Braun R4/1: Vorstufe defekt

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olimuc
Inventar
#1 erstellt: 02. Dez 2021, 12:06
Hallo zusammen,

ihr kennt ja vielleicht meine Probleme mit der Fronttastatur meines R4/1. Diese Baustelle muss ich erstmal zurück stellen, da sich noch ein wichtigerer Defekt gezeigt hat, der mir aufgrund ordnungsgemäßer Schaltvorgänge der LS-Relais zunächst nicht auffiel: Die Vorstufe ist defekt.

Trenne ich Vor- und Endstufe an Pre-Out und Main-In auf und schließe eine Quelle direkt an Main In an, funktioniert die Wiedergabe sowohl über LS als auch KH. Die Leistung ist unauffällig kräftig und die Relais ziehen dauerhaft an.

Mit Verbindungsbrücken zwischen Pre-Out und Main-In sind beide Kanäle mausetot, unabhängig vom Quelleneingang.

Bisher habe ich:

- Kabelverbindungen von der Prozessorbox zur Vorstufenplatine auf Durchgang geprüft: ok
- gebrochene Leiterbahnen gesucht: nix gefunden
- kalte Lötstellen gesucht: nix gefunden

Elkoprobleme sind natürlich möglich, das müsste dann aber so ein Kandidat sein, dass beide Kanäle gleichzeitig ausfallen, beispielsweise in der Ansteuerung des IC211 als Schaltzentrale im Vorverstärker.

Da die Schaltung (für mich) sehr komplex ist, könnte aber auch ein Fehler in der Prozessorbox eine fehlerhafte Ansteuerung des Vorverstärkers den Defekt auslösen?

Ich habe ja noch den Signalverfolger meines erfolgreichen SABA 9240 Projektes, sollte der zum Einsatz kommen und wenn ja, wo sollte ich messen?

LG Oli
CarlM.
Inventar
#2 erstellt: 02. Dez 2021, 12:31
Wenn beide Kanäle tot sind, muss man nach Bauteilen suchen, die gleichzeitig für beide Kanäle zuständig sind.
Das sind die IC 211 und 212 sowie das Muting-Relais RL 201.
Zusätzlich gibt es eine Reihe von Operationsverstärkern, die ausfallen, sobald die Versorgungsspannung(en) nicht vorhanden sind.

Es macht also immer Sinn, zunächst z.B. an Pin 4 und Pin 8 eines 8-Pin-Dual-OPAmp die Spannungen zu prüfen.
Beim Relais kann man an beiden Enden der Spule (ersatzweise an der Schutzdiode) die Spannungen messen, um den Schaltzustand zu bestimmen. Bei unterschiedlichen Spannungen fließt ein Strom durch die Spule.

Nach diesen Tests - soweit ohne Fehlerindikation - kann man tatsächlich mit dem Signalverfolger prüfen - entweder ausgehend von den Eingangsbuchsen oder ausgehend vom Muting Relais RL201.


[Beitrag von CarlM. am 02. Dez 2021, 12:32 bearbeitet]
olimuc
Inventar
#3 erstellt: 02. Dez 2021, 15:14
Hallo Carl,

das Muting-RL 201 sowie die beiden zentralen IC211 und 212 drängen sich als Verdacht auf, da bei deren Defekt ja tatsächlich beide Kanäle auisfallen können.

Frage zum Schaltungsverständnis:

Das IC211 hat ja eigentlich als Eingänge nur die Quellen, die über "Function" geschaltet werden, das Signal dann an an "Volume 1", weiter an "Bass/Treble" und "Volume 2" danach an "Filter" weiterreichen. Danach verlässt das Signal den IC211.

Angesteuert wird der IC211 vom IC212, der die Steuersignale an den "Decoder" von IC211 sendet. Somit liegt IC212 im Schaltweg (nicht Signalweg!) vor IC211.

Habe ich das korrekt verstanden?

