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Sinopoli, Giuseppe - Dirigent und Komponist

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Autor
Beitrag
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 17. Apr 2004, 15:47
Liebe Forianer,

eines Tages in den frühen Achzigern war er einfach da.
Wenn ich sage da, dann meine ich auf Schallplatte, bzw CD.
Guiseppe Sinopoli dirigiert Verdis Nabucco.



Ich weiß noch genau es war meine letzte Operngesamtaufnahme auf Vinyl, gleichzeitig eine der beiden ersten auf CD.
Mir fiel sofort sein eigenartiger Dirigierstil auf, eine gwisse mosaikhafte Gestaltung, härter als gewohnt, weniger fließend, aber dramatisch sehr wirkungsvoll.
In der Folge erwarb ich einige weitere Verdi-Einspielungen mit ihm, unter anderem seinen Rigoletto mit Bruson, Shicoff und Gruberova, seinen Macbeth mit Bruson, Shicoff und Zampieri etc. Philips und DGG produzierten eine Operngesamtaufnahme nach der andern mir ihm, weil es ja neu und digital sein musste.

Dann kam eine Aufnahme mit Beethoven Klavierkonzerten in meine Sammlung (Argerich)die mich irgendwie nicht begeisterte, aber das ist lange her, mein Geschmack war damals ein andererer (konservativer als heute !! )

1984 wurde er Chefdirigent des Philharmonia Orchestra London, 1992 jener der Staatskapelle Dresden.
Ich kenne aus jener Zeit überhaupt keine Einspielungen, das soll keine Abwertung sein, aber ich war in jener Zeit beschäftigt, alle jene unersetzlichen Platten, die ich schon auf Vinyl hatte in CD Version nachzukaufen, ein Projekt, das bis heute nicht völlig abgschlossen ist.

Sinopoli war übrigens eine äusserst vielseitige Persönlichkeit. Er war Professor für Zeitgenössische Musik am Konservatorium in Venedig, ausgebildeter Mediziner, Komponist und Verfasser musikwissenschaftlicher Artikel.
Seine Studien machte er in Venedig, empfing aber auch Impulse von Bruno Maderna und K. Stockhausen, war desgleichen Schüler von Swarovsky in Wien (Dirigieren).

Er war als Operndirigent aktiv, ebenso wie als Dirigent des Konzertrepertoires.

Sein Tod kam 2001 völlig überraschend, während einer Aufführung von Aida, die deshalb abgebrochen wurde.

Wie ich nahezu beim Tod aller "großen Dirigenten" (manche bestreiten ja, daß Sinopoli einer war) hat man 3 Jahre nach seinem Tod, das Gefühl, er wäre vergessen.
Das war mit Furtwängler, Böhm und Karajan, ja sogar Solti auch nicht anders. Erst nach einiger Zeit kristallisiert sich heraus ob ein Künstler von der Nachwelt als "unverzichtbar" eingestuft wird oder nicht.
(Über seinen tatsächlichen Rang sagt aber auch das eigentlich nichts aus)

Seine Kompositionen habe ich nicht erwähnt. Weil ich mich für zeitgenössische Musik überhaupt nicht interessiere, kann ich darüber nicht referieren, aber andere seien aufgerufen das zu tun.

Auch auf Meilensteine der Sinopoli-Diskographie möge hingewiesen werden.

Freundliche Grüße aus Wien
Alfred


[Beitrag von Alfred_Schmidt am 17. Apr 2004, 15:49 bearbeitet]
dufay
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 18. Apr 2004, 17:42
Hallo Alfred,

Du schriebst


Wie ich nahezu beim Tod aller "großen Dirigenten" (manche bestreiten ja, daß Sinopoli einer war) hat man 3 Jahre nach seinem Tod, das Gefühl, er wäre vergessen.
Das war mit Furtwängler, Böhm und Karajan, ja sogar Solti auch nicht anders.


Also auf Karajan trifft das (leider ? ) nicht zu.
Dessen Platten wurden auch nach seinem Tode und bis heute, in riesigen Mengen verkauft.
Er ist immer noch das beste Pferd im Stall der DGG. :-(

Gruß
Norbert
sound67
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 18. Apr 2004, 17:48
Karajan ist eben sogar bis über den Tod hinaus das geschickteste Vermarktungsgenie der klassischen Musik. Allerdings auch einer ihrer hervorragendsten Vertreter.

Was Sinopoli betrifft: Was seine Kompositionen angeht hatte ja selbst die DGG nach nur einer CD ("Lou Salomé Suiten") genug - eine Entgleisung reicht schließlich. Das ist aber ein Schicksal, das er mit nicht wenigen Pultstars teilt (Ausnahmen Furtwängler und Dorati).

Als Dirigent hat er sicher seine Meriten im romantischen Repertoire gehabt, wobei viele Aufnahmen (Mahler-Zyklus!) äußerst zwiespältig aufgenommen wurden. Als Begleiter für Solisten (z.B. Gil Shaham) habe ich ihn in guter Erinnerung, ebenso bei seinen Elgar-Einspielungen.

Gruß, Thomas
Markus_Berzborn
Gesperrt
#4 erstellt: 20. Apr 2004, 00:11
Erstmals aufmerksam geworden bin ich auf Sinopoli durch sein Engagement für die italienischen Komponistenkollegen Bruno Maderna (ebenfalls relativ früh verstorben) und Sylvano Bussotti in Form zweier Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon (1978 und 1980), auf die ich ungern verzichten würde.
Leider muss ich ja zugeben, bisher - nicht zuletzt wegen der reichlich vorhandenen Alternativen - keinen dringenden Anlass gesehen zu haben, mich mit den Qualitäten von Sinopoli als Dirigent von Opern und des klassischen Repertoires auseinanderzusetzen.
Sollte sich im Laufe dieses Threads jedoch herausstellen, dass sich eine nähere Beschäftigung mit Sinopoli unbedingt lohnt, bin ich natürlich jederzeit bereit, einen solchen Fehler zu korrigieren.

Gruß,
Markus
cr
Inventar
#5 erstellt: 20. Apr 2004, 02:48
Die erste Aufnahme, die ich von ihm hatte war ein Nabucco-Titel auf der DHFI-Test-CD. Darauf die mM geniale Unvollendete (Schubert) + Italienische (Mendelssohn).
Ich habe noch etliches mit ihm, Mahlers 5.,6., 10. etwa.
Schumanns 2., Scriabins 3., Wagner-Ouvertüren.
In der Staatsoper sah ich ihn Macbeth dirigieren, selten sah ich wen so emotional und spannungsgeladen dirigieren.
Hilda
Stammgast
#6 erstellt: 20. Apr 2004, 10:59
Hallo,

Sinopoli ist für mich persönlich ausser ein paar Highlights immer eher blass geblieben. Zum ersten Mal hörte ich ihn mit Nabucco auf CD - das war schön flott, aber Nabucco ist nicht zwangsläufig ein werk anhand dessen ich einen Dirigenten beurteilen würde

Später erlebte ich einen ziemlich zahmen Tannhäuser in Bayreuth, auch seine Aufnahme haut mich nicht vom Hocker. Er hat schöne Brahms Chorwerke gemacht - seine Aufnahme des Deutschen Requiems ist aber leider klanglich nicht gelungen (Übersteuerungen).

Die Elgar-Symphonien sind recht interessant aber unglaublich laaaaangsaaaaaam.... Wenn ich so aus dem Bauch meine persönlicheTop-Aufnahme Sinopolis nennen müsste wäre das wohl Schumanns Zweite mit den Wienern.

In Erinnerung habe ich noch eine Alpensinfonie, die mir vort allem wegen des Klanges der Dresdner Staatskapelle gefällt. Seinen Bruckner kenne ich nicht - ebensowenig seinen Mahler. Den haben aber schon Leute deren geschmakc sich gewöhnlich mit meinem deckt verissen, insofern habe ich wenig Interesse

Gruss
Klaus
dufay
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 20. Apr 2004, 11:48
Hallo cr,
Du schriebst

Darauf die mM geniale Unvollendete (Schubert) + Italienische (Mendelssohn).


Verzeih meine vielleicht etwas dümmliche Frage. Findest du die Sinfonie genial, oder die Interpretation ?
Ich bin immer auf der Suche nach herausragenden Interpretationen dieser von mir sehr geliebten Sinfonie Schuberts. Wenn ich Dich also richtig verstehe, würdest Du mir diese CD wärmstens empfehlen ?
Die gibt es billig in der Masters-Serie.
Wie ist der Klang, würdest Du sie über oder gleichauf mit Wand(KRSO,NDR,BPh),Kleiber(Carlos mit WPh) und Klemperer stellen ?
Wo liegt die "Italienische" ?

Gruß
Norbert.


[Beitrag von dufay am 20. Apr 2004, 12:16 bearbeitet]
op111
Moderator
#8 erstellt: 20. Apr 2004, 13:55
Norbert:
Ich bin immer auf der Suche nach herausragenden Interpretationen dieser von mir sehr geliebten Sinfonie Schuberts. Wenn ich Dich also richtig verstehe, würdest Du mir diese CD wärmstens empfehlen ?
Die gibt es billig in der Masters-Serie.

