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Harnoncourt: Die schönsten Aufnahmen von Nikolaus Harnoncourt

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Jeremias
Stammgast
#1 erstellt: 17. Feb 2005, 11:57
Vielleicht habt Ihr auch mitbekommen, dass WarnerClassics derzeit günstig u.a. bei Zweitausendeins sehr viele Aufnahmen von Harnoncourt anbietet. Welche würdet Ihr als besonders gelungen aus den letzten Jahren empfehlen, von welchen würdest Ihr abraten? Mir hat z.B. seine CD mit Dvorak's 7. Sinfonie besonders gut gefallen. Wie ist es mit Euch? Harnoncourt ist ja ein Universalmusiker, der sich in sämtlichenEpochen wie zu Hause fühlt. Was ich an seinen Aufnahmen besonders interessant finde ist, dass er oftmals eher kleinere Orchesterbesetzungen nimmt. Was haltet Ihr denn von seiner letztenGEsamteinspielung der Brahms-Sinfonien?
teleton
Inventar
#2 erstellt: 17. Feb 2005, 12:43
Hallo Jeremias,

zu dem Thema Brahms-Sinfonien hatte ich schon im Dezember2004 einen Thread eingestellt:
http://www.hifi-foru...rum_id=68&thread=788
Brahms-Schock am Wochenende

Mir gefällt Harnoncourt für Brahms überhaupt nicht; sein Brahms ließ mich kalt im Regen stehen(das war wie Brams ohne h)!

Ich habe mir jetzt gerade neu zu meinen vorhandenen Brahms-Interpretaionen mit Klemperer (EMI-LP), Solti (Decca-CD), Karajan (Decca1960-CD), Bernstein (DG-CD) noch die Szell/Cleveland Orchester-Aufnahme (SONY-CD 1964-7) zugelegt.
Das sind Brahms-Dirigenten ersten Ranges; auch Szell der sehr forsch und zügig an die Werke herangeht und alles sehr klar formuliert(unterstützt durch die hervorragende CBS-Aufnahmetechnik), gefällt mir außerordendlich gut.
sound67
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 17. Feb 2005, 12:48

teleton schrieb:

Mir gefällt Harnoncourt für Brahms überhaupt nicht; sein Brahms ließ mich kalt im Regen stehen(das war wie Brams ohne h)!


Same here. Mir fehlt einfach die Leidenschaft. Harnoncourts "revisionistische" Interpretationen funktionieren oft gut (Dvorák z.B.), hier aber meiner Meninung nach gar nicht. Für Brahms muss man IMHO einfach mehr Druck, mehr Emphase entwickeln, als es Harnoncourt tut.

Gruß, Thomas
walter_f.
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 17. Feb 2005, 13:01

Das sind Brahms-Dirigenten ersten Ranges


Hallo Teleton,

ich würde noch Bruno Walter dazurechnen.

Grüsse
Walter
op111
Moderator
#5 erstellt: 17. Feb 2005, 13:05

walter_f. schrieb:

Das sind Brahms-Dirigenten ersten Ranges

Hallo Teleton,
ich würde noch Bruno Walter dazurechnen.

danke Walter,
Bruno Walter gehört unbedingt dazu
und Carlo Maria Giulini und auch Claudio Abbado.
Harnoncourt dagegen bitte nicht.
Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 17. Feb 2005, 13:06 bearbeitet]
Hilda
Stammgast
#6 erstellt: 17. Feb 2005, 13:15
Hallo,


und Carlo Maria Giulini und auch Claudio Abbado.


stimmt!!! Abbados Berliner Brahms ist erstaunlich gut. Sein Beethoven hat mir dagegen nicht so zugesagt. Gegen Giulini darf man bei Brahms eh' nichts sagen

Gruss
Klaus
sound67
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 17. Feb 2005, 13:31
P.S.: Bernstein gehört allerdings nicht dahin. Sein Brahms ist unerträglich verkitscht und bleischwer.

Gruß, Thomas
palisanderwolf
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 17. Feb 2005, 14:17
sound67 schrieb:
P.S.: Bernstein gehört allerdings nicht dahin. Sein Brahms ist unerträglich verkitscht und bleischwer.

Gruß, Thomas

Bernstein kann man mögen oder nicht. Ansonsten gilt das "unerträglich verkitscht" nicht nur für seinen Brahms.

MfG Bernd
Jeremias
Stammgast
#9 erstellt: 17. Feb 2005, 14:19
Könnt Ihr hier vielleicht wieder zum Thema zurückkommen? Es geht mir jetzt hier nicht um eine Auflistung der besten Einspielungen der Brahms-Sinfonie (wobei ich Euch für Euer Urteil dankbar bin), sondern um Harnoncourts beste Aufnahmen
lydian
Stammgast
#10 erstellt: 17. Feb 2005, 14:19
Hallo,
abraten würde ich auf jeden Fall von seinem Figaro, wobei ich die meisten seiner anderen Mozart-Einspielungen durchaus mag; z. B. die Mozart-Sinfonien , ob jetzt die früheren Aufnahmen mit dem Concertgebouw oder die mit dem COE. Aber ich kann auch diejenigen verstehen, denen das nicht gefällt.
Sein Beethoven-Zyklus ist auf jeden Fall empfehlenswert (Fidelio mit einigen Abstrichen).
Seinen Dvorak finde ich respektabel, aber nicht vom Hocker reißend. Schön, dass er die viel gespielten Sinfonien mit den unverständlicherweise recht selten zu hörenden Sinfonischen Dichtungen kombiniert.

Gruß,
Steff
sound67
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 17. Feb 2005, 14:33
Sein bisheriger Bruckner-Zyklus ist auch eher "lauwarm", bzw. nett, aber nicht herausragend.

Die Beethoven-Symphonien finde ich auch hervorragend. Seltsam deshalb, warum ihm bei Brahms nicht ähnliches gelungen ist.

Gruß, Thomas
palisanderwolf
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 17. Feb 2005, 14:52
Seine Beethoven Klavierkonzerte mit Aimard werden nicht ohne weiteres akzeptiert.

MfG Bernd
sound67
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 17. Feb 2005, 15:00
Auch bei Schumann ist er als Begleiter nicht so gut: Die Tempo-Wahl im Finale des Violinkonzerts liegt vollkommen daneben (Ein schönes Beispiel, wo die Befolgung eines vom Komponisten angegebenen, aber offensichtlichen falschen Tempos verheerende Folgen hat).

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67 am 17. Feb 2005, 15:38 bearbeitet]
op111
Moderator
#14 erstellt: 17. Feb 2005, 15:33
Hallo zusammen,
mir scheint, Harnoncourts beste Aufnahmen findet man bei älterer Musik bis hin zur Wiener Klassik, die Dvorak-Sinfonien mal ausgenommen.

Gruß
Franz
palisanderwolf
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 17. Feb 2005, 15:52
Hallo nochmals,
da es hier um seine "schönsten Aufnahmen" geht, manche mögen auch seine Neujahrskonzerte.

MfG Bernd
Albus
Inventar
#16 erstellt: 17. Feb 2005, 18:30
Tag,

mit zum Schönsten von NH gehört doch die Aufnahme des Mozart Klavierkonzertes KV 503, mit Friedrich Gulda, Klavier, dem Concertgebouw Orkest Amsterdam, LP Philips.

Das ist wirklich, traditionell gesprochen: schön.

MfG
Albus
Susanna
Hat sich gelöscht
#17 erstellt: 17. Feb 2005, 22:24

Franz-J. schrieb:
Hallo zusammen,
mir scheint, Harnoncourts beste Aufnahmen findet man bei älterer Musik bis hin zur Wiener Klassik, die Dvorak-Sinfonien mal ausgenommen.


Jedenfalls gefällt mir z. B. "Das Musikalische Opfer" mit ihm und dem Concentus Musicus Wien gut (als Einzelveröffentlichung aus der Bach 2000-Edition, Teldec).

Gruß,
Susanna
AcomA
Stammgast
#18 erstellt: 18. Feb 2005, 00:14
hallo,

exzellent: beethoven sinfonien 1-9, dvorak sinfonie 7, 9, der wassermann, die waldtaube, das goldene spinnrad, slawische tänze (kompl.), klavierkonzert (m. aimard), brahms violinkonzert u. doppelkonzert (m. kremer und c. hagen).


gruß, siamak
hemmi
Ist häufiger hier
#19 erstellt: 18. Feb 2005, 01:32
Liebe Mitforianer,
ich mag von NH vor allem seine historisierenden Aufnahmen und ich möchte Susanna unbedingt recht geben, das seine Wiedergabe von Bachs musikalischem Opfer wunderbar gelungen ist. Seine erste Bachsche Matthäus-Passion bietet in meinen Ohren das richtige Tempo für den Eingangschor. Sehr schön ist auch Franz Schubert, Messe As-Dur und Franz Schmidt, "Das siebte Siegel"
Vieles andere von ihm wäre auch mir zu revisionistisch (Gruß an sound67), zwar sicher gut gemeint, aber irgendwie fehlt mir dann doch das Salz in der Suppe.

