Kitsch-Sammlung

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Scarlatti
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 01. Feb 2005, 12:18
An dieser Stelle würde ich gerne eine Auflistung kitschiger, klassischer Musik starten. Da es dabei bestimmt zu Meinungverschiedenheiten kommen wird, möchte ich gerne das ganz auch skalieren. Also jeder stellt ein Stück vor und gibt einen "Kitschfaktor" mit einem Wert von 1(gering, aber vorhanden) bis 5(unaushaltbar triefend) an.
Ich mache den Anfang mit:

Bruch, Violinkonzert g-moll. KF: 3


Gruß,
Scarlatti
teleton
Inventar
#2 erstellt: 01. Feb 2005, 13:23
Das ist mal ein lustiges Thema, aber vielleicht nicht mehr, wenn man Werke nennt, die ein anderer gerne mag.

Ich finde alle Johann Strauß-Walzer haben bei mir den KF:4

Damit habe ich jetzt bestimmt einigen auf den Schlips getreten, aber so ging es mir auch umgekehrt in dem Thread Hass-Objekte, wo Richard Strauß genannt wurde, der hat bei mir den KF:0 (null).


Musik mit Schleiereulen; d.h. grelle Sopranstimmen in Opern haben bei mir den KF:5

Ich bin kein Opernfan und höre mir soetwas höchstens LIVE im Konzert an, weil dann die Liveatmosphäre den KF überwiegt.
Liveniz
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 01. Feb 2005, 13:35

teleton schrieb:
Das ist mal ein lustiges Thema, aber vielleicht nicht mehr, wenn man Werke nennt, die ein anderer gerne mag.

Gerade dann.

Gorecki Sinfonie #3: KF 4

Strauss-Lieder: KF 3

das meiste von Elgar: KF 2-5


[Beitrag von Liveniz am 01. Feb 2005, 13:38 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#4 erstellt: 01. Feb 2005, 15:17
hallo musikfreunde,

ich weiß nicht, ob ein derartiges ranking sinnvoll ist. man müßte zunächst 'kitsch' definieren. häufig wird das 'falsche gefühl' (sentimentalität) als kitsch bezeichnet. aber wer kann mit sicherheit beurteilen, dass jemand beim erstellen oder hören 'falsche' gefühle entwickelt ? wenn man z.b. das violinkonzert g-moll von m. bruch mit einem kitsch-faktor 3 versieht, dann wird man gezwungen sein, einen großteil des romantischen repertoires mit einem kitsch-faktor auszuzeichnen. dies wäre z.b. für den großteil des schubertschen und chopinschen werkes erforderlich, ganz zu schweigen von kompositionen tschaikowskys, rachmaninows oder z.b. der symphonie espagnole von lalo. die strauß-walzer, das sollte man nicht vergessen, sind zur unterhaltung der wiener gesellschaft geschrieben worden. d.h. die komponisten erhoben gar nicht den anspruch, sich mit brahms oder bruckner zu messen.


gruß, siamak
GiselherHH
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 01. Feb 2005, 17:23
Hallo,

mein "Kitsch"-Favorit Nr.1:

- Gounods "Ave Maria" (am fürchterlichsten zu hören mit Knabensopran)

Auch noch oben in meiner Kitsch-Hitparade:

- Wilhelm Kienzls Oper "Der Evangelimann" (frömmelnder geht´s nimmer: "Selig sind, die Verfolgung leiden...")

- Strauss: "Vier letzte Lieder" (trotzdem mag ich sie sehr!)

- Korngold: "Die tote Stadt"

- Leoncavallo: "Pagliacci", "Cavalleria Rusticana"

- Tschaikowskys Ballette (Dornröschen, Schwanensee, Nußknacker - bezaubernder Kitsch!)

- Respighi: "Pini di Roma", "Fontane di Roma" (gekonnter Kitsch!)


Grüße

GiselherHH
walter_f.
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 01. Feb 2005, 18:23

An dieser Stelle würde ich gerne eine Auflistung kitschiger, klassischer Musik starten.


Dann will ich meinen Senf auch mal dazugeben:

Alle Werke von Albert Ketelby und Grofès Grand Canyon Suite.

Hier wird's für mich schon sehr schwierig zuzuhören, aber als Hintergrundmusik beim Lesen unterhaltsamer Bücher geht's.

Grüsse
Walter
Ifukube
Stammgast
#7 erstellt: 01. Feb 2005, 19:01
Hallo,

ich denke meine folgende Wahl ist nicht zu toppen und der Kitschfaktor beträgt ungefähr 7:

Peter Hübner und seine elektronisch-belanglosen Kompositionsdudeleien, pseudowissenschaftlich mit dem Begriff "Medizinische Resonanz-Therapie Musik" belegt, sind meiner Meinung nach nicht nur Kitsch (denn das könnte heißen, dass die Musik trotzdem noch gut zu hören ist), sondern Kitsch & Schlecht. Die "Werke" dauern immer so eine Stunde und nach der Hälfte tun einem die Ohren weh.

Wer sich informieren möchte:http://www.peterhuebner.de/

Die Preise seiner CDs sind im Übrigen auch aus der medizinisch: Der Preis z.B. für die Aufnahmen der 7 Violinkonzerte (auf 7 CDs) beläuft sich auf unfassbare 462,00 €uros!! Macht 66,00 €uro je CD!!!

Der Mann ist der Wahnsinn!
Kennt den eigentlich noch einer außer mir? Ich habe noch nirgendwo sonst von ihm gelesen.

Ifukube
Scarlatti
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 01. Feb 2005, 19:43

ch weiß nicht, ob ein derartiges ranking sinnvoll ist. man müßte zunächst 'kitsch' definieren. häufig wird das 'falsche gefühl' (sentimentalität) als kitsch bezeichnet. aber wer kann mit sicherheit beurteilen, dass jemand beim erstellen oder hören 'falsche' gefühle entwickelt ?


Es ist natürlich nicht allzu ernst gemeint. Und es ist auch klar, daß es unterschiedliche Meinungen zu dem Thema gibt. Ich fände es einfach interessant, wenn sich gerade aus dieser Diskussion heraus eine implizite "Definition" des Kitsch ergäbe.
Chopin hätte bei mir zum Beispiel fast durchgehend einen Kitschfaktor von < 1. Warum? Für mich ist Kitsch ein Zuviel an gefühlsauslösenden Mitteln, sodaß sich der Zuhörer lächerlich und veräppelt vorkommt. Als würde man die Gefühle des Zuhöhrers (durch Anspruchslosigkeit) nicht respektieren, sondern persiflieren.

