Project Xpression Carbon Classic (Ort. 2M silver)

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Wurzelmanni
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 01. Jul 2016, 07:50
... kann jemand was zu diesem Plattenspieler sagen und sind 700 euro für ein Ausstellungsstück ein guter Preis ? Gibts Alternativen ?

Danke für den Input

Manni
akem
Inventar
#2 erstellt: 01. Jul 2016, 12:05
Naja, rein theoretisch ist der Preis nicht so schlecht. Allerdings bekommst Du ihn neu ohne Tonabnehmer bei Phonophono für 728€ (und das verbaute 2M Silver ist de facto wie ohne Tonabnehmer... ).
AAAABER: hast Du Dir mal die technischen Daten angeschaut? Hier sind sie (kopiert aus der Bedineungsanleitung auf der Project-Homepage):

Technical specifications PRO-JECT 1 Xpression Carbon Classic / Pro-Ject 8.6cc EVO
Nominal speeds 33/45 r.p.m.. *** 78 r.p.m. optional
Speed variance 33: 0,2% 45: 0,18%
Wow and flutter 33: 0,14% 45: 0,13%
Signal to noise 68dB
Effective tonearm mass 6g
Effective tonearm length 8,6 " (218,5mm)
Overhang 18,5mm
Power consumption 4W/ 0W standby mode
Outboard power supply15V / 0-0.8mA DC (set at 0.5mA), universal power supply

Halten wir fest:
- In der Blütezeit der Plattenspieler wäre der Gleichlauf indiskutabel gewesen... Die Hifi-Norm von 0,2% wird zwar erfüllt, aber auch nicht viel mehr.
- Der Tonarm ist mit nur 6g seeehr leicht und fällt damit als Spielpartner für die allermeisten Tonabnehmer aus.
- Signal to Noise ist mit 68dB auch nicht sooo prickelnd.
Und jetzt der Brüller: das Ding schluckt bei 15V Betriebsspannung 4 Watt - macht rund 260mA Stromaufnahme - den Daten zufolge liefert das Netzteil aber nur 0,5mA... Damit dürfte das Ding gar nicht funktionieren...

===>> Angesichts der Daten scheint der Preis arg optimistisch. Dazu kommt, daß der Motor laut dem Bild in der Anleitung nur an einem Riemen aufgehängt ist (was zwar die Übertragung von Vibrationen verhindert, jedoch reißt der Riemen alle paar Jahre, wie der Antriebsriemen halt auch...). Das wäre mir zu hemdsärmelig gestrickt, man könnte bösartig sagen: amateurhaft... Mit dem So-Lala-Gleichlauf könnte man vielleicht noch leben, mit dem Störabstand auch. Wenn Du so gut wie keine Platten hast, die 45 U/min erfordern, kannst Du vielleicht auch mit der fehlenden Geschwindigkeitsumschaltung leben. Mit dem leichten Tonarm aber nicht, der wird Dich bei der Tonabnehmerwahl immer wieder ausbremsen (außer Du kaufst schwerere Gegengewichte, die es bei Project traditionell gibt und baust vorne am Headshell ein Zusatzgewicht von mindestens 5g zwischen Tonabnehmer und Headshell...). Und das montierte 2M Silver ist ein 2M Red zum doppelten Preis (dafür aber angeblich mit Silberspulen - was auch immer das bringen soll...). Das 2M Red ist aber wiederum nur ein OM10 mit mehr Plastik drumrum zum doppelten Preis des OM10... Die Nadel ist immer der gleiche Murks: eine gebondete mittelprächtige Ellipse, die kräftig verzerrt und kaum Auflösung macht...

Meine Empfehlung: Thorens TD280 plus Transrotor Cantare (wenn Du eine MC-taugliche Phonostufe hast) oder mit einem Ortofon 2M Black (MM). Alternativ zum Thorens vielleicht ein TD3xx oder ein TD2001.
Wenn es denn ein Brettspieler sein soll: ich biete derzeit auch einen solchen an. Vielleicht nicht so hübsch aber technisch besser...

