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Eure Konzert-Erlebnisse - der Konzert-Thread

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enkidu2
Inventar
#201 erstellt: 19. Jul 2009, 17:32
Letztes Wochenende, 11.7., war ich nach langer Abstinenz mal wieder in einem Konzert, um Klassik live zu hören. Anläßlich der 24. Eltviller Burghofspiele musizierte das Orchestre Philharmonique du Luxembourg im schönen Friedrich-von-Thiersch-Saal des Wiesbadener Kurhauses unter der Leitung von Emmanuel Krivine.

Auf dem Programm standen:
- Werke von Felix Mendelssohn -- es ist ja Mendelssohn Jahr -- und zwar einleitend die Hebriden-Ouvertüre op. 26 und das Violinkonzert op. 64 e-Moll.
- die Sinfonie Nr. 2 op. 61 von Robert Schumann, wohl im Vorgriff auf das kommende Schumann-Jahr.

Solistin des Abends war Carolin Widmann. Die Geigerin war mir bislang gänzlich unbekannt. Headlines wie "Für Carolin Widmann ist die Geige ein Kampfobjekt" (Welt Online) oder "Morgen kann ich das" mit der Unterzeile "Carolin Widmann ist die eigensinnigste Geigerin ihrer Generation" (Zeit Online) erachte ich auch nicht sonderlich als Empfehlung. Aber mit ihre Portraits habe ich auch erst im nachhinein recherchiert. Jedenfalls ist noch anzumerken, dass Frau Widmann hoch schwanger auftrat, was man einerseits als höchst respektabel oder aber auch als bedenklich ansehen mag.

Der Wiesbadener Kurier notierte, dass Chefdirigent Emmanuel Krivine sein Orchestre Philharmonique du Luxembourg ausnehmend engagiert leitete und viel Wert aufs Detail legte, während der große musikalische Zusammenhang verlässlich einstudiert sei. Auch in den üppigen Passagen klänge das Orchester außergewöhnlich kultiviert. Weiche Rundungen, galant vorgestellte Motive und der rollende Donner der vielen Streicher flössen nahtlos ineinander. -- Wenn ich das lese, denke ich, ich wäre in einem anderen Konzert gewesen. Im Rang sitzend habe ich vor allem wahrgenommen, dass das Orchester ausgesprochen laut spielte und zwar fast durchgängig. Es war teilweise so unangenehm, dass ich bei mir daheim die Lautstärke an der Anlage runter geregelt hätte. Am ehesten hat mir noch die Hebriden-Ouvertüre zugesagt. Aber bei Schumanns 2. Sinfonie war es zuviel des Guten. Laut, wenig differenziert und wenig packend. Ich halte ja zugute, dass die Zweite nicht so sehr mein Fall ist und mir unter den Schumann Sinfonien wohl am wenigsten behagt. Aber Gardiners Einspielung mit dem ORR, die ich gerade am PC höre, vermag mich doch einigermaßen in ihren Bann zu ziehen. Also geht es doch anders.

In gleicher Weise bejubelte Daniel Honsak in seiner Konzertbesprechung für den WK auch das Spiel von Carolin Widmann. "Die junge Geigerin Carolin Widmann stößt auf ein sehr empfindsam musizierendes Orchester." Nun, zumindest spielte das OPL deutlich leiser, vielleicht mit Rücksicht auf die dünn und schwach klingende Geige der Solistin oder aber, was ich eher hoffe, mit Rücksicht auf das im Mutterleib befindliche zarte Lebewesen. Was mich irritierte, war der eher dünne und magere Klang der Geige, den ich auch höher/spitzer wahrgenommen hatte, als ich es von diversen CD Einspielungen des Mendelssohnschen Violinkonzerts gewohnt war. Es war mein erstes, live erlebtes Violinkonzert. Sind Solo-Geigen tatsächlich so schwach und kraftlos? Oder ist es die Ton-Regie bei den Schallaufnahmen, die die Solo-Geige zum gleichwertigen Partner des Orchesters werden lässt? An Carolin Widmann dürfte es nicht gelegen haben, denn wild war ihr Spiel schon, soweit es eben die Umstände zulassen. Aber insgesamt konnte ich mich mit dem gehörten nicht anfreunden. Ich weiß, dass mir das Konzert nicht durchgängig behagt, aber das hier war noch einmal ein Abfall gegenüber mir so vertrauten Einspielungen wie z.B. mit Mutter und Karajan.

Nach 2 Stunden inklusive Pause war alles dann zu Ende. Zugaben gab es keine. Und ich war nicht einmal traurig darüber.


Aber nach diesem Reinfall bin ich schon auf das nächste Konzert gespannt: Janine Jansen spielt im August am gleichen Ort Béla Bartóks Violinkonzert Nr. 1 Sz 36 und die Rhapsodie Nr. 1 für Violine und Orchester. Der Name sagt mir diesmal sogar was, obwohl ich keine CD von ihr habe. Begleitet wird sie dann vom hr-Sinfonieorchester unter Paavo Järvi. Umrahmt wird das ganze noch von Zoltan Kodálys Konzert für Orchester
und Antonín Dvoráks Sinfonie Nr. 7 d-Moll op. 70.

Gruß enkidu2
Martin2
Inventar
#202 erstellt: 01. Feb 2010, 23:17
Ich war gestern in einem vom Programm her sehr unternehmungslustigen Konzert mit den Lübecker Philharmonikern, da ich in Lübeck zu Besuch war ( sonst lebe ich ja in Hamburg ). Das ausgefallene Programm

Johann Christian Bach ( 1735 - 1782)
Ouvertüre und Suite aus der Oper Amadis de Gaules

Johann Nepumuk Hummel ( 1778 - 1837)
Konzert für Trompete E - Dur

Paul Wranitzky ( 1756 - 1808)
Sinfonie D Dur Opus 36


Es waren also alles Stücke der Zeit der musikalischen Klassik mit Komponisten, die deutlich im Schatten von Haydn, Mozart und Beethoven standen. Der Saal war auch nicht ausverkauft, der Dirigent allerdings der sicher nicht unbekannte Dieter Göbel; das Orchester im übrigen deutlich abgespeckt.

Mir hats gefallen, vor allem der Johann Christian Bach, teilweise hatte das ein schönes Melos, auch der Hummel war nicht schlecht, während der Wranitzky ein eingängiges, aber nicht nobles und etwas simples Motiv im ersten Satz hatte, ich die Musik aber nicht so gut fand. Dieter Göbel dirigierte den Wranitzky allerdings mit Hingabe.
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#203 erstellt: 02. Feb 2010, 11:12
Hallo Martin,

Martin2 schrieb:
...der Dirigent allerdings der sicher nicht unbekannte Dieter Göbel...

Die Namensähnlichkeit machte mich neugierig. Und tatsächlich stand jener Reinhard Goebel, der Gründer, langjährige Leiter und Primargeiger der von mir so geschätzten Musica Antiqua Köln am Pult der Lübecker Philharmoniker. Schön zu lesen, dass Goebel, der vor ein paar Jahren aufgrund einer Erkrankung die Geige durch den Dirigentenstab eintauschen musste, weiterhin aktiv in Erscheinung tritt.

Und die Paarung Reinhard Goebel - Matthias Höfs (Trompete) hätte mich auch sehr zu hören gereizt. Prof. Höfs gilt in Blechbläserkreisen derzeit als einer der profiliertesten deutschen Trompeter, dessen atemberaubende Technik es ihm erlaubt Trompetenkonzerte so differenziert auszumusizieren als hätte er eine Violine in der Hand... Das virtuose Hummel-Konzert ist neben seinem berühmten Schwesterwerk, dem F-dur-Konzert von Haydn, übrigens DAS klassische Standardwerk der Gattung schlechthin, keineswegs Nischenrepertoire!

Gruß, Kaddel


[Beitrag von Kaddel64 am 02. Feb 2010, 11:30 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#204 erstellt: 08. Feb 2010, 23:16
Danke Kaddel,

ja, Göbel hatte ich in der Tat schon mal gehört, nur mit dem Vornamen war ich schlampig. Ich wußte gar nicht, daß der Höfs so berühmt ist. Aber es war in der Tat ein sehr schönes Konzert und auf die Lübecker Philharmoniker ( mein Heimatorchester, weil ich zwar in Hamburg lebe, aber in Lübeck aufgewachsen bin) lasse ich nichts kommen.

Gruß Martin
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#205 erstellt: 10. Feb 2010, 15:01
Hallo Martin,

für Dich als Hamburger und Elgar-Fan müsste das Abo-Konzert der Philharmoniker Hamburg am kommenden Sonntag/Montag in der Laeiszhalle doch Pflichtprogramm sein:
- Vaughan Williams: Tallis Fantasia
- Elgar: Cellokonzert & Enigma-Variationen
Alisa Weilerstein, Philharmoniker Hamburg, Simone Young

Ich bin noch am Überlegen. Wenn, dann werde ich Montag hingehen.

Gruß, Kaddel
Martin2
Inventar
#206 erstellt: 17. Feb 2010, 00:18
Hallo Kaddel,

danke für den Tip!! Und ich bin ihm übrigens auch nachgekommen und war gestern in der Musikhalle. Es war ein sehr schönes Konzert. Ohne Deinen Hinweis hätte ich das wahrscheinlich verpaßt.

Gruß
Martin
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#207 erstellt: 17. Feb 2010, 10:34
Hallo Martin,
freut mich, dass es dir gefallen hat, hätte ich auch besuchen sollen. Ich hatte dann aber Zinman mit dem NDR am morgigen Donnerstag vorgezogen. Nachdem Zinman aber wegen Krankheit abgesagt hat, werde ich mir auch das schenken... Zumal das Programm (Mozart KK KV453 und Strauss Alpensinfonie ) mich an sich nicht sooo lockt.
Gruß, Kaddel
Maastricht
Inventar
#208 erstellt: 21. Feb 2010, 23:07
Gestern abend in einer kalten Kirche gesehen und gehört:
La Risonanza mit als Dirigent / Orgelspieler: Fabio Bonizzoni.
Gespielt wurde: Monteverdi's Vespro della Beata Vergine.

Ich habe die Aufnahme mit Gardiner und dem Monteverdi Chor, ich meine von Anfang 1990. Damals eine viel gelobte Aufnahme.

Und die technische Seite war auch eindrucksvoll, aber irgendwie hat mich die Aufnahme nicht berührt.

Gestern abend wurde die Musik mit Solisten ausgeführt und dadurch kommt sie viel stärker an.