Also Leute, wie sieht es aus mit den Kitschfaktoren?

Gruß,
Scarlatti
Tommy_Angel
Inventar
#9 erstellt: 01. Feb 2005, 19:55
Ich mach es mir sehr einfach und sage, alles , was giselher aufgefühtrt hat ist kein Kitsch (wobei ich "Tote Stadt" nur auszugsweise kenne).
GiselherHH
Ist häufiger hier
#10 erstellt: 01. Feb 2005, 20:06
Hallo Tommy,

dann beglückwünsche ich Dich zu Deinen robusten Gehörgängen und Deinem eisernen Magen!

Grüße

GiselherHH
w3sp
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 01. Feb 2005, 20:10
Mir fällt kein Werk von Liszt ein was ich als kitschig bezeichnen würde.
Kitsch generell einen Platz in der romantischen Epoche
zugeben halte ich auch für verkehrt.


so long..

-w3sp-
walter_f.
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 01. Feb 2005, 20:20

Kennt den eigentlich noch einer außer mir?


Hallo Ifukube,

nie gehört, aber folgendes gibt mir schwer zu denken:

Prof. Bernd Alois
Zimmermann

Aufgrund der bei der Immatrikulation vorgelegten Werke bezeichnete er Peter Hübners Musikstudium als abgeschlossen und veranlasste die Musikhochschule Köln sowie die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, ihn vom gesamten
Hochschulstudium freizustellen.

Und die Beschreibung seiner Violinkonzerte sind "allerliebst":

PETER HÜBNER: diese 7 Violin-Konzerte sind alle aufeinander bezogen. Dies war wichtig, da sie sich kontrapunktisch entwickeln.

Das 4. Violin-Konzert beispielswiese ist eine Integration des 1. und 2. Violin-Konzertes, das 5. Violin-Konzert ist eine Integration aus dem 1. und 3., das sechste Violin-Konzert ist eine Integration aus dem 2. und 3., und das 7. Violin-Konzert ist eine Integration aus dem 1., 2. und 3. Violin-Konzert.

Ab dem 2. Violinkonzert handelt es sich auch jeweils um eine bis zu siebenstimmige Fuge, die vom Orchester gespielt wird.

Kein Wunder, dass die so teuer sind, steckt ja mächtig was drin - nee, wasses nicht alles gibt! Ich denke, da werde ich mich mal bei der Musikhochschule erkundigen.

Grüsse
Walter


[Beitrag von walter_f. am 01. Feb 2005, 20:22 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 01. Feb 2005, 20:31
Hallo,

Eine Auswahl mit Kitschfaktor 4, in beliebiger Reihenfolge:

Bach/Gounod, Ave Maria
Schubert: Das Lied Ave Maria, bes. gesungen von der Amerikanerin (mit dem entspr. Akzent, sonst aber Superstimme) Marian Anderson.
Liszt: Der Liebestraum
Bruch: Violinkonzert
Vieles von Chopin
Einiges von Mahler
Die Strauß-Walzer dagegen finde ich gar nicht kitschig (fühle mich aber nicht auf den Schlips getreten! )

Kitsch generell einen Platz in der romantischen Epoche zugeben halte ich auch für verkehrt.

Das kann sein, nur fällt mir im Augenblick nichts Entsprechendes aus anderen Epochen ein. Vielleicht ist die Auffassung von Kitsch zeitbedingt.

Grüße,
Susanna


[Beitrag von Susanna am 01. Feb 2005, 20:36 bearbeitet]
Ifukube
Stammgast
#14 erstellt: 01. Feb 2005, 20:39

Kein Wunder, dass die so teuer sind, steckt ja mächtig was drin - nee, wasses nicht alles gibt! Ich denke, da werde ich mich mal bei der Musikhochschule erkundigen.

Hallo Walter! Wäre toll, wenn du dich mal erkundigen würdest - würde mich brennend interessieren, wie viel Wahrheitsgehalt hinter den ganzen Aussagen so steckt. Schreiben kann man ja viel - vorallem auf der eigenen Homepage...

Ifukube
walter_f.
Hat sich gelöscht
#15 erstellt: 01. Feb 2005, 21:04

Wäre toll, wenn du dich mal erkundigen würdest


Hallo Ifukube,

ist bereits geschehen - ich habe eine Mail an die Pressesstelle der MHS-Köln geschickt. Bin auf deren Antwort gespannt. Wenn ich Zeit habe, drucke ich einige Aussagen mal aus und gehe morgen hin - sind nur einige Strassen weiter.

Grüsse
Walter


[Beitrag von walter_f. am 01. Feb 2005, 21:07 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#16 erstellt: 01. Feb 2005, 23:17
Tja, ich denke, es kommt ganz darauf an, was man unter Kitsch versteht.

Wenn man echten Kitsch hören will, muß man sich zweit- und drittklassige Operetten anhören. Vielleicht hat das Adagietto aus Mahlers 5. schon einen gewissen Kitschfaktor, aber das steht doch nun wirklich meilenweit über den Erzeugnissen gewisser drittklassiger Komponisten. Ich finde es gut.

Und das Ave Maria von Bach/ Gounod ist doch nun nicht deshalb so beliebt, weil es Kitsch ist, sondern weil es schon verdammt guter Kitsch ist.

Übrigens habe ich auch ein paar Operetten CDs in meiner Sammlung, und höre die gelegentlich auch mal ganz gern. Und ich finde es eigentlich schade, daß es in Hamburg mal ein Operettenhaus gegeben hat und heute nicht mehr. Das liegt vielleicht gar nicht mal an der Musik, sondern daran, daß uns die Texte und Handlungen dieser Operetten oft furchtbar antiquiert und absolut nicht politsch korrekt erscheinen. Vielleicht gibt es ja mal das große Operettenrevival, zumal es da ja ungeheuer viel gutes gibt, bei Offenbach, Strauß und Lehar einmal angefangen. Ausgezeichneter Kitsch eben. Bei Lehar oder Kalman ist der Kitschfaktor natürlich höher als bei Strauß und Offenbach.