Gruß
Andreas
Wurzelmanni
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 01. Jul 2016, 22:30
Hallo Andreas,

vielen Dan erstmal für die ausführliche und aufschlussreiche Antwort.

Ein paar Fragen hätte ich dazu

1) "Mit dem leichten Tonarm aber nicht, der wird Dich bei der Tonabnehmerwahl immer wieder ausbremsen (außer Du kaufst schwerere Gegengewichte, die es bei Project traditionell gibt und baust vorne am Headshell ein Zusatzgewicht von mindestens 5g zwischen Tonabnehmer und Headshell...).

-> sind bestimmte Ortofon Tonabnehmer (bronze etc.) also ungeeignet ?

2) "Und das montierte 2M Silver ist ein 2M Red zum doppelten Preis (dafür aber angeblich mit Silberspulen - was auch immer das bringen soll...). Das 2M Red ist aber wiederum nur ein OM10 mit mehr Plastik drumrum zum doppelten Preis des OM10... Die Nadel ist immer der gleiche Murks: eine gebondete mittelprächtige Ellipse, die kräftig verzerrt und kaum Auflösung macht..."

wie kann man die Qualität von Tonabnehmern objektivieren ? Die einen schwören auf Blue oder Bronze, die anderen - wie du sagen - es ist irgendwie Murks. Wonach soll man sich da orientieren ?

3) "Meine Empfehlung: Thornes TD280"

wieso gerade den ? Den gibt es doch neu gar nicht mehr ..?

4) plus Transrotor Cantare (wenn Du eine MC-taugliche Phonostufe hast)

sorry, was ist eine MC-taugliche Phonostufe ?

5) "Wenn es denn ein Brettspieler sein soll: ich biete derzeit auch einen solchen an. Vielleicht nicht so hübsch aber technisch besser..."

schiess los ..

Gruß
Manni
Wuhduh
Gesperrt
#4 erstellt: 02. Jul 2016, 00:05
Nabend !

@ akem:

Ach Herrje, Du bist wieder einmal " gut bei Stimme "

Der BREXIT-Virus hat Dich anscheinend auch schon erwischt. Angeln und sächseln oder beides zusammen ist nicht mehr angesagt.

Mach' es dem Unwissenden einfacher:

Audiotrade Pro-Ject Deutschlandvertrieb

und im Detail:



OK, die unterschiedlichen technische Werte sind sehr befremdlich.

Aaaber: Tonarm ist im Azimuth und in der Höhe verstellbar !

Weshalb glaubst Du lautet genau so und nicht anders die Modellbezeichnung von dem Ortofon ? Heh, die saugen sich nicht einen Fantasie-Namen aus den Fingern und benutzen entgegen Reson auch keine Rückwärtsbuchstabierung.

@ Manni:

So toll ist der Preis für ein Vorführmodell nicht.

MfG,
Erik
Marsilio
Inventar
#5 erstellt: 02. Jul 2016, 09:58
Guten Morgen



wie kann man die Qualität von Tonabnehmern objektivieren ? Die einen schwören auf Blue oder Bronze, die anderen - wie du sagen - es ist irgendwie Murks. Wonach soll man sich da orientieren ?


Diesen Punkt erkläre ich Dir gerne. Je feiner der Nadelschliff, desto besser löst eine Nadel auf. Selber habe ich mit verschiedenen Tonabnehmern und -nadeln so meine Erfahrungen gemacht. Eher enttäuscht war ich zum Beispiel von der elliptisch geschliffenen Nadel des 2M Blue. Dieser vom Klangbild her eigentlich überzeugende Tonabnehmer hat mir doch einiges an Details verschwiegen, die ich mit besseren Nadeln dann gehört habe.