Die Ausführung liess mich denken aan Monteverdi, Teatro d'Amore mit L'Argeggiata (Christina Pluhar): eine Aufnahme auf die ich hier schon gewiesen habe (kaufen).

Die Ausführung von gestern abend war etwas 'rauher' als Pluhar's cd.

La Risonanza/Bonizzoni trof ich diesen Monat übrigens auch an in Gramophone. Da wurde eine Händel CD besprochen (auch Editior's choice). Ich habe mir den Auszug angehört. Gefiehl mir nicht so gut wie die Muzik von Monteverdi.
Suche nach einer CD von Monteverdi mit Risonanza/Bonizzoni hat noch keinen Erfolg.

Zuletzt: Nuria Rial die bei Pluhar singt, hat früher bei Bonizzoni gesungen.

Gruss, Jürgen
Joachim49
Inventar
#209 erstellt: 25. Apr 2010, 20:08
Heute Nachmittag in Brüssel:
Brahms: 1.Klavierkonzert
Dvorak:Aus der Neuen Welt
Belgisches Nationalorchester unter Leitung seines Chefdirigenten Walter Weller.

Der grosse Saal im Bozar in Brüssel war völlig ausverkauft. Das lag gewiss an Dvorak, aber auch daran, dass sich ältere Leute abends nicht mehr in die Stadzentren trauen, und froh sind, wenn es am Nachmittag Konzerte gibt. Der Hauptgrund für das Interesse war aber wohl Plamena Mangova, die vor ein paar Jahren den zweiten Platz beim Königin Elisabeth Wettbewerb für Klavier belegte, aber vom Brüsseler Publikum wie die geheime Siegerin umjubelt wird. Die Dame hat eine aussergewöhnliche Leibesfülle, die sie mit einem recht frohen Naturell kombiniert (das allerdings nicht so recht zu Brahms passen will).
Das Brahmskonzert gehört zu meinen grossen Favoriten und es ist schwierig mit Szell und Fleisher, oder Giulini und Arrau (allerdings auf CD) zu konkurrieren. Ich fand die Balance im Konzert nicht ganz überzeugend, weiss aber nicht ob dies an meinem Sitzplatz, dem Dirigenten oder Brahms' Instrumentierung liegt. Natürlich ist es ein Erlebnis so etwas live zu erleben, aber so richtig unter die Haut ging's nicht. Die berühmte Dvoraksymphonie habe ich auch zum ersten Mal im Konzertsaal gehört. Aber auch hier hat der Funke nicht so recht gezündet, obwohl das Orchester auf recht hohem Niveau spielte (was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war, wohl auch wegen sehr häufiger Dirigentenwechsel. Mit dem Routinier Weller is wohl etwas Stabilität gekommen.)
Leider war ich auch recht müde. Das mag das Erlebnis auch etwas getrübt haben.
Joachim
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#210 erstellt: 15. Mai 2010, 23:25
Freu mich schon auf das Konzert am kommenden Mittwoch in der Tonhalle Zürich. Da ich gerade beruflich in der Schweiz zu tun und als Norddeutscher eher selten die Gelegenheit habe, will ich mir die berühmte Saalakustik mal anhören.
Zudem scheint mir das Programm vielversprechend zu sein, gilt Dutoit doch als Berlioz-Experte. Zwar ist seine Zeit als Chef hier schon eine Weile her, aber er dürfte mit Orchester und Saal noch bestens vertraut sein.

HECTOR BERLIOZ: Roméo et Juliette
Symphonie dramatique avec choeurs, solos de chant et prologue en récitatif harmonique, composée d'après la tragédie de Shakespeare op. 17

Marie-Claude Chappuis (MS), Pavol Breslik (T), David Wilson-Johnson (B)
Schweizer Kammerchor
Tonhalle-Orchester Zürich
Charles Dutoit
Martin2
Inventar
#211 erstellt: 21. Okt 2010, 07:18
Ich sehe und höre nächsten Sonntag Wagners Götterdämmerung, allerdings fahre ich dazu nach Lübeck. Meine Mutter hatte mich dazu eingeladen. Mit Wagners späten Werken habe ich bis heute meine Schwierigkeiten und habe es bisher nur einmal geschafft, mich durch den Ring der Nibelungen durch zu hören.

Allerdings habe ich mir neulich mal wieder den Anfang der Götterdämmerung mit dem Neuhold angehört und so schlecht fand ich es nicht. Es wird wieder mal ein Erlebnis sein und vielleicht gibt dies ja meinem Wagnerverhältnis einen Schub.

Gruß Martin
Martin2
Inventar
#212 erstellt: 26. Okt 2010, 01:16
Wagners Götterdämmerung in Lübeck war schön. Nach dem Konzert trafen wir allerdings einen ausgebildeten Wagnerianer ( der sich in unser Gespräch einmischte), der gar nicht begeistert war( "na ja, die Brünnhilde ging"), aber das Publikum war höchst begeistert.

Mein Gott bin ich froh, kein "Kenner" zu sein und mich für eine Opernaufführung in Lübeck begeistern zu können.

Allerdings hatte dieser Opernbesuch auch gleich Folgen, denn ich habe mir auch gleich die erste CD von meinem Böhm ( der ausgebildete Kenner findet diese auch am besten) angehört. Bisher habe ich nur den Neuhold gehört. Also es wird doch noch was mit mir und Wagner. Ich werde sicher in nächster Zeit mir noch mehr von Wagner anhören, vor allem den Ring und auch den Tristan mit Böhm, den ich auch erst einmal hörte. Aber "sudsche", wie man hier im hohen Norden sagt.

Meine Mutter aber war geradezu beleidigt über diesen "Klugscheißer". In Hamburg läuft die Götterdämmerung übrigens auch, aber ob man da noch Karten kriegt?

Gruß Martin
op111
Moderator
#213 erstellt: 27. Okt 2010, 08:06

Martin2 schrieb:
Böhm ( der ausgebildete Kenner findet diese auch am besten)

... und die anderen Kenner nennen jeweils Furtwängler,Keilbert, Solti,Karajan,Janowski ...


[Beitrag von op111 am 27. Okt 2010, 08:08 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#214 erstellt: 28. Okt 2010, 18:31
In ca. 2 1/2 Stunden werde ich endlich einmal wieder meine Lieblingsgattung live hören. Das (vorzügliche) Artisquartett aus Wien wird spielen:
- ein Haydnquartett aus op 20
- Schumann's 1. (also 41,1)
- 4 Lieder von Joseph Marx (zum Aufwärmen für die Sopranistin)
- Schönbergs Zweites.
Es gibt noch massenweise Karten, ca 25% Saalbesetzung. Also nix wie hin. Aus dem grossraum Köln schafft ihr's in 2 Stunden zum Konzertsaal De Singel in Antwerpen (dicht an einer Autobahnabfahrt - Richtung gent, Ausfahrt Wilrijk)
Joachim
Joachim49
Inventar
#215 erstellt: 10. Apr 2011, 00:18
Bin ich der einzige hier, der ab und zu in Konzerte geht? Seit Oktober hat sich hier niemand anders gemeldet. Der Abend mit dem Artisquartett war, wie zu erwarten, ganz hervorragend. Das zweite Schönberquartett war eine grosse, angenehme Überraschung.

Heute ging's wieder zum Quartettabend. Diesmal das Arcanto Quartett. Ein noch recht wenig bekannter Name mit bisher wenig Präsenz auf dem CD Markt. Aber die Mitglieder sind einzeln berühmter als im Kollektiv: Antje Weithaas, Daniel Sepec (Violine), Tabea Zimmermann (Bratsche) und Jean-Guihem Queyras (Cello). Ein perfekt aufeinander hörendes Team, dynamisch sehr differenziert, mit grosser, aber stets beherrschter, Leidenschaft. Niemand von den vier hat es nötig im Quartett zu spielen, also tun sie's aus Freude am Zusammenspiel. Weithaas und Sepec tauschen - nach dem Vorbild des Emersonquartetts - die Plätze. Heute gab meistens Weithaas den Ton an, nämlich im 2. Quartett Brittens und im 1. Rasumowsky Quartett Beethoven (59,1). In Mozarts K 575 war Sepec der Leader.

Endlich habe ich einmal Beethovens op 59,1 im Konzert gehört. Es gehört schon lange - seit mein Interesse an der Klassik erwacht ist - zu meinen Favoriten, vor allem auch unter den Quartetten. Der langsame Satz gehört zum Groosartigsten und Berührendsten, das ich kenne (selbst Adorno hat ihn gerühmt). Nie habe ich die mit 'molto cantabile' bezeichnete Stelle hören können, ohne mit dem Tränen kämpfen zu müssen.

Mit Antje Weishaas habe ich die herrliche Schubertfantasie, in der sie mich nicht ganz überzeugen konnte,da Gidon Kremer hier alles in den Schatten stellt. Aber ihr Auftritt heute abend als 'Primaria' war ungemein überzeugend. Wieder einmal ein unvergesslicher Quartettabend (im Konzertsaal De Singel in Antwerpen - ein Saal ohne Charme und ein Produkt architektonischer Phantasielosigkeit, obwohl als er gebaut wurde, die Kassen noch voll waren. In Kûrze soll der Elisabethsaal in Antwerpen zu einem der besten Konzertsäle der Welt umgebaut werden (kleine Länder haben immer die Neigung zum Grössenwahnsinn).
Joachim


[Beitrag von Joachim49 am 10. Apr 2011, 00:19 bearbeitet]
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#216 erstellt: 27. Mai 2011, 16:17
Habe mich gerade spontan entschlossen, heute Abend dieses Konzert in der Hamburger Laeiszhalle zu besuchen:

Brahms 1 + 3
Mahler Chamber Orchestra, Daniel Harding


Ich verspreche mir durchaus spannende und intelligente Einsichten auf technisch höchstem Niveau. Der Online-Status des Kartenvorverkaufs lässt auf gute Restkarten hoffen, was mich angesichts der First-Class-Interpreten doch überrascht. Nun, wir werden es erleben.
Maastricht
Inventar
#217 erstellt: 20. Jun 2011, 07:58
Gestern Mahler 2 in Maastricht mit 300 Amateuren, die monatelang geübt hatten. Ab und zu kleine Unsauberkeiten, aber das machte nichts. Es hat mir gefallen. Für die Perfektion dreh ich eine CD.