Wobei es nun doch schon so ist, daß ich Operetten nur in gelegentlichen seltenen Anfällen höre, mir jeden Tag Operetten anhören zu müssen, würde ich als seelische Grausamkeit empfinden.

Trotzdem könnte Operettenmusik vielleicht doch auch ein ganz guter Türöffner für klassische Musik sein. Das Problem liegt darin, daß ich Operettenmusik hauptsächlich aus dem Zusammenhang von Wunschkonzerten kenne. "Zum 97. Geburtstag ihrer Tante Klothilde wünschen sich..."

Ich verstehe es da einfach nicht, warum diese Musicalhäuser, die wir hier in Hamburg haben, viele Jahre nur "Cats" spielen und damit sogar erfolgreich sind. Wobei Musicals ja vielleicht auch nicht unbedingt schlecht sein müssen, wobei ich diese Differenzierung zwischen Musical und Operette aber nicht ganz verstehe.

Mein Bruder hat mir übrigens eine CD von diesem Musical "König der Löwen" geschenkt. Musikalisch eine vollkommene Katastrophe, schlechter als der billigste Schlager. Aber es ist halt neu, und das Musicalpublikum möchte halt immer etwas neues. Hätte man stattdessen nicht mal eine schöne Offenbach oder Leharoperette aufführen können?

Ich finde es schon etwas merkwürdig, daß sich in der "leichten Klassik" der Hunger nach neuem ungebrochen erhalten hat und man die musikalische Tradition ( der Operetten) überhaupt nicht pflegt, während das Publikum der besonders ernsten ernsten Musik immer nur Mozart, Verdi und Wagner hören will ( so gut sie auch sind). Aber wie Heraklit gesagt hat, "alles fließt" und vielleicht sieht das in 50 Jahren schon wieder anders aus.

Schon die Wuschkonzerte werden sich generationenbedingt ändern. Wahrscheinlich heißt es in 50 Jahren dann: "Zum 95 Geburtstag von Onkel Heinrich wünschen sich ... von den Doors "This ist the end"". Wahrscheinlich wird man den Operettenkitsch dann als etwas endgültig exotisch gewordenes dann wieder zu würdigen wissen.
sound67
Hat sich gelöscht
#17 erstellt: 01. Feb 2005, 23:53
Das "Concierto de Aranjuez" von Joaquín Rodrigo ist sicher so ein Kitsch-Klassiker, der viele begeistert.

In dieser Einspielung sehr empfehlenswert:



Brillantes Gitarrenspiel, sichere Stabführung des rührigen Serebrier, sensationell guter Klang.

Gruß, Thomas
hemmi
Ist häufiger hier
#18 erstellt: 02. Feb 2005, 01:22
Liebe Forianer,
einen gewissen Gruselfaktor hat in der Tat die "Ave-Maria-Melodie" von Gounod über dem C-Dur-Präludium aus dem 1. Teil des "Wohltemperierten Klavier" von Johann Sebastian Bach. Herr Gounod hatte übrigens Sinn für solchen (Pseudo-)Religiösen Kitsch: hört die "Messe solennelle" (Cäcilienmesse) im Allgemeinen und den Beginn des Gloria - na Ihr wisst schon...

Ansonsten kann ich Scarlatti gut nachvollziehen, besonders bei "Die lustige Witwe" von Franz Lehár .

grüße
hemmi
teleton
Inventar
#19 erstellt: 02. Feb 2005, 10:32
Die Diskussion hat bisher gezeigt, wie unterschiedlich die Geschmäcker der Forumsmitglieder sind.
Man sollte aber auf jeden Fall die Meinung des Anderen akzeptieren.

Ich habe in Euren Beiträgen auch einige Werke gelesen, die ich sehr mag und deshalb wiederum gar nicht als kitschig bezeichnen würde:
1.)Respighi: Pini und Fontane di Roma
(höre ich unheimlich gerne, auch die großartigen Feste di Roma)
2.) Gustav Mahler: Sinfonie Nr.5, Adagietto
Mahler ist für mich ein ernsthafter und ernst zu nehmender Komponist, fernab von jedem Kitsch.
3.) Tschaikowsky: Ballette
Ich finde diese fröhliche Musik macht einfach gute Laune, da sehe ich auch keinen Kitschfaktor.
4.) Bruch: Violinkonzert Nr.1
Ich sehe nur begeistert die Virtuosität und den deutschen Melodienreichtum in dem Werk.
Da stimme ich AcomA mit seinem Kleinschreibe-Zitat 100% zu:

wenn man z.b. das violinkonzert g-moll von m. bruch mit einem kitsch-faktor 3 versieht, dann wird man gezwungen sein, einen großteil des romantischen repertoires mit einem kitsch-faktor auszuzeichnen. dies wäre z.b. für den großteil des schubertschen und chopinschen werkes erforderlich, ganz zu schweigen von kompositionen tschaikowskys, rachmaninows oder z.b. der symphonie espagnole von lalo.


@AcomA
Es ist klar das die Johann Strauß-Walzer keinen hohen Anspruch erheben wollten, das ändert aber nichts an meiner Sichtweise, das den Wienern hier KF:4 vorgesetzt wurde.
Trotzdem habe ich auch eine CD mit dieser KF-Musik.
Martin2
Inventar
#20 erstellt: 02. Feb 2005, 12:03
Lieber Teleton,

natürlich ist Mahler ein ernstzunehmender Komponist. Ich mag das Adagietto aus der 5. Sinfonie sehr und halte es auch zweifellos für sehr gute Musik. Aber ist da nicht doch ein ganz kleines bißchen eine gewisse Affinität zum Edelkitsch da? Das ist doch nicht böse gemeint, ich bin selbst ein eingefleischter Mahlerianer.

Aber ich finde diesen Thread einfach sehr aufschlußreich, auch wenn ich die Meinungen hier nicht immer nachvollziehen kann.

Elgar Kitschfaktor 2-5 ( wie hier geschrieben wurde)? Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. 5 ist ja nun wohl die Höchstwertung für Kitsch, und wer Elgar hier die Höchstwertung gibt, kennt echten, wirklichen Kitsch nicht. Elgar ist einfach ein verdammt guter Komponist, der vielleicht schon einmal, in Gelegenheitswerken, ein ganz klein bißchen kitschig ist. Das ist aber auch alles.

