Hörraum, aber wie?

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voby25
Neuling
#1 erstellt: 19. Mrz 2008, 14:18
Hallo ,bin ganz neu hier.

Möchte mir einen Hörraum einrichten (6m x 4m x 2,50m ).
Da außer dem Fupboden PVC noch alle Veränderungen möglich
sind , wäre es toll von Euch wenn ich Anregungen bekäme
wie ich anfangen soll.
Sollte die bestehende Holzdecke (Nut&Feder-Bretter)entfernt
werden?
Möchte am Beginn der Umgestaltung keine Fehler machen.
Bin sehr dankbar für Eure Erfahrungen und Anregungen.

Schönen Tag von voby25
HiFi-Selbstbau
Inventar
#2 erstellt: 19. Mrz 2008, 16:26
Hi voby25,

die Holzdecke ist - in der Regel - ein guter Bass-/Grundtonabsorber. Da man in dem Frequenzbereich mit anderen "kosmetischen" Maßnahmen (Vorhänge, Schaumstoff etc.) kaum etwas ausrichten kann würde ich die Decke erst mal drin lassen - wenn nix klappert.

Dazu einfach mal einen Sinussweep über die Boxen abspielen und gucken ähm hören ob die Decke Störgeräusche macht und ob das bei normaler Musik auch noch rauszuhören ist.

Noch besser wäre eine Nachhallzeitzmessung des Raumes. Wenn die Decke einen starken Einbruch der Nachhallzeit in einem schmalen Frequenzgereich bewirkt ist das auch eher kontroproduktiv. Am schönsten wäre eine breitbandige Wirkung unterhalb von 500 Hz.

Gruß Pico
Klaus-R.
Inventar
#3 erstellt: 20. Mrz 2008, 15:30
Moin voby25,

Nachhallzeitmessung: wird richtigerweise mit einer rundumstrahlenden Schallquelle durchgeführt. Wenn man, wie dies wohl die meisten tun, mit einem normalen, d.h. bündelnden Lautsprecher tut, misst man nicht die Nachhallzeit RT60 des Raumes, sondern etwas, was aus dem Zusammenspiel der Lautsprecher mit dem Raum resultiert:

Toole, “Lautsprecher und Räume für Schallwiedergabe - ein wissenschaftlicher Überblick" (Loudspeakers and rooms for sound reproduction – a scientific review), J. of the Audio Engineering Society 2006, S.451

Selbst bei Verwendung rundumstrahlender Schallquellen erhält man verschiedene Resultate für verschiedene Positionen von Schallquelle und/oder Mikrophon:

Davy, “Die durch Veränderung der Lautsprecherposition verursachte Streuung von Nachhallzeitmessungen" (The variance of reverberation time measurements due to loudspeaker position variation), J. of Sound and Vibration 1988, vol. 132, no. 3, S.403

Hinzu kommt, daß das Schallfeld in akustisch kleinen Räumen nicht diffus, sondern stark direktional ist:

Gover et al., “Messungen der direktionalen Eigenschaften von Schallfeldern in Räumen mit einer sphärischen Mikrophonanordnung" (Measurements of directional properties of reverberant sound fields in rooms using a spherical microphone array), J. of Acoust. Soc. of America 2004, vol. 116, no. 4, pt.1, S.2138

sodaß RT60 als Parameter keine Aussagekraft hat.

Weiterhin sind mir keine Untersuchungen zum Einfluss von "RT60" in kleinen Räumen bekannt, worauf sich die diversen Empfehlungen hinsichtlich absoluter Werte sowie Verlauf der Nachhallzeitkurve stützen, scheint niemand zu wissen. In Studiokontrollräumen geht man davon aus, daß die Zeit kleiner als die kleinste in Aufnahmeräumen vorkommende sein soll, da man ansonsten beim Abmischen nicht beurteilen kann, wie sich Zumischen (oder Wegmischen) von Hall auswirkt. Man muss sich hier jedoch vor Augen halten, daß im Studio für normale Wohnräume abgemischt wird, und nicht für solche mit Studio-Nachhallzeiten von 0.2-0.3 Sekunden.