Gruss, Jürgen
Moritz_H.
Stammgast
#218 erstellt: 20. Jun 2011, 09:41

Kaddel64 schrieb:
Habe mich gerade spontan entschlossen, heute Abend dieses Konzert in der Hamburger Laeiszhalle zu besuchen:

Brahms 1 + 3
Mahler Chamber Orchestra, Daniel Harding


Ich verspreche mir durchaus spannende und intelligente Einsichten auf technisch höchstem Niveau …


Wie war das eigentlich mit spannend … ?? Doch wohl nicht enttäuscht??
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#219 erstellt: 20. Jun 2011, 11:21
Hallo Moritz,

keineswegs -- es war genial. Das Orchester gab sich hochmotiviert, spielte (im übertragenden Sinn) stets auf der Stuhlkante. "Chamber Orchestra" ist besetzungsmäßig untertrieben: 60 Musiker saßen auf der Bühne (Streicher 12 / 10 / 8 / 6 / 5), das ist in etwa die heute "übliche" Größe bei Brahmssinfonien. Speziell die hohen Hölzer und die viel beschäftigten Hörner fielen mir durch ihre Präzision und Klangschönheit auf, aber auch der Rest schnurrte makellos.

An Daniel Harding scheiden sich ja offenbar die Geister, in Kritiken kommt der britische Shooting Star nicht uneingeschränkt gut weg. Ich mag sein präzises und geschmeidiges Dirigat und glaube, dass wir von ihm noch viel zu erwarten haben werden. Seine Grundtempi bargen jetzt keine großen Überraschungen (einzig die Coda des Finalsatzes der Ersten ließ mit einer interessanten und gelungenen Temporückung aufhorchen), auch ist Harding bestimmt kein Freund exzessiver dynamischer Ausbrüche, dafür klingt bei ihm alles sorgfältig ausgefeilt und aufeinander abgestimmt -- und wird trotzdem nie langweilig.

Einzig das Wagnis, ein Konzert mit Brahms' vergleichsweise introvertierter, lyrischer Dritter enden zu lassen, ging nach meinem Gefühl nicht ganz auf. Da erwartet selbst der eingefleischte Konzertbesucher so etwas wie einen dramatischen Showdown zum Abschluss, der hier zwangsläufig ausbleiben musste. Wer dramaturgisch auf Nummer sicher gehen will, dreht die Programmfolge einfach um.

Gruß, Kaddel
Maastricht
Inventar
#220 erstellt: 18. Aug 2011, 08:37
Letztes Wochenende in Luzern gewezen um ein Konzert mit Claudio Abbado und dem Lucerne Festival Orchestra bei zu wohnen.
Gespielt wurde das erste Klavierkonzert von Brahms (mit Radu Lupu - anstelle von Helene Grimaud: es scheinen im Frühling künstlerische Uneinigkeiten zwischen Abbado und Grimaud entstanden zu sein), Wagner, Lohengrin: Vorspiel zum 1. Akt und Mahler, das Adagio der 10. Sinfonie.

Wir saßen etwas über dem Orchester und konnten sozusagen dem Abbado auf die Finger sehen.

Was fiel auf? Die leisen Passagen: unglaublich leise und doch sauber, egal welches Instrument spielte. Kein Instrument hatte eine herausragende Rolle. Es war ein sehr gutes, homogenes Zusammenspiel. Eine feinfühlige Interpretation.

Zum Klanggenuss trug bei die Akustik des Saales. Es ist der am besten klingende Saal den ich kenne. Weil ich auch zu hause ab und zu die Raumakustik verbessern will, habe ich mich gut umgeschaut. Alles Holz, viel Diffusoren.
Man konnte überall sehr leise Geräusche hören - auch vom Publik.

Lohnte es sich? Ich habe einige DVD's und Blu Rays von Abbado Konzerten. Der Vorteil davon ist das man die Intensität mit der dirigiert und gespielt wird, gut sieht.
Auch sind die Plätze teuer und ist die Schweiz - für EU-Bürger - noch teurer geworden.
Fazit: Schön das ich es erlebt habe, ob es ein anderes Mal geben wird, muss sich noch zeigen.

Gruß, Jürgen


[Beitrag von Maastricht am 19. Aug 2011, 13:50 bearbeitet]
LeonLion
Inventar
#221 erstellt: 31. Aug 2011, 20:41
Ich war 2003 auf dem ersten der drei Konzertabende von Robbie Williams in Knebworth! War im Rahmen unseres England Urlaubs

Ich sag euch Leute, es war einfach der Hammer!

Kurze Impression dazu.

2006 dann in Hamburg, Robbie Williams Close Encounter Tour...

Aber Leute, was ich da gesehen hab, war einfach nur UNGLAUBLICH!!!! Diese Bühne und die ganze Show, einfach der Hammer...

Am besten fande ich immer noch das Finale, wo er zuerst verschwindet und dann oben an dem Gerüst steht.

Finale (in Leeds) mit Let me Entertain you

Das ganze zwar in Leeds, war aber in Hamburg genauso.

Bis jetzt das Beste Konzert, was ich je erleben durfte, ich hoffe er macht 2012 nochmal ne Tour...
Maastricht
Inventar
#222 erstellt: 10. Sep 2011, 09:50
Inzwischen waren wir für eine Woche in London um die Proms zu besuchen und um ...

Es begann am Samstag mit Marie João Pires am Klavier und dem Tonhalle-Orchester Zürich (Dirigent Zinman). Sie spielten das Klavierkonzert Nr. 27 von Mozart. Musik nach dem Geschmack der Pires, die so schön poetisch spielen kann. Außerdem hörten wir an diesem Abend eine schöne Aufführung von Beethovens Sinfonie Nr. 3.

Am Sonntag wurde Mendelssohns Elias aufgeführt. Ein langes Stück mit schwieriger Musik, die eine große Besetzung fordert. Eine gute Aufführung, bei der ich doch – wahrscheinlich weil ich zu wenig vertraut bin mit der Musik - auf Abstand blieb.

Am Montag gab es “Hooray for Hollywood". Es wurde bekannte Hollywood-Filmmusik aus den 50ziger Jahren gespielt und gesungen. Für diejenigen, die es lieben, war es geniessen.

Für den Dienstag, hatten wir keine Karten, weil ich keine Lust hatte mir den Klavierspieler David Fray anzusehen. Stattdessen gingen wir zu einem Musical über das Treffen von Johnny Cash, Elvis Presley, Carl Perkins und Jerry Lee Lewis im Jahr 1956. Wir liebten es. (Das Zusammentreffen fand statt – bei Sun Records, aber was damals passiert ist, ist a) mir nicht bekannt, b) sehr sehr wahrscheinlich nicht viel. Aber es war eine schöne Gelegenheit um mit viel Spass sich die Musik anzuhören, die durch die Schauspieler live ! gespielt und gesungen wurde.

Mittwoch spielte erst Yo-Yo Ma ein neues Cellokonzert. Ich glaube van Fitkin. Es hatte einen schönen Anfang, aber die Fortsetzung konnte die Spannung nicht halten.
Danach kam der Tiefpunkt unserer Proms: Beethovens 9. mit u.a. Brewer, Cargill, Spence, Paterson und dem BBC Symphony Orchestra unter David Robertson: schrecklich.

Donnerstag trat das Israel Philharmonic Orchestra mit Zubin Mehta auf. Beim Zugang gab es Sicherheitsmaßnahmen; größere Taschen mussten geöffnet werden. Ich schreibe dies vor Allem wegen der Fortsetzung.
Zu verschiedenen Zeiten während des Konzertes (Webern, Passaglia, Bruch, Violinkonzert Nr. 1 mit Gil Shaham, Albeniz, Rimsky Korsakov, Capriccio espagnol), protestierten Demonstranten an verschiedenen Stellen in der Royal Albert Hall gegen Israel oder die israelische Politik. Die BBC, die via Radio 3 alle Aufführungen live aussendet hat die Aussendung abgebrochen. Die Emotionen in der Halle waren manchmal heftig; Mehta blieb still stehen. Über 20 Personen wurden insgesamt entfernt. Das ganze Geschehen macht es schwierig die Aufführung zu beurteilen.

Freitag kam das Budapest Festival Orchestra mit Iván Fischer. Beautiful! Liszt, Mahler: Blumine, Liszt: Totentanz, Mahler: Sinfonie Nr. 1. Erst gab es das “normale" Konzert (Proms fangen 19.00 oder 19.30 Uhr an) und später am Abend (ab 22.00 Uhr) konnten die Zuschauer aus einer Liste Musik wählen, die das Orchester dann ausführte. Es machte auf jeden Fall viel Spass.

Am Samstag gab es ein weiteres Highlight für mich: Marc-Andre Hamelin spielte von Rachmaninov die Rhapsodie über ein Thema von Paganini, mit dem BBC National Orchestra of Wales unter Jac van Steen - und das Orchester spielte deutlich besser als Außer dem genannten Stück spielten sie noch ein Orgelkonzert von Michael Berkely, eine Ouvertüre von Elgar und die Kodály Háry János-Suite. Gut und auch gut, das nicht das allzu bekannte Repertoire gespielt wurde.

Gruß,
Jürgen


[Beitrag von Maastricht am 10. Sep 2011, 17:39 bearbeitet]
Kings.Singer
Inventar
#223 erstellt: 10. Sep 2011, 17:03

Maastricht schrieb:
Beethovens 9. mit u.a. Brewer, Cargill, Spence, Paterson und dem BBC Symphony Orchestra unter David Robertson: schrecklich.


Hallo Jürgen,

ist die Frage ob du möchtest, aber mich würde interessieren was dich gestört hat. Vor allem vor dem Hintegrund, dass ich Robertson als Dirigenten doch sehr schätze. Gerade bei den Proms wäre es doch äußerst schade, wenn sich so jemand dadurch in Misskredit bringen würde.

Viele Grüße,
Alexander.
Maastricht
Inventar
#224 erstellt: 10. Sep 2011, 17:49
Hallo Alexander,

Du bist nicht der Einzige der Robertson als Dirigenten schätzt. Ein Bekannter von mir hat die Ausführung im Radio gehört, weil er den Dirigenten so schätzt, war aber sehr enttäuscht.
Übrigens können Urteile von Hörern schon alleine deswegen unterschiedlich sein, wenn sie in der Halle oder im Radio (TV) die Musik hören. In der Halle ist es schon wichtig wo man sitzt.
Darum ging es hier aber nicht. Das Orchester klang als ob es nicht geübt hatte: ein bisschen schläfrig und unsauber. Und die Frauenstimmen klangen forciert.
Ich hatte sehr viel Mühe um nicht langsam weg zu sacken.
Ich las später noch zwei Kritiken (Guardian / Observer). Die eine kann ich nicht mehr finden: die war ziemlich vernichtend. Von der anderen hier ein Auszug:
'A brisk start gave way to an unyielding interpretation from Robertson and a slightly low-voltage orchestral performance; it wouldn't be surprising if the BBCSO were tired this far into the Proms, and fatigue was hinted at by the odd glitch and tuning problem in wind and brass. However, the BBC Symphony and Philharmonia Choruses were on fine form. Together with baritone Iain Paterson and tenor Toby Spence they were able to lift the finale within sight of the joy it speaks of.

