich zur Grundig Super-Hifi-Box 650 sind!? In jedem Fall sind sie überraschend gut. Lokal noch ein paar neue Stecker und Kabel dazu besorgt, und sie waren einsatzbereit.

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Und siehe da, der erste Test war direkt ein voller Erfolg!
- Radio geht (ohne Beleuchtung)
- Plattenspieler geht (läuft etwas .. "rauh"? Hierzu später die Frage)
- Tapedeck geht nicht, nur Störgeräusche und es versucht unmittelbar wieder Bandsalat zu erzeugen


Erstmal war ich damit zufrieden und das Gerät ist ins Zimmer der Freundin gewandert, aber ein paar Tage später habe ich dann das Tapedeck doch mal zerlegt und ausgebaut. Leider hatte ich das nur für ein paar Freunde im Ausland gestreamt, aber nicht wirklich per Fotos festgehalten. Also gibt es hierzu (fast) keine Bilder und ihr müsst euch das ganze vorstellen ;).

Vorab: Ich habe die Recherchen und alles aus Gewohnheit nur auf Englisch gemacht, daher werde ich die englischen Begriffe verwenden, insofern ich welche kenne ;). Erstes Problem im Tapedeck war das Gummirad, dass das take-up reel antreibt, ist recht weich und hat schon einiges an Abrieb am reel hinterlassen. Das habe ich zerlegt und versucht so gut es geht zu reinigen, aber ohne Veränderung des Verhaltens. Allerdings schien da auch nicht das Problem zu liegen, denn der Antrieb per Hand ging. Auf den zweiten Blick und bei genauerer Begutachtung stellte sich dann heraus, dass der pressure roller auf dem Capstan keine feste Gummiwalze mehr ist, sondern nur noch ein haufen schwarzer klebriger Brei! Glücklicher Weise konnte ich das passende Ersatzteil bei ebay finden, zusammen mit einem weiteren Gummiteil, welches ich bisher nicht zuordnen konnte Ich habe dann den Motor, Capstan und das Gehäuse in dem der pressure roller war ausgebaut, und anschließend die Reste mit Q-tips, Micro-Schraubenziehern und IPA entfernt..

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Nachdem das ganze dann wieder montiert war, lief das Tapedeck wieder ohne Bandsalat zu erzeugen. Wie gut oder schlecht kann ich nicht wirklich beurteilen, da ich weder viele Kassetten zur Hand, noch irgendeinen Vergleich zur Hand oder im Gedächtnis habe :D.

Im Rahmen der Demontage habe ich mir dann auch noch mal die Senderskala des Radios angeschaut, ausgebaut und gereinigt..


Vorher:

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Nachher:

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Ohne Cover deutlich kräftiger:

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Und wo wir beim Thema sind: Warum ist das so düster? Sollten da nicht Lämpchen sein? Wobei, alle Lämpchen gehen im Gerät, nur die von der Skala nicht. Das alleine überrascht mich schon.. aber warum die Skala nicht?!

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Oh.. ok... die sind wohl fertig mit der Welt. Ab zu ebay! Und prompt fündig geworden! Leider ist die Beleuchtung hier etwas komisch gelöst.. das Panel hat links und rechts jeweils 2 Birnchen die in die Streuscheibe leuchten. Die Birnen sind jeweils nur grob gesteckt in einem Stück Gummi, sie sind direkt an Kabel gelötet, und die Kabel sind direkt auf das Board gelötet. Und damit es nicht langweilig wird, die rechten sind am Radiomodul festgelötet, die linken auf der LS/Amp Platine, von wo sie jeweils 12V und Masse bekommen.. :).

Egal, ein paar Tage später hatte ich den Ersatz, und noch mal ein paar Tage später hatte ich mich dann dazu entschlossen / überwunden, die Originalen Birnchen einfach abzuschneiden und die neuen direkt anzulöten. Das ganze dann mit Schrumpfschlauch ordentlich verpackt, der gleichzeitig auch fast dem Umfang ausgegelichen hat um sie halbwegs in Position zu halten in dem Gummistück.