Auch Chopin oder Tschaikovsky fand ich nie kitschig. Klar ist Tschaikovsky ein leidenschaftlicher Komponist, der einen emotional sehr anspricht. Jede Musik, die das wagt, läuft immer die Gefahr, in eine gefährliche ( in vielen Fällen auch nur äußerliche) Nähe zum Kitsch zu geraten. Ich finde es aber eher aufregend und beachtenswert, wenn ernstzunehmende Komponisten ( wie Mahler) solche Wagnisse eingehen. Das hat mit Kitsch im engeren Sinne gar nichts zu tun.

Gruß Martin
teleton
Inventar
#21 erstellt: 02. Feb 2005, 12:12
Hallo Martin2,

richtig ELGAR hatte ich ganz übersehen, seine Werke finde ich auch nicht kitschig.
Selbst die Pomp und Circumsdance Nr.1-5 könnte ich keine Kitschwertung zuteilen (KF:0), es ist nur einfach unheimlich musikalische Ohrwurm-Musik !
Liveniz
Hat sich gelöscht
#22 erstellt: 02. Feb 2005, 18:27
Hallo ihr Elgar-Freunde und andere,

über Kitsch zu diskutieren ist meiner Ansicht nach sinnlos. Darum:

Ich finde es aber sehr interessant, was gerade von Komponisten, die gemeinhin nicht als notorische Kitschproduzenten gelten, von einzelnen Leuten als Kitsch empfunden wird. In diesem Sinn würde ich mir noch mehr "mutige" Statements wünschen. Lehár-Operetten sind dagegen weniger interessant weil offensichtlich.

Gruß, Peter
Hüb'
Moderator
#23 erstellt: 02. Feb 2005, 21:46

teleton schrieb:
Hallo Martin2,

richtig ELGAR hatte ich ganz übersehen, seine Werke finde ich auch nicht kitschig.
Selbst die Pomp und Circumsdance Nr.1-5 könnte ich keine Kitschwertung zuteilen (KF:0), es ist nur einfach unheimlich musikalische Ohrwurm-Musik !


Das empfinde ich ebenso!

Grüße,

Frank
peter545
Ist häufiger hier
#24 erstellt: 02. Feb 2005, 22:11
wie kann hier jemand schreiben dass goreckis 3te sinfonie kitschig sein soll?

Gut, wer nicht weíß welchen hintergrund z.b. der 2. satz hat (vertonung eines gebets, dass eine 18-jährige inhaftierte Polin an eine kz-wand geschrieben hat) dem kann man vielleicht noch verzeihen...
Naja, auf jeden Fall ist die Sinfonie der Klagelieder mal alles andere als Kitsch...
sidsel
Stammgast
#25 erstellt: 02. Feb 2005, 22:52

peter545 schrieb:
wie kann hier jemand schreiben dass goreckis 3te sinfonie kitschig sein soll?

Gut, wer nicht weíß welchen hintergrund z.b. der 2. satz hat (vertonung eines gebets, dass eine 18-jährige inhaftierte Polin an eine kz-wand geschrieben hat) dem kann man vielleicht noch verzeihen...
Naja, auf jeden Fall ist die Sinfonie der Klagelieder mal alles andere als Kitsch...


Hallo zusammen,
das habe ich auch nicht verstanden.
Vielleicht liegt es daran, daß man sie in der Vergangenheit öfter in Filmen usw. gehört hat. Ich glaube sogar in der Werbung hab ich mal Auszüge davon gehört.
Das gehört meiner Meinung nach generell verboten. Das sind meistens extra dafür gemachte, absolut schwache und oft falsche Interpretationen.
Ich denke da z.B. an La Wally von Catalani, ach Gott hat man die schon verheitzt.
Und ich höre diese Oper trotzdem immer wieder gerne.
sidsel
Stammgast
#26 erstellt: 02. Feb 2005, 23:00

Liveniz schrieb:
Hallo ihr Elgar-Freunde und andere,

über Kitsch zu diskutieren ist meiner Ansicht nach sinnlos. Darum:

Ich finde es aber sehr interessant, was gerade von Komponisten, die gemeinhin nicht als notorische Kitschproduzenten gelten, von einzelnen Leuten als Kitsch empfunden wird. In diesem Sinn würde ich mir noch mehr "mutige" Statements wünschen. Lehár-Operetten sind dagegen weniger interessant weil offensichtlich.

Gruß, Peter


Wenn ich dich richtig verstehe, wolltest du damit die Sinnlosigkeit dieser Diskussion aufzeigen.
Wenn du das damit erreichen wolltest, muß ich dir zustimmen.

Gruß
Hans
Martin2
Inventar
#27 erstellt: 02. Feb 2005, 23:27

peter545 schrieb:
wie kann hier jemand schreiben dass goreckis 3te sinfonie kitschig sein soll?

Gut, wer nicht weíß welchen hintergrund z.b. der 2. satz hat (vertonung eines gebets, dass eine 18-jährige inhaftierte Polin an eine kz-wand geschrieben hat) dem kann man vielleicht noch verzeihen...
Naja, auf jeden Fall ist die Sinfonie der Klagelieder mal alles andere als Kitsch...


Lieber Peter,

die Sinfonie der Klagelieder ist sicher ein bewegendes Werk. Gorecki ist aber ein zeitgenössischer Komponist, und da muß die Frage, ob es nicht größere Werke und bessere Komponisten gibt, denen der Gorecki in der Sonne steht, schon erlaubt sein. Und auch wenn das Werk über Ausschwitz handelt, darf man über musikalische Mittel trotzdem streiten.

Gruß Martin
sidsel
Stammgast
#28 erstellt: 03. Feb 2005, 01:07

Martin2 schrieb:

peter545 schrieb:
wie kann hier jemand schreiben dass goreckis 3te sinfonie kitschig sein soll?

Gut, wer nicht weíß welchen hintergrund z.b. der 2. satz hat (vertonung eines gebets, dass eine 18-jährige inhaftierte Polin an eine kz-wand geschrieben hat) dem kann man vielleicht noch verzeihen...
Naja, auf jeden Fall ist die Sinfonie der Klagelieder mal alles andere als Kitsch...