Liebe Grüße
hemmi
Philos
Schaut ab und zu mal vorbei
#20 erstellt: 18. Feb 2005, 03:27
Nicht zu Nikolaus Hanrnoncourt schönsten Aufnahmen zähle ich die Einspielung Vivaldis Le Quattro Stagioni mit den Concentus musicus Wien.
Oolong
Ist häufiger hier
#21 erstellt: 18. Feb 2005, 09:38

Franz-J. schrieb:

mir scheint, Harnoncourts beste Aufnahmen findet man bei älterer Musik bis hin zur Wiener Klassik, die Dvorak-Sinfonien mal ausgenommen.


Dieser Einschätzung kann ich momentan ebenfalls nur zustimmen!Ich muß allerdings zugeben, daß ich von Harnoncourts Einspielungen "großer" Sinfonik auch noch zu wenig gehört habe, um dies für mich abschließend zu bewerten.
Momentan höre ich sehr gern seine spritzige Aufnahme der " Tageszeiten"-Sinfonien von Joseph Haydn.Im gelingt da irgendwie ein augenzwinkerndes, österreich-ungarisches Idiom!

Gruß
Stefan
palisanderwolf
Hat sich gelöscht
#22 erstellt: 18. Feb 2005, 11:10
Mir fällt da noch (eine schöne CD bei teldec) ein:

Mozart, KV537 (Krönungskonzert) und KV 488, ebenfalls mit Gulda, Harnoncourt, R.ConcertgebouwOA, mal nicht zu traditionell und nicht zu historisch.

MfG Bernd


[Beitrag von palisanderwolf am 18. Feb 2005, 11:10 bearbeitet]
vanrolf
Inventar
#23 erstellt: 18. Feb 2005, 11:39
hallo,

die frühen Schubert-Sinfonien (aus der Gesamtausgabe) habe ich einige Zeit lang gehört und fand sie eigentlich ganz passabel gemacht, allerdings haben mir seine D 944 ("die Große") und D 759 ("Unvollendete") beide nicht gefallen.

H.'s Missa Solemnis fand ich auch nicht schlecht (bis ich die von Klemperer kennengelernt habe, für mich kein Vergleich).
Am besten gefallen mir von den Sachen, die ich von ihm kenne seine Mozart-Sinfonien und die "Kleine Nachtmusik", die ich für unseren Kleinen oft auflege.
Ich mag das Ding ab und zu immer noch .

Gruß Rolf
antiphysis
Stammgast
#24 erstellt: 19. Feb 2005, 02:49
Gerade habe ich Giulinis Dvorak 7 (SONY) gehört - und mich gelangweilt. Dagegen ist Harnoncourts Einspielung ein wahrer Gewinn!

Grüße
AcomA
Stammgast
#25 erstellt: 19. Feb 2005, 14:44
hallo antiphysis,

ich finde dvoraks 7. mit dem concertgebouw orchestra unter harnoncourt ebenfalls famous. allein schon die entwicklung des 2. satzes lohnt die cd. und die 'waldtaube', die ja auch drauf ist, ist athmosphärisch und richtig schaurig gelungen.


gruß, siamak
leben_in_symphonie
Gesperrt
#26 erstellt: 19. Feb 2005, 20:33
Harnoncourt ist ein Dirigent, der vor allem in deutschspragigen Ländern (und vielleicht ein paar Nachbarregionen) sehr beliebt ist.
Mir gefallen am meistens Harnoncourts Aufnahmen mit älterer Musik.
drbobo
Inventar
#27 erstellt: 19. Feb 2005, 20:45
Hallo,

Die Harnoncourt Einspielungen der Beethoven-Symphonien (derzeit fast geschenkt) habe ich auch erst entdeckt und bin begeistert. Könnte in Teilen meinen alten Favoriten Leibowitz verdrängen.

Ansonsten viele Mozart-Einspielungen, insbesondere auch die von Albus bereits erwähnte Aufnahme des Mozart Klavierkonzertes KV 503, mit Friedrich Gulda, Klavier, dem Concertgebouw Orkest Amsterdam.
leben_in_symphonie
Gesperrt
#28 erstellt: 19. Feb 2005, 23:23

antiphysis schrieb:
Gerade habe ich Giulinis Dvorak 7 (SONY) gehört - und mich gelangweilt.
Grüße

Meinst Du Giullini mit dem London Philarmonic Orchestra, 1977?
Wenn es so ist, kann es mir schon vorstellen, daß diese Aufnahme für einige Leute langweilig ist. Seine Interpretation ist tatsächlich ziemlich verhalten. Wenn man ganz genau (konzentriert in Dunkel zum Beispiel) diese Interpretation und im fast Konzertsaal-Lautstärke hört, wird man bald merken (falls die Anlage das erlaubt), daß er sehr feine Arbeit mit den verschiedenen Instrumentengruppe leistet. Beeindruckend für mich sind die ganz keine feine Crescendi und Diminuendi der Streicher. Sehr gelungen zum Beispiel ist der Schluss vom ersten Satz. Das ist sicher nicht eine Interpretation für Hintergrundmusik und fordert mE vom Hörer absolute Konzentration und Entspannung. Ich würde Dich gern hier Einladen, um diese Interpretation unter anderen Voraussetzungen eine andere Chance zu geben. Auf jedem Fall das ist keine gewöhnliche Dvorak-Interpretation.

Grüße

titian


[Beitrag von leben_in_symphonie am 19. Feb 2005, 23:24 bearbeitet]
antiphysis
Stammgast
#29 erstellt: 20. Feb 2005, 00:13

leben_in_symphonie schrieb:

antiphysis schrieb:
Gerade habe ich Giulinis Dvorak 7 (SONY) gehört - und mich gelangweilt.
Grüße

Meinst Du Giullini mit dem London Philarmonic Orchestra, 1977?
titian


Diese Aufnahme meine ich nicht. Es handelt sich um die Aufnahme mit dem Concertgebouw Orkest von 1993. Sie ist gekoppelt mit einer Aufnahme von Dvoraks 9. Die habe ich aber noch nicht gehört. Immerhin: In guter Erinnerung ist mir eine Aufnahme der 9. unter Giulini, die bei der Deutschen Grammophon erschienen ist, das lässt mich für diese Symphonie hoffen.

Grüße
xuser
Stammgast
#30 erstellt: 20. Feb 2005, 01:07
Einen guten Eindruck von allen Mozart-Serenaden gibt IMO die TELDEC-CD von 1991 mit den Wiener Mozart-Bläsern, T. Zehetmair und der Staatskapelle Dresden.
Einzelne Stücke höre ich jedoch lieber mit Neville Marriner als Dirigent.

Gruss Beat
mimenda
Neuling
#31 erstellt: 08. Apr 2005, 12:36
Also, ich bin ein Harnoncourt-Fan, deshalb vielleicht recht subjektiv in meinem Urteil. Aufnahmen von ihm, die mir besonders gefallen, sind:
Mathäus- und Johannes-Passion
Beethovens Missa Solemnis
Messias
Beethovens Symphonien
Die Entführung aus dem Serail
Monteverdi: Il Ritorno di Ulisse in Patria (DVD)
op111
Moderator
#32 erstellt: 09. Apr 2005, 17:04
Vielleicht ist die schönste Aufnahme diese:

Antonín Dvorak
Sinfonische Dichtungen
Koninklijk Concertgebouworkest, Amsterdam
(alias Royal Concertgebouw Orchestra)


Teldec (Warner Music)

amazon.de

Gruß
F.
Sonate
Ist häufiger hier
#33 erstellt: 12. Apr 2005, 12:25
Hallo,

möchte auch meinen Senf zu diesem Thema geben. Ich kann mit dem Dirigenten Harnoncourt überhaupt nichts anfangen. Besitze von ihm die Beethovensinfonien, die Missa Solemnis, Violinkonzert und von Monteverdi den Orfeo. Meiner Meinung nach dirigiert er Beethoven, wie man eigentlich Mozart dirigieren sollte und umgekehrt. Für die Vergewaltigung von Haydns Schöpfung habe ich überhaupt kein Verständnis. Ich brauche keine verhaltene Erhabenheit und kontrollierte Extase. Das ist lediglich meine, rein subjektive Meinung; für die einsame Insel käme Harnoncourt jedenfalls nicht in Frage.

Gruß Rainer


[Beitrag von Sonate am 12. Apr 2005, 12:26 bearbeitet]
antiphysis
Stammgast
#34 erstellt: 12. Apr 2005, 22:41
Eine ausgesprochen positive Überraschung habe ich mit den Klavierkonzerten von Brahms erlebt, wobei ich nicht sicher bin, ob nicht Rudolf Buchbinder derjenige ist, der diesen Konzerten zu erfreulicher Frische verhilft.
Das concertgebouw unter Harnoncourt ist in diesen Aufnahmen angenehm dezent. Insgesamt ist die in anderen Interpretationen unüberhörbare Schwere verschwunden, ich meine sogar reichlich Humor wahrzunehmen.
Sehr empfehlenswert und preiswert (Warner-Budget-Serie apex).

Fulminant ist Harnoncourt im Übrigen mit seiner Interpretation von Bartoks Musik für Saiteninstrumente, Schagzeug und Celesta. Ähnliches würde ich für seine Smetana-Einspielung behaupten. Beide sind allerdings nicht als Schnäppchen zu haben.