Das hier sind die gängigsten eher einfacheren Schliffe:
- Rundnadel (auch sphärische Nadel genannt)
- elliptische Nadel
- Fineline (vereinfach eine etwas verschärfte Ellipse)
- hyperelliptische Nadel (dito)
Gerade Nadeln mit dem hyperelliptischen Schliff lösen meines Erachtens aber bereits sehr schön auf. So wurde das legendäre Shure V15III vorwiegend mit hyperelliptischen Nadeln bestückt

Und das hier sind einige Multifacettenschliffe:
- Microlinear, Microline
- SAS
- LineContact
- Shibata
- Gyger
- Stereohedron
- Microdige

Multifacettenschliffe sind - wieder vereinfacht - so angeschliffen, dass sie tiefer in die Plattenrille eindringen und so noch besser abtasten. Zudem gelten solche Schliffe als bedeutend langlebiger. Hält ein ganzer, elliptisch geschliffener Nadeldiamant i.d.R. ca. 800 Stunden, so kann man hier mindestens eine doppelte Lebensdauer erwarten. Allerdings haben diese Nadeln mit ihren aufwändigen Preisen eben auch entsprechende Preise.

Ferner wird jetzt noch zwischen gebondeten und ganzen Diamanten gesprochen. Gebondet ist im Prinzip nur ein aufgeklebter Diamantsplitter.

Ein Ortofon 2M Red, das im wesentlichen dem älteren OM-10 entspricht, aber einfach mit einem schickeren Generatorgehäuse, hat bloss eine elliptische Nadel in der Ausführung gebondet. Das darüber angesiedelte 2M Blue (das dann dem OM-20) entspricht, hat immerhin bereits einen ganzen Diamanten, elliptisch geschliffen. Das 2M Bronze, das gerade bei Neugeräten ab und zu als Upgrade empfohlen wird, entspricht dem alten OM-30 und hat einen ganzen Diamanten mit Fineline-Schliff. Das Topmodell der Reihe, das 2M Black, hat einen ganzen Diamanten mit raffiniertem Shibata-Schliff. Von der alten OM-Reihe gibt es da kein Gegenstück; das Topmodell dieser Reihe ist das OM-40, das einen ganzen Diamanten mit Gyger-Schliff hat.

Wie bereits angedeutet ist die Preisgestaltung bei Ortofon so, dass man für die modernere 2M-Reihe bedeutend tiefer in die Tasche greifen muss. So kostet das 2M Bronze (das technisch wie bereits geschrieben dem OM-30 entspricht) mindestens so viel wie das alte OM-40, das aber einen klar hochwertigeren Nadelschliff hat; das OM-30 hingegen ist kaum teurer als das 2M Blue.

Zum Schluss nun meine ganz persönliche Erfahrung: Für ernsthaftes Plattenhören, also mehr als nur Hintergrundberieselung, lohnt sich eine hochwertige Nadel in jedem Fall. Im Minimum eine überdurchschnittlich fein geschliffene (hyper-)elliptische Nadel sollte es schon sein.

Zum Thema Pro-Ject: Ich teile Akems Bedenken...

LG
Manuel


[Beitrag von Marsilio am 02. Jul 2016, 10:02 bearbeitet]
Wurzelmanni
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 02. Jul 2016, 10:18
Guten Morgen,

Danke, alles verstanden. Stimmt irgendwie nachdenklich. Klingt ja so, als sei die neue Ortofonreihe mehr Schein als sein, zumindest red, blue, bronze. du würdest also den OM40 empfehlen, klanglich u längere Haltbarkeit ...
Marsilio
Inventar
#7 erstellt: 02. Jul 2016, 11:34
Wenn's Ortofon sein sollte ja - OM40 (habe ich selber, kostet rund 280.-) oder 2M Black (ab 450.- - leider sehr teuer).

Vergleichbare Performance bekommst Du allerdings auch billiger: Das Audio Technica 440Mlb mit Microlinear-Nadelschliff gibt es beim Thakker.de für 159.50. Momentan das günstigste System mit Multifacettenschliff auf dem Markt.

Vor dem Kauf eines dieser besseren Systeme gilt es aber auch abzuklären, was für ein Phonovorverstärker (oder bei Vollverstärker: was für ein Verstärker) vorhanden ist respektive wie desse Eingangskapazitäten in pF aussehen. Bei unpassenden Kapazitäten kann ein eigentlich sehr guter Tonabnehmer ziemlich mies klingen.

Und die Plattenspielerfrage würde ich mir auch nochmals überlegen...