Frage zum Mute-Relais:

Im Schaltplan werden Relais ja normalerweise im Ruhezustand dargestellt, so dass ohne aktivierter Mute-Funktion das RL201 offen und damit spannungslos an Pin 1 und 5 sein müsste?
Aktiviert würde dann (an beiden Spulenenden unterschiedliche?) Spannung zu messen sein, die Spule wäre aktiv und der Masseschluss der Relaiskontakte würde das Signal o ableiten/unterbrechen?

Bei den Dual-OPAmps müssten ja zufällig in beiden Kanälen Defekte sein. Aber dort kann ich natürlich auch nachmessen, das verschafft dann auch ein gutes Bild über die Stromversorgung.
CarlM.
Inventar
#4 erstellt: 02. Dez 2021, 16:43
Zum Relais:
Wenn Du den Schaltzustand im stromlosen Zustand haben willst, dann messe ihn. Bei gezogenem Netzstecker sollte dann der Widerstand zwischen den Kontakten niederohmig sein. Du kannst auch vom Gehäuse die Typenbezeichnung ablesen und das Datenblatt "gurgeln". Es gibt ja auch Relais, die genau anders herum als LS-Relais funktionieren ---> zweifache Öffner.

IC 211 und 212 sind aus meiner Sicht als Paar zu betrachten - auch wenn der Signalweg durch IC 211 verläuft.

Zu den Operationsverstärkern:
Wie gesagt: ein Ausfall eines Spannungsreglers z.B. 7815 oder 7915 würde alle genannten IC und alle OP-Amps ausfallen lassen. Deshalb würde ich mit der Spannungsmessung an den Pins 4 und 8 anfangen. Man sieht im Schaltplan, dass auch IC 211 und 212 diese Spannungen benötigen.
Nur: an den Opamps kann man häufig gut messen und man findet die Pins ohne viel abzuzählen relativ leicht.
olimuc
Inventar
#5 erstellt: 02. Dez 2021, 18:07
Ok, dann geht es mit dem Relais und den OpAmps weiter, vielleicht bzw. hoffentlich finde ich etwas
olimuc
Inventar
#6 erstellt: 03. Dez 2021, 00:30
Hier nun die Messergebnisse:

Reed-Relais 201:

Geräte ausgeschaltet und vom Netz getrennt: Spule 700 Ohm, Kontakte symmetrisch 32 kOhm

Gerät eingeschaltet, Mute OFF: Spannung an beiden Spulenkontakten 15 V, Kontaktwiderstand symmetrisch 32 kOhm

Mute ON: Spannung 15 V und 6,7 V, Kontaktwiderstand symmetrisch 0,2 Ohm

Das sollte doch passen.

An PIN 43 des IC511 der Prozessorbox liegen bei Mute OFF 0,03 V an, bei Mute ON 3,7 V.

Auch das sollte passen.

Bezüglich der Messung der OpAmps:

IC101 hat -24 V an PIN 4 und 24 V an PIN 8.

IC201, 202, 203, 205, 206, 207, 208, 209 und 210 haben alle an PIN 4 jeweils -1,7 V und an PIN 8 jeweils -0,8 V.

Nur IC204 hat -15 V an PIN 4 und 15 V an PIN 8.

Das heißt doch, dass bis auf IC204 die restlichen ICs ihr Versorgungssoll von 15V nicht bekommen?
CarlM.
Inventar
#7 erstellt: 03. Dez 2021, 00:39
Ja, das sehe ich auch so. Trotzdem ist es ein für mich unerwartetes Ergebnis.
Ich werde mir das SM nochmals ansehen.
Grundsätzlich muss man aber gucken, weshalb hier die korrekten Spannungen fehlen.