Wie Du siehst hat der Rezensent die Frauenstimmen - meiner Meinung nach aus Höflichkeit - nicht genannt.

Gruß,
Jürgen
Joachim49
Inventar
#225 erstellt: 27. Apr 2012, 21:02
Seit einiger Zeit habe ich sehr viel Freude an der Violinmusik vor Bach. Gestern hatte ich das unverhoffte Glück die Hälfte der Rosenkranzsonaten Bibers im Konzert zu hören. Prächtige Musik, die prächtig gespielt wurde (begleitet von einer Harfe, einem Cello und einem Cembalo). Die Geigerin - Birgit Goris - hatte gleich 5 Violinen mitgebracht, um die Instrumente nicht allzuoft umstimmen zu müssen (Die Rosenkranzsonaten machen bekanntlich von der Skordatur Gebrauch - für jede der 15 Sonaten wird das Instrument anders gestimmt, nur eine Sonate ist in der Normalstimmung g, d, a, e.). Ich vermute, dass auf abweichend gestimmten Instrumenten zu spielen eine grosse Konzentration erfordert, da man in den Noten nicht sieht was man hört. Die Geigerin spielte ohne das übliche Beiwerk, wie Kinnhalter,oder Schulterstütze und hätte den Kopf während des Spiels frei bewegen können.
Martin2
Inventar
#226 erstellt: 27. Jun 2012, 15:04
Ich war letztes Wochenende in zwei Konzerten mit den Blue Lake Leuten. Die kommen aus Michigan / USA und das ist ein Jugendorchester und ein Jugendchor.

Am Sonntag war ich in Verdis Requiem. Mein alter Herr wollte früh los und so sah ich dann im Foyer der Lübecker Musikhalle noch diese halben Kinder, wie sie herumalberten und ihre Wurstbrote und dergleichen verspeisten.

Das Konzert war schön, aber anstrengend, weil ich den Verdi noch überhaupt nicht kannte. Meine Mutter hat im Verdiprojektchor mitgesungen mit anderen Chören, so daß ein machtvoller Chor zusammenkam. Vielleicht unangemessen für ein Requiem, brach nach dem Konzert großer Jubel aus. Das Konzert war in der Lübecker Musikhalle, die es noch nicht lange gibt, ein angemessener Ort für ein solches Großereignis. Am Abend lief meine Mutter herum wie ein junges Reh und ich habe es genossen, meine Mutter ( sie ist 74) mal so aufgekratzt zu sehen.

Das zweite Konzert war dann in einem intimeren Rahmen, der Stockelsdorfer Kirche. Dort sang der Blue Lake Chor. Da wir früher kamen sahen wir ihn noch bei der Generalprobe. Ein toller Chor mit wunderbar jugendlichen Stimmen. Die jungen Leute sind zwischen 13 und 17 Jahren und dann singt in allen Stimmen noch jemand vom "Staff" mit, die sind so 22- 25.

Das Konzert begann mit einer Einführung, mitsamt der Stockelsdorfer Bürgermeisterin - 25 Minuten absurdes Theater eines provinziellen Städtchens, fürchterlich bürgerlich, mit Urkundenüberreichung und was dergleichen mehr ist. Stockelsdorf legt ja gesteigerten Wert darauf, nicht zu Lübeck zu gehören, obwohl es Teil des Lübschen Speckgürtels ist und zumindestens zum Lübecker Siedlungsgebiet gehört.

Gut übergehen wir dieses, die jungen Leute aus Michigan haben phantastisch gesungen, viel zu gut für diese Stockelsdorfer Dorfkirche. Die haben verschiedenes gesungen, von Gospels bis zu moderner Musik. Die moderne Musik wurde vertreten durch einen gewissen Eric Whitacre, "Cluster" wurden angekündigt, aber mir gefiel das erstaunlicherweise sehr gut, das Stück hieß "Lux Aurumque", in der Einführung hieß es dies sei einer der bedeutensten zeitgenössischen Komponisten, ich kann es mir vorstellen, jedenfalls sehr interessant.

Noch mal gesagt, die jungen Leute waren phantastisch. Dann sang mein Vater im Stockelsdorfer Quartet, ein Chor der seit Mitte des 19. Jahrhunderts besteht und in dem nur ältere Herren um die 75, 80 mitsangen. Die suchen händeringend nach jüngeren Leuten, wobei "jüngere Leute" "ab 50" bedeutet. Natürlich hat dieser Chor gegen Blue Lake total abgestunken, trotz Schuberts Deutscher Messe.

Gut, ich habe denke ich genug über dergleichen provinzielle Ereignisse gesprochen. "Blue Lake" war jedenfalls klasse, es war aber auch schön, daß es mit Hilfe eines umtriebigen Mannes schon vor ein paar Jahren gelungen war, 88 musikalische Jugendliche in Stockelsdorfer Gastfamilien mitsamt Unterkunft und Verpflegung unterzubringen. Ich fürchte nur, in Zukunft werden die woanders singen, in Bayern und Frankreich.

Mir haben diese beiden Konzerte jedenfalls viel Spaß gemacht.


Gruß Martin
Kaddel64
Hat sich gelöscht
#227 erstellt: 28. Jun 2012, 09:05

Martin2 schrieb:
Die moderne Musik wurde vertreten durch einen gewissen Eric Whitacre, "Cluster" wurden angekündigt, aber mir gefiel das erstaunlicherweise sehr gut, das Stück hieß "Lux Aurumque", in der Einführung hieß es dies sei einer der bedeutensten zeitgenössischen Komponisten, ich kann es mir vorstellen, jedenfalls sehr interessant.

Über die Bedeutung von Eric Whitacre für die zeitgenössische Chormusik mag ich mir noch kein abschließendes Urteil erlauben. Tatsache ist: Seine Musik wird derzeit von - vor allem jungen - Chören in aller Welt mit wachsender Begeisterung gesungen und löste vor einigen Jahren einen regelrechten Hype aus. Besucher, die nie zuvor mit klassischer Chormusik in Berührung kamen, rennen auf einmal wie verrückt in seine Konzerte. Whitacres Musik vermag durch den geschickten Einsatz eher vordergründiger, effektvoller Stilmittel aus der Popmusik, gewisser dem Minimalismus entlehnter Elemente und einem gehörigen Schuss Neoromantik unmittelbar anzurühren und mitzureißen. Einen Großteil seiner emotionalen Wirkung beziehen seine Stücke auch aus der Aufführung durch Massenchöre von manchmal hunderten von Sängern. Nach mehrmaligem Hören stellten sich bei mir jedoch gewisse Ermüdungserscheinungen ein. "Modern" oder experimentell und irgendeiner Weise neuartig kann ich daran gar nichts finden. Neu und medienwirksam war vor einigen Jahren allenfalls sein Versuch, mit "virtuellen Chören" via Internet live-simultan Musik aufzuführen. Sehr substanzreich in seiner kompositorischen Anlage scheint mir jedenfalls keines seiner Werke zu sein. Das gehörte "Lux aurumque" gehört zu Whitacres bekanntesten Kompositionen für Chor.

Was mich allerdings irritiert, dass selbst deutsche Rundfunkchöre auf dieser Welle mitschwimmen: Der NDR-Chor lud Whitacre Anfang Mai in den Hamburger Michel ein, um unter seiner Leitung ein Konzert mit mehreren seiner Werken zu geben. Das SWR-Vokalensemble Stuttgart nahm unter Marcus Creed einige Chorstücke Whitacres auf CD auf. Der renommierte britische und von mir sehr geschätzte Profi-Chor "Polyphony" mit seinem Leiter Stephen Layton hat eine ganze CD mit Whitacre vorgelegt. Also irgendwas muss doch dran sein...
Frank1970
Stammgast
#228 erstellt: 28. Jun 2012, 10:18
Hallo zusammen,

hmm, Whitacre? Wo habe ich den schon mal gehört? Ah, auf dieser CD hier:

amazon.de

Gekauft hatte ich die CD aber in der Hauptsache wegen dem Howells Requiem, welches mir auch sehr gut gefällt. Die für mich größte Entdeckung auf der CD war aber Pizzettis "Messa da Requiem". Dieses Werk habe ich dann wiederholt gehört. An den Whitacre erinnere ich mich allerdings gar nicht so recht. Muss ich trotz Kaddels eher negativer Whitacre-Kritik noch mal anhören. Ich glaube mich aber zu erinnern, dass die meisten Werke auf dieser CD eher noch weniger modern klingen, als der Whitacre - gut, zumindest das Howells Requiem ist ja auch deutlich älter.
Lange Rede, kurzer Sinn - auch wenn hier im Konzert-Thread etwas off-Topic - die oben gezeigt CD ist für mich eine dicke Empfehlung für Chormusik-Freunde!

Viele Grüße
Frank
Martin2
Inventar
#229 erstellt: 18. Apr 2014, 00:26
Ich habe vor, morgen in eine Veranstaltung der evangelischen Kirche zu gehen, in dessen Folge ein Konzert mit einer Lukaspassion des Komponisten Heinrich Schütz gegeben wird ( was auch kein Eintritt kostet). Mit dem Schütz konnte ich bisher wenig anfangen, aber vielleicht ändert so ein Lifekonzert ja meine Meinung.

Es ist in jedem Fall eine sympathische Veranstaltung, neben der evangelischen Kirche ist auch die African Christian Church da ( die mit der evangelischen Kirche diese Kirche betreibt), die katholische Kirche ist da und sogar Muslime sollen da sein - diese Karfreitagsveranstaltung ist also ökumenisch und interreligiös. Ich freue mich darauf.

Falls jemand aus Hamburg da hin will. Die Kirche ist ganz in der Nähe des Berliner Tors, die Veranstaltung beginnt um 14 Uhr, das Konzert um 15 Uhr. Ich werde darüber berichten.

Gruß
Martin
Martin2
Inventar
#230 erstellt: 18. Apr 2014, 17:41
Ich war heute beim Schütz, er war nicht in der Kirche, die ich dachte, sondern in einer anderen, im kleinen Michel. Es war nicht ganz voll.

