Wie funktioniert HD Radio?

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DOSORDIE
Inventar
#1 erstellt: 09. Aug 2011, 11:25
Ich habe eben durch Zufall ein Video über HD Radio bei Youtube gesehen.

Da hatte jemand ein HD Radio am Laufen, da war eindeutig eine Mittelwellenfrequenz eingestellt. Das HD Logo blinkte, dann schien es ganz normal analoge Mittelwelle zu sein, immer wenn das HD Logo leuchtete schaltete es nahtlos um auf Digital, die Qualität war dann UKW artig, was mir auffiel war aber, dass schon das analoge AM Signal gut klang.

Wie kann das gehen, dass gleichzeitig analog und digital auf einer Frequenz übertragen werden und bei beidem die Qualität noch gut ist, oder sucht das Gerät per ROM Tabelle den gleichen Sender als HD auf einer anderen Frequenz und schaltet dann immer um? Der Name wurde auch im Display angezeigt, kam der über HD Radio, oder haben die Amis ein RDS für AM? HD Radio ist dort scheinbar in allen Bändern verfügbar, ich habe ich auch Videos gesehen, wo jemand im FM Bereich hörte...

Wenn das System so gut ist, warum brauchen wir dann hier ein Anderes, wie DRM+, anstatt das einfach zu übernehmen?

Da gabs doch auch noch so ein anderes System, das irgendwie CD Radio hieß, wo man mit so ner kleinen Antenne im Auto digital hören konnte...

Versteh ich nicht...

LG, Tobi
Radiowaves
Inventar
#2 erstellt: 11. Aug 2011, 22:11
"HD-Radio", falls es das ist, an das ich gerade denke, hat mit "HD" in unserem Sprachgebrauch ("high definition") nichts zu tun - im Gegenteil. HD-Radio heißt auch "IBOC", das steht für In-Band On-Channel. Was man dabei tut: man nutzt eine klassische UKW-Frequenz und packt zusätzlich noch einen digitale Daten transportierenden Träger mit drauf, so wie wir das seit Jahrzehnten schon von den RDS-Daten her kennen. Da erreicht man offenbar immerhin 96 kbps, was in MP4 ja für halbwegs brauchbaren Mobilempfang ausreicht. Parallel dazu gibt es weiterhin die klassische UKW-Ausstrahlung und das zusätzliche Datenzeugs stört wohl kaum den herkömmlichen Empfang.

Genaueres dazu hier:

http://www.hd-radio.ch/downloads/behdradioprimer.pdf

Genauere Analysen der Auswirkung von HD-Ausstrahlungen auf UKW findest Du hier:
http://www.drm-radio-kl.eu/drmplus_hdradio.htm

Ein solches Simulcast-System gibt es in den USA auch für Mittelwelle, die dort traditionell weit verbreitet ist, einen deutlich erweiterten Frequenzgang aufweist und wohl sogar teils in Stereo läuft. Genau habe ich mich damit nie befaßt.

"HD" meint hier vermutlich "hybrid digital". Ahh, tatsächlich: http://en.wikipedia.org/wiki/HD_Radio

Bitte beachten: die FM-Kanalbandbreite ist bei uns schmaler, dann paßt nicht mehr soviel zusätzlich rein.
DOSORDIE
Inventar
#3 erstellt: 11. Aug 2011, 22:32
Und so klingt dann AM auch FM artig, ja? Die haben da ja auch AM Stereo und scheinbar klingt das normale analoge AM Signal auch irgendwie besser als hier, ich kenne keinen AM Sender, der nur annähernd so gut klingt, wie die amerikanischen analogen AM Sender in den Youtube Demos, hört sich fast so an, als hätten die ne Bandbreite bis 10 kHz oder so. Und DRM+ soll noch viel besser klingen und funktionieren als HD Radio? Das normale DRM hat mich ja nicht so vom Hocker gehauen, da hört sich HD Radio (zumindest in der Demo) wesentlich besser an.

Ich hätte mir das mit dem High Definition gut vorstellen können, für AM Verhältnisse klingt das ja schon recht hoch aufgelöst.

