Zusammenhang Schalldruck, Frequenz und Membranhub

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axim
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 07. Aug 2022, 07:52
Hallo,
ich habe eine Theorie-Frage zum Thema Schalldruck, Schallintensität und der Wiedergabekette Verstärker->Lautsprecher allgemein. Habe schon einiges nachgelesen aber es klemmt noch.

Angenommen ein reiner Sinus-Ton mit einer konstanten Frequenz und Amplitude wird von einem Lautsprecher wiedergegeben, dann kann ich an einem bestimmten Ort einen Schalldruck messen, genau genommen einen sich ändernden Druck welcher in der Regel als Effektivwert angegeben wird.
Es gibt mir in dem Beitrag nur um objektiv gemessene und berechnete Werte, dass die Wahrnehmung des Gehörs unterschiedlich ist, ist mir bewusst.

Angenommen ich möchte an diesem Ort nun einen Ton mit der doppelten Frequenz und dem gleichen Schalldruck messen, dann muss sich nach meinem Verständnis der Membranen-Hub im erzeugenden Lautsprecher halbieren (und die Frequenz natürlich verdoppeln). Ansonsten würde sich die Schallschnelle und damit der Schalldruck erhöhen wenn ich nur die Frequenz ändern würde. Ist das soweit korrekt?

Nun zu meiner weiterführenden Frage: Wie wird dann ein Audiosignal abgespeichert und für die Wiedergabe abgetastet und an den Verstärker gegeben?
Nach meinem bisherigen Verständnis bewegt sich die Membran in Abhängigkeit der Ausgangsspannung des Verstärkers (salopp gesagt Spannungswert = Soll-Auslenkung).
Jetzt hätte ich angenommen, dass in einer Audiodatei, z.B. Wave-Datei, der Verlauf des Schalldrucks abgelegt ist. Beim öffnen in einem Audioeditor sieht man ja die Zeit auf der x-Achse und den Pegel in db auf der y-Achse. Der Verstärker „sieht“ jedoch als Eingang nur eine zu verstärkende Spannung und keinen Schalldruck.
Im einfachen Fall hier jetzt einfach zwei Sinus Formen hintereinander (erst mit Frequenz 1 dann mit Frequenz 2), normalerweise dann natürlich eine Überlagerung aus vielen Kurven.

Nun der Punkt der für mich unklar ist:
Wenn ein vom Lautsprecher erzeugter Ton mit einer konstanten Frequenz und Amplitude an einem bestimmten Ort einen Schalldruck erzeugt, und ein Ton mit doppelter Frequenz den gleichen Schalldruck erzeugen soll, was ist dann in der Audiodatei abgelegt und was „sieht“ der Verstärker als Eingang?
Von dem was ich in meinem Audio-Editor sehe hätte ich jetzt erwartet, dass zwei Kurven mit unterschiedlicher Frequenz aber gleicher Amplitude (gleicher Schalldruck bzw. gleicher erzeugender Pegel) abgespeichert sind.
Das passt aber nicht zu meinem Verständnis, dass der Verstärker für beide Töne einen unterschiedlichen Membranenhub erzeugen muss (das heißt die auszugebende Amplitude der Spannung muss für beide Töne unterschiedlich sein, wenn sie den gleichen Schalldruck jedoch eine andere Frequenz erzeugen sollen).
Ich kann ja den gewünschten Schalldruck bzw. die Schallintensität nicht 1:1 in eine Spannung übersetzen da der erzeugte Druck (und damit die Schallschnelle) je nach Frequenz unterschiedlich sind.

Könnt ihr mir da etwas Theorie-Nachhilfe geben? Der Zusammenhang Schalldruck - Frequenz - notwendiger Membranenhub und notwendige Ausgangsspannung des Verstärkers - sind mir hier nicht klar. In Darstellungen sehe ich oft dass die y-Achse des Signals als Schalldruck angegeben ist, die x-Achse als Zeit. Aber wenn ich bei gleicher Ausgangsspannung/gleichem Membranenhub die Frequenz verändere, dann ändert sich doch dadurch der Schalldruck?!
Danke schonmal.