Ja, ich muß sagen, der Schütz ist reichlich gewöhungsbedürftig. Die Solisten, von denen die beiden Hauptsolisten ausgezeichnet, die anderen schlecht waren ( aber die kamen auch nur aus dem Chor), sangen stets homophon ohne jede Begleitung. Die ganze Passion ist a kapella und die Solisten sangen stets völlig unbegleitet, ohne daß sich auch nur ein einziges mal, der Gesang der Solisten mit dem Chor oder untereinander mischte.

Die Chorsätze haben mir ganz gut gefallen, über weite Strecken, wenn die Solisten sangen, empfand ich allerdings auch ein Gefühl einer nahezu mittelalterlichen Schlichtheit. Das mag zum Kern des Glaubens führen und in der Tat ist die Musik hier Dienerin des Glaubens, der Text ist wichtiger als die Musik - trotzdem empfand ich dies als reichlich gewöhnungsbedürftig. Ein sozusagen "musikalischer Hochgenuß" war es bestenfalls in den Chorstücken.

Immerhin, die Lukas Passion von Schütz ist nicht sehr lang, nach einer knappen Stunde war das Konzert aus. Ich bedaure es trotzdem nicht, zu dem Konzert gegangen zu sein.

Gruß
Martin
Klassikkonsument
Inventar
#231 erstellt: 14. Jun 2014, 21:12
Kurzfristig ergab sich die Gelegenheit, heute nachmittag Mahlers 3. Sinfonie in der Berliner Philharmonie zu erleben.

Berliner Philharmoniker
Gustavo Dudamel (replacing Mariss Jansons) Conductor
Gerhild Romberger Mezzo-Soprano
Ladies of the Rundfunkchor Berlin
Tobias Löbner Chorus Master
Boys of the Staats- und Domchor Berlin
Kai-Uwe Jirka Chorus Master

Ein phänomenaler Eindruck, der auch nicht durch Verspieler des Flügelhornisten & dadurch, dass die erste Oboe im Nietzsche-Satz beim ersten Mal das Glissando nicht spielte, getrübt wurde. Das Publikum hätte diesen Brocken allerdings auch erstmal sacken lassen können, statt gleich loszuklatschen. Wie ich hörte, soll das Abonnement-Publikum da disziplinierter (oder phlegmatischer? ) sein.
Ich sollte vielleicht doch mal häufiger ins Konzert gehen.

Zur Einstimmung gab es zuvor von Harrison Birtwistle Dinah and Nick's Love Song (1970) für Harfe & 3 Melodieinstrumente (wenn ich das richtig mitgekriegt habe, dieses Mal Oboe, Englisch Horn und vielleicht noch ne Oboe - die beiden letzten verkrümelten sich nämlich ins Publikum). Ein sehr reizvolles Stück.
dktr_faust
Inventar
#232 erstellt: 24. Sep 2014, 19:42
Ist zwar kein Konzert, aber ich war am Sonntag in der Semperoper bei Tannhäuser und bin immer noch schwer beeindruckt - bisher war der Tannhäuser immer meine "Hassoper" von Wagner (den ich sonst schätze).


Musikalische Leitung: Cornelius Meister
Inszenierung: Peter Konwitschny
Bühnenbild: Hartmut Meyer
Kostüme: Ines Hertel
Chor: Wolfram Tetzner

Besetzung am 21.09.2014
Landgraf Hermann: Georg Zeppenfeld
Tannhäuser: Stephen Gould
Wolfram von Eschenbach: Markus Butter
Walther von der Vogelweide: Simeon Esper
Biterolf: Tilmann Rönnebeck
Heinrich der Schreiber: Aaron Pegram
Reinmar von Zweter: Tomislav Lucic
Elisabeth: Elisabet Strid
Venus: Alexandra Petersamer
Ein junger Hirt: Emily Dorn
Erster Edelknabe: Beate Apitz
Zweiter Edelknabe: Ute Siegmund
Dritter Edelknabe: Barbara Leo
Vierter Edelknabe: Claudia Mößner

Sächsischer Staatsopernchor Dresden
Sinfoniechor Dresden e.V. – Extrachor der Semperoper Dresden
Sächsische Staatskapelle Dresden


Die Besetzung des Tannhäuser war beeindruckend - die stimmliche Kraft von Gould ist eine Marke für sich. Herrmann Zeppenfeld ist als Bass bei Wagner in Dresden ohnehin eine echte Bank. Mit seinen 34 Jahren hat Cornelius Meister (war mir vorher kein Begriff) eine erstklassiges Dirigat abgeliefert. Auch wenn die Inszenierung schon von 1997 wirkte sie noch nicht veraltet....faszinierenderweise mal ein Wagner ohne Wehrmachtsuniformen oder sonstiges pseudomodernes Brimborium sondern einfach eine das Thema gut unterstützende und auch schöne Inszenierung.

Grüße
Joachim49
Inventar
#233 erstellt: 03. Jun 2015, 16:31
Noch eine dreiviertel Stunde. Werde ich es schaffen? Die Strassenbahnhaltestelle ist natürlich viel weiter weg als gedacht. Und ist die Linie 5 überhaupt die richtige? Wird sie – es ist Sonntag, früher Nachmittag – überhaupt oft fahren? 20 Minuten später stehe ich schon vor dem neo-klassizistischen Gebäude, dessen früherer Haupteingang verschlossen ist und das man jetzt durch einen stählernen und gläsernen seitlichen Anbau betritt. Die versammelte Menschenmenge wartet zum Glück nicht an der Kasse, sondern an den noch verschlossenen Eingangstüren zum Foyer. Jemand erklärt mir freundlich, wo es Karten gibt, - wenn es noch welche gibt. Nachmittagskonzerte haben ihren Reiz, z.B. für Leute die eine weite Rückreise haben, von jüngeren Kindern begleitet werden oder die Nacht scheuen.

An der Kasse ist keine Warteschlange. Gibt es noch? Ja es gibt noch. Für 37 Euro entweder ganz hinten im Eck auf der Empore oder ein Podiumplatz. Der Finger deutet auf einen plastifizierten Saalplan. Jetzt gilt es schnell zu entscheiden. Der Saal ist wohl nicht besonders tief, aber dafür eher breit. Gewiss wird man hinten gut hören, schliesslich sind die Plätze auf der Empore in der Mitte mit die teuersten. Auf dem Podium, hinter dem Orchester, so dass man dem Dirigenten auch mal länger ins Gesicht schauen kann? Aber wird seitlich hinter dem Orchester der Klang nicht ausser Balance sein? Trotzdem, ich wage es. Den Podiumplatz.

Erst schaue ich mich ein wenig im Saal um. Noch kaum jemand hat Platz genommen. Ich schaue von hinten nach vorn, wo die mächtige Orgel den Blick dominiert. Rechts und Links von ihr führen die Treppen aufwärts, die zugleich den Zugang zu den steil aufsteigenden Podiumplätzen bieten, die sich seitlich der Treppen befinden. Hier sitzen bei grossen Chorwerken die Choristen, bis sie auf das Zeichen des Dirigenten sich erheben. Aber heute singt kein Chor. Ich nehme die Treppe in den ersten Stock, betrachte den Saal von oben, auch von da, wo ich hätte sitzen können, hätte ich nicht den Podiumsplatz bevorzugt. Aber ich muss weiter durch das Treppenhaus, das zu den Podiumplätzen und zum Dirigentenraum führt und wenig später werde auch ich die rote Treppe hinuntersteigen, die die allergrössten ihrer Zunft, die Karajans, Bernsteins oder Klemperers nehmen mussten, um das Dirigentenpult zu erreichen.

Vor mir blicke ich aus ca. 5 Meter Entfernung auf eine eindrucksvolle Phalanx Blech. Unten vor der Orgel diverse Schlagzeuginstrumente – es verspricht recht bunt zu werden. Nein, Messiaen steht zum Glück nicht auf dem Programm, sondern die Transkription der Klaviersonate Alban Bergs für grosses Orchester, durchaus reizvoll und farbenprächtig. Das einsätzige Werk is eher kurz und da jetzt ein Flügel herbeigeschafft werden muss, beginnen die nötigen Auf- und Umräumarbeiten. Die beginnen allerdings eher merkwürdig. Zwei junge Männer klappen an Scharnieren befestigte schmale Latten des Podiums um und zaubern eine Art neoklassizistische Zaunpfähle hervor, die mit roten Tauen verbunden sind. Das fertige Gebilde muss man sich ungefähr wie einen rechteckigen Boxring vorstellen? Nach einer gewissen Zeit verschwindet das abgegrenzte Stück Podium in der Tiefe um wenig später zusammen mit einem Flügel aus der Tiefe wieder aufzutauchen. Die Pfähle und Taue verschwinden wieder in ihren Versenkungen. Noch ein bisschen hin- und her, die Musiker haben inzwischen Platz genommen, hinter meinem Rücken öffnet sich die Saaltür und mit eher sportlichen Schritten eilt der Pianist zum Flügel, der Dirigent zum Pult. Eines der Liszt’schen Schlachtrösser, das zweite, steht auf dem Programm. Der in Frankreich sehr geschätzte, hier (D) weniger bekannte Francois Frederic Guy greift in die Tasten. Unterstützt wird sein makelloses Spiel durch eine prächtige, nur leicht ergraute Löwenmähne, die sehr effektvoll mit eingesetzt wird. Ich bewundere die Beinarbeit des Dirigenten; exakt auf die Musik abgestimmte tänzelnde und hüpfende Schritte, auch beidbeinige Sprünge, die aber nicht die berühmten Bernstein’schen Dimensionen erreichen.

Der Mann verrichtet sein Handwerk sicher und gut. Ohne intime Vertrautheit mit der Partitur wäre diese Choreographie nicht denkbar. Er steht vor seinem Orchester und das fühlt sich in sicheren Händen. Eine ca. 30% -ige standing ovation, Francois-Frederic lässt sich nicht lange bitten und entschädigt uns mit einem wunderbaren Liebestod Isoldes.

Auch die Pause bietet eine Überraschung, auf die man mich an der Kasse schon freundlicherweise vorbereitet hat. Alle Getränke, Kaffee, Wasser, Cola, Wein etc. sind umsonst (oder im Entreegeld enthalten). Keine Suche nach passenden Münzen, kein Wechseln grosser Scheine, alles geht unglaublich zügig an auffällig zahlreichen Theken. Nur an der separaten Champagnerbar wird zur Kasse gebeten.