Lieber Peter,

die Sinfonie der Klagelieder ist sicher ein bewegendes Werk. Gorecki ist aber ein zeitgenössischer Komponist, und da muß die Frage, ob es nicht größere Werke und bessere Komponisten gibt, denen der Gorecki in der Sonne steht, schon erlaubt sein. Und auch wenn das Werk über Ausschwitz handelt, darf man über musikalische Mittel trotzdem streiten.

Gruß Martin



Hallo,

es mag sicherlich größere Werke geben als diese Sinfonie. Es giebt wahrscheinlich auch genügend tote Komponisten die besser sind als Gorecki. Aber bei diesem Werk überhaupt den Wunsch zu haben den Kitschfaktor ausdiskutieren zu wollen kann ich nicht nachvollziehen.
GiselherHH
Ist häufiger hier
#29 erstellt: 03. Feb 2005, 01:41
Hallo,

steht eine Sinfonie schon deshalb über aller Kritik, weil der darin vom Komponisten verwendete Text von einem Opfer des NS-Regimes stammt? Martin ging es hier um die (m.E. durchaus kritikwürdigen) musikalischen Mittel, nicht um eine kritische Würdigung des literarischen Qualitäten des Textes, was ich angesichts der Umstände seiner Entstehung auch für unangemessen hielte. Mich hat z.B. Schönbergs "Ein Überlebender aus Warschau" wesentlich mehr bewegt als Goreckis Symphonie. Ist eben Geschmackssache!

Grüße

GiselherHH
Martin2
Inventar
#30 erstellt: 03. Feb 2005, 16:33

sidsel schrieb:
Hallo,

es mag sicherlich größere Werke geben als diese Sinfonie. Es giebt wahrscheinlich auch genügend tote Komponisten die besser sind als Gorecki. Aber bei diesem Werk überhaupt den Wunsch zu haben den Kitschfaktor ausdiskutieren zu wollen kann ich nicht nachvollziehen.


Gibt es nur tote Komponisten, die besser sind als Gorecki? Das meinte ich mit dem "in der Sonne stehen", doch nicht Mozart oder Bach.

Wobei ich es an sich schon für höchst erfreulich halte, daß zeitgenössische Musik durch Gorecki wieder ins Gespräch gebracht wird. Im Zeitalter der Avantgardemusik schien es ja fast so, als ob zeitgenössische Musik überhaupt nur für einen Zirkel von Eingeweihten interessant wäre.


[Beitrag von Martin2 am 03. Feb 2005, 17:24 bearbeitet]
sidsel
Stammgast
#31 erstellt: 03. Feb 2005, 22:22
Hallo GiselherHH,
hallo Martin,

eventuell liegt hier ein Mißverständnis vor. Ich hatte nicht vor eure Meinung in Bezug auf die Qualität dieses Stückes in Zweifel zu ziehen. Ebensowenig wollte ich euch euren Geschmack absprechen. Da bin ich vielleicht falsch verstanden worden, oder habe mich nicht richtig ausgedrückt. Natürlich darf man jede Musik kritisch betrachten, da bin ich mit euch einer Meinung.

Mir ging es nur um den Begriff Kitsch in Zusammenhang mit dieser Sinfonie. Da der Begriff Kitsch im heutigen Sprachgebrauch Gegenstände meint, die eine Tiefe vortäuschen die sie nicht besitzen. Und das meine ich, trifft trotz eventueller Schwächen, für dieses Stück nicht zu.

Das hat Peter, wenn ich ihn richtig verstanden habe, aber schon geklärt. Er wollte damit wohl nur sein Unverständnis über diese Diskussion ausdrücken.



Gruß Hans
antiphysis
Stammgast
#32 erstellt: 03. Feb 2005, 22:37
Wenn sich "Interpreten" geschickt genug anstellen, gerinnt alle Musik zu zuckrigem Kitsch, beispielsweise wenn sich Herr Rieu oder Rondo Veneziano (gibt's die überhaupt noch?) klassischer Werke annehmen.
Unabhängig davon fällt mir Arvor Pärt ein, der ab und an zum Kitsch tendiert.

Grüße
sidsel
Stammgast
#33 erstellt: 03. Feb 2005, 23:45
Hallo Thomas,
da hast du recht, Rieu oder Rondo Veneziano sind echt Härtebeispiele.
Wenn die spielen ist das so, als wenn alles Interessante und Spannende aus der Musik entfernt worden wäre.
Fürs Kaufhaus eventuell gerade noch geeignet.
Gruß
Hans


[Beitrag von sidsel am 03. Feb 2005, 23:49 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#34 erstellt: 04. Feb 2005, 00:04

sidsel schrieb:
Hallo GiselherHH,
hallo Martin,

eventuell liegt hier ein Mißverständnis vor. Ich hatte nicht vor eure Meinung in Bezug auf die Qualität dieses Stückes in Zweifel zu ziehen. Ebensowenig wollte ich euch euren Geschmack absprechen. Da bin ich vielleicht falsch verstanden worden, oder habe mich nicht richtig ausgedrückt. Natürlich darf man jede Musik kritisch betrachten, da bin ich mit euch einer Meinung.

Mir ging es nur um den Begriff Kitsch in Zusammenhang mit dieser Sinfonie. Da der Begriff Kitsch im heutigen Sprachgebrauch Gegenstände meint, die eine Tiefe vortäuschen die sie nicht besitzen. Und das meine ich, trifft trotz eventueller Schwächen, für dieses Stück nicht zu.

Das hat Peter, wenn ich ihn richtig verstanden habe, aber schon geklärt. Er wollte damit wohl nur sein Unverständnis über diese Diskussion ausdrücken.



Gruß Hans


Lieber Hans,

schön, daß Du versuchtst, Mißverständnisse aus dem Weg zu räumen. Das hat doch viel geklärt.

Wo wir aber schon bei Mißverständnissen sind: Fasse meine Fragen bitte nicht als rhetorische Fragen auf. Es sind wirklich nur Fragen. Du wirst, wenn du meine Postings so liest, auch feststellen, daß ich mich über die Qualität des Stückes und den Rang des Komponisten eigentlich gar nicht geäußert habe ( wenn Du meine Fragen als rhetorische Fragen verstehst, könnte es zu einem solchen Mißverständnis kommen).