Grüße
gantenbein67
Ist häufiger hier
#35 erstellt: 16. Apr 2005, 01:48
...ich will Euch den thread nicht vermiesen,

aber komme gerade aus einem Konzert Harnoncourt gegen Schubert, und ich muß Euch leider sagen, der arme Schubert hatte keine Chance gegen das undifferenzierte Dauerfortissimo des viel zu großen Orchesters; der musikalische Teil des Abends war grottenschlecht und langweilig.
Enttäuscht und doch wieder was dazu gelernt, zieht sich der Gantenbein wieder zurück..
...in seine Welt. In eine Welt, in der es Melodien und Zwischentöne gibt.
Tja.
nun denn..
cr
Inventar
#36 erstellt: 16. Apr 2005, 01:58
Die Mozart-Symphonien/Concertgebouw
Mozart-Klavierkonzerte mit Gulda
Haydn-Symphonien, Messen, Schöpfung
Mozart Requiem (SACD) gefällt mir dagegen nicht

Seine Barockmusik mag ich auch nicht sonderlich
op111
Moderator
#37 erstellt: 16. Apr 2005, 13:06

antiphysis schrieb:
... den Klavierkonzerten von Brahms erlebt, wobei ich nicht sicher bin, ob nicht Rudolf Buchbinder derjenige ist, der diesen Konzerten zu erfreulicher Frische verhilft.
Das concertgebouw unter Harnoncourt ist in diesen Aufnahmen angenehm dezent.


Hallo antiphysis,
ich habe in den letzten 15 Jahren Buchbinder mit den Brahmskonzerten oft im Konzert erlebt, ich schreibe dieses Verdienst eher ihm zu. Die Kombination Harnoncourt und Brahms finde ich auch bei den Sinfonien eher unglücklich.
Humor, Frische, Virtuosität ohne erdrückende und erstickende Melancholie findet sich in den Aufnahmen von Arthur Rubinstein, Leon Fleisher und Rudolf Serkin - letztere mit dem Cleveland Orchestra unter George Szell (Sony), der das Orchester nicht hinter dem Solisten zur Begleitung reduziert .
Die Aufnahme der Mozart-Symphonien mit dem Concertgebouw-Orkest hatte ich glatt vergessen, danke cr.

Gruß
Franz
antiphysis
Stammgast
#38 erstellt: 16. Apr 2005, 17:39
Dank Franz-J.,

mir gibt das Anlass, mich nun etwas intensiver mit Buchbinder zu beschäftigen. Zehn bis fünfzehn Jahre habe ich ihn etwas aus den Augen verloren. Damals hatte ich eine Aufnahme (es war wohl nicht Brahms) gehört, die mich sehr enttäuscht hat.
Seine Brahms-Interpretationen, auch bei den Solo-Werken, die den Klavierkonzerten begegeben sind, finde ich ausgesprochen anregend und spannend.
Bezüglich der Brahms-Symphonien unter Harnoncourt muss ich leider auch konstatieren, dass sie bei mir zumindest einene zwiespältigen Eindruck hinterlassen.

Für die Mozart-Symphonien hat Harnoncourt allerdings Pionierarbeit geleistet, wenn auch mittlerweile starke und überlegene Konkurrenz vorhanden ist.
Kreisler_jun.
Inventar
#39 erstellt: 05. Aug 2005, 12:38

antiphysis schrieb:

Für die Mozart-Symphonien hat Harnoncourt allerdings Pionierarbeit geleistet, wenn auch mittlerweile starke und überlegene Konkurrenz vorhanden ist.


Ja, wer denn?
Wer in historisch informierten Aufnahmen mehr sucht als "Marriner mit alten Instrumenten" (d.h. schnell, leicht, locker, elegant, der Zugang hat durchaus Meriten, ich schätze viele Einspielungen der englischen HIP-Schule, oft allerdings faute de mieux) kommt IMO an Harnoncourt nicht vorbei und hat auch 20 Jahre später nicht viele Alternativen (Eigentlich fallen mir nur Brüggen und Fey ein.)
Erstklassig und oft auf ihre Art einzigartig (dabei selbstverständlich in einzelnen Fällen anfechtbar, aber besser interessant und zum Widerspruch reizend als glatt und flach) sind IMO:

Mozart: Sinfonien mit dem Concertgebouw (besonders die beiden g-moll 25 & 40, 34, 35, 38, 39)
Mozart: Serenaden (Posthorn, Haffner usw.)
Mozart: Klavierkonzerte (488 & 537) mit Gulda
Mozart: Chorwerke (kenne zugegeben nicht alle, die Krönungsmesse ist aber zB super)

Haydn: Sinfonien (6-8, 45, 30, 31, 73 u.a.) mit dem Concentus musicus (die überschwenglich gelobten "Pariser" kenne ich allerdings noch nicht)

Händel: Concerti opp. 3&6, Orgelkonzerte mit Tachezi, super auch die "Cäcilienode", was ich sonst an Oratorien kenne mitunter durchwachsen (was aber ja leider auf fast alle erhältlichen Händelopern und -oratorien zutrifft)

Beethoven: Sinfonien u. Ouverturen, Missa (hier gibt es zugegeben viele gute andere Aufnahmen, HIP oder nicht-HIP, dennoch hat NH einzigartige Momente)

Etwas durchwachsen finde ich zB die "Londoner" Sinfonien mit dem Concertgebouw; hier würde ich Brüggens (oder einzelne traditionelle Aufnahmen) häufig vorziehen. Ebenso die Beehtovenschen Klavierkonzerte mit Aimard und das Violinkonzert (Kremer). Die sind zwar interessant und allemal hörenswerter als viele als Referenz gehandelte Langweiler, aber mir oft zu manieriert oder schlicht zu langsam.

Auf die Bach-Einspielungen dürfte eher zutreffen, dass es inzwischen viele ernstzunehmende Alternativen gibt. Dennoch gilt auch hier, dass wer die oft allzu geradlinigen englischen (oder flämischen) Interpretationen mit den entprechend "neutral" klingenden Sängern nicht für den idealen Bach hält, Harnoncourts dramatischere, rauhere Sichtweise eine Alternative ist, zumal die neueren Aufnahmen der Johannes- (ca. 1995) und der Matthäuspassion (ca. 2000) auch keineswegs mehr unter den spieltechnischen Schwierigkeiten der Pionieraufnahmen der späten 60er leiden.
Opern kenne ich allerdings bisher kaum eine mit ihm, ebensowenig Brahms, Bruckner usw. bzw. nur so flüchtig, dass ich nichts dazu sagen kann (zB Dvorak Klavierkonzert, kenne halt keine Alternative)

viele Grüße

JK jr.
Hilda
Stammgast
#40 erstellt: 07. Aug 2005, 14:33
Hallo

Kreisler_jun. schrieb:

Wer in historisch informierten Aufnahmen mehr sucht als "Marriner mit alten Instrumenten" (d.h. schnell, leicht, locker, elegant, der Zugang hat durchaus Meriten, ich schätze viele Einspielungen der englischen HIP-Schule, oft allerdings faute de mieux) kommt IMO an Harnoncourt nicht vorbei und hat auch 20 Jahre später nicht viele Alternativen (Eigentlich fallen mir nur Brüggen und Fey ein.)


Für die Mozart Symphonien würden mir als Alternative die Aufnahmen mit Peter Maag auf ARTS einfallen (mit dem Orchestra del Padova e Veneto oder so ähnlich...), die eine sehr schöne Balance zwischen Bläsern und Streichern aufweisen und sehr akzentuiert gestaltet sind.


Händel: Concerti opp. 3&6, Orgelkonzerte mit Tachezi, super auch die "Cäcilienode", was ich sonst an Oratorien kenne mitunter durchwachsen (was aber ja leider auf fast alle erhältlichen Händelopern und -oratorien zutrifft)


Das würde ich so nicht sagen - da hat sich in den letzten Jahren doch einiges getan. Jacobs Giulio Cesare, Minkowskis Hercules und Ariodante, Christies Alcina. Da gibt es doch viel ordentliches, meinst Du nicht?


Beethoven: Sinfonien u. Ouverturen, Missa (hier gibt es zugegeben viele gute andere Aufnahmen, HIP oder nicht-HIP, dennoch hat NH einzigartige Momente)


Von NH's Beethoven-Symphonien war ich enttäuscht - vielleicht kannst Du ja einige der einzigartigen Momente genauer benennen.Ich habe jetzt keine in Erinnerung - das muss aber nichts heissen...


Auf die Bach-Einspielungen dürfte eher zutreffen, dass es inzwischen viele ernstzunehmende Alternativen gibt. Dennoch gilt auch hier, dass wer die oft allzu geradlinigen englischen (oder flämischen) Interpretationen mit den entprechend "neutral" klingenden Sängern nicht für den idealen Bach hält, Harnoncourts dramatischere, rauhere Sichtweise eine Alternative ist, zumal die neueren Aufnahmen der Johannes- (ca. 1995) und der Matthäuspassion (ca. 2000) auch keineswegs mehr unter den spieltechnischen Schwierigkeiten der Pionieraufnahmen der späten 60er leiden.
Opern kenne ich allerdings bisher kaum eine mit ihm, ebensowenig Brahms, Bruckner usw. bzw. nur so flüchtig, dass ich nichts dazu sagen kann (zB Dvorak Klavierkonzert, kenne halt keine Alternative)


Sein Bruckner lässt mich eher gleichgültig zurück. Bisher habe ich allerdings nur 3,4,7 und 8 gehört. Die Dvorak-Sachen finde ich sehr schön.