Auf dem Rückweg zu meinem Platz verweile ich vor der Büste Mahlers, die seine Tochter Anna gestaltet hat. Vor mir dann wieder eine Tuba, drei Posaunen, Trompeten. Sieben Kontrabässe, halbrechts hinter den Geigen 5 oder 6 Hörner und in beängstigender Nähe 3 Kesselpauken. Aber alles beginnt ganz leise, wie so oft fast aus dem Nichts, das leise nervöse rhyrthmische Zucken der Geigen, aus der Ferne dunkle Wolken bei den tiefen Streichern, ein paar Fragezeichen – wo soll das hinführen? Etwas steigert sich, beruhigt sich scheinbar wieder, und dann bricht es fast unerwartet los und ergreift mit unerwarteter, geradezu unglaublicher Wucht. Das geht durch Mark und Bein. Das ist dicht an der Schmerzgrenze, manchmal darüber und ab und zu lege ich doch ängstlich die Handflächen auf die Ohren. Erst jetzt sehe ich die diskreten Schutzschirme aus Plexiglas, die wie Notenpulte die Bratscherinnen (es waren fast nur Frauen) vor den decibels schützen, die vermutlich allen gesundheitsrechtlichen Vorschriften zuwiderlaufen. In den leisen Passagen hat der Dirigent ersichtlich Mühe, die Holzbläser zu leiserem Spiel zu überreden, meist ohne Erfolg. Man hört hier sowieso das leiseste Flüstern. Und man hört hier, wo ich sitze alles, selbst durch das Blech hindurch. Kein Orchestermusiker wird hier klagen, dass er seine Mitspieler nicht hört.

Adagio. Sehr feierlich. – Welch wunderbarer Klang. Es ist alsob der ganze Saal von einem alten Geigenbauer aus Cremona gebaut ist. Da spielt nicht ein Orchester in einem Saal, sondern alles ist erfüllt von Klang. So stelle ich mir das Paradies vor. Nie habe ich vergleichbares gehört und ich verstehe die panische Angst, die manche hatten, als vor einigen Jahren einige bauliche Eingriffe im Saal ausgeführt wurden.

Das Scherzo erinnert an ein Pferd, das mit der Peitsche vorangetrieben wird (trotz der Bezeichnung ‚nicht schnell’), das Trio mit wunderbar klingende pizzicati. Das Finale beginnt zögernd, als wisse der Komponist noch nicht so recht was er tun will. Für kurze Zeit droht es ein fröhlicher Kehraus zu werden. Aber dann wird es doch ein Finale mit einem überraschenden Ideenreichtum.

Zwischen dem Tosen des Orchesters und dem Toben des Publikums gab es zum Glück eine Pause. Dass das Publikum nicht in den Nachhall oder gar den Schluss eines grossen, würdigen Werks klatscht oder gar ruft, zeichnet es aus.

Das Niederländische Philharmonische Orchester spielte im Amsterdammer Concertgebouw unter Leitung seines Chefdirigenten Marc Albrecht Bruckners 6. Symphonie.
FabianJ
Inventar
#234 erstellt: 15. Aug 2015, 00:43
Vergangenen Mittwoch war ich hier in der Nähe im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals in einem Konzert, bei welchem Orgelkonzerte von Händel von Ragna Schirmer auf einer Hammond-Orgel gespielt wurden. Dabei wurde sie begleitet von einem Streichquartett, einem Keyboardspieler, einem Schlagzeuger, ein Kontrabassist sowie je einen Posaune-, Saxophon- und Trompetespieler. Die Besetzung klingt sehr nach einem Jazz-Ensemble und das war es auch.

Jeweils zu Beginn der beiden Konzerthälften wurde jedoch ein Cembalowerk Händels von Frau Schirmer auf einem (Solo-)Klavier vorgetragen. Trotz des modernen Instruments, klang dies für mich schon deutlich eher nach Barockmusik. Zu Beginn von Teil 1 war dies eine Suite für Cembalo, bei Teil 2 eine Chaconne. Von diesem beiden Werken hat mich das Letztere deutlich stärker fasziniert. Ich mag Chaconnes und Passacaglias in der barocken Instrumentalmusik ohnehin überaus gern.

So schön diese Solo-Klavier-Stücke auch gespielt wurden, die Orgelkonzerte waren für mich das Highlight der Veranstaltung. Gespielt von dem oben aufgelisteten Ensemble hatte das vom Klang her natürlich kaum noch etwas mit dem zu tun, was man sich für gewöhnlich unter barocker Instrumentalmusik vorstellt, aber das Zuhören und Zuschauen hat unheimlich Spaß gemacht. Insbesondere die drei Blechbläser waren mit ihren Soli und Improvisationen verzüglich. Klanglich wurden die Streicher, vielleicht mit Ausnahme des Kontrabasses, an vielen Stellen vom Rest des Ensembles zugedeckt. Das Streichquartett war im Prinzip nur beim Ausklingen der einzelnen Sätze wirklich deutlich zu vernehmen.

Wer Barockmusik nur in historisch informierter Spielweise goutieren kann, dem dürften sich bei dem Konzert wohl die Zehennägel aufrollen. Auch ich bin eigentlich ein Anhänger der historisch informierten Spielweise. Wenn man aber so live dabei ist, reißt einen diesem Musik aber auch so mit.

dktr_faust
Inventar
#235 erstellt: 06. Sep 2015, 13:22
Am Samstag war ich nach etlichen Jahren mal wieder bei einem Konzert der Dresdner Philharmonie.

http://www.dresdnerp...neroeffnung/259#d406

Es gab Elgars Cellokonzert in e-Moll mit Sol Gabetta als Solistin und die 10. Sinfonie (ebenfalls in e-Moll) von Shostakovich. Beide Teile des Konzertes waren ausgesprochen schön.

Elgars Cellokonzert gehört zu meinen absoluten Lieblingsstücken und Sol Gabetta halte ich für die herausragende Cellistin der jüngeren Generation. Das Zusammenspiel mit dem Orchester war top und sowohl ihre als auch die Leistung des Orchesters über jeden Zweifel erhaben: Sehr druckvoll und emotional, dabei ohne irgendwie spätromatisch-schwülstig zu werden. Ich ziehe ihre Sichtweise mehr und mehr der anderer Interpreten (inkl. du Pre) vor.

Shostakovichs 10te kannte ich bis dato noch nicht und kann deswegen keine Vergleiche anstellen. Unabhängig davon wurde die Sinfonie mit einer beeindruckenden Kompromisslosigkeit dargeboten - ich habe bisher noch in keinem Konzert erlebt, dass nach dem zweiten Satz eine Pause zum nachstimmen der Instrumente eingelegt wurde/werden musste.

Interessant ist auch der aktuelle "Konzertsaal": Auf Grund der Sanierung (bedauerlicher Weise war ein Abriss und anschließender Neubau auf Grund der Unmengen Asbest im Dach nicht bezahlbar) des gräßlichen DDR-Baus "Kulturpalast" spielt die Philharmonie im Lichthof des Museums "Albertinum" und das sorgt sowohl für ein besonderes Ambiente als auch für eine deutlich bessere Akustik als der Kulturpalast: Der Raum hat eine z. B. zum großen Saal des Musikvereins vergleichbaren Aufbau und dank einiger beweglicher Akustikelemente/-vorhänge eine mehr als ordentliche Nachhallzeit 2,5 s - zum Vergleich hat der Musikverein und die Berliner Philharmonie je 2,0s.

Unter Strich muss ich sagen, dass ich froh bin mit in diesem Jahr mein Konzertabo von der Philharmonie und nicht von der Staatskapelle geholt zu haben und freue mich auf die kommenden Konzerte.

Grüße
Joachim49
Inventar
#236 erstellt: 02. Okt 2015, 00:36
Schon lange hatte ich mich auf dieses Programm gefreut: Beethovens erstes Rasumowsky Quartett und Janaceks Intime Briefe, gleich zwei meiner grössten Liebschaften in der Quartettlirerartur am selben Abend. Und dann die traurige Nachricht vom Tod des Bratschisten des Artemis Quartetts und des Mitnegründers des Leipziger Streichquartetts. (Statt Blumen oder Kränzen wurde übrigens eine Spende gewünscht, die der Erforschung manisch-depressiver Krankheiten dient. Wer einen Zusammenhang vermutet, ist auf der richtigen Fährte).
Wie so oft bietet das Ersatzprogramm, das das Artemis Quartett anbot, die Gelegenheit Werke zu hören, die man selten im Konzertsaal hört. Das Artemisquartett hat einen zweiten Geiger, der auch ein hervorragender Bratschist ist, so hervorragend, dass das Quartett eigentlich besser einen neuen zweiten Geiger sucht. Es gab aber keine Streichtrios (was nicht schlimm gewesen wäre) sondern Klavierquartette: Schumanns einziges (op 47) und Brahms letztes, op 60. Ich neige dazu Schumanns Kammermusik zu unterschätzen. Das Scherzo, deutlich wohl von Mendelssohn inspiriert, war ganz wunderbar, und der langsame Satz an dritter Stelle klang merkwürdigerweise nach Wien. Noch merkwürdiger: der Cellist muss sein Instrument mitten im dritten Satz, wägrend Geige und Bratsche schwelgen, "verstimmen". Die tiefste Saite muss einen ganzen Ton herunter, was nicht ohne höchst auffällige Nebengeräusche zu bewerkstelligen ist. Dasselbe wiederholt sich in der anderen Richtung kurz nach Beginn des Schlusssatzes. Zu Beginn gab es erst in Streichtriobesetzung eine Collage aus Bach und ... Piazolla (u.a. aus Sitkovetskys Triobearbeitung der Goldbergvariationen). Zum Schluss dann Brahms. Am Klavier, wie schon bei Schumann, Elisabeth Leonskaja - unaufdringlich zurückhaltend. Als Zugabe gab's im sehr gut besetzten Saal des 'Singel' in Antwerpen ein echtes da capo: den langsamen Schumannsatz mit der seltenen Skordatur für das Cello. Dasselbe Programm ist in Kürze in Berlin, Wien und Paris zu hören.
Und jetzt heisst es abwarten, wie es weitergeht in der jetzt schon wechselhaften geschichte des Quartetts. Merkwürdigerweise ist auf der website des Quartetts eine Stellenanzeige, auf der sich Geiger oder Bratscher für die vakante Position bewerben können. Ich hätte nicht gedacht, dass Quartette - vor allem Spitzenquartette - auf diese Weise auf die Suche gehen.
Maastricht
Inventar
#237 erstellt: 08. Dez 2015, 19:28
Im Juni habe ich von Lulu von Berg, in de Inscenering von Wilhelm Kentridge, in Amsterdam gesehen. Ich kannte - von DVD eine Ausführung mit Petibon, hatte mir gut gefallen. Aber die Kentridge Inscenering war mir viel zu statisch. Ich blieb auf Abstand. Verstehe darum auch nicht so gut warum die gleiche Ausführung an der MET so gepriesen wird.