LG, Tobi
Radiowaves
Inventar
#4 erstellt: 12. Aug 2011, 09:13
Bei Amplitudenmodulation bestimmt die höchste übertragene Tonfrequenz die Breite des AM-Sendesignals. Europa hat ein 9-kHz-Raster auf Mittelwelle, die Quersumme der AM-Sendefrequenzen ist immer durch 9 teilbar (531, 540, 549, ... kHz). Da kann ich maximal +/- 4.5 kHz breit modulieren, um normkonform zu bleiben und eine Nachbarfrequenz nicht zu stören. Deshalb haben die AM-Sender einen Tiefpaß vor dem Modulator, der NF-mäßig halt irgendwo bei 4 - 4.5 kHz "postfromm" dicht macht. Das ist unser bekannter AM-Sound.

Ein Mittelwellensender könnte viel mehr, auch wirklich alte Konstruktionen. 10 kHz NF-Bandbreite (vergleichbar einem Kassettenlaufwerk aus nem Ghettoblaster bei Eisenoxidkassetten) sind da locker drin, wenn man "aufmachen" würde. Darf man halt nicht, Parameterüberschreitung.

Der 1952 - 1954 durch das Funkwerk Köpenick aufgebaute Mittelwellen-Großsender in Wilsdruff nahe Dresden (letztlich war das ein in offener Bauweise errichteter Sender auf letztem Vorkriegsstand, sowas sieht aus wie die Schrott-Installation eines Aktionskünstlers auf der Fläche eines Klassenraumes in der Ecke einer Turnhalle) erreicht z.B. theoretisch folgende Werte, wenn man ihn läßt:

Frequenzkonstanz:
2×10^-6 (im Mittel) mit Quarz
5×10^-5 (im Mittel) selbsterregt
Wirkungsgrad der HF-Endstufe: 0.75

Abschlußwiderstand: 60 Ohm

Modulation
NF-Bereich (± 2 dB): 30...10000 Hz
Klirrfaktor (bei m=1): 3%
Fremdspannungsabstand: 61 dB
Geräuschspannungsabstand: 56 dB

Das ist, wenn man mal die atmosphärischen Störungen beim Empfang ignoriert, für die der Sender nichts kann, tatsächlich das Niveau eines halbwegs guten Mono-Kassettenrecorders. Irgendwann 1992/93 wurde da auch mal eine Filterplatine getauscht, da ging es aber um mehr Bass (vorher war eine Sprachoptimierung drin) für Jugendradio DT64, das ja damals ein Jahr auf 1044 kHz aus Wilsdruff lief. Damals machte man sich auch noch die Mühe, ab Funkhaus das Signal extra für AM aufzubereiten - es wurde live während einer Sendung am Sound gedreht und das auch entsprechend on air kommentiert. Eine geile Zeit!

In den USA ist das anders. Dort hat man 10 kHz Kanalabstand auf Mittelwelle, arbeitet aber nicht mit Nachbarkanalbelegung und erlaubt NF bis 10 kHz. Früher lief das sogar bis 15 kHz, fraß also 30 kHz HF-Bandbreite. Stereo können die teils auch, mit einem Verfahren namens C-QUAM. Das beißt sich aber mit HD-Radio.

Wie HD-Radio auf AM klingt, weiß ich nicht. Mir ist die dazugehörige Bitrate nicht bekannt. Allein die entscheidet das ja zusammen mit der gewählten Audio-Datenreduktion. Sooo dolle scheints nicht zu sein - und die Amis beklagen darüber hinaus, daß bei digitalem Parallelbetrieb dann die analoge Ausstrahlung qualitativ auf ein Niveau reduziert werden muß, das unserer Mittelwelle nicht unähnlich ist:
http://stopiboc.com/whynoneed.html

Vergiß einfach den ganzen Quatsch. Auch DRM wird sich nicht durchsetzen, der Bedarf ist einfach nicht mehr da. Deutschland hält ja nun schon seit mehr als 15 Jahren DAB mühsam am Leben.
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