An Opern habe ich Don Giovanni (da finde ich die DVD aus Zürich weitaus besser), Nozze di Figaro, Tito, Entführung und Zauberflöte (die finde ich grauenhaft...). Alles ganz OK, aber keine Aufnahmen für die ich andere liegen lassen würde... Sein Freischütz leidet unter einem nichtexistenten Max. Wottrich hätte beim Meistersinger David bleiben sollen...

Mit Bach ist das so eine Sache. Ich kann mit seinen neueren Sachen deutlich mehr anfangen (die von Dir angesprochenen Johannes- und Matthäus-Passion), finde aber, daß er inzwischen mit zu 'opernhaften' Stimmen arbeitet (Blasi und Lipovsek in der Johannes-Passion - das sind doch genau die Stimmtypen gegen die er Jahre zuvor ins Feld gezogen ist... da ist der Weg zu Marga Höffgen und Hertha Töpper doch nicht weit...).

Gruss
Klaus
Kreisler_jun.
Inventar
#41 erstellt: 07. Aug 2005, 16:49

Hilda schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:

Wer in historisch informierten Aufnahmen mehr sucht als "Marriner mit alten Instrumenten" (d.h. schnell, leicht, locker, elegant, der Zugang hat durchaus Meriten, ich schätze viele Einspielungen der englischen HIP-Schule, oft allerdings faute de mieux) kommt IMO an Harnoncourt nicht vorbei und hat auch 20 Jahre später nicht viele Alternativen (Eigentlich fallen mir nur Brüggen und Fey ein.)


Für die Mozart Symphonien würden mir als Alternative die Aufnahmen mit Peter Maag auf ARTS einfallen (mit dem Orchestra del Padova e Veneto oder so ähnlich...), die eine sehr schöne Balance zwischen Bläsern und Streichern aufweisen und sehr akzentuiert gestaltet sind.


Mir würden auch noch alle möglichen guten Alternativen einfallen (Ein Schnäppchen für eine geradlinig moderne Interpretationshaltung ist zB Bour/SWF als "Quattro" an historischen sollte man Kleibers und Furtwänglers g-moll kennen usw.), aber Maag ist ja nicht HIP, sondern traditionell bzw. teils ähnlich idiosynkratisch wie Harnoncourt, z.B. die extreme Phrasierung im Finale von #39 (ich kenne nur die beiden CDs mit 35-39), schätze diese Aufnahmen durchaus, aber Harnoncourt ist weitaus dramatischer.
Es ging mir eher, darum, dass NH hier wirklich ganz anders ist als "HIP-Mainstream" wie zB Pinnock: Moderne Instrumente, aber höchst idiosynkratische Phrasierungen und Tempi (vermutlich immer noch die schnellsten Menuette und die langsamsten Kopfsätze von Jupiter oder Prager) usw.




Händel: Concerti opp. 3&6, Orgelkonzerte mit Tachezi, super auch die "Cäcilienode", was ich sonst an Oratorien kenne mitunter durchwachsen (was aber ja leider auf fast alle erhältlichen Händelopern und -oratorien zutrifft)


Das würde ich so nicht sagen - da hat sich in den letzten Jahren doch einiges getan. Jacobs Giulio Cesare, Minkowskis Hercules und Ariodante, Christies Alcina. Da gibt es doch viel ordentliches, meinst Du nicht?


Ja klar. Wobei die aufgezählten und ein paar mehr (Christie Orlando zB, Rinaldo gibts auch ordentliche) es fast schon sind, oder? Ich hatte alllerdings eher die etwas älteren Oratorien mit Gardiner (oft von den Göttinger Festspielen)im Kopf, wo regelmäßig einer oder mehrere Sänger die sonst hervorragende Aufnahme verdirbt...
Für die Konzerte (wo es ja nicht an Aufnahmen mangelt) gilt IMO Ähnliches wie das oben zu Mozart gesagte: Gegenüber Harnoncourt wirken viele HIPster stromlinienförmig, keine Spur von "Klangrede"




Beethoven: Sinfonien u. Ouverturen, Missa (hier gibt es zugegeben viele gute andere Aufnahmen, HIP oder nicht-HIP, dennoch hat NH einzigartige Momente)


Von NH's Beethoven-Symphonien war ich enttäuscht - vielleicht kannst Du ja einige der einzigartigen Momente genauer benennen.Ich habe jetzt keine in Erinnerung - das muss aber nichts heissen...


Hier muß ich sagen, dass die Beethovensinfonien seinerzeit meine zweite Gesamteinspielung waren (nach der ordentlichen, aber doch ziemlich durchschnittlichen Kegel, damals schon billig), sozusagen jahrelang meine Referenz. Ich finde zugegeben nur die 3. und 7. so gut wie seine besten Mozart-, Haydn- und Händel-Sachen (1,2,4 und 8 auch sehr gut; 5 & 6 IMO die schwächsten im Zyklus). Das liegt natürlich u.a. daran, dass man bei Beethoven mehr Auswahl hat und schon vor HIP ein breiteres Spektrum an Interpretationen. Ich habe die jetzt auch schon länger nicht mehr gehört, aber zB Eroica im ersten Satz sehr schnelles Grundtempo, dennoch verglichen mit Gielen u.ä. flexibel, individuelle "sprechende" Phrasierungen (etwa Holzbläser in den Seitenthemen oder auch die Bläsersoli im Trauermarsch). Insgesamt finde ich hier eine Spontaneität wie sonst selten, auch wenn ich einiges manieriert oder nicht völlig überzeugend finde.



Sein Bruckner lässt mich eher gleichgültig zurück. Bisher habe ich allerdings nur 3,4,7 und 8 gehört. Die Dvorak-Sachen finde ich sehr schön.


Wie gesagt, das kenne ich kaum, interessiert mich auch sowohl vom Repertoire selbst weniger, als auch sehe ich nicht recht ein, warum ich das mit Harnoncourt hören muß.
(seine Bruckner 4 hab ich, aber ich mag nichtmal das Stück besonders, habe ich höchstens einmal durchgehört)



Mit Bach ist das so eine Sache. Ich kann mit seinen neueren Sachen deutlich mehr anfangen (die von Dir angesprochenen Johannes- und Matthäus-Passion), finde aber, daß er inzwischen mit zu 'opernhaften' Stimmen arbeitet (Blasi und Lipovsek in der Johannes-Passion - das sind doch genau die Stimmtypen gegen die er Jahre zuvor ins Feld gezogen ist... da ist der Weg zu Marga Höffgen und Hertha Töpper doch nicht


Naja. Blasi und Lipovsek sind erstklassig, Töpper ist schlicht grausam. Harnoncourt favorisierte soweit ich weiß nie die Sinuswellenstimmen wie Kirkby und ihre Nachfolgerinnen (vgl. z.B die Monteverdi-Opern: Donath, Berberian usw.), er ist lediglich von den Knabenstimmen weg. Klar sind bei Sängern die Geschmäcker noch individueller als sowieso schon (Hampson verschandelt ja leider auch schon einige der späteren Kantaten), aber hier sagen mir Harnoncourts meistens eher zu als zB Gardiner (sein Israel in Egypt (Philips) wird sobald der Chor schweigt, dadurch ruiniert, dass die Solisten aus dem Chor genommen wurden und einfach Schrott sind. Ich würde keinen einzigen Sänger aus Gardiners Matthäuspassion einem aus der neuen Harnoncourts vorziehen, mit ziemlichem Abstand).

Es liegt mir auch ferne, die genannten Aufnahmen als alleinige Referenz darzustellen, aber ein guter Teil ist IMO immer noch interessanter als eine Menge der nachgewachsenen Konkurrenz, egal ob 20 oder 30 Jahre alt, besonders wenn man nicht an einen "Optimum", sondern nach möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln interessiert ist.

JK jr.
Hilda
Stammgast
#42 erstellt: 07. Aug 2005, 17:31
Hallo Kreisler_jun.

(was für tags muss man denn verwenden um das schön formatierte blabla schrieb hinzubekommen??? oder macht Ihr Euch alle furchtbar Mühe???


aber Maag ist ja nicht HIP, sondern traditionell bzw. teils ähnlich idiosynkratisch wie Harnoncourt, z.B. die extreme Phrasierung im Finale von #39 (ich kenne nur die beiden CDs mit 35-39), schätze diese Aufnahmen durchaus, aber Harnoncourt ist weitaus dramatischer.


Harnoncourt mit dem Concertgebouw ist dann auch nicht HIP... Oder was macht HIP da dann aus? Ich habe leider die Partituren der Mozart-Symphonien nicht und bin auch kein Musikexperte, aber steht da alles auch so drin wie es Harnoncourt macht? Sicherlich gibt es auf modernem Instrumentarium häufig interessantere Alternativen als auf Originalinstrumenten. Ich würde HIP nicht auf die Verwendung alter Instrumente oder deren Kopien reduzieren wollen.