Hi Norbert,
die Unvollendete mit Sinopoli (DG) habe ich , aber weil sie mir langweilig vorkam sie seit 10 Jahren nicht mehr gehört.
Als spannende Aufnahmen empfinde ich dagegen
A. Toscanini, NBC SO, RCA
G. Szell, Cleveland Orchestra, Sony
B. Walter, Columbia Symphony O., Sony
und
C.-M. Giulini, Chicago Symphony O., DGG (gekoppelt mit der 9. Mahler)
Gruß
Franz
op111
Moderator
#9 erstellt: 07. Jan 2005, 18:25
Hallo zusammen,
ich wiederhole mal im richtigen Thread:


Mr_M schrieb:
In rmcr findet sich ein teilweise wörtlich zitierender, teilweise zusammenfassender Beitrag über diesen Essay. Das komische ist, dass der ganze Beitrag nicht kürzer ist als der komplette Text, obwohl der Author des Posts eigentlich beabsichtigte, mit den Zusammenfassungen etwas Schreibarbeit zu sparen:


Die Quelle kenne ich:

Raymond Hall (hallraylily@***.com)
Re: "Unfinished" Business: Schubert 8th recommendation?
Newsgroups:rec.music.classical.recordings Datum:1999/04/30
... The notes are titled
" Dream and Memory in Schubert's 'Unfinished' ".
It is a very interesting and fairly abstruse piece of prose
(perhaps this is the way in which many psychiatrists write).
The translation is made by Martin Cooper.



Mr_M schrieb:

"Standing outside any typology of the emotions, Schubert's 'Unfinished'
represents one of the most disconcerting examples in the music literature
that may be said to belong to the funerary category, the music of mourning,
by which I mean the cultic celebration of loss, the loss of some good. That
good may never have existed, but the very fact of its having been so
passionately desired yet never achieved removes it into a limbo zone of the
consciousness where it is possessed as dream.
Baudelaire's 'unrepeatable apparition of a distance', recurring in the
writings of Walter Benjamin as the idea of 'aura', thus finds its own mode
of existence in the world of dream. The 'apparition' takes place in dream,
and there, with the abolition of that 'extreme distance', the good is
possessed. Reality (the waking from sleep) will signify reblindfolding the
world of loved objects, banishing it from sight and thus losing it.
The music of the B minor Symphony reflects the stages that occur between
the 'apparition' of the 'beloved good' as dream or memory and the howl of
'blinding', of loss.
Dream and Memory, whose heavily veiled speech is always determined by the
tenuous, ephemeral nature of what supports their emergence on the one hand,
and the sudden howl and agonised shivering provoked by the sensation of
emptiness and silence on the other - these, it seems to me, constitute
jointly one of the most fundamental and tragic elements of the
'Unfinished'."


....... there is more, much more in similar vein ...... obviously Sinopoli
is a Jungian (but I think I am already over my head here) ..... but he goes
on to say (and I am doing a precis of this now) .... All architectural
planning is put aside, suspended, and themes appear in isolation, like
monads, beyond any sense of time, and in which the desire to sing is
stronger than the will to exercise structural development. An ineffable
sadness is bred, coupled with the divine, celestial freedom from
temporality .....
"Here, perhaps for the first time, the development section (Durchfuehrung)
is not an abstract-architectural element linked to the concrete nature of
the temporal, but an agonized and agonizing extension, demanded by the
wandering character of the thematic melody, which is subjected to the
tragic attracting force of the void (as at the opening of the development
section), or subsequently to the hysterical outbursts aroused by the loss."
..... the whole work is poised on the edge of an abyss of nothingness. The
funeral ostinato rhythms of the pizzicato violas, cellos and double-basses
are the obsessive clocks of memory, ghosts invading the voids of the
present .... (much more stuff I simply cannot precis in this short a time)
....... Sinopoli ends by saying that the magical consequence of this
encounter is the sound of this symphony, unique to Schubert. Borrowing a
phrase from Karl Krauss, we might say of this sound what he said of the
'word' : 'the closer one listens to it, the more distantly one hears it'.
-------------------
I hope you can gain some sort of impression of what is going on in
Sinopoli's mind from the above. It appears he has a highly developed view
of this work, and incidentally he draws some parallels with Mahler in these
notes, and to quote Sinopoli's views here: ..... "Mahler represents the
focal point of the traumatic and self-traumatising tendencies in the
individual (by this time in a phase of explicit 'regression', imprisoned
within temporal limits and tending to assimilate the obsessive periodicity
of the funeral rhythms to the blunted rhythms of a cradle-song), taking
place in a wild state of tension, both irreducible and insoluble, between
the confessedly personal content and the historical form, which is
continually torn to shreds by the incompatibility between harmonic-formal
functions and the 'meanings' with which this form is confronted."

Hier noch eine ebenfalls gekürzte Version des Textes über Schumann's 2., auch aus einem rmcr-Beitrag:

As a tribute to the man, some pertinent, if out of context, excerpts from
Sinopoli's own essay, "Some Notes on Health and Illness in Schumann's Invention
in the Second Symphony". These particular thoughts, IMO, speak volumes well
beyond Robert Schumann:
"In Schumann we find the first evidences, and all the later consequences, of the
individual's unavoidable attachment to his own means of expression, the clash
between psychosubjective tendencies and the data of history."

"To the narrow 'academic' mind, too short-sighted to understand these
attachments and clashes, Schumann is of course an object of suspicion, and his
harmony, his orchestration and his sense of form have all been criticized
unfavourably. The sound-quality of Schumann's orchestra does not depend on the
equal distribution of timbre and mass in accordance with the rules of harmonic
analysis and the vertical amplification of a bass-line: it is an 'a
priori' intuition, an autonomous flash of perception."
(...)
"...There is an almost perverse 'morbidity' in the way in which Schumann gave
expression to his different forms of nostalgia, whether these were historical or
personal - that losing himself in melody or 'song', that reverberation within
his very brain, his very flesh, of a melody that does not belong to the Spirit
and does not spring from the equilibrium of Nature, that is not something
aesthetic but belongs rather to anthropology, a 'humanity' both
tainted and tremulous."
(...)
"It is time that we gave up continually issuing passports to prove the
sublimation of the body through the 'profundity' of the Spirit. The body has
far more terrifying abysses, and the tragic wounds inflicted on the memory, the
bridges built between unfamiliar spheres of association, are problems that
necessarily confront our present existences again and again. In this sense -
and thank God for it - Schumann's is not that 'great art' connected with
the astral fixities of the Spirit, but an art that pulsates beneath the myriad
shocks of a material undermined by psychological instability and, for that very
reason, tragically contemporary, our own."
"Likewise it is time that we gave up judging 19th-century music as simply an
affair of themes and forms and measuring its comparative greatness and success
purely according to its correspondence - technical, theoretical and abstract -
with these parameters. In this sense Schumann would not pass the examination."
(...)
"Of course we willingly sacrifice perfect formal balance and hygienically clean
orchestration for the dazzling flashes of Schumann's restless sensibility that
could not be contained in those clinical surroundings, not because he lacked
technical competence but because the existing technical system made no allowance
for such a psychological diathesis as his."
The world of serious music and seriousness (what little is left) will miss you
terribly, Maestro.
[b]Den letzten Satz des Beitrags habe ich hier mal sthen gelassen, da ich finde, dass der User hier das ziemlich gut getroffen hat. Klar, GS hatte viele, teilweise abgefahrene Ideen, aber wenigstens hat er noch was angeboten, was Profil und Überzeugung hatte, womit man sich musikalisch beschäftigen konnte. Das ist wirklich extrem selten geworden.


Inwieweit der engl. Text eine autorisierte Übersetzung von Sinopolis Original darstellt kann ich nicht beurteilen.

Ehrlich gesagt, den Zusammenhang dieser Texte mit Schubert/Schumann und deren Musik vermag ich nicht zu erkennen.
Vielleicht ist ja sonstjemand dazu in der Lage und gibt mir (und anderen) eine verständliche Erläuterung?


sound67 schrieb:

Mr_M schrieb:

Es wäre eigentlich interessant zu wissen, was Sinopoli als Psychiater aus dieser Reaktion gelesen hätte.


Vermutlich den gleichen verquasten Blödsinn, den er aus Schumann herausgelesen hat. Oder besser: hineingelesen ...

Thomas, dieser Eindruck drängt sich auch mir auf.


sound67 schrieb:
All das pseudo-psychologische Brimborium um die Interpretation herum ist wohl auch ein Grund, warum Sinpoli so ein saumäßig schlechter Dirigent symphonischer Musik war (der mitunter sogar den Anschluss in der Partitur verlor ...). Darum weigerten sich ja auch viele renommierte Orchester, überhaupt mit ihm zu arbeiten.


Nachzulesen in N. Lebrechts Buch: "Der Mythos ..."

Glücklicherweise scheinen sich diese verqueren Ansichten Sinopolis in seinen Aufnahmen nicht mitzuteilen, die 8. Schubert ist hauptsächlich recht gekonnt auf Effekt in Tempo und Dynamik getrimmt.
In den Bayreuther Rundfunkübertragungen hatte ich allerdings oft den Eindruck mangelhafter Probenarbeit und dirigentischer Steuerung.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 07. Jan 2005, 19:05 bearbeitet]
Mr_M
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 07. Jan 2005, 20:58
Ich bin Dir hier ein paar Antworten schuldig, da ich das ganze Thema losgetreten habe. Ich werde dann versuchen, den Zusammenhang zwischen den Gedanken im Text und der hörbaren Substanz herzustellen. Obwohl ich nicht weiss, was Du an dem Text nicht verstehst, und was Du in der Musik hörst. Es würde aber helfen, wenn Du Dich entscheidest: ist die Aufnahme für Dich nun "Klangbrei" oder von schroffen dynamischen Gegensätzen charakterisiert? Das cheint mir sich gegensätzlich auszuschliessen.
Leider muss ich jetzt ins Büro flitzen, aber später mehr. In der Zwischenzeit habe ich mal eine Gegenfrage: ist Dir an der Durchführung des ersten Satzes der Unvollendeten mal etwas sehr seltsames aufgefallen?
sound67
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 08. Jan 2005, 01:21
Wie schon oben angedeutet: Als Begleiter - also in subalterner Funktion - war Sinopoli offenbar bestens aufgehoben und auch geeignet. Als selbständiger Gestalter eher weniger.

