Wagner: Parsifal

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op111
Moderator
#1 erstellt: 06. Aug 2005, 13:02
Hallo zusammen,

angesichts der laufenden Bayreuther Festspiele gerät das Werk Wagners in den Fokus der Interessen.

Ein Parsifal-Thread fehlt uns noch, hier ist er.
Da Klaus sich in einem wilden Vergleichshören unermüdlich durch diesen dicken Schinken quält, erwarte ich einige Beiträge.
Was haltet ihr von Werk und Aufnahmen?

Hier mal einige klassische Standardaufnahmen:


Hilda schrieb:
Parsifal-Vergleichshören Teil I

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James King
Dame Gwyneth Jones
Thomas Stewart
Franz Crass · Donald McIntyre · Karl Ridderbusch
Chor der Bayreuther Festspiele
Orchester der Bayreuther Festspiele
Pierre Boulez

1971 Deutsche Grammophon
CD 002894357182



Peter Hofmann
Waltraud Meier
Franz Mazura
Chor der Bayreuther Festspiele
Orchester der Bayreuther Festspiele
James Levine



George London, Arnold van Mill, Ludwig Weber, Wolfgang Windgassen, Hermann Uhde, Martha Mödl, Werner Faulhaber, Hanna Ludwig, Gerhard Stolze, Walther Fritz
Chor der Bayreuther Festspiele
Orchester der Bayreuther Festspiele
Hans Knappertsbusch
amazon.de

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 06. Aug 2005, 13:06 bearbeitet]
Hilda
Stammgast
#2 erstellt: 06. Aug 2005, 14:05
Hallo Franz,

es hat gar nicht wehgetan...

mein Fazit nach dem ersten Teil, der dann doch noch Levine/Bayreuth und Kna/Bayreuth 51 beinhaltete:

Kubelik und Solti vorne.

Wenn Moll dann Kubelik. Wenn Gurnemanz dann eher Weber, Sotin oder Frick, obwohl letzterer immer singt als hätte er Schnupfen gefällt er mir besser als Moll (ich weiss, alle anderen lieben ihn, aber mir isser zu gaumig - man müsste mal Pape hören). Hölle bei Barenboim hat mich nicht besonders beeindruckt.

van Dam ist von den sechsen zusammen mit London mir der liebste Amfortas, Waltraud Meier ist auf der Bayreuther Levine-Aufnahme IMHO besser zu hören, dafür ist Hofmann bei Karajan besser... Levine war live 83 und 85 ein Erlebnis - auf der CD ist er manchmal einen Tick zu langsam, obwohl er es sehr gut schaftt, die Spannung aufrecht zu erhalten.

Der junge Kollo ist als Parsifal sehr gut. Knapp dahinter King. Ich schätze mal, daß Jess Thomas auf dem 62er Knappertsbusch auch zu den Top 3 gehören wird. Jerusalem ist sehr ordentlich, Hofmann nicht so mein Ding, ebenso Windgassen.

Von den Kundrys gefallen mir Ludwig und Meier am besten. Minton ist auch sehr gut, aber nicht so 'hair raising'. Mödl musste man wohl live erlebt haben - auf CD eher etwas enttäuschend.

Also wie fast immer: Die Lieblingsaufnahme gibt es für mich nicht - vom Orchester und den Chören würde ich wohl Kubelik und Levine oben sehen, obwohl Karajan ein unheimlich spannendes Vorspiel zum ersten Akt gelingt. Sängerisch holt Solti wieder auf.

Den Boulez kenne ich noch von LP - ist aber ewig her. Hat mir damals aber ziemlich gut gefallen. komisch, daß ich den noch nicht auf CD habe...

Gruss
Klaus


[Beitrag von Hilda am 06. Aug 2005, 14:06 bearbeitet]
Avila
Inventar
#3 erstellt: 06. Aug 2005, 14:20
Da würden mich Vergleiche auch sehr interessieren! Ich habe und kenne nur die DG-Aufnahme des Metropolitan Opera Orchestra unter James Levine. Mein Kaufgrund war: Kurt Moll / Gurnemanz. Überragend! Begeistert mich auch nach Jahren immer noch jedesmal aufs Neue.