Moderne Instrumente, aber höchst idiosynkratische Phrasierungen und Tempi (vermutlich immer noch die schnellsten Menuette und die langsamsten Kopfsätze von Jupiter oder Prager) usw.


Die Verwendung idiosynkratischer Phrasierungen ist doch aber keine Qualität an sich, oder? Da ist Klemperer wohl genau so idiosynkratisch bei Bach... Mir ist schon klar, daß Du das nicht so gemeint hast, aber mein Problem mit Harnoncourt liegt häufig darin, daß ich das Gefühl habe, daß Dinge anders gemacht werden um des anders-machens-willen. (Fey finde ich da noch schlimmer - aus eigener Live Erfahrung hier in Heidelberg)
Wenn NH ein neues Werk erarbeitet wird das dann natürlich vom Marketing auch immer so ausgeschlachtet, als ob Generationen von Musikern völlig daneben lagen. Wieviel davon reine Marketingmasche ist und wieviel echte Absicht von NH vermag ich nicht zu beurteilen, aber es macht mich zumindest misstrauisch...


Ja klar. Wobei die aufgezählten und ein paar mehr (Christie Orlando zB, Rinaldo gibts auch ordentliche) es fast schon sind, oder?


OK - aber das sind doch schon mehr als vor zwanzig Jahren...


Ich hatte alllerdings eher die etwas älteren Oratorien mit Gardiner (oft von den Göttinger Festspielen)im Kopf, wo regelmäßig einer oder mehrere Sänger die sonst hervorragende Aufnahme verdirbt...


ACK - aber dafür gibt es chorisch selten gleichwertiges...


Für die Konzerte (wo es ja nicht an Aufnahmen mangelt) gilt IMO Ähnliches wie das oben zu Mozart gesagte: Gegenüber Harnoncourt wirken viele HIPster stromlinienförmig, keine Spur von "Klangrede"


auch ACK - aber könnte das nicht manchmal auch an den Stücken selbst liegen und ist die Klangrede nicht manchmal einfach Übertreibung?




Wie gesagt, das kenne ich kaum, interessiert mich auch sowohl vom Repertoire selbst weniger, als auch sehe ich nicht recht ein, warum ich das mit Harnoncourt hören muß.
(seine Bruckner 4 hab ich, aber ich mag nichtmal das Stück besonders, habe ich höchstens einmal durchgehört)


Das ist natürlich Schade...;) Vielleicht wird's ja noch was....



Naja. Blasi und Lipovsek sind erstklassig,


finde ich nicht - sind OK. Blasi gefällt mir mehr als Lipovsek, die schleift jeden zweiten Intervallsprung von unten an... Einigen wir uns auf Geschmackssache.


aber hier sagen mir Harnoncourts meistens eher zu als zB Gardiner (sein Israel in Egypt (Philips) wird sobald der Chor schweigt, dadurch ruiniert, dass die Solisten aus dem Chor genommen wurden und einfach Schrott sind. Ich würde keinen einzigen Sänger aus Gardiners Matthäuspassion einem aus der neuen Harnoncourts vorziehen, mit ziemlichem Abstand).


Full ACK zu Israel in Egypt. Bei den nun veröffentlichten Kantatenaufnahmen Gardiners auf seinem eigenen Label hat er jedoch bisher ein besseres Händchen bewiesen.

Du würdest Widmer Olaf Bär vorziehen????
Schmidt gegen Goerne ist fast unentschieden
Pregardiern ist ausser Konkurrenz :D, obwohl ich Rolfe Johnson live ausserordentlich beeindruckend fand.

Chance muss man nicht mögen, ist aber auf dieser Aufnahme noch sehr gut. Bernarda Fink ist auch Klasse, aber von Magnus singt wohl auch eher häufig weil sie die Tochter vom Papa ist

Mit ziemlichem Abstand sehe ich da niemanden vorne.


Es liegt mir auch ferne, die genannten Aufnahmen als alleinige Referenz darzustellen, aber ein guter Teil ist IMO immer noch interessanter als eine Menge der nachgewachsenen Konkurrenz, egal ob 20 oder 30 Jahre alt, besonders wenn man nicht an einen "Optimum", sondern nach möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln interessiert ist.


Ich mag den Begriff 'Referenz' eh nicht... Das ändert sich bei mir sowieso alle paar Jahre... Letztendlich ist man als Musiklaie ja doch aufs 'Geschmackhören' angewiesen.

Gruss
Klaus


[Beitrag von Hilda am 07. Aug 2005, 17:33 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#43 erstellt: 07. Aug 2005, 19:46

Hilda schrieb:



aber Maag ist ja nicht HIP, sondern traditionell bzw. teils ähnlich idiosynkratisch wie Harnoncourt, z.B. die extreme Phrasierung im Finale von #39 (ich kenne nur die beiden CDs mit 35-39), schätze diese Aufnahmen durchaus, aber Harnoncourt ist weitaus dramatischer.


Harnoncourt mit dem Concertgebouw ist dann auch nicht HIP... Oder was macht HIP da dann aus? Ich habe leider die Partituren der Mozart-Symphonien nicht und bin auch kein Musikexperte, aber steht da alles auch so drin wie es Harnoncourt macht? Sicherlich gibt es auf modernem Instrumentarium häufig interessantere Alternativen als auf Originalinstrumenten. Ich würde HIP nicht auf die Verwendung alter Instrumente oder deren Kopien reduzieren wollen.


nein ich auch nicht, es gibt ja inzwischen noch mehr "Hybride" wie z.B. Fey. Harnoncourt mit dem Concertgebouw ist IMO eben trotz der modernen Instrumente bei Mozart ungewöhnlicher und in gewisser Weise "HIPper" als z.B. Gardiner oder Pinnock mit alten Instrumenten.
Zu den Partituren: da steht natürlich ziemlich wenig drin, selten Legatobögen und Punkte, meist nur f und p (also kaum differenzierte dynamischen Vorschriften), das müssen die Musiker sich eh immer überlegen bzw. eben aus historischen Berichten oder der Tradition ergänzen, ebenso die Tempi und Temporelationen.



Die Verwendung idiosynkratischer Phrasierungen ist doch aber keine Qualität an sich, oder?


Natürlich nicht. Aber grob gesagt hatte man von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen früher bei Mozart die Wahl zwischen langweilig-gemütlich hübsch und federnd-spritzig hübsch (Böhm, Krips, Marriner usw. nach gusto einfügen). Dass überhaupt mal Pauken, Trompeten und Hörner deutlich hörbar sind, dass nicht alle allegros im flotten Einheitstempo und spritziger non-legato-Artikulation daherkommen, macht die Stücke für mich abwechslungsreicher und attraktiver.
Ich will die Prager Sinfonie auch nicht immer mit allen Wdh. vergleichsweise breitem tempo (der Kopfsatz dauert so fast 20 min!) und ungewöhnlichem legato hören, bevorzuge hier eher einen geradlinigeren Zugang. Aber sie so zu hören ist dennoch extrem faszinierend, der "klagende" Charakter des Seitensatzes wird wohl kaum einmal so herausgearbeitet wie hier.



aber mein Problem mit Harnoncourt liegt häufig darin, daß ich das Gefühl habe, daß Dinge anders gemacht werden um des anders-machens-willen. (Fey finde ich da noch schlimmer - aus eigener Live Erfahrung hier in Heidelberg)
Wenn NH ein neues Werk erarbeitet wird das dann natürlich vom Marketing auch immer so ausgeschlachtet, als ob Generationen von Musikern völlig daneben lagen. Wieviel davon reine Marketingmasche ist und wieviel echte Absicht von NH vermag ich nicht zu beurteilen, aber es macht mich zumindest misstrauisch...


Das mag seit ca. Anfang der 90er stimmen; die 30 Jahre vorher hat Harnoncourt aber meistens keinerlei Marketingmaschine zur Verfügung gehabt; im Gegenteil mußte er bis '69 neben dem Concentus noch bei den Symphonikern Cello spielen, um seine Familie durchzubringen. Und so weit ich gehört habe, waren die Musiker z.B. des Concertgebouworchesters oder später des Chamber Orchestra of Europe sehr angetan von der Arbeit mit ihm und durchaus überzeugt davon, manches anders zu machen.
Obwohl ich die Neujahrskonzerte nicht so toll fand, halten die Philharmoniker angeblich auch große Stücke auf ihn und er wurde wohl auf ausdrückliche Wunsch des Orchesters eingeladen. Übrigens ist er ja auch, dafür, dass er ein ganzes Stück älter ist (*1929) als etwa Norrington, Gardiner u.a. erst sehr spät zu nachbarocker oder nachklassischer Musik gekommen: Schubert, Beethoven usw. haben die jüngeren eigentlich alle vor ihm schon in den 80ern gemacht. Insofern trifft das mit dem Marketing natürlich auf alle anderen Musiker genauso oder in stärkerem Maße zu.




Für die Konzerte (wo es ja nicht an Aufnahmen mangelt) gilt IMO Ähnliches wie das oben zu Mozart gesagte: Gegenüber Harnoncourt wirken viele HIPster stromlinienförmig, keine Spur von "Klangrede"


auch ACK - aber könnte das nicht manchmal auch an den Stücken selbst liegen und ist die Klangrede nicht manchmal einfach Übertreibung?