Edit
Okay. Der Opamp von "Video In" bekommt tatsächlich Spannungen aus einem anderen Netzteil.
Da beide Spannungen fehlerhaft sind, würde ich den Fehler zunächst (!) nicht bei einem der Spannungsregler oder Längsregler suchen.
Du solltest die beiden Sicherungswiderstände R710 und R711 prüfen (je 1Ohm). Auch der folgende Brückengleichrichter muss geprüft werden.
Falls einer der Sicherungswiderstände defekt ist, der BGR aber nicht, könnte die Ursache dennoch in einem Defekt des Spannungsregler IC 702 oder einem der Transistoren T704/T705 - Längsregler der negativen Spannung - liegen.

Vielleicht sollte man auch bei gezogenem Netzstecker prüfen, ob ein Kurzschluss vorliegt, also z.B. ein vollkommen "durchlegierter" Opamp.
Also Widerstand zwischen Pin 8 sowie Pin 4 und GND im spannungsfreien Zustand messen.

Zur Orientierung:

NT_Braun_P4


[Beitrag von CarlM. am 03. Dez 2021, 01:16 bearbeitet]
olimuc
Inventar
#8 erstellt: 03. Dez 2021, 01:34
... auffällig ist, dass alle Amps mit fehlerhaften Spannungen an einem Strang liegen, der von der Lötverbindung LV2 an 60 reinkommt. Die werde ich mal suchen messen, ob da 15 V (steht da im Plan nach dem V noch ein S??) bereitstehen.

Und natürlich deinen Tipps weiter nachgehen
CarlM.
Inventar
#9 erstellt: 03. Dez 2021, 01:36
Bedenke bitte, dass +15V und -15V fehlerhaft sind ... deshalb meine Tipps.

Falls Du an R710/711 auch Spannungen messen solltest ... vergiss nicht, dass dort noch VAC vorliegen. (passiert mir manchmal auch ... )


[Beitrag von CarlM. am 03. Dez 2021, 01:41 bearbeitet]
olimuc
Inventar
#10 erstellt: 03. Dez 2021, 01:42
Da hast du natürlich Recht
olimuc
Inventar
#11 erstellt: 03. Dez 2021, 11:11
Habe an LV2/60 keine 15V gemessen, sondern nur die -0,8V, die an den ICs anliegen.

Diese Spannung kommt aus der Prozessorbox und geht dort von Stecker 5 Pin 6 ab zur Vorverstärkerplatine.

Der Fehlerursprung ist also dort. Zusammen mit dem Tastaturausfall deutet das doch immer mehr auf einen defekten Prozessor IC511 hin.
CarlM.
Inventar
#12 erstellt: 03. Dez 2021, 11:38
Ich habe das Gerät nicht vor mir und kann deshalb nur mit präzisen Angaben - so wie sie im Service Manual genutzt werden (und auch lesbar sind) - etwas anfangen.

Und wie gesagt: die von mir markierten Spannungsregler sind direkt und nicht über eine CPU oder ähnliches mit den OPAmps der Eingangsbuchsen verbunden.


[Beitrag von CarlM. am 03. Dez 2021, 11:40 bearbeitet]
olimuc
Inventar
#13 erstellt: 03. Dez 2021, 12:59
... ich meine den Anschluss LV2 Pin 60 im SM auf Seite 35, da sind die -0,86V zu messen und das Kabel an diesem Pin 60 geht an Stecker 5 Pin 6 in der Prozessorbox. Dort müssten eigentlich laut Schaltplan auch 15V sein.

Die von dir markierten Rs habe ich noch nicht gemessen, das werde ich natürlich noch tun
CarlM.
Inventar
#14 erstellt: 03. Dez 2021, 13:18
... die "Prozessorbox" ist das Ziel und nicht die Quelle. Und wo landen wir, wenn wir von Pin60 zur Quelle wandern?
Genau: bei den von mir zitierten Spannungsreglern ...

Braun_NT_2


[Beitrag von CarlM. am 03. Dez 2021, 13:19 bearbeitet]
CarlM.
Inventar
#15 erstellt: 03. Dez 2021, 15:10
Du liegst auch falsch mit Deinen Zuordnungen.

Die Pins haben ja Namen. Pin 60 von LV2 heisst 15VS.