Im übrigen dürftest Du meine Meinung über dieses Stück, wenn ich sie denn kundgetan hätte, gerne in Frage stellen. Das wäre in der Tat zuviel der Höflichkeit, wenn man das nicht mehr tun dürfte.

Kitsch ist vielleicht wirklich im Zusammenhang mit dieser Sinfonie und ihrem besonderen Thema ein Reizwort und vielleicht sollte es man deshalb auch nicht verwenden. Nur hatte die Person, die dieses Wort verwendet hat, offensichtlich von dieser Sinfonie und ihrer Musik keine sehr gute Meinung. Und das wird man ihr doch nicht übel nehmen dürfen oder gar verzeihen müssen.

Ansonsten ist, denke ich, das Wort Kitsch auch nicht so streng definiert, daß man es auf die Goldwaage legen müßte. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist es schon sehr dehnbar, und das löst dann Irritationen aus, weil nicht jeder unbedingt genau dasselbe mit diesem Wort verbindet. Für manchen ist dieses Wort ein absolutes Todesurteil, bei einem anderen nur die vaage Andeutung gewisser Ausdrucksmittel, aber lange noch kein Werturteil. Also das Wort Kitsch hat eine sehr große Bedeutungsbreite.

Meiner Meinung nach hat die gesamte Spätromantik gelegentlich eine gewisse gefährliche Nähe zum Kitsch. Und vielleicht wird sogar von großen Meistern in schwachen Momenten diese Schwelle überschritten. Das ist aber ein Epochenmerkmal und führt mich doch nicht dazu, die Spätromantik geringer zu schätzen als andere Epochen.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 04. Feb 2005, 00:09 bearbeitet]
sidsel
Stammgast
#35 erstellt: 04. Feb 2005, 01:12
Hallo Martin,
da hast du recht, und ich freue mich wirklich das wir dieses geklärt haben.

Und man kann ja schließlich etwas auch kitschig und trotzdem sehr schön empfinden.
Das geht mir mit einigen Stücken aus Schuberts Winterreise so.
Ich denke da speziell an "Die Nebensonnen". Diese Lied liebe ich trotz des etwas kitschigen Beigeschmacks.

Gruß
Hans
Martin2
Inventar
#36 erstellt: 04. Feb 2005, 02:14
Hallo Hans,

ich habe die Winterreise von Schubert lange nicht mehr angehört. Ich fand sie damals sehr schön und eindrucksvoll. Schubert habe ich bisher mit Kitsch nicht in Zusammenhang gebracht. Wie ich schon sagte, verbinde ich die Kitschnähe eher mit Spätromantik. Aber Schubert war seiner Zeit eben weit voraus.
Kann gut sein, daß selbst der Schubert mal gelegentlich ein bißchen kitschig war. Ich denke, bei der Spätromantik trieft es einfach mehr.

Gruß Martin
cr
Inventar
#37 erstellt: 04. Feb 2005, 03:45
Smetana: Festive Symphony
Tschaikowsky Manfred Symphonie



unzählige Opern querbeet
Liveniz
Hat sich gelöscht
#38 erstellt: 04. Feb 2005, 23:53
Hallo Hans,


sidsel schrieb:

Wenn ich dich richtig verstehe, wolltest du damit die Sinnlosigkeit dieser Diskussion aufzeigen.

Für mich hat dieser Thread einen gewissen Unterhaltungswert ;), aber über Kitsch diskutieren kann man meiner Ansicht nach erst, wenn man sich über Kriterien verständigt hat, wie man Kitsch überhaupt definieren will. Solange muß man halt das Kitschempfinden anderer akzeptieren, auch wenn es nicht dem eigenen entspricht.

peter545 kann ich übrigens versichern, daß ich einigermaßen gut über den Inhalt wie auch die Entstehungsgeschichte von Goreckis Rundfunkauftragsarbeit informiert bin. Daß ein Komponist für ein meiner Ansicht nach eher banales Werk schwer betroffen machende Texte herbeizitieren muß um die beabsichtigte Sentimentalität und Tiefe zu erreichen, macht allerdings auch mich schwer betroffen.

Hallo Martin(2),


Kitsch ist vielleicht wirklich im Zusammenhang mit dieser Sinfonie und ihrem besonderen Thema ein Reizwort und vielleicht sollte es man deshalb auch nicht verwenden. Nur hatte die Person, die dieses Wort verwendet hat, offensichtlich von dieser Sinfonie und ihrer Musik keine sehr gute Meinung. Und das wird man ihr doch nicht übel nehmen dürfen oder gar verzeihen müssen.

Ansonsten ist, denke ich, das Wort Kitsch auch nicht so streng definiert, daß man es auf die Goldwaage legen müßte. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist es schon sehr dehnbar, und das löst dann Irritationen aus, weil nicht jeder unbedingt genau dasselbe mit diesem Wort verbindet. Für manchen ist dieses Wort ein absolutes Todesurteil, bei einem anderen nur die vaage Andeutung gewisser Ausdrucksmittel, aber lange noch kein Werturteil. Also das Wort Kitsch hat eine sehr große Bedeutungsbreite.

Gut gesagt. Danke.

Gruß, Peter (der Kitsch manchmal auch gern mag)
peter545
Ist häufiger hier
#39 erstellt: 06. Feb 2005, 14:56
naja ich denke nich unbedingt dass goreckis 3te "banal" ist. Musik funktioniert doch dann wenn sie Menschen unmittelbar anspricht, und nich wenn sie so komponiert ist dass sie Musikwissenschaftlern gefällt. Außerdem denke ich dass diese gewisse "Einfachheit" durchaus beabsichtigt ist...
Tom_Sawyer
Stammgast
#40 erstellt: 07. Feb 2005, 23:37
Ob eine Komposition Kitsch ist oder nicht, ist nur eine Seite der Medaille. Es gibt aber Musiker, die verstehen alles in Kitsch zu verwandeln.

Andre Rieu, Rondo Veneziano
Ifukube
Stammgast
#41 erstellt: 08. Feb 2005, 17:14
Hallo Walter,

sag mal, ist bei deiner Nachricht an die Kölner Musikhochschule bzgl Peter Hübner was rausgekommen? Irgendwelche Statements? Oder wird man tot geschwiegen?