Tja. Das ist natürlich schlecht festzustellen. Ist mir in erster Näherung auch egal: Wenn ein Stück einmal langweilig klingt, einmal nicht, bevorzuge ich keine Langeweile. Wenn Mozarts g-moll-Sinfonie elegant und leicht melancholisch klingt ist das IMO etwas wenig.
Für die eigentliche Barockmusik finde ich aber z.B. die Ausführungen Harnoncourts zur Klangrede überzeugend. Ich meine das aber noch allgemeiner. Ein sehr schönes Beispiel, wie Musik durch Phrasierung, Artikulation zum Sprechen gebracht wird ist in der berühmten Moldau-Probe Fricsays sehr schön zu hören (gibt's die eigentlich komplett auf Video/DVD?). Ich unterstelle erstmal, dass niemand etwas anders um des Andersmachens willen macht. Und sind die aus heutiger Sicht teils völlig übertriebenen Be- und Deschleunigungen bei Furtwängler oder das gnadenlose Durchziehen der tempi trotz offenbar überforderter Musiker bei Scherchen etwas anderes? Ich glaube nicht, dass die alle das machen, um es anders zu machen, sondern weil sie es für richtig halten. Es gibt sehr überzeugende Belege dafür, das viele Menuette in ganzen Takten genommen werden sollten, oder das andante eben wirklich wörtlich als zügig gehend gemeint war. In Dingen wie Phrasierung und Artikulation mag es schwieriger sein, mehr Phantasie erforderlich sein.
Die jüngere Generation (Minkowski, diverse Italiener, Concerto Koeln, Akademie f. alte Musik Berlin u.a.) sind hier IMO auch sehr interessant, kontrastreicher u.a.
Man kann das nur am individuellen Resultat entscheiden und letztlich natürlich nicht abschließen. Sicher gibt es viele gleichwertige Zugänge. Aber wenn immer noch Leute den Eindruck haben, Mozart seien ein paar harmlose Melodien und Barock sowieso Nähmaschinenmusik, sind mir alle Interpretationen willkommen, bei denen besonders deutlich wird, dass das nciht der Fall ist.




Wie gesagt, das kenne ich kaum, interessiert mich auch sowohl vom Repertoire selbst weniger, als auch sehe ich nicht recht ein, warum ich das mit Harnoncourt hören muß.
(seine Bruckner 4 hab ich, aber ich mag nichtmal das Stück besonders, habe ich höchstens einmal durchgehört)


Das ist natürlich Schade... Vielleicht wird's ja noch was....


Ich mag andere Brucknersinfonien sehr, finde die 4. jedoch von den bekannten die uninteressanteste. Ist allerdings (wie auch Dvorak) Musik, wo ich mit ein oder zwei Interpretationen in der Regel zufrieden bin, und nicht zig Alternativen haben muß.
Klar, das Harnoncourt in seinem Alter und seiner Position nun macht, worauf er Laut hat, dennoch wäre es mir lieber, er würde ein paar weniger bekannte Haydn-Sinfonien oder Händeloper/oratorium machen statt Dvorak oder Brahms, wo man die Straße mit alternativen Einspielungen pflastern kann...



Du würdest Widmer Olaf Bär vorziehen????
Schmidt gegen Goerne ist fast unentschieden
Pregardiern ist ausser Konkurrenz , obwohl ich Rolfe Johnson live ausserordentlich beeindruckend fand.
Chance muss man nicht mögen, ist aber auf dieser Aufnahme noch sehr gut.


Ich mag Countertenöre insgesamt nicht sehr, Chance noch weniger; ich habe die Aufnahmen jetzt ehrlich gesagt, nicht so gut im Kopf, finde den Gardiner (den ich auch nur asl Sicherheitskopie eines Freundes besitze insgesamt enttäuschend, schnell flach, kontrastarm, chorische Brillanz reicht hier eben nicht annähernd aus.




Es liegt mir auch ferne, die genannten Aufnahmen als alleinige Referenz darzustellen, aber ein guter Teil ist IMO immer noch interessanter als eine Menge der nachgewachsenen Konkurrenz, egal ob 20 oder 30 Jahre alt, besonders wenn man nicht an einen "Optimum", sondern an möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln interessiert ist.


Ich mag den Begriff 'Referenz' eh nicht... Das ändert sich bei mir sowieso alle paar Jahre... Letztendlich ist man als Musiklaie ja doch aufs 'Geschmackhören' angewiesen.


Klar, da ist auch nichts verkehrt daran.

(Das quoten macht er bei mir automatisch, eben ging es zuerst auch nicht, man muß drauf achten, dass immer gleichviel quotes "auf und zu" sind)

viele Grüße

JK jr
Hilda
Stammgast
#44 erstellt: 07. Aug 2005, 21:40
Hallo Kreisler_jun,


es gibt ja inzwischen noch mehr "Hybride" wie z.B. Fey. Harnoncourt mit dem Concertgebouw ist IMO eben trotz der modernen Instrumente bei Mozart ungewöhnlicher und in gewisser Weise "HIPper" als z.B. Gardiner oder Pinnock mit alten Instrumenten.


Zustimmung. Gardiners Mozart gefällt mir bei weitem nicht so wie sein Bach und Händel (liegt vielleicht wirklich an meiner Vorliebe für den Monteverdi-Chor...).


Aber grob gesagt hatte man von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen früher bei Mozart die Wahl zwischen langweilig-gemütlich hübsch und federnd-spritzig hübsch (Böhm, Krips, Marriner usw. nach gusto einfügen). Dass überhaupt mal Pauken, Trompeten und Hörner deutlich hörbar sind, dass nicht alle allegros im flotten Einheitstempo und spritziger non-legato-Artikulation daherkommen, macht die Stücke für mich abwechslungsreicher und attraktiver.


Ich würde jetzt Böhm und Marriner nicht unbedingt im gleichen Atemzug nennen, aber ich denke da sind wir d'accord. George Szell war da eine rühmliche Ausnahme. Leider habe ich nur eine einzige Mozart-Cd von ihm (Haffner, g-moll und Jupiter)



Ist mir in erster Näherung auch egal: Wenn ein Stück einmal langweilig klingt, einmal nicht, bevorzuge ich keine Langeweile. Wenn Mozarts g-moll-Sinfonie elegant und leicht melancholisch klingt ist das IMO etwas wenig.


Sympathische Einstellung Man sollte da nicht zu dogmatisch sein - wenn einem elegant und leicht melancholisch reicht ist es ja auch OK. Sicherlich hängt die Grundeinstellung mit der man z.B: an Mozart rangeht von der 'musikalischen Sozialisation' ab. Ich fand Mozart früher auch immer langweilig, kann inzwischen aber auch in vielen älteren 'eleganten' Aufnahmen Schönheiten entdecken. Ich mag zum Beispiel Kubeliks alte Aufnahme des Klarinettenkonzertes weit mehr als alle HIP-Versuche, die ich kenne.



Ein sehr schönes Beispiel, wie Musik durch Phrasierung, Artikulation zum Sprechen gebracht wird ist in der berühmten Moldau-Probe Fricsays sehr schön zu hören (gibt's die eigentlich komplett auf Video/DVD?)


Die kam kürzlich auf Eins Festival oder so einem digitalen Zusatzsender. Ich kann seitdem fast keine andere Moldau mehr anhören. Keiner bekommt die Bauernhochzeit so hin wie Fricsay...



Die jüngere Generation (Minkowski, diverse Italiener, Concerto Koeln, Akademie f. alte Musik Berlin u.a.) sind hier IMO auch sehr interessant, kontrastreicher u.a.
Man kann das nur am individuellen Resultat entscheiden und letztlich natürlich nicht abschließen. Sicher gibt es viele gleichwertige Zugänge. Aber wenn immer noch Leute den Eindruck haben, Mozart seien ein paar harmlose Melodien und Barock sowieso Nähmaschinenmusik, sind mir alle Interpretationen willkommen, bei denen besonders deutlich wird, dass das nciht der Fall ist.


Da sind wir uns auch prinzipiell einig, allerdings tendieren nun manche Italiener bei Vivaldi schon wieder zum Manierismus in der Art: wieviele verschiedene Vogelstimmen kann ich mit meiner Geige nachmachen und wie kalt kann ich den Winter klirren lassen...
Das ist dann wieder Nähmaschinenmusik auf 'häßliche' Art, wo HIP verstanden wird als: so schnell und rauh wie möglich. Ei n Negativ-Beispiel ist in dieser Hinsicht Minkowskis Messias - da ist für mich Tempomässig eine Grenze erreicht, bei der die Stücke einfach nicht mehr 'funktionieren'. Ich erinnere mich da auch an einen Ausspruch Goebels auf die Frage, warum sie eine Stelle so schnell spielen: "Weil wir es können". ich weiss nicht, ob das eine urban legend ist, aber wenn es stimmt, halte ich es für dämlich...

Was Rene Jacobs mit der Akademie für Alte Musik gemacht hat, steht auch ganz oben auf meiner Hitliste - der sollte mal eine Bach-Passion mit dem RIAS-Kammerchor machen, das könnte interessant sein. Bis auf das mir zu langsame 'Et in terra pax' hat er meine Lieblings h-moll Messe gemacht. Hier leidet Gardiner übrigens auch an den Ripienisten aus dem Chor...