Schauriger Tiefpunkt meiner Sinopoli-Diskopgraphie: Schoenbergs "Verklärte Nacht" - zur Kitschpostkarte "verklärt".

Gruß, Thomas


[Beitrag von sound67 am 08. Jan 2005, 01:21 bearbeitet]
cr
Inventar
#12 erstellt: 08. Jan 2005, 03:05
Ob Sinopoli ein begnadeter Wagner-Dirigent ist, möchte ich nicht beurteilen, da ich bei Wagner ohnehin Solti vorziehe.
Was die Verdi-Opern betrifft, kann ich aber die negative Einstellung ihm gegenüber nicht nachvollziehen. Ich habe selten eine dermaßen spannungsgeladene MacBeth gehört wie unter Sinopoli in der Oper. Leider sind aufnahmetechnisch einige seiner DG-Opern mit Mängeln behaftet, zB übersteuert (etwa Nabuccco an einigen Stellen). Nabucco hat aber auch aufnahmetechnisch gelungene Abschnitte, nicht zufällig war sie als Testmusik auf der DHFI-CD drauf.
Was Schuberts Unvollendete betrifft, habe ich schon sehr viele schlechtere gehört.
Zumindest als Dirigent italienischer Opern sehe ich Sinopolis frühen Tod als schweren Verlust an.


In den Bayreuther Rundfunkübertragungen hatte ich allerdings oft den Eindruck mangelhafter Probenarbeit

Mangelhafte Probenarbeit kann in einigen Fällen durchaus kritisiert werden, da sich Sinopoli zuviel in zu kurzer Zeit zugemutet hat. Aber so geht es ja vielen Shooting Stars, die plötzlich von der Schallplattenindustrie entdeckt werden.


[Beitrag von cr am 08. Jan 2005, 03:08 bearbeitet]
Mr_M
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 08. Jan 2005, 04:04
Komisch, meist wurde ihm der entgegengesetzte Vorwurf gemacht: musikalisches Micromanagement und detailversessenes Proben. Das kam aber ganz auf den Betrachter an. Manche Orchester waren von der Arbeit mit ihm begeistert, u.a das Orchester der Deutschen Oper, eigentlich überraschend, da das ein ziemlich abgebrühtes Routineorchester ist, wo es normalerweise überhaupt nicht gut ankommt, wenn jemand mit völlig anderen Ideen kommt und alles umbauen will. Auch das Philharmonia, NYP und die Staatskapelle Dresden, mit der er ja einige sehr fruchtbare Jahre erlebt hat.

Mit den Berliner Philharmonikern hat es aber gar nicht geklappt. Die fanden das nicht so gut, dass Sinopoli ihnen in den Proben einige seiner Gedanken über Schumanns 2. mitgeteilt hat. Ebenso mit den Wiener Philharmonikern, obwohl dort offensichtlich in späteren Jahren zu einer Art Versöhnung kam, wie die Strauss- und Liszt-Aufnahmen zeigen. War diese Macbeth-Aufführung in der Wiener Staatsoper?

Es wäre interessant zu wissen ob die BP und Sinopoli nicht ebenfalls doch noch zu besserer Harmonie gefunden hätten, da das Orchester später viel offener alternativen Interpretationsansätzen gegenüber war, wie die enorme Wandlung in den 90ern gezeigt hat.

Solche Probleme gibt es aber immer wieder, das ist nichts aussergewöhnliches. Esa-Pekka Salonen und die BP z.B. sind auch überhaupt nicht miteinander klargekommen. Sir Simons erste Begegnung mit dem Concertgebouworkest war offensichtlich so unerfreulich, dass er noch Jahre später in einem Interview davon als "traumatischem Erlebnis" sprach. Da gibt es viele Beispiele.

Letztenendes kann ich hier auch noch etwas aus erster Hand beitragen. Ich hab auch mal unter Sinopoli gespielt. Das war fantastisch. Er kam super vorbereitet, hatte den totalen D-Blick, wusste genau, was er wollte, und konnte das auch sehr gut vermitteln, und hat sehr genau gehört, was im Orchester passierte. Aber er war eben auch sehr anspruchsvoll, in dem, was und wie er alles hören wollte. Aber er wollte auch nicht, dass man die Interpretation dann einfach nur abfährt, sondern es war auch viel Begeisterung und Spontaneität dabei.

cr: Vielleicht kannst Du noch etwas mehr zur Aufnahme der Unvollendeten berichten, die Du weiter oben immerhin als "mM genial" bezeichnet hast.
op111
Moderator
#15 erstellt: 08. Jan 2005, 12:10
Hallo Michael,

Mr_M schrieb:
Ich bin Dir hier ein paar Antworten schuldig, da ich das ganze Thema losgetreten habe.

den Thread hat seinerzeit Alfred Schmidt eröffnet.


Mr_M schrieb:
Ich werde dann versuchen, den Zusammenhang zwischen den Gedanken im Text und der hörbaren Substanz herzustellen.

Bitte gern, ich kann den Zusammenhang jedenfalls nicht verstehen.
Wenn Sinopolis musikalische Interpretation tatsächlich sich erst mittels einer verbalen Erklärung erschließen sollte, würde es wohl an der Vermittlungsfähigkeit des Dirigenten mangeln (was ich alledings nicht glaube).


Mr_M schrieb:
Es würde aber helfen, wenn Du Dich entscheidest: ist die Aufnahme für Dich nun "Klangbrei" oder von schroffen dynamischen Gegensätzen charakterisiert? Das cheint mir sich gegensätzlich auszuschliessen.

musikalische / technische Dynamik, räumliche und Klangfarbendifferenzierung sind doch ganz unterschiedliche voneinander unabhängige Parameter.
Wieso sollen dann die Lautstärkesprünge eine undurchsichtige Klangtechnik ausschließen?

Gruß
Franz
zucker
Inventar
#16 erstellt: 08. Jan 2005, 12:54
Hallo,

der User sound67 hat eine Verwarnung und 3tägige Schreibsperre im Musikbrett für seine herabwürdigenden Beiträge gegen andere erhalten.

mit freundlichen Grüßen - Ihre Moderation
Susanna
Hat sich gelöscht
#17 erstellt: 08. Jan 2005, 14:35

Mr_M schrieb:
In der Zwischenzeit habe ich mal eine Gegenfrage: ist Dir an der Durchführung des ersten Satzes der Unvollendeten mal etwas sehr seltsames aufgefallen?

Hallo Michael,

jetzt hast Du mich neugierig gemacht! Was ist denn sehr seltsam an der Durchführung? Meinst Du vielleicht die vorgreifende Akkordverwendung? Manche sprechen ja von einer Nähe zum Wagnerschen sog. "Verhängnismotiv" aus dem "Tristan".
Ansonsten finde ich die Durchführung normal.

Gruß,
Susanna
Mr_M
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 08. Jan 2005, 14:42
Vielen Dank für endlich mal einen konstruktiven Beitrag. Der Bezug zum Verhängnismotiv war mir übrigens nicht bewusst. Kannst Du das für mich und andere Leser noch ein bisschen ausführen?
Das war es aber nicht, was ich meinte. Allerdings muss ich jetzt ins Bett (hier ist es schon oder noch 3:30). Das ist natürlich nur ein billiger Trick von mir, um die Spannung zu steigern.
Susanna
Hat sich gelöscht
#19 erstellt: 08. Jan 2005, 19:20

Mr_M schrieb:
Vielen Dank für endlich mal einen konstruktiven Beitrag.

Hallo Michael,

klingt nicht sehr schmeichelhaft! (Zumal ein Smiley fehlt.) Ich bilde mir ein, schon einiges Konstruktive hier beigetragen zu haben! Auch eine Reihe anderer Forianer hier in der Klassikabteilung rechne ich dazu.

Leider ist mein Interesse, Wagner betr., nicht weitgehend genug, um mich genau an länger zurückliegende Theoriestunden zu erinnern.

Der Begriff "Verhängnismotiv" stammt, so weit ich mich noch erinnere, von einem Musikwissenschaftler namens Kurth (Näheres über ihn weiß ich auch nicht mehr, hatte das Buch damals ausgeliehen), der dabei die "chromatischen Schärfungen" und die "gesteigerte Nonenakkordik" bei der "Unvollendeten" meint. Ob er mit dem Begriff auf das "Tristanmotiv" anspielt oder ihn damit gleichsetzt, ist mir auch entfallen. Aber ich meine, das sind "zwei Paar Stiefel".
Das Ganze wurde auch nur durch Deine geheimnisvollen Andeutungen aus den Tiefen meiner Gehirnwindungen hervorgeholt....
Hier gibt's vielleicht Jemanden, der sich damit auskennt!

Meine Spannung steigt tatsächlich weiter.

Susanna
Martin2
Inventar
#20 erstellt: 08. Jan 2005, 20:08
Liebe Susanna,

ich kann mich an dieser Diskussion überhaupt nicht beteiligen ( obwohl ich sie mit Interesse lese). Jedoch ist Michaels "Endlich mal ein konstruktiver Beitrag" in Bezug auf Dich sicher nur auf diesen speziellen Thread gemünzt ( so habe ich es zumindestens aufgefaßt). Und da dies, wie ich das sehe, Dein erster Beitrag ist, ist das doch durchaus ein Kompliment. Vielleicht äußert sich Michael auch noch mal dazu.

Im übrigen schätze ich auch durchaus die "weniger konstruktiven" Beiträge, auch gerade negativer Natur. Nur wenn jemand ganz bewußt das, von dem er weiß, daß es ein anderer schätzt, in betont herablassender und zynischer Art heruntermacht, so daß ich den Eindruck habe, daß hier jemand bewußt gekränkt werden soll, möchte ich das nicht gerne lesen, weil ich das menschlich nicht in Ordnung finde.