Das interessiert mich irgendwie brennend...

Gruß,
Ifukube
antiphysis
Stammgast
#42 erstellt: 08. Feb 2005, 22:59
Gerade höre ich Musik von Leroy Anderson. Da bin ich etwas am Zweifeln, ob das schon Kitsch ist oder noch nicht.
Ein Grenzgänger ist er allemal. Was ihn jedoch auszeichnet: er hat oft viel Witz. Wenn es Kitsch ist, vermag Anderson es immerhin, bei mir keine Ekelgefühle hervorzurufen. Ich würde ihn als eleganten Meister der leichten Muse einsortieren.

Wer ihn nicht kennt, wird mit Sicherheit seinen «Typewriter» kennen!

Ich kann mir vorstellen, dass Orchestermusiker mit seiner Musik mal zur Abwechslung viel Spaß haben.

Grüße
walter_f.
Hat sich gelöscht
#43 erstellt: 09. Feb 2005, 13:24

ist bei deiner Nachricht an die Kölner Musikhochschule bzgl Peter Hübner was rausgekommen?


Hallo Ifukube,

bis jetzt noch nicht, aber bei dem Karnevalszirkus der letzten Woche hätte ich das auch nicht erwartet.
Ich gebe auf jeden Fall Bescheid, wenn ich was weiss.

Grüsse
Walter
Ifukube
Stammgast
#44 erstellt: 08. Mrz 2005, 21:53
Hallo Walter,

wollte nur noch mal nachfragen, ob die Kölner Musikhochschule das Thema "Hübner" totschweigt oder doch irgendeine Reaktion kam?

Gruß,
Ifukube
s.bummer
Hat sich gelöscht
#45 erstellt: 08. Mrz 2005, 23:23
Hallo
im Brockhaus steht zum Thema Kitsch immerhin ein Text von 2 Spalten, der zusammenfassend dann unter anderem ausführt.
"K. bezeichnet nun jenen Gebrauch von Mitteln, Formen und Inhalten, in dem bereits Etabliertes zur jeweiligen "gefühlskräftigen" Affirmation und Vervielfältigung eines bereits vorhandenen Harmoniebedürfnisses eingesetzt wird."

Ähnliches wurde auch schon oben geschrieben.
Damit ist für mich die Tendenz klar: Nicht immer das Kunstwerk an sich ist kitschig, sondern oftmals der Zusammenhang in dem es gebraucht wird.
Barber Adagio for Strings als Filmmusik,
Adagietto von Mahler als Filmmusik, um die Sehnsüchte eines alternden Mannes nach homoerotischen Erlebnissen auszudrücken und vieles andere mehr.
Kurz: Die Verwurstung etablierter Werke der klassischen Musik, vornehmlich des späten 19. Jahrhunderts oder des frühen 20. als Unterhaltungsmusik.
Ich füge gerne hinzu, dass besonders gefühlsduslige Interpretationen (Mahlers Adagietto sollte mal so ca. 6-7 min dauern, heute schaffen es einige locker in mehr als 12) einem kitschigen Eindruck Vorschub leisten.

Davon getrennt würde ich heutige Kompositionen und Interpreten sehen, die eindeutig rückwärtsgewandt sich dem Ausschlachten des reichen Fundus der klassichen Musik einzig zu dem Zweck, Gefühlsschmalz zu produzieren, widmen:
Andrew Lloyd Webber, auch "his masters thief" genannt, Elton John, der "Im König der Löwen" nicht nur bei sich selbst geklaut oder auf der Bühne Andre Rieu oder Helmut Lotti, oder die drei Tenöre oder oder oder.

Von diesen "New Age Komponisten" habe ich nur Bruchstücke gehört und sehr oft schnell angewidert abgeschaltet, ich kenne da keine Namen.

Aber Tschaikowski für Kitsch halten? Da würde ich dann antworten müssen. "Es kommt darauf an. Eigentlich nicht, aber im falschen Kontext schon.
(Tipp. Thema des ersten Satzes der 6., gesungen mit dem Text: "Jahre des Lebens, alles vergebens, wann werden wir uns einmal wiedersehn?" in Kempowskis Tadellöser und Wolff")

Gruß S.
hiver05
Ist häufiger hier
#46 erstellt: 10. Mrz 2005, 01:33

antiphysis schrieb:
Gerade höre ich Musik von Leroy Anderson. (...) Wer ihn nicht kennt, wird mit Sicherheit seinen «Typewriter» kennen!

Ich kann mir vorstellen, dass Orchestermusiker mit seiner Musik mal zur Abwechslung viel Spaß haben.

Grüße


Ja. *g* Irgendwann kann einen dieses Stueck aber auch in den Wahnsinn treiben. Etwas anderes kenne ich von ihm nicht (soweit ich weiss), aber bei dieser Musik wuerde ich nicht so sehr an Kitsch denken. Das ist eher banal und hat einen Hang zum Nervigen.

Paert wuerde ich uebrigens auch nicht als kitschig bezeichnen.
WolfgangZ
Inventar
#47 erstellt: 08. Nov 2005, 01:25
Hallo miteinander,

noch gar nicht die Rede war bislang von der Salonmusik für Klavier im 19. Jahrhundert. Es gibt eine ganze Reihe sehr simpel gestrickter, aber bisweilen durchaus effektvoller Miniaturen für die höhere Tochter. Berühmt-berüchtigt ist beispielsweise das "Gebet einer Jungfrau" der Polin Thekla Badarczewska, ein äußerst triviales, aber aufgedonnertes Umspielen von Es-Dur-Akkorden.
Vergleichbares findet sich auch in unserem Kommerz-Zeitalter wieder; man denke an Richard Clayderman.

Gruß, Wolfgang Zimmermann
Sir_Vival
Hat sich gelöscht
#48 erstellt: 08. Nov 2005, 16:33
Man sollte doch erstmal eine Begriffsdefinition von Kitsch erstellen: Vielleicht so, Sentimentalität statt Sentiment, falsches, aufgesetztes Pathos. Dann gehört die Musik von Mahler eindeutig in diese Kategorie, allein das Adagietto aus der 5., das ist die reinste Kotzmusik, mir wird echt schlecht davon, am schlimmsten ist allerdings die 2. Sinfonie, der letzte Satz, das ist wirklich das letzte, Kitschfaktor 10.