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Und das Ergebnis:

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Und ganz zum bisherigen Abschluss gab es dann noch ein neue alte Nadel:

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Der aktuelle Stand:

Das Gerät ist aktuell sporadisch im Betrieb, meistens jedoch nur als Verstärker für die Lautsprecher und über den AUX wird per Adapter ein CD-Player oder gar der Laptop angeschlossen. Platten werden wegen des im Anschluss geschilderten Problems seltener abgespielt.

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Und jetzt? Aktuell größtes Problem ist das Störgeräusch dass der Plattenspieler von sich gibt. Ein deutlich mechanisches Geräusch ist Omnipräsent wenn der Teller dreht, ein recht tiefes sonores Brummen. Und wenn man die Musik nicht sehr laut hat, höhrt man es konstant heraus und die Musikqualität leidet doch sehr. Ich habe mich bisher nur halbherzig mit dem Funktionsprinzip von Plattenspielern befasst, und abgesehen davon, dass das gute Stück offenstichtlich ein direct drive ist und keinen Riemen hat, stellt sich mir die Frage ob dieses Problem nicht einfach nur zwangsweise technisch bedingt und unvermeidbar ist? Es klingt so als würde man buchstäblich die Zahnräder des scheinbar weitestgehend aus Metall gefertigten Mechanismusses in Aktion hören. Er läuft auch nicht ganz "horizonal rund", oder "eben", oder "flach", oder was auch immer der Fachbegriff dafür ist, dass man auf Augenhöhe sieht, dass er horizonal etwas leicht auf und Ab geht während der Rotation.

Hierzu schwirren in meinem Kopf nun 2 Fragen komplett unterschiedlicher Natur rum:

A) Kann man den Antriegsmechanismus irgendwie überholen oder verbessern, oder ist das einfach Stand der Technik für solche Geräte damals?

B) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere Plattenspieler zweckentfremdet werden kann und in dieses Chassis verpflanzt werden kann? Strom- und Tonanschlüsse müssen sicherlich adaptiert werden, aber ob es da überhaupt etwas mechanisch passendes gibt ist ja wieder die andere Frage?!


In diesem Sinne, vielen Dank fürs Lesen falls ihr es bis hierher geschafft habt, und danke schon mal für Feedback zu den Fragen.

Grüße
Thomas


[Beitrag von tho84 am 22. Jun 2020, 22:45 bearbeitet]
Mechwerkandi
Inventar
#2 erstellt: 23. Jun 2020, 08:22
Für das richtige Verständnis:
Das Brummen ist mechanischer Natur und kommt nicht aus den Lautsprechern? Etwa 50 Hz?
Zu prüfen wären dann erst mal die Lagerung des Motors, wenn die Gummis hart geworden sind, übertragen sich die Vibrationen vom Motor auf das Gehäuse.
Kann man sie am Stück ausbauen, hilft oft ein mehrstündiges Bad in Petroleum. Sie quellen dann auf und werden wieder nachgiebig.
Das gleiche hilft auch bei hart gewordenen Reibrädern vom Antrieb, zumindest bei alten Lenco Drehern.

Ansonsten reinigen, neu fetten, viel mehr kann man da nicht machen.
tho84
Neuling
#3 erstellt: 23. Jun 2020, 23:18
Ja, es ist ein rein mechanisches Brummen. Ich werde wohl doch einfach mal den Plattenspieler ausbauen und zerlegen, und mir den Motor anschauen...
Mechwerkandi
Inventar
#4 erstellt: 24. Jun 2020, 08:31

tho84 (Beitrag #3) schrieb:
Ja, es ist ein rein mechanisches Brummen.