Insgesamt gefällt mir die Aufnahme eigentlich ganz gut, allerdings habe ich bei manchen (v.a. bei manchen lauten) Passagen das Gefühl, als ob die Aufnahme seltsam "breiig" wäre, irgendwie verwaschen und weniger präzise als ich sie gerne hätte.

Alternativempfehlungen?
Avila
Inventar
#4 erstellt: 06. Aug 2005, 14:36
Eben sehe ich es.


Hilda schrieb:


es hat gar nicht wehgetan...



Hätte mich auch gewundert.

Ich werde mir dann wohl mal diese Aufnahme
amazon.de

auf die Einkaufsliste setzen. Danke.
vanrolf
Inventar
#5 erstellt: 07. Aug 2005, 00:56
Klaus schrieb:

Ich schätze mal, daß Jess Thomas auf dem 62er Knappertsbusch auch zu den Top 3 gehören wird.


Hallo zusammen,

Wagners "Parsifal" - das Thema kommt mir zur Zeit gelegen, da ich erst seit wenigen Wochen zum ersten Mal eine CD-Version dieses Werkes besitze. Ansonsten findet sich in meiner Sammlung seit langem (und auf noch bestens erhaltenem Vinyl) neben der von Franz gezeigten 1971er Boulez-Aufnahme diese Ausgabe:

amazon.de

Hans Knappertsbusch
Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele
(1962)
Jess Thomas (Parsifal)
Hans Hotter (Gurnemanz
Irene Dalis (Kundry)
George London (Amfortas)
Gustav Neidlinger (Klingsor)
Martti Talvela (Titurel) u.a.
(Philips)

Bezüglich der Frage, die Franz eingangs gestellt hat ("Was haltet ihr von Werk und Aufnahmen?") möchte ich im Moment nur zu letzterem Punkt Stellung nehmen: Als musikalische Komposition mag ich das Werk sehr, es geistert seit vielen Jahren immer wieder in meinem Kopf herum, und ich kann mich über die 1962er Aufnahme unter Knappertsbusch auch immer noch begeistern. Die Tempi sind eher getragen, und der von Wagner gewählte Begriff "Bühnenweihfestspiel" wird dabei sicher nicht unterschlagen. Trotzdem ertrinkt die Aufnahme nicht in mystifizistischem Pathos, sondern ist transparent, detailliert und glänzt m.M. nach besonders durch die Gesangsdarbietungen.
Glaubt man der Literatur, dann ist die 62er Knappertsbusch-Einspielung ein absoluter Glücksfall, weil hier eine akzeptable Aufnahmequalität mit hohem künstlerischem Niveau zusammenkommt und Knappertsbusch seine ganze Erfahrung und Verehrung für dieses Werk voll auskostet. Jess Thomas ist für mich der herausragende Wagnertenor für die Rollen der Wagnerschen "Unschuldslämmer" (Parsifal, Lohengrin unter Sawallisch und Kempe, auch als Walther unter Keilberth nicht schlecht) und hinterlässt bei mir auf jeden Fall einen wesentlich stärkeren Eindruck in dieser Rolle als z.B. Windgassen. Auch James King kommt da für mich nicht heran, ich nehme ihm einfach den "reinen Toren" nicht ab. Auf mich wirkt King dafür einfach zu kraftvoll, eben immer wie ein Siegmund, sorry. Kollo kenne ich (neuerdings) aus der Kegel-Aufnahme (1975), er macht meinem ersten Eindruck nach seine Sache gut. Hotter hat zwar 1962 schon die bekannten stimmlichen Einschränkungen (Asthmatiker), gestaltet die Rolle aber für mich trotzdem überzeugend. Highlights sind neben dem rabenschwarzen Klingsor Gustav Neidlingers natürlich George London als Amfortas (obwohl ich den Eindruck habe, daß der seinen Akzent schon besser im Griff hatte) und die heute leider in Vergessenheit geratene Irene Dalis als Kundry, die zwar auch mit starkem US-Akzent auftritt, dafür aber die verzweifelte Ausweglosigkeit der Figur - auch stimmlich - geradezu genial vermittelt. Auch in den Nebenrollen findet sich zum Teil hochkarätiges, z.B. im 2. Akt eine 22jährige Anja Silja als Blumenmädchen und Martti Talvela bei seinem Bayreuth-Debüt als Titurel (nicht direkt eine Nebenrolle, aber so umfangreich ist sein Part ja nun auch nicht).
Es gibt natürlich Bühnen- und Publikumsgeräusche, sie sind aber erträglich, und ich habe mir sagen lassen, die CD-Version sei recht anständig gelungen. Auf jeden Fall kann ich diese Aufnahme sehr empfehlen und werde mir die CD-Ausgabe sicher irgendwann noch zulegen.