Gruß Martin
peet_g
Stammgast
#21 erstellt: 08. Jan 2005, 20:31

Franz-J. schrieb:

Wenn Sinopolis musikalische Interpretation tatsächlich sich erst mittels einer verbalen Erklärung erschließen sollte, würde es wohl an der Vermittlungsfähigkeit des Dirigenten mangeln (was ich alledings nicht glaube).

Hallo Franz,

diesen deinen Satz würde ich als eine große Frage verstehen. Es ist eine Legende, daß Dirigenten ohne Worte mit Orchestern alles machen, was sie wollen. Oder meinst du das Publikum?

Gruß
Susanna
Hat sich gelöscht
#22 erstellt: 08. Jan 2005, 20:41

Martin2 schrieb:

sicher nur auf diesen speziellen Thread gemünzt ( so habe ich es zumindestens aufgefaßt). Und da dies, wie ich das sehe, Dein erster Beitrag ist, ist das doch durchaus ein Kompliment. Vielleicht äußert sich Michael auch noch mal dazu.
Hallo Martin,

nach einiger Überlegung tendiere ich auch dahin, es so aufzufassen, wie Du sagst. Der Zusatz "in diesem Thread" hätte für Klarheit gesorgt. Danke für Deine Aufmerksamkeit!

Im übrigen schätze ich auch durchaus die "weniger konstruktiven" Beiträge

Du sprichst mir aus dem Herzen! Wir wollen hier locker bleiben, unser Wissen weitergeben, warum nicht, unsere Vorlieben kundtun und dem Anderen seine lassen. Wenn das nicht mehr möglich sein sollte, gibt es bekanntermaßen eine einfache Lösung.

@ Michael: Sollte ich Dir - wie ich inzwischen stark vermute - Unrecht getan haben, schon mal vorneweg die Rücknahme meiner diesbez. Bemerkungen!

Grüße,
Susanna
peet_g
Stammgast
#23 erstellt: 08. Jan 2005, 20:46
Zu Sinopolis "Unvollendeten"

Diese Aufnahme (1993) ist sehr eigenwillig und in vielen Details ein Unikat. Die meisten speziellen Sachen darin sind - aus meiner Sicht - eine im Kopf entstandene Überlegung und wirken auf mich auch so. Insbesondere betont getrennt unterschiedliche Tempi im ersten Satz als ein Abbild der romantischen Gefühle, eben als Abbild, ein Essay darüber, kein unmittelbarer Ausdruck.

Im Vergleich zu lebendigen echt-romantischen Interpretationen riecht es nach einem kopflastigen Produkt.

Verständlich und für sich interessant, trotzdem für mich wäre es nur zweite Wahl.

P.S. Der Streit über die Unvollendete und Tristan beruht - nach meiner Meinung - auf einem Mißverständnis. Wagner durfte die Symphonie nicht kennen, es erübrigt sich sie kausal zu vergleichen. Andererseits sind beide Werke die Quintessenz der Romantik. Kein Wunder, daß Gemeinsamkeiten da aufgespürt werden können.

Wenn es über irgendwelche Motive gehen sollte, dann bitte genauer werden. Ernst Kurth kann sich selbst nicht vertreten, aus bekannten Gründen. :-)
Mr_M
Hat sich gelöscht
#24 erstellt: 08. Jan 2005, 22:05

Die meisten speziellen Sachen darin sind - aus meiner Sicht - eine im Kopf entstandene Überlegung und wirken auf mich auch so. Insbesondere betont getrennt unterschiedliche Tempi im ersten Satz als ein Abbild der romantischen Gefühle, eben als Abbild, ein Essay darüber, kein unmittelbarer Ausdruck.
Im Vergleich zu lebendigen echt-romantischen Interpretationen riecht es nach einem kopflastigen Produkt.

Was sind denn echt-romantische Gefühle? Gibt es auch unecht-romantische Gefühle? Wo anders als im Kopf können Überlegungen noch entstehen?
Und wie riecht eine nicht-kopflastige Interpretation?

Temporückungen zwischen Formalabschnitten sind nicht gerade Sinopolis originaler Einfall. Das ist ein gerade in der "romantischen" Aufführungspraxis sehr typisches Element. Es gibt keine "Essays" im Gegensatz zu "unmittelbarem Ausdruck". Ein bestimmter Ausdruck wird musikalisch getroffen und existiert dann einfach an sich im Zusammenhang mit der Einzelperson.

Das mit dem endlich mal konstruktiven Beitrag war nicht auf Susanna bezogen, sondern allgemein, also bedeutete das, dass ich mich darüber gefreut habe. Gerade in denletzten Tagen war es ja überhaupt nicht mehr möglich, irgendetwas zu schreiben, ohne dass sound67 dann dazwischengepöbelt hat. Der ist zwar vom Moderator kurzfristig gesperrt, wird aber sicher zurückkommen und weiter daran arbeiten, Leute zu vergraulen.
Eigentlich wollte ich noch mal genauer auf das Essay von Sinopoli und den Zusammenhang mit seiner Interpretation eingehen, den Zusammenhang zur formalen Struktur der Sinfonie herstellen. Darüber hätte ich gerne konstruktiv diskutiert. Aber spätestes nach dem letzten gelehrten Beitrag ist mir daran die Lust endgültig vergangen. Schade, dass niemand mal auf Sinopolis Text an sich eingeht, und diesen kommentiert. Angeblich handelt es sich dabei ja nur um inhaltsloses Geschwafel. Komisch, dass niemand mal das inhaltlich begründet, bzw. widerlegt, relativiert etc. Anstatt dessen bemühen sich viele aber, mit wirklich inhaltslosen Beiträgen zu glänzen.
Ich geh dann mal mich löschen.
Tschüss!


[Beitrag von Mr_M am 08. Jan 2005, 22:14 bearbeitet]
Susanna
Hat sich gelöscht
#25 erstellt: 08. Jan 2005, 22:42
Das mit dem endlich mal konstruktiven Beitrag war nicht auf Susanna bezogen, sondern allgemein, also bedeutete das, dass ich mich darüber gefreut habe.

Danke, Michael, für die Klarstellung!

Schade, daß Du Dich gelöscht hast! Die Auflösung des "Rätsels" hätte mich so interessiert!

Eigentlich wollte ich noch mal genauer auf das Essay von Sinopoli und den Zusammenhang mit seiner Interpretation eingehen, den Zusammenhang zur formalen Struktur der Sinfonie herstellen. Darüber hätte ich gerne konstruktiv diskutiert. Aber spätestes nach dem letzten gelehrten Beitrag ist mir daran die Lust endgültig vergangen.

Mit den verschiedensten Beitragsarten mußt Du in einem solchen Forum wie diesem hier schon rechnen. Der Eine schreibt gern über Werke oder Interpretationen, ein Anderer über musiktheoretische oder kompositorische Dinge, manchmal sind es auch einfach ganz banale Gründe wie Zeitmangel u. ä., die am Antworten hindern. Und Manches kommt nicht so rüber, wie es gemeint ist.

Ich geh dann mal mich löschen.

Sich wieder anmelden, ist nicht verboten!

Gruß,
Susanna
Susanna
Hat sich gelöscht
#26 erstellt: 08. Jan 2005, 23:08

peet_g schrieb:

Wenn es über irgendwelche Motive gehen sollte, dann bitte genauer werden. Ernst Kurth kann sich selbst nicht vertreten, aus bekannten Gründen. :-)

Hallo peet,

mehr als das, was ich im vorigen diesbez. Beitrag darüber sagte, weiß ich nicht. Wagnerexperten sind hier auch Andere.

Jedenfalls danke für die Ergänzungen! Wie gesagt, ist es bei mir schon etwas länger her, um Genaueres über eventuelle Zusammenhänge von „Unvollendeter" und dem „Verhängnismotiv“ bei Kurth sagen zu können. Von einem Wissenschaftler-Streit darüber ist mir schon gar nichts bekannt.

Bei Kurth ging es m. W. nicht darum, ob Wagner die Schubertsche Akkordik aus dem ersten Satz der „Unvollendeten“ benutzte. Wie Du andeutest, konnte Wagner von diesem Werk nichts wissen, weil bekanntermaßen ein Freund Schuberts die „Unvollendete“ ja erst im Jahr 1865 zur Veröffentlichung „freigegeben“ hatte, also im gleichen Jahr der Uraufführung von „Tristan und Isolde“. Eine Kausalität scheidet also von vorneherein aus.
Kurth ging es vermutlich lediglich um die Feststellung, dass Schubert im 1. Satz seiner Sinfonie die von mir schon angeführten kompositorischen Mittel verwendet hatte, die später dann auch Wagner „erfand“. Ein Plagiat ist wegen der Datierung ausgeschlossen. Und außerdem stehen Akkorde aller Art ohnehin Jedem zur Benutzung frei!