[Beitrag von axim am 07. Aug 2022, 08:00 bearbeitet]
ehemals_Mwf
Inventar
#2 erstellt: 08. Aug 2022, 13:06
Hi,

(Basics-Crashkurs)

axim (Beitrag #1) schrieb:
...wenn ich bei gleicher Ausgangsspannung/gleichem Membranenhub die Frequenz verändere, dann ändert sich doch dadurch der Schalldruck?! ...

Ja.

Das Verständnisproblem besteht darin, dass deine Grundannahme
-- (Frequenz-)konstante (Eingangs-)Spannung = konstante Membran-Auslenkung --
nicht zutrifft.

Sie gilt für Luftpumpenbedingungen = Kompression eines kleinen geschlossenen Volumens (*).
Für die Schallerzeugung in den "freien" Raum hinein ist es aber die Membran-Beschleunigung,
d.h. von der Auslenkung ausgehend: 2x differenziert ("die Änderung der Änderung"), 12dB/Okt. ansteigend, um 180° Phasen-gedreht --
die für Frequenz-unabhängigen Schalldruck sorgt.

Beim elektrodynamischen LS wird dies durch die sog. "Tief-Abstimmung" quasi automatisch erreicht,
d.h. die Grundresonanz (Feder-Masse) liegt am unteren Ende des Ü-Bereichs, darüber ist die bewegte Masse die primäre vom Antrieb zu überwindende Größe,
die mit (Frequenz-)konstanter Kraft (F = B * l * i) entsprechend beschleunigt wird und so zu prinzipiell linearem Schalldruckverlauf führt.

Dieser lineare Bereich endet sobald der erzeugte Schall (-Wechseldruck) gebündelt wird, zunächst durch die endliche Schallwandabmessung eines LS-Gehäuses (Bafflestep), dann durch die Membrangröße, final durch Partialschwingungen und Eigeninduktivität der Schwingspule.

Am unteren Ende (Feder-Masse-Grundreso) wird der lineare Ü-Bereich bei geschlossenen Boxen durch Unterdämpfung der Resonanz (Q >0.5), bei BR-Systemen durch Ankoppelung eines Helmholtz-Resonators versucht noch etwas auszudehnen ,
bevor er mit 12 bzw. 24 dB/Okt. abfällt (**),
wenn nicht Raummoden oder Roomgain noch ein wenig helfen ...


Gruss,
Michael


------------------------------------
(*) = diese Bedingungen liegen auch innerhalb eines LS-Gehäuses vor (Abmessungen klein gg. die Wellenlänge)

(**) = weil der M-Hub für langsame Bewegungen nicht gegen unendlich wachsen bzw. die notwendige konstante Beschleunigung nicht gehalten werden kann


[Beitrag von ehemals_Mwf am 08. Aug 2022, 13:19 bearbeitet]
axim
Ist häufiger hier
#3 erstellt: 14. Aug 2022, 18:53
Vielen Dank für die Erläuterungen.

Ich habe zwischenzeitlich noch etwas "Grundlagenforschung" betrieben. Dazu habe ich die Energie von mechanischen Wellen und auch die Herleitung nachvollzogen (Feder-Masse Modell), und mir das Mal mit doppelter Frequenz, halber Amplitude etc. mit Matlab nachgerechnet. Hatte zwar noch nicht direkt mit dem Schall zu tun, war aber für das weitere Verständnis förderlich.
Damit war dann auch nachvollziehbar dass die Beschleunigung gesteuert wird und nicht direkt die Position, und auch welche Energie nachher gewandelt wurde.

Interessant wie "einfache" Zusammenhänge kompliziert werden, und dann am Ende doch wieder etwas einfaches ergeben...

Für den Rest deiner Antwort habe ich noch nicht genug Wissen, bedanke mich aber das ich zumindest mal meine Initialfrage nachvollziehbar klären konnte :-)


[Beitrag von axim am 14. Aug 2022, 18:55 bearbeitet]
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