Wie anders war das mit der Ausführung des Dialogues des Carmélites von Poulenc; auch in Amsterdam, voor zwei Wochen gesehen. Ich kannte diese Oper von einer Blu Ray, Theatre des Champs Elysees, 2013. Die Blu Ray Ausführung ist sehr packend, zufällig auch wieder mit Petibon, hier als Schwester Blanche. Nur die Tonformate sind nicht so gut. Es gibt keine HD Tonformat und als Surround nur eine imho miesen DD5.1 Ton. Dann ist mir der PCM 2.0 Ton schon lieber. Zurück zur Ausführung in Amsterdam. Die Amsterdamse Oper sagt das diese Inszenierung, ursprünglich aus 1997, die erfolgreichste Inszenierung der Amsterdamsen Oper ist. Ich kann mir da was bei vorstellen. Mit wie wenig Mittelen man eine Ausführung sehr überzeugend auf die Bühne bringen kann: fantastisch und auch gesanglich und orchestral war es geniessen. O ja, die Inszenierung ist von Robert Carsen.
dktr_faust
Inventar
#238 erstellt: 20. Dez 2015, 15:02
Ich habe mir gestern den Messias von Händel (ja....welcher Komponist sonst ) im Dresdner Albertinum angehört.
Es seit sehr langer Zeit mal wieder ein echtes Gänsehautkonzert (nicht nur wegen der Gedenkansprsche für Kurt Masur) die Dresdner Philharmonie und der Philharmonische Chor haben unter Michael Sanderling wirklich sehr deutlich an Qualität zugelegt.

Besonders beeindruckend fand ich das Sängerensemble:

Heather Engebretson hat eine lyrischen Sopran wie ich lange keinen gehört habe und eine normale stimmliche Kraft
Kenneth Tarver hat einfach eine sehr schöne Stimme und eine tolle Präsenz auf der Bühne
Arttu Kataja war - obwohl offiziell Bariton - die Überraschung des Abends für mich....dieser Mann hat seine ebenfalls sehr guten Patner ganz locker ausgestochen mit perfektem Gesang und wunderschöner Stimme - und das alles ohne irgendwie angestrengt zu wirken.
Bettina Ranch hatte gestern eine schweren Stand....obwohl für sich genommen auch sehr gut ist sie im Vergleich zu den Mitstreitern etwas abgefallen - was wohl daran lag, dass sie als Mezzosopran in den Altlagen doch Mühe hatte.

Alle 4 werde ich aber in jedem Fall weiter "beobachten"

Grüße


[Beitrag von dktr_faust am 20. Dez 2015, 19:59 bearbeitet]
FabianJ
Inventar
#239 erstellt: 31. Dez 2015, 20:59
Am Dienstag Abend hatte ich das Vergnügen, mir Joseph Haydns Abschiedssinfonie in der Hamburger Laeiszhalle im Konzert anhören zu können. Vorher kamen Vivaldis Vier Jahreszeiten und danach umfangreiche Auszüge aus Händels Wassermusik zur Aufführung. Als Zugabe gab es „Albinonis" Adagio.

Es spielten die Tschechische Kammerphilharmonie Prag unter der Leitung von Petr Chromcák, bzw. bei den Vier Jahrezeiten unter der Leitung des Konzertmeisters.

Alle drei Aufführungen haben mir gefallen, am Meisten jedoch das Haydn-Werk. Insbesondere der letzte Satz kommt im Konzert wesentlich besser rüber als von Tonkonserve. Ich kannte das Stück schon eine ganze Weile in der Aufnahme des Dirigenten Frans Brüggen, aber wie die Musiker während des Satzes nach und nach die Lampen an Ihren Notenpulten ausknipsten und mit ihren Instrumenten den Saal verließen, das lässt sich nur live so unterhaltsam inszenieren.

Bei der Wassermusik möchte ich noch insbesondere die hervorragenden Horn- und Oboespieler des Ensembles hervorheben. Bei den barocken Werken merkte man deutlich, dass es bei angemessener Spielweise keiner alten Instrumente bedarf, um diese Werke angemessen zur Aufführung zu spielen. Ein Cembalo war allerdings schon dabei.

Doch, es war ein schönes Konzert und zum Glück konnte der Dirigent verhindern, dass die Zuhörer nach jedem einzelnen Satz zu applaudieren begannen. Zu Beginn des Abends, bei den Vier Jahreszeiten, fand ich das bisweilen etwas störend.

Mit freundlichem Gruß
Fabian
Joachim49
Inventar
#240 erstellt: 30. Jan 2016, 01:30
Zunächst ein kleiner Schrecken, denn es ist nie ein gutes Zeichen, wenn vor dem Konzert erst jemand von den Veranstaltern auf der Bühne erscheint. Keine Angst, die Künstlerin wird auftreten, aber möchte das Publikum um Verständnis bitten, dass sie nicht in Bestform ist, da nach einem zahnmedizinischen Eingriff vor einiger Zeit, die wieder auftretenden Schmerzen nur mit leicht betäubenden Schmerzmitteln zu bändigen waren.
Wenn Mariam Batsashvili an diesem Abend nicht in Bestform war, dann übersteigt es mein Vorstellungsvermögen, was sie noch besser hätte machen können. Die zierliche junge Frau, gerade mal 22 Jahre alt, hat schon zwei Lisztwettbewerbe gewonnen, einen in Weimar, da war sie noch Teenager und voriges Jahr einen in Utrecht. Manche Pianisten pflegen ja eine Art Seelenverwandtschaft mit einem Komponisten und bei Batsashvili ist das wie zu erwarten Liszt. Der spielte dann auch neben einigen Kleinigkeiten (Bach-Marcello, eine Beethovenbagatelle und dem allegro barbaro) die Hauptrolle.
"Après une lecture de Dante", "La Benediction de dieux dans la solitude", und die 13. Ungarische Phantasie waren die Hauptbrocken.
Also mir blieb da die Spucke weg, mit welcher scheinbaren Leichtigkeit dies alles gemeistert wurde, - fernab von jeglichem pianistischen Showgehabe und falschem Pathos. Zwischen den Stücken ein kleines verlegenes, aber auch leicht verschmitztes Lächeln. Der Abend war ein Beweis, dass Liszt eben mehr ist als ein virtuoser Salonkomponist (falls so ein Plädoyer noch nötig ist). Ich hatte das Vergnügen, die junge Dame schon zweimal im Konzert zu hören und es wird nicht zum letzten mal gewesen sein.
Gut,De Singel in Antwerpen ist nicht die Carnegie Hall, aber irgendwann in naher Zukunft wird sie dort auch spielen oder irgendetwas ist in der Musikwelt völlig ungerecht.
Leider stehen in den nächsten Monaten keine Deutschlandbesuche auf dem Programm (wenn man davon absieht, dass sie ihren Wohnsitz ganz in der Nähe ihres Idols hat, - in Weimar).
Zum Trost kann ich jedem nur empfehlen, sich den Schluss des Halbfinales in Utrecht auf youtube anzuschauen, ab 36 min 55 (davor ist der Liederkomponist Liszt an der Reihe).
https://www.youtube.com/watch?v=rp15Je8BReA
FabianJ
Inventar
#241 erstellt: 01. Feb 2016, 00:38
Den Namen dieser Pianistin las ich hier das erste Mal, aber in dem Video gesehene und vor allem gehörte hat mir sehr gut gefallen. Danke für das Verlinken!
Joachim49
Inventar
#242 erstellt: 01. Feb 2016, 23:07
Freut mich, dass Du es Dir angehört hast. Inzwischen, mit neuer Frisur und einem weniger "priesterlichen" outfit, hätte Dir nicht nur das "Gehörte", sondern vielleicht auch das "Gesehene" gefallen.
FabianJ
Inventar
#243 erstellt: 23. Mai 2016, 21:13
Im Rahmen des Hamburger Musikfestes führte gestern das NDR Elbphilharmonie Orchester (NDR Sinfonieorchester) unter dem Dirigat von Thomas Hengelbrock in zwei Konzerten die vier Sinfonien von Johannes Brahms auf. Ich besuchte das erste der beiden Konzerte mit Sinfonie Nr. 1 und 2.

Nun habe ich mir die Werke schon so einige Male von Konserve angehört und ein Teil meiner Aufnahmen ist auch klanglich sehr gut, aber der Eindruck in so einem Konzert, in einer der vorderen Reihen, ist doch um einiges intensiver. Die Aufführenden blieben den Werken nichts schuldig. Insbesondere die Aufführung der ersten Sinfonie war unheimlich packend. Das sage ich als jemand der Brahms' zweite Sinfonie eigentlich lieber mag. Aber auch deren Aufführung hat mir sehr gefallen. Es war ein tolles Konzert!

Vielleicht hätte ich doch Karten für beide Konzerte holen sollen, aber auch so werde ich diesen Abend (bzw. späten Nachmittag) so schnell nicht vergessen.

Mit freundlichem Gruß
Fabian


[Beitrag von FabianJ am 23. Mai 2016, 21:15 bearbeitet]
FabianJ
Inventar
#244 erstellt: 03. Jun 2016, 09:57
Nun weiß ich auch wofür die Kameras bei dem Konzert da waren.
http://concert.arte.tv/de/johannes-brahms

Ich habe mir die Videos noch nicht angesehen, aber das scheinen alle 4 am 22.05.2016 in Hamburg aufgenommenen Brahms-Sinfonien zu sein.

Mit freundlichem Gruß
Fabian


[Beitrag von FabianJ am 03. Jun 2016, 09:57 bearbeitet]
FabianJ
Inventar
#245 erstellt: 21. Aug 2016, 11:30
In der evangelischen Kirche des kleinen Städtchens Kellinghusen fand gestern Abend ein Konzert mit den Musikern der Hamburger Ratsmusik und einigen Gastmusikern statt. Im Zentrum des Kammermusikprogramms standen Werke mit dem Baryton von Joseph Haydn. Es erklang dabei ein Nachbau des Instrumentes von Fürst Esterházy, Haydns langjährigem Arbeitgeber. Da dieses von der Gambistin Simone Eckert gespielt wurde, wurden daneben auch Werke mit Viola da Gamba aufgeführt. Ich mag den holzigen Klang der Gambe, aber der leicht metallisch-silbrigere Klang des Baryton ist auch sehr schön.

