Verstärker und Auslastung

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Luke66
Stammgast
#1 erstellt: 15. Jun 2009, 13:40
Zunächst ein paar Erläuterungen zur Ausgangssituation:

Bislang betrieb ich einen Onkyo A-9555 an einem Pärchen Visaton Vox 253. Den Onkyo habe ich nun durch einen Stereoreceiver Sherwood RX-772 ersetzt.
Als Eingangsquelle dient hauptsächlich ein Mediacenter PC.

Die Voxen vertragen und brauchen schon ein gutes Stück Verstärkerleistung (200W Nenn- / 350W Musikbelastbarkeit).

Der Onkyo (100W/8Ohm bzw. 120W/8Ohm und 200W/4Ohm dynamisch) leistet ähnlich viel wie der Sherwood (100W/8Ohm bzw. 120W/8Ohm und 160W/4Ohm dynamisch).

Die Ausgangsspannung des PC-Audiosignals ist relativ gering, da ich meine Musiksammlung mit MP3-Gain auf durchschnittlich 93dB eingepegelt habe. Im Verhältnis zur Originalaufnahme auf einem CD-Player ist der Level im Regelfall deutlich geringer. Als Soundkarte dient eine ESI Maya. Die Lautstärke des PCs ist immer auf 100% eingestellt.

Nun habe ich festgestellt, dass ich, während beim Onkyo in der Regel 50% Stellung des LS-Reglers reichten, beim Sherwood fast 80% (Skala ca. -80dB bis +20dB - Einstellung 0dB) einstellen muss, um die gleiche Lautstärke zu erreichen.

Nun stellte sich mir die Frage, woran mag's liegen bei fast gleicher Leistung.
Es könnte natürlich zum Einen, daran liegen, dass die Leistungsangaben schlichtweg nicht stimmen, zum anderen könnte es daran liegen, dass die LS-Regler unterschiedlich arbeiten.
Doch wie hängen die Parameter Eingangsspannung, LS-Regler und Endstufe zusammen bzw. welchen Einfluss haben sie auf die Auslastung des Verstärkers insgesamt.
Dass Problem ist ja, dass Verstärker nicht im Grenzbereich betrieben werden sollten, da auf dem Weg dorthin Verzerrungen und Klirr mehr oder weniger sprunghaft ansteigen.
Doch wo entstehen Verzerrungen und Klirr eigentlich?
Die heutigen Vorstufen sind ja in der Regel nur noch Eingangswahlschalter und Equalizer, will heißen, sie verstärken das Signal nicht (Phono-Eingang jetzt mal ausgenommen).
D.h. das größtmögliche Signal, welches an der Endstufe ankommen kann, ist gleich dem Eingangssignal.
Nämlich dann, wenn der LS-Regler auf 100% steht (im Idealfall).
Geht man von diesem Fall aus, wird es einen maximale Signalstärke geben, welche die Endstufe sauber verarbeiten kann.
Steht der LS-Regler auf 100% dürfte ich also maximal den unkritischen Eingangspegel einspeisen, den die Endstufe verarbeiten kann.
Ist das Signal stärker, kann ich es mittels LS-Regler auf ein unkritisches Maß absenken.

Folgende Fragen ergaben sich:

Kann man Vorstufeneingänge mit einem zu hohen Eingangssignal übersteuern (selbst, wenn man den LS-Regler nahe 0 setzt)?
Können durch ein zu hohes Eingangssignal bereits in der Vorstufe Klirr und Verzerrungen entstehen?
Wie erkenne ich, wann ein Verstärker seinen Grenzbereich erreicht?

Die Auslastung der Endstufe ist also abhängig von Eingangssignal und LS-Regler.
Also ist ein niedriges Eingangssignal mit 100% aufgedrehtem LS-Regler ebenso unkritisch wie ein sehr hohes Eingangssignal mit wenig aufgedrehtem LS-Regler?
Aber sind diese Zustände, elektrisch gesehen, gleich?
(Bei hohem Eingangssignal durchfließen die Vorstufe bis zum LS-Regler ja höhere Ströme).
Störgeräusche der Vorstufe (Rauschen etc.) müssten sich doch durch ein höheres Eingangssignal geringer Auswirken?