Ich mag andere Brucknersinfonien sehr, finde die 4. jedoch von den bekannten die uninteressanteste. Ist allerdings (wie auch Dvorak) Musik, wo ich mit ein oder zwei Interpretationen in der Regel zufrieden bin, und nicht zig Alternativen haben muß.


Das ist interessant. Die 4.Bruckner war mein Einstieg in die Welt Bruckners und ich höre sie immer noch gerne. Früher die Knaller-Stellen und jetzt eher den zweiten Satz.
Was die verschiedenen Interpretationen betrifft hast Du sicherlich Recht - ich leide auch darunter, daß ich einen zweitausendeins Laden in der Nähe habe und immer Sachen kaufe, die ich eigentlich nicht brauche


Ich mag Countertenöre insgesamt nicht sehr, Chance noch weniger; ich habe die Aufnahmen jetzt ehrlich gesagt, nicht so gut im Kopf, finde den Gardiner (den ich auch nur asl Sicherheitskopie eines Freundes besitze insgesamt enttäuschend, schnell flach, kontrastarm, chorische Brillanz reicht hier eben nicht annähernd aus.


Meine Vorliebe kann auch daran liegen, daß ich Gardiners Matthäus-Passion in fast identischer Besetzung beim Europäischen Musikfest '88 in Stuttgart live gehört habe. Bei der Erinnerung an das Chorpiano im 'Wenn ich einmal soll scheiden' bekomme ich immer noch Gänsehaut. Er ist eigentlich nicht übermässig schnell (wenn man McCreesh und Max besitzt...), sicherlich klingt er 'glatter' als Harnoncourt, aber kontrastarm empfand ich ihn eigentlich nie...

Gruss
Klaus
Kreisler_jun.
Inventar
#45 erstellt: 07. Aug 2005, 23:03

Hilda schrieb:


Aber grob gesagt hatte man von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen früher bei Mozart die Wahl zwischen langweilig-gemütlich hübsch und federnd-spritzig hübsch (Böhm, Krips, Marriner usw. nach gusto einfügen). Dass überhaupt mal Pauken, Trompeten und Hörner deutlich hörbar sind, dass nicht alle allegros im flotten Einheitstempo und spritziger non-legato-Artikulation daherkommen, macht die Stücke für mich abwechslungsreicher und attraktiver.


Ich würde jetzt Böhm und Marriner nicht unbedingt im gleichen Atemzug nennen, aber ich denke da sind wir d'accord. George Szell war da eine rühmliche Ausnahme. Leider habe ich nur eine einzige Mozart-Cd von ihm (Haffner, g-moll und Jupiter)


Böhm ist langweilig-gemütlich und Marriner federnd-spritzig..
Es gibt AFAIK kaum mehr mit Szell (eine #34 habe ich noch auf LP) und es gibt selbstverständlich noch mehr rühmlich Aufnahmen, zB Markevitch (in der DG Box), E. Kleiber (AFAIK nur g-moll) u.a., die ich nicht kenne; so habe ich zB nie Walters Mono-Aufnahmen gehört. Klemperer ist gewiß auch nicht gemütlich (kenne nur die Linzer)




Ist mir in erster Näherung auch egal: Wenn ein Stück einmal langweilig klingt, einmal nicht, bevorzuge ich keine Langeweile. Wenn Mozarts g-moll-Sinfonie elegant und leicht melancholisch klingt ist das IMO etwas wenig.


Sicherlich hängt die Grundeinstellung mit der man z.B: an Mozart rangeht von der 'musikalischen Sozialisation' ab. Ich fand Mozart früher auch immer langweilig, kann inzwischen aber auch in vielen älteren 'eleganten' Aufnahmen Schönheiten entdecken. Ich mag zum Beispiel Kubeliks alte Aufnahme des Klarinettenkonzertes weit mehr als alle HIP-Versuche, die ich kenne.


Ich fand Mozart zu meiner Schande von etwa 15-17, wenn nicht langweilig, so doch weniger interessant als Beethoven oder Haydn, und bin zwar auch mit Böhms, Krips' und Marriners Platten aufgewachsen, habe aber den Irrtum schon eingesehen, bevor ich Harnoncourts CDs kannte. Und sicher hängt so eine Fehleinschätzung nur sehr vage mit den Interpretationen zusammen.
Vom Klarinettenkonzert kenne ich noch gar keine HIP-Einspielung, sondern auch nur Leister/Kubelik und Orpheus CO.




Ein sehr schönes Beispiel, wie Musik durch Phrasierung, Artikulation zum Sprechen gebracht wird ist in der berühmten Moldau-Probe Fricsays sehr schön zu hören


Die kam kürzlich auf Eins Festival oder so einem digitalen Zusatzsender. Ich kann seitdem fast keine andere Moldau mehr anhören. Keiner bekommt die Bauernhochzeit so hin wie Fricsay...


Und v.a wie er das versucht den Musikern klarzumachen, großartig; ich habe vor ein paar Wochen einen Ausschnitt in einer Sendung über Fricsay gesehen (und habe die Probe natürlich auf CD)
Fricsay war wirklich ein tragischer Verlust; ich bin ja erst wesentlich später geboren, aber ich könnte mir vorstellen, dass er mit solchen TV-Konzerten in den 60ern einen ähnlichen Einfluß wie Bernstein in den Staaten hätte haben können, wenn er länger gelebt hätte



Das ist dann wieder Nähmaschinenmusik auf 'häßliche' Art, wo HIP verstanden wird als: so schnell und rauh wie möglich. Ei n Negativ-Beispiel ist in dieser Hinsicht Minkowskis Messias - da ist für mich Tempomässig eine Grenze erreicht, bei der die Stücke einfach nicht mehr 'funktionieren'. Ich erinnere mich da auch an einen Ausspruch Goebels auf die Frage, warum sie eine Stelle so schnell spielen: "Weil wir es können". ich weiss nicht, ob das eine urban legend ist, aber wenn es stimmt, halte ich es für dämlich...


Den Messias habe ich sogar im Schrank, aber noch nicht gehört; höchst empfehlenswert sind jedenfalls die CDs mit dem Dixit Dominus etc. und die Kantaten mit Kozena. Als ich die neu hatte, hatte ich Delirio amoroso fast durchgehend im Player.
Zustimmung bzgl Jacobs. Die Goebel-Anekdote habe ich auch gehört, weiß nicht ob das stimmt; in der Tat sind aber bei den Brandenburgischen nur in 3 oder 4 Sätzen (allen voran im 6. Konzert, sowie das Finale des 3.) die Tempi von MAK deutlich schneller als bei anderen HIP-Einspielungen




Ich mag andere Brucknersinfonien sehr, finde die 4. jedoch von den bekannten die uninteressanteste.


Das ist interessant. Die 4.Bruckner war mein Einstieg in die Welt Bruckners und ich höre sie immer noch gerne. Früher die Knaller-Stellen und jetzt eher den zweiten Satz.


Die 4. ist ja auch die klassische Einstiegssinfonie, meine waren eher 3,7, 8 und komischerweise 5 (IIRC die erste, die ich selbst gekauft habe); ich mag eigentlich nur den langsamen Satz (obwohl da kann man auch gleich das Orignal aus Schuberts Es-Dur-Trio hören :L)
Zur Matthäuspassion noch ein ganz interessanter link:
http://schadock.macbay.de/misc/mapa.htm

viele Grüße

JK jr.
Hilda
Stammgast
#46 erstellt: 07. Aug 2005, 23:27
Kreisler_jun. schrieb:


Böhm ist langweilig-gemütlich und Marriner federnd-spritzig..


OK - lass ich gelten


es gibt selbstverständlich noch mehr rühmlich Aufnahmen, zB Markevitch (in der DG Box)


Das klingt interessant - Markevich mag ich sehr gerne.


Und v.a wie er das versucht den Musikern klarzumachen, großartig; ich habe vor ein paar Wochen einen Ausschnitt in einer Sendung über Fricsay gesehen (und habe die Probe natürlich auf CD)
Fricsay war wirklich ein tragischer Verlust; ich bin ja erst wesentlich später geboren, aber ich könnte mir vorstellen, dass er mit solchen TV-Konzerten in den 60ern einen ähnlichen Einfluß wie Bernstein in den Staaten hätte haben können, wenn er länger gelebt hätte


Volle Zustimmung! Hat er eigentlich auch Mozart Symphonien gemacht? ich hab' nur die c-moll Messe...


Den Messias habe ich sogar im Schrank, aber noch nicht gehört;


lass ihn dort


die Kantaten mit Kozena. Als ich die neu hatte, hatte ich Delirio amoroso fast durchgehend im Player.


Die ist ja auch Klasse Wieder ein Beispiel, wie schwierig es ist zu pauschalisieren...


Die Goebel-Anekdote habe ich auch gehört, weiß nicht ob das stimmt; in der Tat sind aber bei den Brandenburgischen nur in 3 oder 4 Sätzen (allen voran im 6. Konzert, sowie das Finale des 3.) die Tempi von MAK deutlich schneller als bei anderen HIP-Einspielungen


Die Brandenburgischen habe ich auch - finde die auch nicht so schlimm.