Grüße,
Susanna


[Beitrag von Susanna am 08. Jan 2005, 23:17 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#27 erstellt: 08. Jan 2005, 23:44
hallo Mr M,

ich habe die von dir zur verfügung gestellten textabschnitte, insbesondere die äußerungen sinopolis bzgl. der h-moll sinfonie schuberts, gelesen. sinopoli versteht dieses werk als ein resultat des konfliktes im sinne der jungschen psychoanalyse. carl gustav jung, schweizer psychologe und psychiater,gründete eine von siegmund freud abweichende richtung der psychoanalyse.

im mittelpunkt von jungs lehre steht das unbewusste, das es der psychoanalyse, das als persönliches unbewusste eines jeden menschen in das viel grössere kollektive unbewusste der menschheit eingebettet ist. das persönliche unbewusste ist ein sammelbecken verdrängter gedanken und gefühle, die bewusst in den träumen und in gewissen verhaltensweisen (z. B. versprecher) auftauchen.

wichtig ist derjenige teil des persönlichen unbewussten, den jung die schatten nennt. er enthält alles, was der mensch nicht sein möchte, und bildet seine zweite persönlichkeit oder 'dunkle seite'. die modernen psychotherapien zielen darauf ab, die 'schatten' des menschen bewusst zu machen.

das kollektive unbewusste zu erläutern, würde den rahmen sprengen, obgleich es auch von großer bedeutung ist.
die entwicklung der persönlichkeit beschreibt jung als einen reifeprozess, der sich zwischen dem unbewussten und dem bewusstsein abspielt und in den träumen seinen niederschlag findet. die für jung sehr wichtige traumanalyse soll zur selbstentdeckung des menschen führen. träume sind für ihn in symbolen mitgeteilte botschaften unseres unbewussten.

sinopoli nun versucht, diesen konflikt, der sich ja bei jedem menschen abspielt, in die schubert-sinfonie hineinzuinterpretieren. es stellt sich die frage, warum er dies nur bei der h-moll sinfonie angewandt hat. er müsste diese methode grundsätzlich bei jedem werk eines jeden komponisten anwenden ! wahrscheinlich hat er dieses werk gewählt, weil es als prototyp einer frühromantischen sinfonie gilt. neben struktur, motivbildung, dynamik und rhythmischem element gesellt sich hier die benutzung klangfarblicher elemente, welche die dunkle seite (also nach jung die 'schatten') hörbar machen.

dieser ansatz ist ja nun nicht zwingend. es gibt einen anderen ansatz, den der immer wieder bei schubert beschworenen todessehnsucht oder -ahnung, welche sich bei den spätwerken, z.b. den klaviersonaten D 958-960, besonders hörbar machen, aber bei früheren werken, wie z.b. eben der h-moll sinfonie, schon anzutreffen sind. hierzu verweise ich auf die kommentare des verrückten pianisten und literaten/philosophen valery afanassiev.

ich kenne die sinopoli-aufnahme der schubert-sinfonie nicht, finde aber, dass carlos kleiber und lorin maazel die kontraste und konflikte dieses werkes hervorragend herausgearbeitet haben, ohne wahrscheinlich sich mit psychoanalytik beschäftigt zu haben.


gruß, siamak
stolte1969
Hat sich gelöscht
#29 erstellt: 09. Jan 2005, 11:15
Von Respekt für die Meinung anderer war (und ist in anderen Forum) Michaels Verhalten auch nicht geprägt. Er kann es nicht akzeptieren, wenn man an dieser oder jener Einspielung etwas zu kritisieren hat, wurde (nicht hier) extrem ausfällig und vulgär und hat jedem Nichtmusiker das Recht abgesprochen, überhaupt etwas über eine Aufnahme zu sagen:

Michael Schaffer in rec.music.classical.recordings an die Adresse von Simon Roberts (manchen vielleicht auch hier ein Begriff:


I wonder, just how deaf and musically insensitive does one need to be to voice an "opinion" like this... I remember when the recording came out, my teacher and several other members of the BP (and myself...,but that doesn't weigh as heavily) were just stunned and awed by the technical and musical achievement of Boulez and the WP in this recording. But I guess it feels good for a musically illiterate person who probably can't even play a controlled scale on any instrument to formulate a "strong" opinion.
Whatever is meant by "bland" doesn't refer to any musical content of the recorded performance, but just to the empty head of the commentator.



Für mich hat er allerdings den Vogel abgeschossen, als er - bei aller notwendigen Kritik an der teilweise destruktiven und kurzsichtigen Politik des Staates Israel - die Juden als die Nazis von heute bezeichnet hat.

Gruß,
Gerrit


[Beitrag von stolte1969 am 09. Jan 2005, 11:43 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#30 erstellt: 09. Jan 2005, 11:41
Also letzteres wäre allerdings schon ein Hammer. Das hätte ich gerne selbst einmal nachgelesen. Ich kann das fast gar nicht glauben. Wenn möglich, gib da mal den Link.

Ansonsten mag es schon sein, daß man Michaels Verhalten auch kritisieren mag. Da ich aber mit mir selber auch nicht immer zufrieden bin, konnte ich ihm das nachsehen.

Gruß Martin
stolte1969
Hat sich gelöscht
#31 erstellt: 09. Jan 2005, 11:46


[Beitrag von stolte1969 am 09. Jan 2005, 11:47 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#32 erstellt: 09. Jan 2005, 12:04
Danke für den Link. Nun gut, er bezieht das nicht auf die Juden, sondern auf bestimmte Juden, aber das ändert überhaupt nichts an der absoluten Geschmacklosigkeit dieses Vergleiches. Abgesehen davon weiß ich selber über Israel zu wenig, um hier eine qualifizierte Meinung zu haben, denke aber aus dem was ich weiß, daß dies nicht nur eine Geschmacklosigkeit, sondern auch sachlich ziemlicher Unsinn ist.

Und an sich ist dies hier auch ein Klassikforum und sollte es auch bleiben.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 09. Jan 2005, 12:35 bearbeitet]
M_forever
Hat sich gelöscht
#33 erstellt: 09. Jan 2005, 13:23
Ha, erwischt! Eigentlich wollte ich nur noch mal kurz nachschauen, ob sich doch noch jemand themenbezogen geäussert hat, wie es AcomA ja auch getan hat. Und dann sehe ich, stolte1969 ist wieder im Einsatz. Natürlich erst nachdem ich mich gelöscht habe. Da muss ich doch noch mal aus dem Jenseits zurückkehren.

Martin2: da es sich hier tatsächlich um ein Klassikforum handelt, stellt sich natürlich die Frage, was er mit dem aus dem Zusammenhang gerissenen Hinweis auf die alte Antisemitismus-in-Berlin-Diskussion beabsichtigt. Falls es Dich interessiert, kannst Du dir ja mal den ganzen Thread auf rmcr anschauen. Obwohl ich nicht glaube, dass Du dafür Zeit zu verschwenden hast. Falls doch, überleg Dir doch mal genauer, ob in dem o.g. Beitrag, besonders den letzten beiden Sätzen, nicht doch etwas Wahrheit steckt. Politischer/religiöser/ideologischer Extremismus tritt in vielen Formen auf, die sich für mein Auge voneinander nicht wesentlich, oder eigentlich gar nicht, voneinander unterscheiden. Im Moment kann ich hier (ich meine in den USA, nicht im Forum) leider um mich herum deutlich ähnliche Tendenzen ausmachen.
Mich fragen hier tatsächlich öfter Leute, ob sie nach Europa fahren können, ob sie in Deutschland als Amerikaner/Ausländer auf der Strasse angegriffen werden, denn die Regierung vermittelt ihnen doch ganz eindeutig: "Everyone hates us, therefore we have to fight to survive!" Das schliesst dann auch den Kreis zu o.g. Diskussion auf rmcr.
Übrigens habe ich in D ein paar Konzerte mit Musik jüdischer Thematik organisiert, z.Zt. proben wir hier an einem ähnlich ausgerichteten Programm, das ich auch u.a. mit angeregt habe: http://music.ucsd.edu/~ljsca/concerts/ Da kannst Du mal sehen, was für ein Rechtsradikaler ich bin.

Vielen Dank auch für das Zitat aus der Mahler-Diskussion (sammelt "stolte1969" eigentlich Zitate von mir? Liegt da eine düstere Faszination vor?). Besser könnte ich es nicht wieder formulieren. Ich finde es nämlich tatsächlich absolut unerträglich, was für vernichtende, absolut respektlose Einzeiler sich manche so einfallen lassen um musikalische Leistungen total zu trashen. Das hat für mich das gleiche Niveau wie der typische Südkurven- oder Stammtischfan, der auf dem Weg vom Fernseher zum Kühlschrank beinahe einen Herzinfarkt erleidet, sich aber lautstark und herablassend über anderer Leute sportlicher Leistung ergeht.
Es gibt zwar im Musikbetrieb tonnenweise Beiträge, die mir persönlich auch nicht gefallen, mich manchmal sogar ärgern. Trotzdem ist mir immer bewusst, was für eine Leistung dahintersteckt, erst einmal so weit zu kommen.
Wer für seine "Meinung" Respekt haben will, und diesen immer wieder weinerlich einfordert, muss umgekehrt auch erstmal den Respekt vor dem, was er kritisiert, haben. Man muss nicht unbedingt eine musikalische Ausbildung aufweisen. Ohne Respekt geht es aber nicht. Das sollte eigentlich offensichtlich sein.
Martin2
Inventar
#34 erstellt: 09. Jan 2005, 14:41
Hallo Michael,

schön, daß Du nun doch wieder dabei bist. Nun mußt Du natürlich wieder als Neuling anfangen, und es wird eine Zeit brauchen bis Du Dich wieder "heraufgearbeitet" hast.

Ich habe ehrlich gesagt auch gar keine Lust zu diskutieren, was Du mal irgendwann in irgendwelchen Foren geschrieben hast. Ich fand Deine Formulierung unglücklich, aber lassen wir's dabei. Daß die Extremisten aller Länder sich in irgend einer Weise gleichen, ist eine Binsenweisheit. Trotzdem hätte ich eine solche Formulierung nicht gebraucht. Aber ich möchte hier über klassische Musik diskutieren und nicht über Politik. Und für einen Rechtsradikalen habe ich Dich auch trotz dieser unglücklichen Formulierung nicht gehalten.