Nur eingeschränkt empfehlen möchte ich dagegen die Aufnahme unter Boulez, ebenfalls in Bayreuth aufgenommen (1971), da die Gesangsleistungen in einigen Hauptrollen (Dame Gwyneth Jones als Kundry und Donald McIntyre als Klingsor) für mich völlig unakzeptabel sind. Jones kann hier schon (wie auch später im Chérau-Ring) keinen Ton halten, und McIntyre wirkt auf mich völlig überfordert. Obwohl ich mit z.B. englischem Akzent eigentlich kein Problem habe (die Knappertsbusch-Aufnahme strotzt ja nur so vor lauter Amis), wenn die Rolle stimmlich und in der Gestaltung souverän ausgefüllt wird, störe ich mich bei den Boulez-Protagonisten merkwürdigerweise auch daran. Das Dirigat ist als sachlich-entmystifizierendes Gegenstück (etwa auch zu Knappertsbusch) aber durchaus interessant und hörenswert.

Seit kurzem besitze ich die 1975er Aufnahme mit dem RSO Leipzig unter Herbert Kegel, die es günstig bei 2001 gab. Da kann ich aber im Moment noch nichts näheres zu sagen, außer, daß die Klangqualität sehr gut ist.




Gruß Rolf


[Beitrag von vanrolf am 07. Aug 2005, 12:20 bearbeitet]
Tantris
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 08. Aug 2005, 18:53
Hallo,

mein Favorit bei den "Parsifal"-Aufnahmen ist wiederum eine Videoaufnahme:

Barenboim/Kupfer, Staatsoper unter den Linden 1993, Elming, Struckmann, Tomlinson, W. Meier

amazon.de

Tomlinson ist nicht jedermanns Ding, kein echter tiefer, sonorer Baß, sonern eher eine deklamierende, etwas rauchige Baritonstimme - ansonsten ist die Bestezung hervorragend. Barenboim spielt die Staatskapelle echt in einen Rausch, gerade in den breit orchestrierten Passagen mitreißender als auf seiner Studioaufnahme. Die Kupfer-Insznierung ist IMHO seine beste in Berlin überhaupt, noch nie habe ich die vorletzte Szene so beklemmend gesehen (es ist die mit den riesigen fahrenden Spiegelwänden, falls jemand Szenenfotos kennt).

Die 1951er Knappertsbusch-Aufnahme ist mittlerweile Public Domain, also frei und billig erhältlich. die Tonqualität ist allerdings sehr historisch, was ich gerade bei diesem werk als hinderlich empfinde.

Gruß, M.


[Beitrag von Tantris am 08. Aug 2005, 18:56 bearbeitet]
op111
Moderator
#7 erstellt: 08. Aug 2005, 19:06
Hallo Tantris,


Tantris schrieb:
mein Favorit bei den "Parsifal"-Aufnahmen ist wiederum eine Videoaufnahme:

Barenboim/Kupfer, Staatsoper unter den Linden 1993, Elming, Struckmann, Tomlinson, W. Meier


wieder mal zeigt sich, daß man Wagneraufführungen ganz unterschiedlich hören und erleben kann, wie schon beim "Ring" erlebt.
Das war die einzige Aufführung eines Werks von R. Wagner, bei der ich mich so entsetzlich gelangweilt habe, daß ich fast eingeschlafen wäre.
Es kann natürlich sein, daß sie auf DVD anders, lebendiger wirkt als live oder besser dead im Opernhaus.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 08. Aug 2005, 19:07 bearbeitet]
Tantris
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 08. Aug 2005, 19:24
hallo Franz,

hab diese aufführung leider damals nicht live gesehen, aber kann nachvollziehen, was Du meinst, einige der neueren Kupfer-Inszenierungen in B haben diese "Leerstellen" in der Regie, leider auch die musikalisch hervorragende "Walküre" aus der letzten Spielzeit (in ziemlich merkwürdiger Tournee-Aufnahme auf DVD übrigens) und die letztjährigen Meistersinger. Auf der Parsifal-DVD ist davon nichts zu merken.