Zur Matthäuspassion noch ein ganz interessanter link:
[url]http://schadock.macbay.de/misc/mapa.htm
[/url]

Danke für den Link! Wie man sich täuschen kann... Müsste ich direkt mal für mich erweitern. Gardiner und Harnoncourt liegen allerdings in Summe auch keine Welten auseinander 2:37 zu 2:42 ist ja jetzt nicht die Welt. Da sieht man wieder, wie teilweise die 'gefühlten' Tempi von den gemessenen abweichen.

ich gehe jetzt zurück zu meinen Prager Symphonien. Gerade läuft Hogwood - irgendwie nicht Fisch nicht Fleisch. Streicherbetonter als Maag... Daß da überhaupt Hörner mitspielen...


Gruss
Klaus
Susanna
Hat sich gelöscht
#47 erstellt: 08. Aug 2005, 00:59

Hilda schrieb:
Hat er eigentlich auch Mozart Symphonien gemacht?

Hallo Klaus,

am 23.8.05 erscheint "voraussichtlich" (jpc)

Symphonie Nr. 41 "Jupiter"
+Die Zauberflöte-Ouvertüre;Klarinettenkonzert KV 622
Wien SO, RIAS SO, RSO Berlin, Ferenc Fricsay
CD
EUR 4,99

Morgen, 9. August (* 1914), hat Ferenc Fricsay Geburtstag!

Gruß,
Susanna
Kreisler_jun.
Inventar
#48 erstellt: 08. Aug 2005, 14:22

Susanna schrieb:

Hilda schrieb:
Hat er eigentlich auch Mozart Symphonien gemacht?


am 23.8.05 erscheint "voraussichtlich" (jpc)

Symphonie Nr. 41 "Jupiter"
+Die Zauberflöte-Ouvertüre;Klarinettenkonzert KV 622
Wien SO, RIAS SO, RSO Berlin, Ferenc Fricsay
CD
EUR 4,99

Morgen, 9. August (* 1914), hat Ferenc Fricsay Geburtstag!


Besten Dank für den Hinweis! Wo findet man das bei jpc?
Ich hätte allerdings gehofft, dass die drei in Mono mit dem RIAS-SO aufgenommenen Sinfonien (29, 35, 41) zusammen erscheinen, fürchte sehr, dass die DG-Idioten die spätere Jupiter genommen haben, die war erstens immer mal wieder als Resonance u.ä. erhältlich, zweitens finde ich abwechselnd mono/stereo auf einer CD nervig (das Klar.konzert ist Mono) und schlimmstens ist die ältere Aufnahme AFAIK besser...
Morgen werde ich dann mal Verdis oder Mozarts Requiem mit Fricsay auflegen.

viele Grüße

JK jr.
Kreisler_jun.
Inventar
#49 erstellt: 08. Aug 2005, 14:23

Hilda schrieb:
Kreisler_jun. schrieb:


es gibt selbstverständlich noch mehr rühmlich Aufnahmen, zB Markevitch (in der DG Box)


Das klingt interessant - Markevich mag ich sehr gerne.


Von denen, die ich kenne, vielleicht die beste der "Original Masters" Boxen. Prager, Haffner und vor allem #34 sind hervorragend gut, ebenso Haydns Sinfonie Concertante, Schubert 3 ist vielleicht mein Favorit vor Kleibers und Maazels Aufnahmen; zum Rest kann ich aus dem Stand nicht soviel sagen, nur dass ich alles sehr hörenswert fand, wenn man Markevitchs drahtigen Zugang schätzt. Klang größtenteils ziemlich gut (etwa halb und halb mono/stereo, IIRC)



Volle Zustimmung! Hat er eigentlich auch Mozart Symphonien gemacht? ich hab' nur die c-moll Messe...


Es gibt späte Aufnahmen von 29, 39-41, sowie Monoeinspielungen von 29, 35 und 41. Letztere waren wohl nur in Japan auf CD erhältlich. Opern natürlich, Klavierkonzerte mit Haskil (die kenne ich aber nicht), das Requiem (eigtl. Rundfunkaufnahme, aber zwischendurch mal von DG erhältlich) und noch ein paar Kleinigkeiten.
Mozart und Bartok waren nach eigener Aussage Fricsays Lieblingskomponisten. Inzwischen werden zum Glück tröpfchenweise die Aufnahmen wieder erhältlich.




Zur Matthäuspassion noch ein ganz interessanter link:
http://schadock.macbay.de/misc/mapa.htm


Danke für den Link! Wie man sich täuschen kann... Müsste ich direkt mal für mich erweitern. Gardiner und Harnoncourt liegen allerdings in Summe auch keine Welten auseinander 2:37 zu 2:42 ist ja jetzt nicht die Welt. Da sieht man wieder, wie teilweise die 'gefühlten' Tempi von den gemessenen abweichen.

Tempo allein macht es natürlich nicht, dazu muß man auch die einzelnen Stücke betrachten; ich bin inwzischen aber auch so sozialisiert, dass ich einige Vor-HIP-Tempi (10 min und mehr für den Eingangschor oder "Mache Dich mein Herze, rein" als adagio lamentoso...) nur noch schwer ertragen kann...

viele Grüße

JK jr.
Susanna
Hat sich gelöscht
#50 erstellt: 08. Aug 2005, 16:09

Kreisler_jun. schrieb:
Wo findet man das bei jpc?

Hallo Kreisler,

hier:
http://www.jpc.de/jp.../classic/rsk/hitlist

Ich hätte auch lieber nicht gerade die Jupiter.

Hier kann man noch vorbestellen, weil vergriffen:

http://www.amazon.de.../302-0508160-6038420

Viele Grüße,
Susanna
Kreisler_jun.
Inventar
#51 erstellt: 08. Aug 2005, 17:01

Susanna schrieb:

Kreisler_jun. schrieb:
Wo findet man das bei jpc?


hier:
http://www.jpc.de/jp.../classic/rsk/hitlist

Ich hätte auch lieber nicht gerade die Jupiter.


Bizarr, eine Suche nach "Mozart und "Fricsay" hat es nicht gefunden, wie hast Du gesucht? Es ist definitiv die "falsche" Aufnahme.
Ich hoffte auf Mono-Aufnahmen von 29, Haffner und Jupiter mit dem RIAS (ich habe sie von einem sehr netten Zeitgenossen, der zwei auf einer japanischen CD hatte und die dritte selbst von LP überspielt hat, als Kopie) Sogar die LPs von diesen Aufnahmen sind nicht leicht zu finden!



Hier kann man noch vorbestellen, weil vergriffen:

http://www.amazon.de.../302-0508160-6038420


Das sind wieder die späteren Stereo-Aufnahmen mit den Sinfonikern; auch auf LP kriegt man die nachgeworfen; ich habe 29 & 39 aus derselben Zeit auf CD. Die sind nicht schlecht, aber diese 4 wurden zu einer Zeit aufgenommen als Fricsay schon schwer krank war, die Tempi sind teils deutlich langsamer, der Stil insgesamt "romantischer", nicht so nach meinem Geschmack wie der jüngere Fricsay. Dazu waren damals die Wiener Sinfoniker kein Vergleich zu den von Fricsay selbst zusammengeschweißten RIAS-Leuten...

Naja, war auch kaum anders zu erwarten. Universal ist ein Saftladen geworden. Zwar gibt es erfreulich viele Wiederveröffentlichungen historischer Aufnahmen, aber offenbar ohne irgendeinen Plan: Innerhalb von knapp zwei Jahren werden diesselben Aufnahmen als Teil der "Original Masters" Boxen und einzeln (zB als "eloquence" oder "Musik - Sprache der Welt") wiederveröffentlicht: Bsp. Fricsay: Sommernachtstraum, Hartmanns 6. Sinfonie, jeweils mit anderen Werke kombiniert, der Sammler muß Dubletten in Kauf nehmen, anderes bleibt wieder im Archiv....

viele Grüße

JK jr.
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Harnoncourt Bonmot über Karajan & Porsche: Wer kennt es?
Domspatz am 27.03.2006  –  Letzte Antwort am 03.04.2006  –  19 Beiträge
Dirigenten: "Neue Dirigenten?"
drbobo am 11.02.2004  –  Letzte Antwort am 06.06.2004  –  28 Beiträge
Toscanini-Aufnahmen
Mariusz35 am 23.06.2004  –  Letzte Antwort am 28.06.2004  –  12 Beiträge
Gardiner, John Eliot: Ein Mann für alle Fälle ?
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robodoc am 04.01.2014  –  Letzte Antwort am 17.01.2014  –  7 Beiträge
Sawallisch, Wolfgang: Seine besten Aufnahmen
Alfred_Schmidt am 12.05.2004  –  Letzte Antwort am 10.03.2013  –  31 Beiträge
Rostropovich - Welche Aufnahmen muss man haben?
Marthaler am 14.01.2005  –  Letzte Antwort am 27.04.2007  –  8 Beiträge
Kleiber, C.: Aufnahmen mit Carlos Kleiber
Mariusz35 am 25.06.2004  –  Letzte Antwort am 08.02.2005  –  29 Beiträge
Oistrach, David: Kennt jemand die Aufnahmen bei Brilliant?
Heinerich am 18.02.2007  –  Letzte Antwort am 14.05.2008  –  17 Beiträge

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