Du hast Recht, man sollte künstlerische Leistungen mit Respekt behandeln. Das ist es aber dann auch. Und der Fußballprofi verdient so viel und zwar all das am kleinen Mann, der mit seinem Bier vorm Fernseher sitzt und hart arbeiten muß und dafür bei weitem nicht soviel verdient, daß ich ihm jedes Stammtischgeschwätz verzeihe.

Und eine CD zu kaufen und von ihr enttäuscht zu sein, rechtfertigt vielleicht doch auch den einen oder anderen emotionalen Ausbruch. Ich kann da nur für mich selber reden. Mir gefallen halt bestimmte Interpretationen und andere enttäuschen mich, und wenn ich meinem Mißfallen in klaren Worten Ausdruck verleihe, mußt Du Dir dann den Respekt vor der künstlerischen Leistung mitdenken. Und ich denke, damit stehe ich nicht alleine. Ich kann natürlich, wenn Dir das lieber ist, meinen Respekt vor der künstlerischen Leistung bei allem, was mir nicht gefällt, explizit dazu fügen. So nach dem Motto: Diese Interpretation ist zwar der absolute Scheißdreck, aber ich habe den höchsten Respekt vor der künstlerischen Leistung. "Scheißdreck" ist natürlich wieder Stammtisch, aber daß es schlechte Interpretationen gibt, wirst Du ja nun nicht bestreiten. Auch wenn man darüber auch wieder geteilter Meinung sein kann. Aber das macht ja gerade den Reiz aus.

Ich kann darüber natürlich nicht mitreden, da meine CD Sammlung dafür viel zu beschränkt ist. Kaufe mir nur CDs, von denen ich schon im Vorwege überzeugt bin, daß sie etwas taugen. Und da bin ich dann auch meistens zufrieden. Nur im Billigsegment mache ich gelegentlich einfach mal einen Versuch. Und da gibt es dann allerdings Enttäuschungen. Was ich dann aber auch nicht so schlimm finde.

Ich hoffe nun, daß Du uns wieder für längere Zeit erhalten bleibst, und daß Dein Wiedereinstieg nicht als Abschiedstournee geplant ist.

Gruß Martin


[Beitrag von Martin2 am 09. Jan 2005, 14:43 bearbeitet]
AcomA
Stammgast
#35 erstellt: 09. Jan 2005, 15:22
hallo stolte1969, Martin2 und M forever,

ich habe mir den link von stolte1969 durchgelesen. ich weiß nicht, wie er herausgefunden hat, das M forever (Mr M) und der autor dieses textes (michael schaffer) dieselbe person sind :? .

jedenfalls kann ich in dem text nichts anrüchiges finden. er hat sicher nicht die juden als die nazis von heute bezeichnet, sondern zurecht festgestellt, das fanatische orthodoxe juden in israel ähnliche verhaltensmuster wie die nazis aufweisen. das ist ein großer unterschied. ich gehe davon aus, das stolte1969 des englischen schon mächtig genug ist, um den text adäquat zu übersetzen. daher stellt sich der verdacht, dass er M forever gezielt diffamieren wollte.

fanatismus ist immer ein tiefpunkt menschlicher existenz, egal in welcher form, islamischer fundamentalismus, orthodoxes judentum, kreuzzugsmentalität von christen, faschismus, stalinismus etc..

ich würde M forever ebenfalls bitten, dem forum treu zu bleiben !



gruß, siamak
myownhero
Schaut ab und zu mal vorbei
#36 erstellt: 09. Jan 2005, 16:29
ja genau. ähnliche verhaltensmuster wie die nazis. "der stern an der brust" wie roland koch zu sagen pflegte. hauptsache die deutschen sind am ende die gutmenschen, denn hey, wir können auch sieger sein, wir gutmenschen, wir pazifisten.

die deutschen haben millionen menschen umgebracht, systematisch. vielleicht sollte man dies nicht so einfach vergessen. der vergleich ist absolut unzulässig, weil antisemitismus unzulässig ist. von mir aus kann er ruhig gehen. mit den neuen deutschen will ich nichts zu tun haben.
bei derartigen aussagen wird mir speiübel!
M_forever
Hat sich gelöscht
#37 erstellt: 09. Jan 2005, 17:14
Hallo AcomA: Das war eher umgekehrt, ich kannte stolte unter ähnlichem Usernamen von rmcr und habe hier irgendwo auch mal vor seinen Angriffen gewarnt. Daher konnte er sich sicher denken, dass der gleiche Michael bin, der ihm auch in dem anderen Forum Saures gegeben hat. Schliesslich gibt es nicht so viele Leute, die sich in klassischen Musikforen tummeln.

myownhero: Du hast das völlig falsch verstanden. Auf Unrecht an anderen Orten und zu anderen Zeiten hinzuweisen, hat nichts, ich schreibe das noch mal deutlicher, -Ü-B-E-R-H-A-U-P-T- -N-I-C-H-T-S-, damit zu tun, dass man die Nazis oder andere Bösewichte entschuldigen oder relativieren möchte. Nicht im geringsten. Nicht im allergeringsten. War das deutlich genung?
Woher hast Du das? Kannst Du das meinen oder AcomAs Beiträgen irgendwo entnehmen? Wenn Du mal darüber nachdenkst, ist das zu unterstellen eine schwere Beleidigung Deinerseits. Aber ich glaube nicht, dass Du das so gemeint hast.
Wenn Du schreibst "der Vergleich ist absolut unzulässig, weil Antisemitsmus unzulässig ist", möchtest Du damit sagen, dass die unbestrittene Tatsache antisemitischer Verbrechen andere Verbrechen und anderes Unrecht neutralisiert? Sozusagen, da wir ja nun wissen, dass die Nazis die Bösen waren, sind alle anderen automatisch gut? Sicher nicht.

Der Kern des Problems ist die ganze "wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen"-Mentalität. Diese haben die Nazis gefahren, und das tun viele andere leider heute auch immer noch. Und jeder hat für die von ihm ausgeübte Gewalt eine Fülle an Rechtfertigungen. Wie auch AcomA festgestellt hat, sind die grundsätzlichen Verhaltensmuster bei all diesen Gruppen sehr ähnlich, im Prinzip gleich.
Nun wird oft gesagt, dass es uns als Deutschen aufgrund der finsteren Vergangenheit nicht zusteht, auf solches Unrecht hinzuweisen. Das ist aber totaler Unsinn, eine seltsame Umkehrung des o.g. Prinzips (also "wir sind die Bösen, all anderen sind die Guten"), also genauso unsinnig.
Ausserdem haben die meisten heute lebenden Deutschen an diesen Verbrechen werder direkt noch indirekt mitgewirkt. Hier von "Kollektivschuld" zu sprechen, ist im Prinzip das gleiche wie die von den Nazis gepflegte "Sippenhaftung", nur ein anderer Begriff.

Was wir der Vergangenheit aber tatsächlich schuldig sind, ist von ihr zu lernen. Gerade in diesem Bereich muss man leider sagen, dass es kaum ein Land gibt, in dem die eigene Geschichte so offen und gnadenlos dargestellt wird, wie in Deutschland. Begriffe wie "Vergangenheitsbewältigung" gibt es meines Wissens in vielen anderen Ländern überhaupt nicht.
Zumindestens hatte ich bis jetzt nie den Eindruck, dass sich z.B. Menschen in Frankreich besonders schuldig fühlen, weil ihr Land soger noch in den 50ern und 60ern blutige Kolonialkriege in Vietnam ("Indochine") und Algerien geführt hat. Wusstest Du, das die französische Regierung sich den USA eine Atombombe ausleihen wollte, um diese in "Indochine" auf die Aufständischen zu werfen? Nein?
Entschuldigt oder relativiert das die Nazis in irgendeiner Weise? Natürlich nicht. Aber man kann von diesem und unzähligen anderen Beispielen eine ganze Menge lernen. Dann sieht man früher oder später immer wieder die gleichen Verhaltensmuster.
Das bedeutet alles nicht, die eigene Geschichte zu relativieren, sondern gerade da in Deutschland so viele Möglichkeiten angeboten werden, sich kritisch mit ihr auseinanderzusetzen, ist das ein guter Ausgangspunkt, um von dort aus aufzubrechen und mehr über Geschichte im allgemeinen zu lernen.

Wenn Du darüber mal nachdenkst, tust Du den Opfern des 3.Reiches, und den aller andern Regime, sogar ein gewisses Unrecht, wenn Du Deine Augen vor disen Realitäten verschliesst.
stolte1969
Hat sich gelöscht
#38 erstellt: 09. Jan 2005, 17:16

AcomA schrieb:
hallo stolte1969, Martin2 und M forever,
jedenfalls kann ich in dem text nichts anrüchiges finden. er hat sicher nicht die juden als die nazis von heute bezeichnet, sondern zurecht festgestellt, das fanatische orthodoxe juden in israel ähnliche verhaltensmuster wie die nazis aufweisen. das ist ein großer unterschied.


Mit Sicherheit nicht, aber es sei der verziehen, dass Du dafür kein Gespür hast.
stolte1969
Hat sich gelöscht
#39 erstellt: 09. Jan 2005, 17:20

M_forever schrieb:
Hallo AcomA: Das war eher umgekehrt, ich kannte stolte unter ähnlichem Usernamen von rmcr und habe hier irgendwo auch mal vor seinen Angriffen gewarnt. Daher konnte er sich sicher denken, dass der gleiche Michael bin, der ihm auch in dem anderen Forum Saures gegeben hat.


