Offene Grundsatzdiskussion zu KH und ihren Eigenchaften

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std67
Inventar
#1 erstellt: 20. Nov 2014, 20:35
Hi

ich bin bei Kopfhörern absolut unerfahren. Meine Hörsessions fanden bisher zu 99,9% mit Lautsprechern statt
Und wenn ich mich mal durch das KH-Regal bei MM/Saturn gehört habe dann schieden für mich viele KH schon nach wenigen Sekunden aus.
Zu wenig Tiefgang, zu ¨matschiger¨ Bass, zu viel Mitten oder zu wenig etc etc etc
Ich kann mch mit vielen Lautsprechern anfreunden, wenn auch nur wenige wirklich meinen klanglichen Präferenzen entsprechen und es in mein wohnzimmer schaffen würden. Aber deswegen renne ich nicht gleich weg wenn die Lautsprecher eines Freundes mal ein weng ¨wärmer¨ abgestimmt sind als ich es mag.
Viele KH dagegen sind für mich nach kurzer Zeit nicht mehr erträglich

Bei Lautsprechern mag ich eher die lineare Abstimmung, zumindest bei hochwertigen Aufnahmen, und ahbe auch mittels Antimode Dualcore die gröbsten Raumeinflüsse minimiert. bauliche Maßnahmen sind nicht möglich.
Bei Rock/Pop darf es ab 100Hz abwärst aber auch ruhig was angehoben werden


- was sind die grundsätzlichen Unterschiede zwischen offenen, halboffenen und geschlossenen Kopfhörern

- oft wird gesagt bei KH gäbe es nur eine ¨ im Kopf Ortung¨. In inem anderen Thread sprach gerade jemand aber von breiter und schmaler Bühne

- hab mir letztens bei der Kickstarter-Aktion den XTZ Headphone Divine gesichert. Bei dem Preis für den der da weg ging konnte ich einfach nicht nein sagen. Wird aber erst ab (Ende?) Dezember ausgeliefert
Auf was sollte ich zur qualitativen beurteilung noch achten, außer dem reinen Fequenzgang (den man über die XTZ-App ja dann eh anpassen kann) noch achten?
ThePapabear
Stammgast
#2 erstellt: 20. Nov 2014, 21:50
Hallo Stefan!

Ich habe ebenfalls nur wenig Erfahrung mit Kopfhörern und finde das Thema auch sehr interessant.
Ich für meinen Teil denke, dass den meisten Einfluss auf die Bühne (eigentlich im Allgemeinen, nicht nur beim Einsatz von Kopfhörern) die Aufnahme/Aufnahmetechnik aus macht. Beispielsweise diese binaurale Aufnahme hier: https://www.youtube.com/watch?v=IUDTlvagjJA

Da ist die Größe vom Raum für mich nicht vom Kopfhörer abhängig. Getestet habe ich das mit meinem billigen Medion Headset und meinen Phonak Audeo InEars. Wenn man davon absieht, dass die Phonak natürlich den deutlich besseren Klang haben und viel mehr Details offenbaren, ändert sich da für mich nichts am Höreindruck und der geht einiges über meinen Kopf hinaus. Und da ist es einmal ein (sehr!) offenes System und einmal ein sehr stark abgeschlossenes, da InEar.
Wenn ich die Zeit finde, werde ich mir das noch mit den AKG der Kinder (einmal offen, einmal geschlossen) anhören. Evtl. dann auch ein paar Musikstücke, wobei meine Musik am PC qualitativ sehr durchwachsen ist...