Konkret geht es mir darum, ob der Sherwood genügend Saft für meine Voxen hat.
Bei normaler CD-Wiedergabe kann ich den LS-Regler um ca. 20% zurückstellen, um die gleiche Lautstärke wie über den Media PC zu erreichen.
Die Endstufenbelastung und die damit verbundenen Klirr und Verzerrungswerte dürften aber dann identisch sein, oder?
Maßgeblich ist doch die abgegebene Leistung des Verstärkers (also die Lautstärke, die aus den Boxen kommt)?
jopetz
Inventar
#2 erstellt: 15. Jun 2009, 17:04
Hi,

viele Fragen, die ich dir nicht sicher beantworten kann -- aber erlaube einen pragmatischen Einwand:

Wie brachial laut, um Himmels willen, hörst du denn?

Die Visaton sind mit einer Empfindlichkeit von 86 dB angegeben. Das ist jetzt nicht übermäßig viel, aber bei 10 Watt pro Kanal hast du immerhin schon 96 dB, macht bei zwei Boxen in etwa 2 Meter Entfernung (= am Hörplatz) ca. 93 dB; bei 2 x 60 W wären es etwa 100 dB -- und das ist Disko-Lärm. Der Verstärker dürfte das noch recht problemlos packen, aber ob da die Visaton überhaupt noch ordentlich klingen?

Was die Stellung des LS-Reglers angeht: das ist von Verstärker zu Verstärker absolut nicht übertragbar.

Im Grenzbereich des Verstärkers sollte man die Verzerrungen eigentlich recht deutlich hören -- aber wenn du wirklich regelmäßig über 100 dB hören willst, solltest du dich m.E. nach wirkungsstärkeren Boxen umsehen -- und dabei Gehörschutz tragen.


Jochen
Altgerätesamler
Inventar
#3 erstellt: 15. Jun 2009, 18:08

aber wenn du wirklich regelmäßig über 100 dB hören willst, solltest du dich m.E. nach wirkungsstärkeren Boxen umsehen -- und dabei Gehörschutz tragen.


Mein Verstärker leistet an 8 Ohm gerade mal 40 Watt pro Kanal Dauerleistung.

Angeschlossen sind 1 Paar Viecher. Wirkungagrad soviel ich weis um die 96 dB, belastbarkeit gerade mal 35 Watt. Also lass dich nicht durch Belastbarkeit der Boxen respektiv Ausgangsleistung der Verstärker verwirren. Man kann mit wenig Ausgangsleistung und wirkungsgradstarken Boxen leicht Werte über 100 dB (Max. zugelassene Lautstärke in Discotheken) erreichen.

96db/W/1m heisst soviel wie, dass wenn ich die Box mit 1 Watt belaste und 1m von der Box weggehe, ich schon 96 dB Lautstärke erreichen kann. 4dB mehr und ich kann gleich laut hören, wie es in einer Discothek MAX. erlaubt ist. Also stell dir einmal vor. Mit einem mikrigen Watt kann ich eine Lautstärke von 96db erreichen.

Was du brauchst sind Wirkungsgradstarke Boxen und nicht ein Verstärker mit 2000 Watt.


[Beitrag von Altgerätesamler am 15. Jun 2009, 18:09 bearbeitet]
Luke66
Stammgast
#4 erstellt: 16. Jun 2009, 07:30
Nagut, dann bin ich schonmal beruhigt.
Diskopegel fahre ich für gewöhnlich nicht.
Manchmal will man's einfach mal ein bisschen krachen lassen.