Dann vibriert da irgendwas. Diese Art Motoren laufen auf der Netzfrequenz, und das kann sich mechanisch übertragen/verstärken.
Kann auch durch Unwuchten, wie bespielhaft verbogene Wellen o.ä., verursacht werden.
Motor versuchsweise abklemmen.
Fehler behoben? Quelle gefunden!
Django8
Inventar
#5 erstellt: 29. Jun 2020, 16:07

dass das gute Stück offenstichtlich ein direct drive ist und keinen Riemen hat

Nein, leider kein Direktantrieb, sondern - wie von Mechwerkandi richtig vermutet - ein Reibradantrieb. Infos zum Gerät findest Du hier:
http://www.hifi-archiv.info/Sharp/1976%20Sharp%20Katalog/16.jpg

Viel Glück! Optisch hast Du das Teil ja schon mal sehr gut hinbekommen . Allerdings (und bitte keinesfalls persönlich nehmen): Allzu viel Zeit, Energie und Geld würde ich in diese Anlage nicht stecken. Das Ganze ist nämlich doch ziemliche Einsteigerware. Was nicht heisst, dass man daran keine Freude haben kann und der Verstärker wird in Verbindung mit den besorgten Boxen wohl auch recht "hörbar" sein


[Beitrag von Django8 am 29. Jun 2020, 16:08 bearbeitet]
Mechwerkandi
Inventar
#6 erstellt: 29. Jun 2020, 16:19
Im 2ten Bild von oben sieht man den Antrieb mit der Kraftübertragung auf die Innenseite vom Plattentellerrand.
Django8
Inventar
#7 erstellt: 29. Jun 2020, 16:42
Stimmt ! Habe übrigens gerade realisiert, dass da offenbar ein Keramiksystem verbaut. Also, wer ernsthaft Vinyl hören will und sein Platten auch nich bei dem Abspielen über Gebühr belasten, der sollte eh' die Finger von so was lassen
höanix
Inventar
#8 erstellt: 01. Jul 2020, 23:37
Die im Bild gezeigte Ersatznadel (Pfeiffer SGA 11666) ist ein sphärischer Diamant mit empfohlenen 2,5g Auflagegewicht.
Also ist der Tonabnehmer schon mal getauscht worden, damit macht man die Platten nicht kaputt.

PS: Zumindest nicht wenn alles richtig eingestellt wurde.


[Beitrag von höanix am 01. Jul 2020, 23:39 bearbeitet]
highfreek
Inventar
#9 erstellt: 02. Jul 2020, 05:49
.......eigentlich war es schon damals nicht mehr üblich ein keramik system zu verbauen. Zudem würde dann das angeblich ausgetauschte MM Sytem nicht
einfach so richtig funktionieren (klang). Die Aussage das da ein Keramik System reingehört ist nicht sehr glaubhaft und solltem. E. ignoriert werden.

Zum Brumm kann ich leider nix sagen, eventuell muss man den Motor neu lagern


[Beitrag von highfreek am 02. Jul 2020, 05:54 bearbeitet]
Django8
Inventar
#10 erstellt: 02. Jul 2020, 07:47

Die Aussage das da ein Keramik System reingehört ist nicht sehr glaubhaft und sollten. E. ignoriert werden.

So steht's halt in der verlinkten Katalogseite. Aber vielleicht gab es ja tatsächlich verschiedene Versionen, wovon einige (spätere) mit MM-Abnehmer
Wolf39596
Neuling
#11 erstellt: 28. Dez 2022, 16:46
Guten Tag, ist ein super Beitrag.
Ich habe auch solch eine Anlage SG320 H .
Vor einigen Tagen hat sich das Band von der HD eingezogen. Ein Blick ins Innere zeigte Gummiabrieb am Antrieb.
Ich habe neue Gummis bestellt und sollen bald ankommen.
Meine Frage, werden die Gummies nur aufgezogen , oder werden sie verleimt und wenn womit.
Ich bin über jede Antwort dankbar. Bitte , ich brauche mal den Tip.
Danke, Mfg Wolfgang
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