Unterschied zwischen offen und geschlossen ist somit, wie weit der Treiber als Schallquelle von der restlichen Umwelt zu deinem Ohr getrennt/isoliert ist. Soweit ich mir das bisher anlesen konnte, soll es in einem geschlossenen System schwieriger sein, so etwas wie eine breite Bühne dar zu stellen. IMHO ist da mehr das Gefühl desjenigen verantwortlich der den Kopfhörer trägt. Schließe ich meine Augen und konzentriere mich auf meine Ohren, fühle ich mich "eingeengter" wenn ich meine InEars trage, als wenn ich mein Headset trage und das könnte natürlich auch den Höreindruck beeinflussen. Evtl auch mehr psychisch als tatsächlich physisch...
Wenn die Dinger hallen oder scheppern ist das wohl eher auf eine schlechte Abstimmung oder eine noch schlechtere Produktion zu schließen, als auf ein prinzipielles Problem mit dem System. Eigentlich sollte ja ein offenes System einen tieferen Bass spielen können, als ein geschlossenes (Wellenlänge). Bei der Größe von so einem Gehäuse von einem Kopfhörer kann man ja wohl eher auch nicht darauf schließen, dass der Druckkammer Effekt so weit unten liegt. Da braucht es schon meinen Kombi, dass der Effekt bei etwa 40Hz anliegt. Trotzdem wird eigentlich fast immer bei geschlossenen Kopfhörern von einer starken Bass Überhöhung gesprochen. Bin gespannt auf meine Audio Technika M50s und wie die im Vergleich zu den anderen KH im Haus klingen.

Bei einem Kopfhörer wird der Höreindruck natürlich viel stärker von der Abstimmung beeinflusst als bei deinen Lautsprechern. Hier hast du ja fast "ausschließlich" Direktschall, der in deinem Ohr an kommt. Selbst mit deinem System für die Raum Korrektur ist dies mit den Lautsprechern ja nicht so. Deswegen und wegen dem ungewohnt geringen Treiberabstand nimmst du das wohl ganz anders wahr. Ist halt schon ein anderer Höreindruck, ob man mit Lautsprechern oder dem Kopfhörer hört. Da muss ich mich auch immer umgewöhnen.

Wie gesagt, ich bin auch nicht der erfahrene Spezialist und ich hoffe, ich werde für meine Aussagen nicht gesteinigt.

lg
ThePapabear


[Beitrag von ThePapabear am 20. Nov 2014, 21:52 bearbeitet]
audiophilanthrop
Inventar
#3 erstellt: 21. Nov 2014, 17:37
1. Um das Probehören kommt man bei KH schwer herum; Elektro-Großmärkte sind dafür indes zumeist nicht sonderlich geeignet (Geräuschkulisse etc.). Es müssen dabei gar nicht unbedingt (nur) Premium-Modelle sein. Ich habe seinerzeit (armer Student) einige Hörer der 35€-Klasse angehäuft.

2. Die IKL (Im-Kopf-Lokalisation) ist tendenziell ein umso stärkeres Problem, je mehr von der persönlichen HRTF wegfällt - also je näher am bzw. je weiter im Ohr der Hörer steckt. Ist der Frequenzgang auch davon unabhängig recht extrem (etwa eine sehr analytische Abstimmung), wird es noch schlimmer. Es ist letztlich nur eine Sache des Frequenzgangs in Verbindung mit den Blauertschen Bändern. Ein "ausgewachsener" Hörer macht durchaus eine Bühne "außen" - allerdings im Vergleich zur Lautsprecherwiedergabe immer noch erheblich verzerrt. Ein nur auf einem Kanal zu hörendes Instrument kann auch damit noch ziemlich nervig sein, da es quasi im Ohr spielt - in solchen Fällen kann man auf Crossfeed oder ausgefuchstere KH-Virtualisierer zurückgreifen.

3. Ein geschlossener Kopfhörer sperrt den Schall nach innen wie nach außen ein, mit allen sich daraus ergebenden Vor- und Nachteilen.
Zu den Vorteilen zählen die recht hohe mögliche Schallisolation sowie ein potentiell abgrundtiefer Baß.
Nachteilig hingegen sind Hohlraumresonanzen - kann man diese hinter dem Treiber noch einigermaßen wegdämpfen, wird das auf Ohrseite schon schwieriger, zumal sie dort individuell variieren. Außerdem bilden Anpreßdruck und Ohrpolster ein Feder-Masse-System mit Resonanz typisch irgendwo im Bereich von 100 Hz, wodurch in diesem Bereich Unregelmäßigkeiten im Frequenzgang entstehen, die je nach Befüllung der Polster recht stark ausfallen können (Extrembeispiel: DT48) und meßtechnisch bei sehr vielen Hörern zu sehen sind. Dazu kommt mangels Belüftung des Heiße-Ohren-Syndrom. Geschlossen funktioniert m.E. am besten bei In-Ears, womit viele Probleme in den unhörbaren Bereich verlagert werden.