Es gibt die Aufnahme übrigens nicht auf DVD, sondern nur VHS und LD, ich besitze zum glück letztere.

Gruß, T.
Tucci
Schaut ab und zu mal vorbei
#9 erstellt: 17. Aug 2005, 14:27
Also ich habe mir gerade erst eine Aufnahme auf DVD gekauft: Levine dirigiert Metropolitan Opera Orchestra mit Meier, Jerusalem, Moll u.a.. Die Aufnahme ist zwar nicht schlecht (beim vorhandenen DVD-Angebot für mich sogar eigentlich die Beste), mag aber nicht in letzter Konsequenz zu Überzeugen. Dafür bin ich ein absoluter Fan der Audioaufnahme von Knappertsbusch aus Bayreuth aus dem Jahr 1964. Finde die eigentlich unschlagbar bezüglich Interpretation.
vanrolf kann ich mich nur anschliessen bezüglich seiner Meinung über die Boulez-Aufnahme: die ist auch weniger mein Geschmack.
Klassikkonsument
Inventar
#10 erstellt: 29. Nov 2013, 20:42
Hier schrieb ich:


Klassikkonsument (Beitrag #98) schrieb:

op111 (Beitrag #82) schrieb:
Kollo, Adam, Bunger, Schröter, Gebhardt, Polster,
RSO Leipzig,
Herbert Kegel
Berlin, ADD/LA, 1975 3CDs

jpc.de
zur Qualität dieser von vielen Seiten gelobten Produktion kann ich leider nichts sagen.


Ich habe Wagners Parsifal in der Vorgänger-Edition dieser Aufnahme kennengelernt. Die kriegt man eventuell noch etwas günstiger, aber auch mit Begleittext und Libretto:

jpc.de

Es handelt sich um eine konzertante Aufführung. Sie ist praktisch genauso zügig wie die von dir weiter oben empfohlene Boulez-Einspielung (DG), vielleicht noch etwas dramatischer.
Zwar klingt sie nicht ganz so transparent und ist klangtechnisch etwas schwächer, dafür ist sie sängerisch insgesamt besser. Jedenfalls ist René Kollo in der Titelrolle klar überlegen, und die Chöre (nicht zuletzt die Thomaner - bei Boulez' Aufnahme übernehmen Frauen den Knabenchor-Part) sind auch sehr gut.
Theo Adam hat zwar dieses Tremolo (oder einen Wobble?) in der Stimme, bringt aber die Rolle überzeugend rüber.
Ulrik Cold als Gurnemanz überzeugt mich auch sehr. Mich nervt zwar etwas der gütige Charakter, würde das aber dem Part an sich zuschreiben.
Kundry mit ihrem Schreien oder Stöhnen, wenn sie mal wieder aufwacht, ist eh eine extreme Rolle, die leicht auf die Nerven gehen kann (mir nicht). Eine Interpretation muss wohl am Ehesten nach dem Duett mit Parsifal im 2. Akt beurteilt werden. Da ist Gisela Schröter vielleicht etwas zu sentimental für meinen Geschmack, aber eigentlich schon ganz gut.
Reid Bunger als Klingsor schwächelt vielleicht etwas im Gesang und in der Darstellung, ist für mich aber noch ok. Sein Akzent stört mich nicht.


Übrigens zur formellen Zeit-Frage: Boulez und Kegel werden mit dieser Oper wohl am schnellsten fertig. Levines Aufnahme aus Bayreuth ist eine der langsamsten. Und Knappertsbuschs Stereo-Aufnahme bei Philips liegt eher im Mittelfeld.
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