LG
Manuel
akem
Inventar
#8 erstellt: 02. Jul 2016, 12:29
Noch eine Anmerkung zu gebondeten Nadeln:
Irgendwie muß ja der Diamant am Nadelträger befestigt werden und da gibt es grundsätzlich drei Varianten (je nach Material des Nadelträgers):
- Bonding (nur bei Alu-Nadelträgern)
- Kleben (geht bei allen Nadelträgern
- Preßpassung in einem Loch durch den Nadelträger (vor allem bei Alu, früher jedoch (angeblich) auch bei Bor); ggf. wird das dann noch durch einen kleinen Tropfen Kleber gesichert
Das Problem beim Bonding ist, daß eben kein verhältnismäßig leichter Kleber benutzt wird sondern Lötzinn. Mal mehr, mal weniger, manchmal wird quasi ein nackter Diamant mit einer sehr dünnen Schicht Lötzinn auf den Träger "geklebt", mal besteht die Nadel aber auch aus ca. 80% aus Lötzinn und nur ganz vorne ist dann ein winziger Diamantsplitter reingesteckt. Das Problem bei Lötzinn ist, daß es überwiegend aus Schwermetallen wie Zinn und Blei besteht und damit der Nadel sehr viel bewegte Masse hinzufügt. Und das schmälert die Abtastfähigkeit und die Auflösung, erhöht die Verzerrungen und senkt die Lebensdauer der Nadel wegen erhöhtem Verschleiß.

Den Thorens TD280 und auch die anderen genannten Thorense gibt es natürlich nicht mehr neu. Aber selbst der "kleine" TD280 macht den Project in jeder Hinsicht naß... Okay, der Tonarm (zumindest der TP28, den ich kenne) ist nicht höhenverstellbar. Da muß man bei niedrig bauenden Tonabnehmern mit Distanzplättchen arbeiten. MC-Tonabnehmer oder auch höhere MMs wie die Ortofon 2M Serie gehen aber ohne Distanztplättchen.

Was ist eine MC-taugliche Phonostufe? Dazu muß ich etwas ausholen...
Moderne Tonabnehmer sind magnetische Tonabnehmer. Früher waren noch Keramik- und Kristallsysteme verbreitet, die aber klanglich schlecht waren und sehr hohe Auflagekräfte brauchten. Und es gab und gibt noch ne Handvoll Exoten auf die ich jetzt nicht näher eingehen will (das würde etwas zu weit führen). Heute gibt es drei magnetische Prinzipien:
- MM (Moving Magnet): wie der Name schon sagt werden ein oder auch zwei Magnete bewegt. Die Spulen sind fest im Systemkörper.
- MI (Moving Iron): Spulen und Magnet sind fest im Systemkörper, mit dem Nadelträger sind weichmagnetische Plättchen o.ä. verbunden, die die magnetischen Feldlinien durch die Spulen modulieren
- MC (Moving Coil): der Magnet ist fest, die Spulen werden bewegt
Alle arbeiten nach dem magnetischen Induktionsgesetz, d.h. die Nadelbewegung erzeugt eine Spannung in den Spulen, die verstärkt werden müssen. Dabei sind die meisten MCs etwa um den Faktor 10 leiser als MM und MI, weshalb sie eine zusätzliche Vorverstärkung brauchen. Betrieben an einem normalen Phonoeingang hörst Du kaum etwas. Nur ein MC-Eingang an der Phonostufe bietet diese extra Verstärkung. Manchmal hat die Phonostufe dafür einen extra Eingang, manchmal kann man die Verstärkung über einen Schalter umschalten. Dabei gibt es aber auch "Exoten": sog. High Output MCs haben eine Ausgangsspannung in der Größenordnung von MMs, weshalb sie am MM-Eingang laufen. Umgekehrt gibt es z.B. von Grado aber auch früher z.B. von Technics ein paar MM/MI Systeme, deren Ausgangsspannung im Bereich typischer MCs liegen und die am MC-Eingang betrieben werden müssen.

Falls Du an meinem Brettdreher interessiert bist, der steht hier im Biete-Bereich unter Quellen/Abspielgeräte.

Gruß
Andreas
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