An weiteren Instrumenten erklangen im Laufe des Abends noch eine Violine, eine Bratsche, ein Cello sowie, bei einigen Stücken, zwei Hörner. Auch deren Musiker waren nicht weniger großartig als Frau Eckert.

Neben Werken Haydns standen auch Kompositionen anderer Zeitgenossen auf dem Programm. Davon heutzutage am Bekanntesten ist sicherlich Carl Stamitz, aber auch die Werke von Andreas Lidl und Franz Xaver Hammer brauchten sich nicht zu verstecken.

Am Liebsten mochte ich die Stücke ganz am Anfang und am Schluss des Konzerts, als Joseph Haydns Divertimento für Baryton, zwei Hörner, Viola und Violoncello (Hob. X:10) und Carl Stamitz' Sextett für Viola da Gamba, Violine, Viola, zwei Hörner und Violoncello.

Es war ein wundervolles Konzert.

(Das genaue Programm lässt sich hier nachlesen.)
Joachim49
Inventar
#246 erstellt: 16. Okt 2016, 18:04
Zu berichten ist gleich von zwei Konzerten, die ich kurz hintereinander im Konzertsaal „De Singel“ in Antwerpen hörte.
Ein reines Mendelssohn Programm mit
Le Concert Olympique
Jan Caeyers (dir)
Alexander Melnikow (piano)
Gespielt wurden
Klavierquartett Nr.2 op2
Klavierkonzert Nr. 1
Symphonie Nr. 4 (Italienische)

Das Orchester ist jung, gegründet 2010 vom Dirigenten Jan Caeyers. Caeyers hatte schon einmal ein ‚eigenes‘ Orchester: Die Beethoven Akademie. Es verschwand, nachdem eine Sponsorsuche via facebook keinen Erfolg hatte. Das neue Orchester, das sich auch als „Das Beethovenorchester“ bezeichnet, knüpft offensichtlich an die Vergangenheit an. Es widmet sich der Musik Beethovens und seiner Zeitgenossen aus der Perspektive seines Gründers. Caeyers ist der Autor einer umfangreichen Beethovenbiographie.
Das 45 Mann (und Frau) starke Orchester fällt auf durch seinen jugendlichen Enthusiasmus, sein makelloses Spiel und …. durch die geschmackvolle Kleidung der zahlreichen weiblichen Mitglieder, die von einem Antwerpener „Fashion House“ für jede der Musikerinnen individuell entworfen wurde (Antwerpen ist seit vielen Jahren ein internationales Modezentrum).
Das Konzert begann in kleiner Besetzung , einem jugendlichen Klavierquartett, das jedoch nicht ganz das Niveau berühmterer Jugendwerke Mendelssohns erreicht. Das trotz seiner Tonart leichte und süffige Klavierkonzert wurde von allen Beteiligten engagiert und mitreißend gespielt. Die“ Italienische“ war für mein Gefühl oft etwas zu laut, trotz der kleinen Besetzung.

Einen Tag später spielte im selben Saal
Imogen Cooper
Musik von Janacek (aus den „überwachsenen Pfaden“), Schumanns „Davidsbündler“ und nach der Pause ein spanisches Programm, mit Musik von de Falla, Debussy und Albeniz. Der andalusische zweite Teil des Konzerts war sehr gut zusammengestellt. Die Pianistin ließ auch ausdrücklich bitten, zwischen den relativ kurzen Stücken nicht zu applaudieren. Der Abend begann mit einem meiner pianistischen Lieblingsstücke, trotz seiner großen Schlichtheit: Die Frydecker Muttergottes. Leider gab es danach nur noch zwei Stücke aus dem Zyklus, den ich sehr mag. Dann gab es die Davidsbündler. Ich muss offen gestehen, dass ich sie nicht mag, obwohl ich den Carnaval, die Symph. Etüden oder die Fantasie sehr schätze. Wenn ich die Davidsbündler auf CD höre, vergeht mit meist schon vor Teil 2 die Lust weiterzuhören. Das Konzert hat nichts daran geändert, dass ich diesen Schumann nicht mag. Aber an Imogen Cooper lag es gewiss nicht.
op111
Moderator
#247 erstellt: 17. Okt 2016, 13:22
Hallo Joachim.
Ein schöner Bericht!

Der große "Blauwe zaal" im "De Singel" ist mit 1000 Plätzen beziffert und damit nicht allzu riesig.
Den Fotos im Internet nach sitzt das Publikum auf abfallenden, in etwa gleichbreiten Stuhlreihen.
Der kleinen Besetzung der Mendelssohn-Sinfonie müßte das doch entgegenkommen.
Wie ist die Akustik?
FabianJ
Inventar
#248 erstellt: 19. Nov 2016, 15:53
Gestern Abend war ich im kleinen Saal der Laeiszhalle in Hamburg. Im großen Saal des Gebäudes, wo u. a. die Orchesteraufführungen stattfinden, war ich ja schon diverse Male, aber den Kammermusiksaal kannte ich noch nicht. Zu Hause höre ich mir sehr gerne Kammermusik an, aber bei einem Konzert mit einem Streichquartett war ich bislang noch nie. Das galt es zu ändern!

Von meinem preiswerten Platz auf der Empore aus war der Blick auf das Ensemble zwar manches Mal durch den Kopf des Vordermanns verdeckt, aber von der Akustik her gab es nichts zu meckern. Und was das Konzert an sich betrifft auch nicht.

Es trat das Tetzlaff Quartett auf, welches ich vom Namen her kannte, gehört habe ich allerdings bislang nur den Primarius Christian Tetzlaff als Solisten. Und das auch nur von Konserve.

Gespielt wurde folgendes Programm:
W. A. Mozart: Streichquartett Nr. 15 d-Moll KV 421
Béla Bartók: Streichquartett Nr. 4 C-Dur Sz 91
Jean Sibelius: Streichquartett d-Moll op. 56 „Voces Intimae"


Am wenigsten sprach mich hiervon das Mozartwerk an, was mit Sicherheit nicht an der Aufführung liegt. Dieses Werk hat mich auch bei meinen Aufnahmen nie so angesprochen wie andere Streichquartette Mozarts, etwa dem Jagdquartett. Kurzweilig war es aber auf jeden Fall.

Highlight des Abends war für mich die Aufführung des Bartók-Quartetts. So ungeheuer packend habe ich dieses Werk noch nie gehört. Selbst der Teil des Publikum, der bei den ersten Tönen des Werks wohl innerlich die Nase gerümpft hat, war am Ende begeistert. Es wurde nach jedem der 3 Werke (und des Zugabestücks) eifrig geklatscht, aber nach dem Bartók tobte der Saal! Falls das Ensemble dieses Werk mal aufnehmen sollte, dann wäre das eine Aufnahme die ich unbedingt haben muss.

Nach der Pause folgte Sibelius' wohl bekanntestes Kammermusikwerk, dessen Aufführung nicht weniger gelungen war und nach dessen Aufnahme durch dieses Ensemble ich wohl mal Ausschau halten sollte.

Alles in allem ein mit Werken der Wiener Klassik, der klassischen Moderne und der Spätromantik ein kontrastreichen Programm, welches zeigt wie vielseitig diese vier Musiker sind.

Nach den Schlussapplaus (und vor dem zweiten Schlussapplaus ) gab es noch eine Zugabe. Diese war an diesem Abend auch das einzige Werk, welches ich nicht vorher von Konserve her kannte. Es wurde noch der langsame Satz aus einem von Haydns op. 20-Quartetten gegeben.

Dieses Konzert war für mich ein gelungener Abschluss einer doch recht stressigen Arbeitswoche.

Mit freundlichem Gruß
Fabian
Joachim49
Inventar
#249 erstellt: 20. Nov 2016, 01:56

op111 (Beitrag #247) schrieb:

Der große "Blauwe zaal" im "De Singel" ist mit 1000 Plätzen beziffert und damit nicht allzu riesig.
Den Fotos im Internet nach sitzt das Publikum auf abfallenden, in etwa gleichbreiten Stuhlreihen.
Der kleinen Besetzung der Mendelssohn-Sinfonie müßte das doch entgegenkommen.
Wie ist die Akustik?
:prost


Ich sehe jetzt erst diesen Beitrag. Ich glaube nicht, dass die Akustik wirklich optimal ist, da man bei Konzerten Holzwände aufstellt und an den Decken nachträglich Reflektoren angebracht hat. Die Wände sind aus nacktem, betonartigem Stein. Die Abstände zwischen den Stuhlreihen sind ziemlich groß, wodurch der Saal eher groß ist. Man kann bequem vor den sitzenden Besuchern entlanglaufen, ohne dass sie von ihren Sitzen aufstehen müssen. Aber unzufrieden war ich selbst mit der Akustik nie. Diesen Monat eröffnet allerdings ein neuer Konzertsaal in Antwerpen. Der frühere Elisabethsaal wurde nämlich nicht renoviert, sondern völlig neu gestaltet und die Architekten versprechen, dass er qua Akustik Weltklasse sein soll. Dort werden u.a. die Konzerte des Royal Flemish Ph O stattfinden (hierzulande unter dem idiotischen Namen "De Filharmonie" bekannt, früher "Filharmonie van Antwerpen". Wie gut das Orchester ist, hört man vor allem bei den Beethovensinfonien unter Herreweghe. Der heutige Chef ist Edo de Waart.
Gruß aus Antwerpen
Joachim
(Die Eintrittspreise in Antwerpen sind im internationalen Vergleich eher günstig. 20 - 25 Euro, für Rentner 16 - 20. Nur bei viel gefragten, groß besetzten Werken, etwa Bach Passionen mit Chor und Solisten wird es renommierten Ensembles teurer, bis ca. 40 Euro. )
Moritz_H.
Stammgast
#250 erstellt: 09. Dez 2016, 10:39

Joachim49 (Beitrag #240) schrieb:
Wenn Mariam Batsashvili an diesem Abend nicht in Bestform war, dann übersteigt es mein Vorstellungsvermögen, was sie noch besser hätte machen können …


Hier eine neue Scheibe dieser Pianistin – da kann man sich von Ihrem Können überzeugen …

amazon.de


[Beitrag von Moritz_H. am 09. Dez 2016, 10:39 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#251 erstellt: 11. Dez 2016, 00:56
Oh, vielen Dank für den Hinweis, Moritz. Da zögere ich keine Sekunde.
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