Ist Dein Raum im aktuellen Zustand zu hallig (Händeklatschen oder Sprechen genügt), absorbierende Materialien einsetzen (Teppichboden, Polstermöbel, Vorhänge etc.). Man muss auch wissen, daß Raumresonanzen umso besser wahrnehmbar sind, je niedriger die Nachhallzeit ist:

Olive et al., “Die Wahrnehmungsschwellen von Resonanzen bei tiefen Frequenzen" (The detection thresholds of resonances at low frequencies), J. of Audio Eng. Soc. 1997, S.116


Klaus


[Beitrag von Klaus-R. am 20. Mrz 2008, 15:32 bearbeitet]
freibürger
Inventar
#4 erstellt: 20. Mrz 2008, 18:17
Hallo,

wie Pico schon schrieb ist deine Decke aus Holzpanelen ein guter Bass-und Grundtonabsorber. Nur arbeitet er sehr breitbandig und ungezielt.
Das kann zum Nachteil gereichen wie ich selbst feststellen mußte. Ich hatte stets mit einem überzogenen Hochtonbereich zu kämpfen. Pegelabsenkungen brachten nicht viel, blieb doch der Mitteltonbereich als Buckel stehen. In meiner Unwissenheit schob ich die Schuld auf meine Boxen (DIY), stets auf der Suche wanderten etliche Konstruktionen durch meinen Raum, immer mit dem gleichen Resultat. Ein Fachmann wies mich auf die Decke als eigentliche Ursache hin.

Aus dieser Erfahrung heraus würde ich eher dazu raten die Decke zu entfernen und auftretende Bassüberhöhungen (Dröhn) gezielt anzugehen.

Gruß Peter
HiFi-Selbstbau
Inventar
#5 erstellt: 21. Mrz 2008, 16:36
@Klaus-R:

Den "Normalhörer" interessiert eine gemäß DIN XYZ ermittelte Nachhallzeit nicht sondern nur das Abklingen SEINER Lautsprecher in SEINEM Raum an SEINEM Hörplatz.

Eine solche nicht DIN-konforme Messung würde voby25 auf jeden Fall eher helfen als schaden seine Frage zu klären ob die Decke raus muss -> was soll Deine in diesem Zusammenhang immer wieder hervorgebrachte Leier, dass man für eine normgerechte RT60-Messung normgerechtes Equipment braucht und Dein vehementes Zitieren hochwissenschaftlicher Artikel, die auf den Laien mächtig Eindruck macht?

Ich weiß um die Komplexität des Thema (ich habe meine Diplomarbeit über ein alternatives Schallabsorptionsmessverfahren geschrieben und in dem Zusammenhang auch das Hallraumverfahren kritisch hinterfragt) - bevorzuge aber trotzdem einen nicht normgerechten Strohhalm . . .

Den meisten Leuten ist ja sogar dieser Aufwand viel zu schwierig, obwohl man nur eine CD mit dem "richtigen" Signal abspielen und den Schalldruck am Hörplatz mit einem beliebigen Mikrofon messen und dann mit JustT60 auswerten muss . . .

Gruß Pico
Klaus-R.
Inventar
#6 erstellt: 22. Mrz 2008, 09:08
Moin pico,

mit Deinem Beitrag vermittelst Du den Eindruck, daß du die Nachhallzeit des Raumes misst, was Du per Definition NICHT tust. Weiterhin, was für einen Sinn hat eine Messung des Abklingverhaltens von Lautsprecher A in Position B, gemessen in Position C, wenn ich sie nicht mit psychoakustisch abgesicherten Referenzwerten vergleichen kann. Wo sind diese Werte, wie hoch muss "RT60" in einem heimischen Hörraum sein und warum? Wo sind die Untersuchungen, auf denen diese Werte basieren? Ich habe noch keine gefunden, sollte es etwa keine geben?

Ob der Raum zu hallig ist, brauch ich nicht zu messen, das weiss ich in dem Moment, in dem ich den Raum betrete.

Was mein "vehementes Zitieren hochwissenschaftlicher Artikel, die auf den Laien mächtig Eindruck macht" angeht, stört Dich dieses und wenn ja, warum? Ich zumindest versuche, meine Behauptungen zu belegen, dies umso mehr, als sie der gängigen Lehrmeinung teilweise oder völlig widersprechen. Falls diese Artikel sachlich Falsches enthalten, es hindert Dich nichts daran, dies überzeugend nachzuweisen, be my guest!!!