Alles andere, was hier genannt wurde, erfüllt nach meiner Definition Kitsch nicht.

Die Musik von Johann Strauß sollte man nicht mit Andre Rieu verwechseln, was der treibt, ist die reine Blasphemie.

Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1 ist einfach nur schön und genial erfunden. Warum lieben es die Geigenviruosen eigentlich so?

Die Sinfonie espangnole von Lalo, na gut, da mag man über den Mittelsatz streiten, der ist vielleicht ein wenig zu pathetisch, aber der Rest ist einfach große Klasse.

Und wer Tschaikowskys Ballettmusik als Kitsch bezeichnet, hat schlichtweg von Musik keine Ahnung.

Das gleiche gilt für Elgar, wobei ich mich frage, was die Kritiker hier überhaupt je von Elgar gehört haben? Vielleicht die verkitschte Version des Nimrod-Themas aus den Enigma-Variationen. Das ist aber in dieser Form niemals von Elgar. Seine Musik zeichnet sich eher durch britische Vornehmheit aus.

Wenn ihr euch allerdings der Gefühle schämt, die den einen oder anderen von euch beim Anhören von Musik ergreifen, dann hat das nicht das geringste mit Kitsch zu tun, sondern Musik ist die Sprache des Gefühls. Dort, wo unsere Sprache versagt, da spricht die Musik (gute Musik, selbstverständlich, und nicht die Wildecker Herzbuben).
GalloNero
Ist häufiger hier
#49 erstellt: 08. Nov 2005, 18:59
Hallo Wolfgang,
ich möchte Dir danken, dass Du diesen interessanten und witzingen Thread wieder nach oben gebracht hast.

Hallo Sir_Vival,
ich bin auch noch nicht lang dabei, hatte aber breits an anderer Stelle eine kleinere Diskussion über Kitsch. Das geht dann sehr schnell ins Persönliche. Ich finde auch es ist sehr schwierig bis unmöglich für Kitsch eine allgemeingültige Definition zu finden. Das muss jeder für sich selber definieren. Mit Deiner Definition kann ich z. B. nicht viel anfangen.


Sir_Vival schrieb:
Vielleicht so, Sentimentalität statt Sentiment, falsches, aufgesetztes Pathos. Dann gehört die Musik von Mahler eindeutig in diese Kategorie, allein das Adagietto aus der 5., das ist die reinste Kotzmusik, mir wird echt schlecht davon, am schlimmsten ist allerdings die 2. Sinfonie, der letzte Satz, das ist wirklich das letzte, Kitschfaktor 10.


Ach ja,


Sir_Vival schrieb:
Und wer Tschaikowskys Ballettmusik als Kitsch bezeichnet, hat schlichtweg von Musik keine Ahnung.


bei einem Statement wie diesem fühle mich zwar nicht persönlich angesprochen, aber ich finde das bringt eine unnötige Härte in die Diskussion. Ob es nun Kitsch ist oder nicht hängt eben von der persönlichen Definition von Kitsch ab. Das hat nichts mit Ahnung sondern eher mit Geschmack und persönlichem Empfinden zu tun.

Da gefallen mir Deine abschließenden Ausführungen schon viel besser...


Sir_Vival schrieb:
Wenn ihr euch allerdings der Gefühle schämt, die den einen oder anderen von euch beim Anhören von Musik ergreifen, dann hat das nicht das geringste mit Kitsch zu tun, sondern Musik ist die Sprache des Gefühls.


...das ist gut. Das ist richtig gut und ich schäme mich in keinster Weise, denn das ist der Grund warum ich Klassik höre - wegen der Gefühle!


Die Idee von s.brummer gefällt mir aber auch sehr gut.

s.bummer schrieb:
Nicht immer das Kunstwerk an sich ist kitschig, sondern oftmals der Zusammenhang in dem es gebraucht wird.


Hierbei kommen mir zwangsläufig die Peer-Gynt-Suiten von Evard Grieg (insbesondere die Morgenstimmung) in den Sinn. Ich finde das Werk eigentlich sehr gelungen, aber ich muss, wie viele andere, immer an Bier und Kitschserien denken (hier im Sinne der Brockhaus-Definition). Ein klassisches Beispiel, wie unsere Massenmedien schöne Musik kaputtspielen und sie dem Liebhaber allein durch ihre Anwendung für immer unerträglich machen.
Das selbe gilt (aus meiner Sicht!) auch für Rieu und Co. Aber da sind wir sehr schnell bei der Diskussion "Die Stars der Klassik"!

Nix für ungut!
Gallo
Tommy_Angel
Inventar
#50 erstellt: 08. Nov 2005, 19:00
Ich verstehe schon den (früher auch genannten) Unterhaltungswert dieses Threads.

Im Ernst läßt sich diese Frage nämlich nicht beantworten: was dem einen sin Ull, is dem Annern sin Nachtigall.

Gruß
antiphysis
Stammgast
#51 erstellt: 13. Nov 2005, 01:25
Hallo Tommy Angel,

wenn schon die Eule gemeint ist, dann maximal Ul, besser noch Uhl. Wenn ich mich nicht täusche, stammt der literarische Beleg von Fontane, geprüft habe ich das allerdings nicht. Ansonsten stimme ich voll überein.


Hallo Sir Vival,

Was ich weniger mag, sind absolutierende Feststellungen. Wenn (bzw. wem) Mahler als Kitsch erscheint, ist das entweder eine Fehlinterpretation der Ausführenden (zumeist der Dirigenten) oder der Rezipierenden in Ermangelung von Verständnis. - Das ist zwar nun auch eine absolutierende Feststellung, die ich jedoch insofern als berechtigt befinde, als pauschalierende Feststellungen geradezu dies herausfordern. - Viel interessanter bei Mahler ist die Frage, weshalb er bestimmte Dinge so formuliert, dass sie möglicherweise als Kitsch erscheinen mögen. Den historischen Kontext sollte man dann allerdings berücksichtigen. Eventuell formuliert Mahler manches als Parodie, Persiflage oder Hypertrophie.

Grüße
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