LoL. Bitte ein Zitat, wo Du mir Saures gibts. Geradezu amüsant, fast putzig. Und vor allem schwer möglich, weil ich Deine Postings auf rmcr seit Deinen Ausfällen nicht mehr lesen *kann*: PLONK macht's möglich, leider nicht hier.
M_forever
Hat sich gelöscht
#40 erstellt: 09. Jan 2005, 17:45
Für mich haben diese Streitereien nicht so den grossen Unterhaltungswert wie für Dich, dass ich darüber Bookmarks führe oder aus dem Zusammenhang gerissene Zitate benutze, um Dich zu diffamieren.
Ich benutze übrigens keine Killfiles in Newsgroups, mir ist Dein Name dort aber irgendwie seit langem trotzdem nicht mehr aufgefallen. Du schreibst ja auch selten etwas substanzhaltiges zum Thema, meist irgendwelche Angriffe.
So wie in der Antwort auf AcomAs Beitrag, die inhaltlich gar keine Antwort ist. Ich habe das in meinem längeren Beitrag nicht geschrieben, aber für mich kommen Beiträge wie Deiner, die die Vergangenheit nur dazu benutzen, anderen irgendwelche bösen Meinungen anzuhänhen, aus dem gleichen Ungeist.

Das gehört aber hier alles nicht hin.
Vom Thema abschweifen gehört zu einer guten Diskussion dazu, und historische Diskussionen tauchen naturgemäss in Foren über historische Musik immer wieder auf.
Hast Du zum Thema Sinopolis Analyse und Interpretation etwas interessantes beizutragen?
ehemals_hj
Administrator
#41 erstellt: 09. Jan 2005, 17:57
Hallo,




so, jetzt reichts. Entweder ihr kommt zum Thema zurück und diskutiert in angemessenem Ton miteinander, oder wir schließen den Thread ganz. Wenn ihr unbedingt streiten müßt, dann per PM und nicht in aller Öffentlichkeit.
op111
Moderator
#42 erstellt: 09. Jan 2005, 19:30

peet_g schrieb:

Franz-J. schrieb:

Wenn Sinopolis musikalische Interpretation tatsächlich sich erst mittels einer verbalen Erklärung erschließen sollte, würde es wohl an der Vermittlungsfähigkeit des Dirigenten mangeln.

diesen deinen Satz würde ich als eine große Frage verstehen.
Peet,
ich habe aber darin keine Frage formuliert.
salopp gesprochen: wenn die Wiedergabe nicht aus sich heraus überzeugen kann und erst ein pseudo-philophisches Deckmäntelchen/Brimborium braucht um Eindruck zu machen handelt es sich um Wunst statt Kunst.
Im Falle der 8. Schubert/Ph0/ Sinopoli glaube ich nicht, daß der vom Mr_m zitierte Text zur Erhellung beiträgt eher zur Verdunklung oder bestenfalls Erheiterung.
Die Aufnahme kann (glücklicherweise) auch ohne Erklärung für sich sprechen.
Die (an sich originelle) fortwährende Extremisierung der Dynamik (auch entgegen Schuberts Anweisungen) wirkte auf mich anfangs recht spannend - hat sich aber leider bei wiederholtem Hören ziemlich schnell abgenutzt.
Seinem "Nabucco" bekommt diese Methode dagegen gar nicht so schlecht.


peet_g schrieb:
Es ist eine Legende, daß Dirigenten ohne Worte mit Orchestern alles machen, was sie wollen.

Das verstehe ich wiederum nicht.

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 09. Jan 2005, 19:52 bearbeitet]
Torquato
Stammgast
#43 erstellt: 09. Jan 2005, 20:10
[quote="Mr_M"]Was sind denn echt-romantische Gefühle? Gibt es auch unecht-romantische Gefühle?[/quote]

Ich glaube in der Kunst nennt man unecht-romantischen Gefühlsausdruck z.B. Kitsch.

[quote="Mr_M"]
Wo anders als im Kopf können Überlegungen noch entstehen?[/quote]

im Bauch! U.a. die Zeitschrift Geo (eine seriösere Quelle habe ich zur Zeit nicht an der Hand) berichtete über das sogen. "Bauchhirn", die hundertmilliarden Nervenzellen, um den Verdauungstrakt herum, welche wie das "Kopfhirn" anscheinend zu "Überlegungen" fähig sind. Damit wird die alte Redensart des intuitiven, gefühlsmäßigen "Entscheidens aus dem Bauch heraus" quasi wissenschaftlich untermauert

Mit freundlichen Grüßen,
Torquato


[Beitrag von Torquato am 09. Jan 2005, 20:11 bearbeitet]
peet_g
Stammgast
#44 erstellt: 09. Jan 2005, 23:14
@ Franz-J.

Alles klar, ich habe dich jetzt verstanden. Mein Satz, den du deinerseits nicht verstanden hast, bezog sich auf die andere ("falsche") Interpretation deiner Worte, es erübrigt sich.

@ Susanna

Bei Kurth ging es um ähnliche Harmonien und um die Rahmenstellung beider Werke, was zusammen ihre Bedeutung noch einmal mehr unterstreicht sowie die logische Entwicklung der Musikgeschichte, wie Kurth sie schildert. Somit hast du dich ganz richtig daran erinnert, nur ein wenig zuviel reingedacht. :-)

@ Torquato

Danke für deinen netten Versuch, meine blumige Ausdrucksweise zu übersetzen. :-)

@ Michael

Da du wieder auferstanden bist, muß ich dir wohl antworten. Ich tue es allerdings erst dann, wenn du dich nicht wieder virtuell umbringst, sollte dir etwas nicht passen.
M_forever
Hat sich gelöscht
#45 erstellt: 10. Jan 2005, 03:48
OK, peet.
Meine Frage war durchaus ernst gemeint. Mir war nicht klar, was Du mit echt-romantisch meinst, ehrlich empfunden oder ins stylistische Vokabular der romantischen Musikliteratur passend.
Die Aufnahme, die Du gehört hast, ist offensichtlich die mit der Staatskapelle Dresden (weil P 1993). Der Streitpunkt hier ist aber vor allem die ältere mit dem Philharmonia. Die Dresdener Aufnahme ist deutlich flotter im Grundtempo und etwas schroffer und straffer in der Gestaltung, von den Tempovariationen in Durchführung des ersten Satzes mal abgesehen. Ob das einem Umdenken oder einer Verdichtung Sinopolis Grundauffassung entspringt? Mir erscheint eher letzteres vorzuliegen, aufgrund der ähnlichen Temporelationen in der Durchführung und einiger sehr ähnlicher Ausdrucksmittel in Schlüsselmomenten. Vielleicht hat auch die konzentriertere Klangsubstanz der sächsischen Wunderharfe eine Rolle bei diesen Entscheidungen gespielt. Böse Zungen könnten natürlich auch sagen, dass die Tempi schneller sind, damit die C-Dur-Sinfonie auch noch auf die CD passt.

Ich würde eigentlich ganz gerne endlich mal auf den Text und den Zusammenhang zur Interpretation eingehen. Ich weiss aber nicht, ob das überhaupt noch jemanden interessiert.
Ich verstehe nicht, wieso Franz-J., der ja selbst gesagt hat, dass ihm der Sinn des Textes nicht klar ist, und um ein paar erläuternde Worte gebeten hat, das ganze gleich nochmal als erheiterndes pseudo-philosophisches Brimborium ins lächerliche ziehen musste. Ich dachte, wir sollten laut Moderator provozierende Wortwahl ab jetzt vermeiden?
peet_g
Stammgast
#46 erstellt: 10. Jan 2005, 10:46

M_forever schrieb:
OK, peet.
Meine Frage war durchaus ernst gemeint. Mir war nicht klar, was Du mit echt-romantisch meinst, ehrlich empfunden oder ins stylistische Vokabular der romantischen Musikliteratur passend.

Wenn ich ironisch werde, nutze ich ein Smile. Somit kannst du mir eher unterstellen, ich sei ehrlich und ernst zu nehmen.

Die Zeit der romantischen Interpretation scheint vorbei zu sein, so hat auf mich die von mir beschriebene Interpretation Sinopolis den Eindruck gemacht, der Dirigent ist kein Romantiker, sondern will als ein Romantiker wirken. Wenn man Dutzende der "Unvollendeten" kennt, kann man sich eine solche Behauptung erlauben.


Die Aufnahme, die Du gehört hast, ist offensichtlich die mit der Staatskapelle Dresden (weil P 1993). Der Streitpunkt hier ist aber vor allem die ältere mit dem Philharmonia. Die Dresdener Aufnahme ist deutlich flotter im Grundtempo und etwas schroffer und straffer in der Gestaltung, von den Tempovariationen in Durchführung des ersten Satzes mal abgesehen. Ob das einem Umdenken oder einer Verdichtung Sinopolis Grundauffassung entspringt? Mir erscheint eher letzteres vorzuliegen, aufgrund der ähnlichen Temporelationen in der Durchführung und einiger sehr ähnlicher Ausdrucksmittel in Schlüsselmomenten. Vielleicht hat auch die konzentriertere Klangsubstanz der sächsischen Wunderharfe eine Rolle bei diesen Entscheidungen gespielt. Böse Zungen könnten natürlich auch sagen, dass die Tempi schneller sind, damit die C-Dur-Sinfonie auch noch auf die CD passt.


Die andere Aufnahme kenne ich nicht.



Ich würde eigentlich ganz gerne endlich mal auf den Text und den Zusammenhang zur Interpretation eingehen. Ich weiss aber nicht, ob das überhaupt noch jemanden interessiert.
Ich verstehe nicht, wieso Franz-J., der ja selbst gesagt hat, dass ihm der Sinn des Textes nicht klar ist, und um ein paar erläuternde Worte gebeten hat, das ganze gleich nochmal als erheiterndes pseudo-philosophisches Brimborium ins lächerliche ziehen musste. Ich dachte, wir sollten laut Moderator provozierende Wortwahl ab jetzt vermeiden?