Klaus


[Beitrag von Klaus-R. am 22. Mrz 2008, 09:09 bearbeitet]
voby25
Neuling
#7 erstellt: 22. Mrz 2008, 10:36
Vielen Dank für Eure Empfehlungen wg. meiner Holzdecke.
Sie bleibt vorerst mal an Ort und Stelle. Das schließt ja nicht aus sie bei Störmanövern immer noch zu entfernen.
In meinem Hörraum befindet sich noch ein Rundbogen-Durchgang
(0,97m B x 2,20m H ) in ein angrenzendes Zimmer (9qm ).Was soll ich Eurer Meinung nach am besten tun , daß der Seitenschall nicht durch den Rundbogen entfleucht ? Schiebetür ? Reicht ein Rollo?
Der Durchgang ist genau da , wo die Seitenreflexion
(Spiegeltest )des LS ist.
Noch ne Bitte , da Friseur und Technik die natürlichen Feinde sind und ich einer bin ( Friseur ) schreibt mir bitte Eure Tips so , daß auch ich sie verstehen kann.

Danke und schöne , weiße Ostern.

Was ich weiß ist ein Tropfen , was ich nicht weiß das Meer !
Klaus-R.
Inventar
#8 erstellt: 22. Mrz 2008, 11:34

voby25 schrieb:
Der Durchgang ist genau da , wo die Seitenreflexion (Spiegeltest )des LS ist.



Dies wäre eine der Ausnahmesituationen, bei der extreme Asymmetrie vorliegt. Es gilt also, Symmetrie herzustellen, dazu gäbe es 2 Möglichkeiten:

1. Durchgang dichtmachen

Idealerweise sollten die akustischen Eigenschaften (Stichwort Absorptionskoeffizient) dessen, was man zum Dichtmachen verwendet, denen der Wand entsprechen, von der die andere Seitenreflexion kommt. Ein Rollo würde da wohl nicht reichen, eine Tür schon eher.

2. Reflexion an der dem Durchgang gegenüberliegenden Wand absorbieren.

Um Reflexionen bei allen Signaltypen völlig unhörbar zu machen, muss man den Pegel der sehr frühen um mindestens 22 dB absenken und den Pegel der späteren um mindestens 31 dB. Je kleiner der Raum, desto früher kommen die Reflexionen, d.h. desto weniger muss man sie im Pegel absenken.

In Studiokontrollräumen wird idealerweise 20 dB Absenkung angestrebt, da dies nur mit sehr grossem Aufwand verbunden zu sein scheint, probiert man es mit 15 dB. Die Wahrnehmbarkeitsschwellen von Seitenreflexionen bei Musik liegen, je nach Musikstil, zw. ca 18 und 25 dB unterhalb des Direktschalls. Etwaige Absorber sollten so breitbandig wie möglich arbeiten (runter bis 150-200 Hz).

Was konkrete Massnahmen angeht, bin ich überfragt, aber Du hast schonmal die groben Rahmenbedingungen. Die Lautsprecher so aufstellen, daß eine Asymmetrie erst gar nicht ensteht, wäre die dritte, kostenlose Lösung.

Ach ja, ich kann selbstredend alle oben angegeben Daten durch "hochwissenschaftliche Artikel" belegen.

Klaus


[Beitrag von Klaus-R. am 22. Mrz 2008, 11:50 bearbeitet]
voby25
Neuling
#9 erstellt: 22. Mrz 2008, 13:42
Danke Klaus , für die schnelle Antwort.
Aufstellung verändern geht nicht.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Durchgangs befindet sich im unteren Wandbereich ein Heizkörper dann folgt eine Steinfensterbank und ein 4m großes Fenster das mit einem Stoffrollo versehen ist.
Also bleibt nur eine Schiebetür !?
Gibt es was ich bei den Materialien wie bei der Schiebetür im Besonderen beachten sollte ?

Voby25
Klaus-R.
Inventar
#10 erstellt: 22. Mrz 2008, 15:49
@Voby25,

akustische Asymmetrie ist nicht unbedingt von Nachteil, da sie zu einem verbesserten räumlichen Eindruck führt.
Eine Schiebetür scheint die beste Lösung zu sein, lt. Sengpiel sind die Absorptionskoeffizienten von Fenster und Holzpanel ungefähr gleich:


http://www.sengpielaudio.com/Rechner-RT60Koeff.htm

Ich als Laie würde sagen, setz' eine solche Tür ein, die sich in Sachen Wohnlichkeit am besten eignet und das war's. Ein Hörraum ist schliesslich kein Studiokontrollraum.


Klaus
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