Die Zusammenhänge zwischen Eingangspegel, LS-Regler und Abgabeleistung an den LS-Ausgängen würden mich dennoch etwas genauer interessieren.
Zumindest 2 Parameter (Eingangspegel und LS-Regler) kann man ja beeinflussen.
Ist es ratsam, den Eingangspegel so hoch wie möglich zu halten?
Altgerätesamler
Inventar
#5 erstellt: 16. Jun 2009, 07:43

Nagut, dann bin ich schonmal beruhigt.
Diskopegel fahre ich für gewöhnlich nicht.
Manchmal will man's einfach mal ein bisschen krachen lassen.

Die Zusammenhänge zwischen Eingangspegel, LS-Regler und Ausgangsleistung an den LS-Ausgängen würden mich dennoch etwas genauer interessieren.
Zumindest 2 Parameter (Eingangspegel und LS-Regler) kann man ja beeinflussen.
Ist es ratsam, den Eingangspegel so hoch wie möglich zu halten?


Nicht jeder Verstärker hat den gleichen Lautstärkeregler eingebaut und jeder arbeitet einwenig anders.

Je nach Lautstärkeregler und Eingangspegel ist die Max-Ausgangsleistung schon bei halb aufgedrehtem Lautstärke regler erreicht, dies trift meistens bei Cd-Player welche einen sehr hohen Ausgangspegel haben zu. Bei anderen braucht es halt 3/4 des Lautstärkereglers. Es kommt aber nicht darauf an, ob die Max. Ausgangsleistung bei halb oder 3/4 aufgedrehtem Lautstärkeregler erreicht wird.

Solange die Musik nicht schon bei leiser Musik verzerrt, weil das Eingangssignal zu hoch ist, spielt es keine Rolle ob das Eingangsignal laut oder leise ist. Wenn es leise ist, musst du für die gleiche Lautstärke einfach mehr aufdrehen.

Denn wenn die Max. Ausgangsleistung bereits bei 1/2 stellung des Lautstärkereglers erreicht wird und du noch weiter aufdrehst, fängt dein Verstärker an zu Clippen. Wenn ein Verstärker Clipt sendet er schädliche Signale an die Lautsprecher was meistens zu einem defekt der Hochtöner führt. Bemerkbar macht sich das durch starke Verzerrungen, dann solltest du leiser drehen.
Luke66
Stammgast
#6 erstellt: 16. Jun 2009, 08:09
Ok,
das stimmt ja so weit mit meiner Theorie überein.
Die Limitierung ist stets durch die am Ausgang des Verstärkers anliegende Spannung zu suchen.
Die Ausgangsspannung ist ja direkt abhängig von der Eingangsleistung an der Endstufe, da diese ja für gewöhnlich einen festen Verstärkungsfaktor hat.
Die einzige Variable wäre also die Stromstärke, mit der die Vorstufensektion durchflossen wird.
Den Endstufeneingangspegel regelt ja in letzter Instanz der Lautstärkeregler, der ja quasi einem Spannungsteiler entspricht und den gewünschten Pegel bis zu einem Maximum des ursprünglichen Eingangspegels an die Endstufe weiterleitet.
Nun stellt sich noch die Frage, besser möglichst hohes Signal an die Vorstufe geben?
Kann das Eingangssignal an der Vorstufe auch zu hoch für die Vostufensektion selbst sein bzw. ist dies mit einem üblichen Hifigerät oder PC zu erreichen?
Altgerätesamler
Inventar
#7 erstellt: 16. Jun 2009, 12:47
Hallo.


Ok,
das stimmt ja so weit mit meiner Theorie überein.
Die Limitierung ist stets durch die am Ausgang des Verstärkers anliegende Spannung zu suchen.
Die Ausgangsspannung ist ja direkt abhängig von der Eingangsleistung an der Endstufe, da diese ja für gewöhnlich einen festen Verstärkungsfaktor hat.
Die einzige Variable wäre also die Stromstärke, mit der die Vorstufensektion durchflossen wird.
Den Endstufeneingangspegel regelt ja in letzter Instanz der Lautstärkeregler, der ja quasi einem Spannungsteiler entspricht und den gewünschten Pegel bis zu einem Maximum des ursprünglichen Eingangspegels an die Endstufe weiterleitet.