Ein offener Hörer ist hinten offen und innen zumindest nicht sonderlich geschlossen, was den versammelten Resonanzen den Wind aus den Segeln nimmt - deren Güte ist einfach wesentlich geringer. Auch die Luftzufuhr ist besser, und wenn Umgebungsgeräusche nicht zu sehr verfälscht werden, klingt m.E. auch die Wiedergabe natürlicher. Allerdings lauert hier potentiell das Offene-Schallwand-Problem, sprich ein akustischer Kurzschluß gerade bei niedrigen Frequenzen - was man bei Messungen zu den Verzerrungswerten über der Frequenz bei den meisten offenen Hörern übrigens auch gut sieht. Ein bißchen was wegdämpfen sollten die Ohrpolster also schon noch. Bei halboffenen Hörern wird zudem hintenrum noch einiges bedämpft.
std67
Inventar
#4 erstellt: 21. Nov 2014, 17:42
Hi

danke euch für die sehr ausführlichen Antworten

@audiophilantrop

als ist halbgeschlossen der besete Kompromiss?
Und woran erkenne ich die jeweilige Bauart, außer am Angebotstext?
frix
Inventar
#5 erstellt: 21. Nov 2014, 18:22
ich finde halbgeschlossen ist weder fisch noch fleisch.
std67
Inventar
#6 erstellt: 21. Nov 2014, 18:55
Hi frix

würdest du deine Meinung weiter ausführen?
Dieser Tthread soll Einsteigern (also mir ) dazu dienen zu lernen
Katanga
Stammgast
#7 erstellt: 21. Nov 2014, 21:33

als ist halbgeschlossen der besete Kompromiss?

Theoretisch stimmt das wohl. Praktisch kann man das nicht so pauschal sagen.

Beispielsweise Beyerdynamic DT-880 und AKG K240 MKII. Beide halboffen aber mit grundverschiedener Abstimmung. Und hier setzt dann der persönliche Geschmack ein. Dem einen sind die Höhen des DT-880 zu agressiv, der andere ist von der Detailwiedergabe begeistert. Der eine findet den K240 "irgendwie blutleer" der andere freut sich über einen linearen Frequenzverlauf.


Und woran erkenne ich die jeweilige Bauart, außer am Angebotstext?

Geschlossene KH haben komplett geschlossene Gehäuseschalen, halboffene und offene meistens statt dessen eine Art (mehr oder weniger feines)
Gitter.
ZeeeM
Inventar
#8 erstellt: 21. Nov 2014, 21:48
Die Einteilung Offen, Halboffen, Geschlossen spiegeln die akustischen Gegebenheit nur sehr grob wieder.
Das Koppelvolumen kann geschlossen sein, aber nach hinten ist der Hörer offen, wobei es da noch Unterschiede gibt, die sich im Isolationsfrequenzgang widerspiegeln.
Ein DT990 gilt als offen, ein DT880 als halboffen, der Unterschied ist aber ein bischen Filz am Treiber. Richtig offen sind z.B E-Staten deren Treiber so akustisch Transparent sind, das da quasi aussen ein linearer Frequenzgang gemessen werden kann. Da hat ein Dynamiker immer mehr Matterial dazwischen. Dann gibt es solche Konstrukte, wie der Sony MA900, der nach Hinten sehr offen ist, eine riesige Kernbohrung hat und selbst das Koppelvolumen ist komplett offen, 0 Abdichtung. Die Treiber hängen quasi vor den Ohren. Ähnliche Prinzipien findet man bei HD800, K812 und extrem beim AKG K1000.
Bei Kopfhörer ist auch durchaus essenziell, wie der Schallweg von zwischen Vorder- und Rückseite der Schallwand des Treibers stattfindet. Das sieht man an kleinen Löchern und wie die bedämpft sind.
Manchmal entscheiden ein paar kleine Löcher ein bischen Filz und/oder die Wahl des Polsters darüber ob es klingt, oder einfach nur Tröte ist. Kopfhörer sind akustisch viel komplizierter als deren Komponenten suggerieren.
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