Ich glaube, Franz hat den Sinn des Textes richtig interpretiert. Wenn du damit nicht einverstanden bist, kannst ja argumentieren.

Gruß
M_forever
Hat sich gelöscht
#47 erstellt: 10. Jan 2005, 12:51

Wenn ich ironisch werde, nutze ich ein Smile. Somit kannst du mir eher unterstellen, ich sei ehrlich und ernst zu nehmen.
Die Zeit der romantischen Interpretation scheint vorbei zu sein, so hat auf mich die von mir beschriebene Interpretation Sinopolis den Eindruck gemacht, der Dirigent ist kein Romantiker, sondern will als ein Romantiker wirken. Wenn man Dutzende der "Unvollendeten" kennt, kann man sich eine solche Behauptung erlauben.

Den ersten Satz verstehe ich überhaupt nicht. Das "ehrlich" bezog sich offensichtlich nicht auf Dich, sondern auf den emotionalen Gehalt der Interpretation. Ich habe Dir gar nichts unter-, sondern eine Verständnisfrage gestellt: Was Du mit dem Begriff "echt-romantisch" meinst. Der Begriff romantisch ist mit vielen unterschiedlichen Bedeutungen belegt, die alle zusammenhängen, sich aber durchaus unterscheiden können: allgemein emotional, musikhistorisch, aufführungspraktisch, rezeptionsgeschichtlich usw. Wenn ich das richtig verstanden habe, meinst Du in etwa die letzten beiden Begriffsbereiche. Aus einem spätromantischen Interpretationsansatz herrührend, wie er schlagwortmässig z.B. mit Furtwängler verbunden wird, eine subjektiv-nachvollzogene Art der Interpretation. In diesem Zusammenhang meinst Du also eine in den Ausdrucksmitteln unzeitgemässe, nicht ehrlich empfundene sondern im Stil einer vergangenen Interpretationstradition dramatisch inszenierten Wiedergabe?
Da drängt sich mir eine andere Frage auf: Wenn Sinopoli sich über den emotionalen Subtext der Sinfonie so seine Gedanken macht, und das musikalisch darstellt, ist das albern, wenn Du Dir über das, was in Sinopoli wirklich vorgeht, so Deine Gedanken machst, ist das amtlich?


Ich glaube, Franz hat den Sinn des Textes richtig interpretiert. Wenn du damit nicht einverstanden bist, kannst ja argumentieren.

Würde ich ja gerne. Leider kann ich in Franz-Js Beiträgen keine Argumente finden, auf die ich antworten könnte, sondern nur pauschale Abklatschung des Textes.

Offensichtlich hast Du Dich mit vielen Aufnahmen der Sinfonie beschäftigt. Vielleicht kannst Du uns da noch ein paar Empfehlungen aus Deiner Sicht geben.
Ich selber kenne nicht so viele. Ich muss zugeben, dass ich das Stück viel zu oft gehört und gespielt habe, und es lange Zeit wirklich nicht mehr hören wollte. Die Diskussion hier hat mich erst wieder dazu angeregt.
Neben den beiden Sinopoli-Aufnahmen habe ich noch: Giulini/CSO (DG)
C.Kleiber/WP (DG)
und 2 in Gesamtaufnahmen, die ich bis jetzt noch nicht gehört habe:
Harnoncourt/CGO (Teldec)
Davis/SD (RCA)
Susanna
Hat sich gelöscht
#48 erstellt: 10. Jan 2005, 13:21

peet_g schrieb:
@ Susanna

Bei Kurth ging es um ähnliche Harmonien und um die Rahmenstellung beider Werke, was zusammen ihre Bedeutung noch einmal mehr unterstreicht sowie die logische Entwicklung der Musikgeschichte, wie Kurth sie schildert. Somit hast du dich ganz richtig daran erinnert, nur ein wenig zuviel reingedacht.:-)

Ah, danke! Bitte sage mir noch, wo und was ich zuviel reingedacht habe!
Wenn Du noch den Titel des Buches parat hast, wäre ich Dir für die Mitteilung desselben dankbar.

Gruß,
Susanna


[Beitrag von Susanna am 10. Jan 2005, 13:22 bearbeitet]
peet_g
Stammgast
#49 erstellt: 11. Jan 2005, 00:55
@ Susanna

Das Buch heißt

Romantische Harmonik und ihre Krise in Wagners "Tristan und Isolde", 1920.

Keine leichte Lektüre. :-)

Deine Vermutung über die Verbindung zwischen den Motiven aus der "Unvollendeten" und dem "Tristan" geht zu weit, aber du hast das eigentlich schon paar Beiträge früher eingesehen. Ich beantworte hiermit nur deine Frage und bestätige die Richtigkeit deiner Anspielung auf die Bedeutung beider Werke in der Romantik. Ausserdem würde ich bei Kurth eher die Analyse der Harmonie als die der Motivik mitnehmen...

Gruß

op111
Moderator
#50 erstellt: 11. Jan 2005, 01:48

M_forever schrieb:
Ich würde eigentlich ganz gerne endlich mal auf den Text und den Zusammenhang zur Interpretation eingehen. Ich weiss aber nicht, ob das überhaupt noch jemanden interessiert.

Michael,
aber sicher
und zum Thema Sinopoli / 8. Schubert
zur Erinnerung noch mal kurz und bündig:
1. habe ich keine Klarheit darüber, ob es sich um einen Originaltext von G. Sinopoli oder dessen autor. Übersetzung handelt,
2. auch nach mehrfacher Lektüre kann ich nicht erkennen, was jener ausgesprochen allgemeine Text uns konkret zu Schuberts 8. und deren Struktur/Interpretation erhellendes Sagen möchte.

Zweifelhaft erscheint mir ohnehin, was völlig fachfremde (=außermusikalische) Betrachtungen sinnvolles zur Aufführung des Werks beitragen können.
Wenn das so sein sollte:
Gibt es evtl. auch Festellungen z.B. aus den Bereichen Astronomie, Chemie, Quantenmechanik, Bauwesen, Finanzmathematik etc. die den Durchbruch bei der Deutung des Werks erbringen könnten?

Gruß
Franz


[Beitrag von op111 am 11. Jan 2005, 01:50 bearbeitet]
cr
Inventar
#51 erstellt: 11. Jan 2005, 02:22

Gibt es evtl. auch Festellungen z.B. aus den Bereichen Astronomie, Chemie, Quantenmechanik, Bauwesen, Finanzmathematik etc. die den Durchbruch bei der Deutung des Werks erbringen könnten?


Bei Holsts Planeten mag die Astronomie ev. neue Erkenntnisse zu bringen
peet_g
Stammgast
#52 erstellt: 11. Jan 2005, 11:37
@ Michael

echt-romantisch versus "unecht"

Furtwänglers sowie Mengelbergs Kunst, Gefühle auszudrücken, ist das Resultat einer langen und großartigen Tradition. Das ist keine Improvisation, kein bloßer "Subjektivismus". Mit einfachem Wort rubato wird klargemacht, was gemeint ist, nämlich die Kunst, durch Tempoänderungen die Lebendigkeit der Interpretation an die Spitze zu treiben. Für die romantische Musik - also zwischen Schubert und Mahler auf jeden Fall - ist diese Art der Interpretation ein Muß.

Was tun, wenn die Plattenfirma es nicht duldet, der Kritiker meckert und Orchestermusiker sowieso alles besser wissen?

Jeder Dirigent steht vor diesem Problem. Heutzutage entscheiden sich die Meisten fürs Mitschwimmen mit dem Orchester. Und dem Orchester passt es besser, wenn die Musik routiniert gespielt wird, so daß alles schön zusammen streng nach Noten und am besten im selben Tempo abgeliefert wird.

Sinopolis "Unvollendete" macht auf mich den Eindruck, als würde ein Fremder den Code der ihm unbekannten Kultur entziffern wollen. Ach, hier soll ein rubato sein? Hmm. hier soll also schneller und hier langsamer werden? Hmm. Dann machen wird das, ganz genau, nach Vorschriften. Am besten mit dem Metronom in der Hand. In diesem Takt so, in dem so.

Das gefällt mir nicht. Übergänge bei rubato sollten fliessend sein, das ist bei Sinopoli nicht der Fall. Das wäre mein Argument für meine Behauptung.

Jetzt kurz zu Empfehlungen. Da du schon Giulini und C.Kleiber hast, wären für dich möglicherweise ganz andere Interpetationen interessant. Giulini ist sehr langsam und sehr traurig. Nimm doch Boult, hell und lebensbejahend. C.Kleiber ist stark, kontrastreich, uneinheitlich. Nimm doch Böhm, Solti, Abbado oder Walter - alles in allem einheitlicher, konzeptueller, wenn auch sehr unterschiedlich. Ansonsten würde ich meinen, heute wird dir die eine Interpretation gefallen, morgen vielleicht die ganz andere. Das ist u.a. die Magie dieses Werkes. Das ist auch die Herausforderung für Interpreten...

Gruß


[Beitrag von peet_g am 11. Jan 2005, 20:50 bearbeitet]
op111
Moderator
#53 erstellt: 11. Jan 2005, 19:35

cr schrieb:
Bei Holsts Planeten mag die Astronomie ev. neue Erkenntnisse zu bringen ;)


Hallo cr,
vielleicht ist dies ja das Ergebnis: (Pluto wurde erst nach der Komposition entdeckt)
--
Naxos: 8.555776
HOLST: The Planets
+
COLIN MATTHEWS
Pluto: The Renewer
08. Pluto 6:53

--
Anm.:
http://www.naxos.com...ing&language=English
Nebenbei:
Hat eigentlich niemand Sinopolis furiose Aufnahme von R. Strauss' Salome mit Cheryl Studer u.a. hier erwähnt?

Gruß
Franz
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