Das ist soweit korrekt. Das einzige was sein könnte ist, wenn das Eingangssignal so leise ist, dass die MAX. Ausgangsleistung des Verstärkers nicht erreicht werden kann. Dann muss aber das Eingangssignal ziemlich leise sein.


Nun stellt sich noch die Frage, besser möglichst hohes Signal an die Vorstufe geben?
Kann das Eingangssignal an der Vorstufe auch zu hoch für die Vostufensektion selbst sein bzw. ist dies mit einem üblichen Hifigerät oder PC zu erreichen?


Ein zu hohes Eingangssignal könnte mit Verzerrungen verbunden sein. Diese würden wiederum über die Endstufe noch mehr Verstärker werden. Das kommt wieder auf den Verstärker an, wie hoch das MAX. Eingangssignal sein darf.

Solange es nicht verzerrt, würde ich ein hohes Eingagssignal bevorzugen. Denn mir kommt es komisch vor, wenn ich bei 1/2 Stellung des Lautstärkereglers immer noch Zimmerlautstärke habe.

Bei mir ist das Eingangssignal so eingestellt, (kann ich an meinem Mischpult einstellen) dass ich die MAX. Ausgangsleistung bereits bei 1/2 Stellung des Lautstärkereglers erreiche. Dies gilt etwa gleich, wenn ich ein Cd-Player direkt an den Verstärker anschliessen würde.

Nur höre ich meistens Musik über den Pc.
Amperlite
Inventar
#8 erstellt: 16. Jun 2009, 20:14

Luke66 schrieb:
Die Limitierung ist stets durch die am Ausgang des Verstärkers anliegende Spannung zu suchen.

Du vergisst hier, dass der Lautsprecher eine weitere Variable in diesem System ist. Bei einem niederohmigen Lautsprecher kann der Verstärker bei sehr viel geringerer Ausgangsspannung verzerren als an einem hochohmigen LS - im ersten Fall muss das Netzteil höhere Ströme liefern und kommt ggf. an seine Grenzen.

Luke66 schrieb:
Die einzige Variable wäre also die Stromstärke, mit der die Vorstufensektion durchflossen wird.

Die Ströme sind hier weniger interessant als die Spannungen (von der Begrifflichkeit her, natürlich bedingt das eine das andere). Problem siehe nächster Punkt.

Luke66 schrieb:
Kann das Eingangssignal an der Vorstufe auch zu hoch für die Vostufensektion selbst sein bzw. ist dies mit einem üblichen Hifigerät oder PC zu erreichen?

Ja, das ist möglich. Ich habe es mit einer völlig übersteuerten CD schon geschafft, den Eingang eines AV-Receivers zu übersteuern. Auch MP3-Player könnten dies eventuell schaffen. Die Verzerrungen sind hart und klar hörbar.

Luke66 schrieb:
Nun stellt sich noch die Frage, besser möglichst hohes Signal an die Vorstufe geben?

Eigentlich ja, aber innerhalb der üblichen Grenzen. Dein Normalisieren der MP3s dürfte ein Übersteuern vermutlich vermeiden. Es gibt aber auch Soundkarten, die mit voll aufgerissenen Reglern schon den eigenen Ausgang übersteuern.
Dank der Rauscharmut der modernen Geräte ist es normalerweise nicht nötig, auf Teufel komm raus mit hohem Pegel an die Vorstufe zu gehen. Dem Loudness-Race sei dank kann dieser Schuss auch mal nach hinten losgehen.


[Beitrag von Amperlite am 16. Jun 2009, 20:15 bearbeitet]
Luke66
Stammgast
#9 erstellt: 16. Jun 2009, 22:14
Sehr interessant, danke für Deine Erläuterungen.
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