Verfolge ich den Strang bis zur Prozessorplatine (S. 32 Verzweigung nach unten rechts wählen), dann finde ich dort S15V (Schreibfehler,15VS gibt es dort nicht und die anderen benachbarten Pins sind korrekt benannt). S15V liegt aber auf St15 Pin 6 (St.15/6).
Wenn man dies auf dem Board weiter verfolgt, wird er von T806 ggf. freigeschaltet, so dass am Ende (via St.8/1 Name jetzt: "15V" und weiter über LV13/3) ein Displayelement mit 15V DC versorgt wird.


[Beitrag von CarlM. am 03. Dez 2021, 15:13 bearbeitet]
olimuc
Inventar
#16 erstellt: 03. Dez 2021, 15:58
... das Gerät liegt mir nicht, das habe ich gemerkt

Ist auch mein erstes "digitales".

Aber wie gewohnt lohnt sich deine Geduld mit mir, schau mal:

20211203_133939_HDR

Ich halte da die weggefressene Leitung von Pin 1 des IC702 in der Hand. Auf dem dazugehörigen Platinenanschluss messe ich 27V.

Der IC702 ist ausgelagert an eine Zwischenwand zur Kühlung und mit Kabeln an die Vorverstärkerplatine angeschlossen.

Also erneuere ich als nächstes die Kabelanschlüsse.
CarlM.
Inventar
#17 erstellt: 03. Dez 2021, 17:04
... und die unscharf im Hintergrund zu sehenden Elkos sind auch hinüber ...
olimuc
Inventar
#18 erstellt: 03. Dez 2021, 19:00
Sooo, ich habe eine Erfolgsmeldung:

IC702 ist ja aus Kühlungsgründen ausgelagert, bis ich den mal gefunden hatte

Kabel neu eingelötet, und schon läuft der Vorverstärker

Der R4 ist meine erste Reparatur eines digital gesteuerten Receivers, ich war bislang klassisch analog unterwegs mit den üblichen Verdächtigen: Endstufenschaden, tote Signalelkos, Relais und Potis revidieren/tauschen etc.

Deshalb bitte ich um Nachsicht

Jetzt bleibt "nur" noch das Tastaturproblem, vielleicht hast du da noch Tipps


[Beitrag von olimuc am 03. Dez 2021, 19:02 bearbeitet]
CarlM.
Inventar
#19 erstellt: 03. Dez 2021, 19:18

olimuc (Beitrag #18) schrieb:
Jetzt bleibt "nur" noch das Tastaturproblem, vielleicht hast du da noch Tipps :)


Da können gerne auch andere mit drauf gucken. Für mich ist das Service Manual "schwer verdaulich". Wenn das mein Gerät wäre, würde ich das SM in der benachbarten Druckerei hochaufgelöst ausdrucken lassen. Auch da hat das Analoge gegenüber dem begrenzten digitalen Display seine Vorteile.
Die ausgedruckten Blätter kann ich nämlich zurechtschneiden und aneinander kleben.
olimuc
Inventar
#20 erstellt: 03. Dez 2021, 20:06

CarlM. (Beitrag #19) schrieb:
Die ausgedruckten Blätter kann ich nämlich zurechtschneiden und aneinander kleben.


Ich habe mir einen A3 Ausdruck gemacht und: zusammengeklebt

Bezüglich der Tastaturprobleme:

1. Die Tastatur funktioniert an meinem R4/2 problemlos.
2. Ich habe trotzdem den kleberverseuchten Kabelanschluss auf der Tastaturplatine neu verlötet, leider ohne Besserung.
3. Nur mit angestecktem IR-Kabel funktionieren alle fernbedienbaren Funktionen problemlos.
4. Stecke ich den Stecker 6 (Tastaturdisplay an Prozessorbox), funktionieren nur die Tasten CD, LS 2, Mute und Volume Minus.
5. Außerdem zeigt das Display bei eingestecktem Stecker 6 aktivierte Funktionen, die man garnicht aktiviert hat.
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