Brainwavz R1 - ein räumlicher Triple.Fi 10 im Drogenrausch (mein Review)

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Kopfhörer-Chris
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 28. Mrz 2015, 11:52
Prolog:
Der Brainwavz R1 besitzt zwei dynamische Treiber (6,8 und 9 mm), die ohne Frequenzweiche miteinander verbunden sind. Zu tragen ist der R1 mit dem Kabel über den Ohren, was Kabelgeräusche minimiert und den Halt verbessert. Das Gehäuse ist nicht gänzlich geschlossen (Bassreflexöffnungen) und die Isolation ist dementsprechend nur mäßig. Preislich liegt der R1 zwischen 20 (an Aktionstagen) und 40€ und kann entweder selbst importiert oder bei headsound erworben werden.

Lieferumfang:
Öffnet man die schön gestaltete Verpackung, wird man mit einem für diesem Preisbereich eher unüblich üppigen Lieferumfang überrascht - so befinden sich etliche Aufsätze, ein stabiles und hochwertiges Ausbewahrungsetui, sowie ein Flugzeug- und 6,35 mm Adapter in der Verpackung.

Verarbeitung:
Das Kabel weist zwar an den relevanten Stellen einen guten Knickschutz auf und besitzt einen schönen gewinkelten Stecker, wirkt dafür jedoch eher billig und stellt ein Zwischending aus starr und flexibel dar - ein wenig, wie beim glänzenden Triple.Fi 10 Kabel.
Die eingearbeiteten Drahtbügel wirken stabil und lassen sich gut anpassen - in dieser Disziplin sind sie nicht schlechter, als diejenigen wesentlich teurerer In-Ears.
Das Gehäuse wirkt billig, aber stabil.

Klang:

Tonalität:
Tonal fällt beim R1 der präsente Bass auf, welcher im Tiefbass am stärksten betont ist und ebenfalls den Oberbass etwas betont - hier erinnert der R1 stark an den Ultimate Ears Triple.Fi 10 (nur rein abstimmungsmäßig im Bassbereich, qualitativ sind zwischen beiden In-Ears Welten und der Ultimate Ears Triple.Fi 10 geht hier wesentlich dezenter heran - der R1 betont den Tief- und Oberbass deutlich stärker). Der Oberbass strahlt ein wenig in die Mitten hinein und verleiht Stimmen daher einen warmen Touch.
Der Hochton ist in den mittleren Höhen betont, ohne jedoch irgendwelche nervigen Betonungsspitzen aufzuweisen - dadurch wirkt der Hochton nicht hart oder spitz.

Ja, das Sounding mit dem betonten Tief- und Oberbass, sowie dem betonten Hochton, ließ mich beim Hören sofort an den Triple.Fi 10 denken. Abgesehen davon, dass der UE den Tiefton weitaus weniger betont, gibt es doch Unterschiede im Sounding - so besitzt der T.F 10 kühle und stärker zurückgesetzte Mitten, zudem sind beim UE auch die oberen Höhen betont und schmalbandig angehoben, was sie spitz und metallisch klingen lässt.
Den Grundcharakter des Triple.Fi 10 erkennt man trotzdem recht gut.

Der Tiefton neigt schon etwas zum Dröhnen und ist eher langsam, ich sehe ihn jedoch etwas über dem preislich ähnlich angesiedelten SoundMagic E10.

Auflösung:
Für den Preis geht die Auflösung in Ordnung, ist jedoch nur Mittelmaß. Der SoundMagic E10 und TTPod T1 lösen besser auf.
Im Superhochton fällt der R1 für einen dynamischen In-Ear überraschend früh ab und das letzte Bisschen an Glitzern fehlt.

Räumliche Darstellung:
Wirklich herausstechend beim Brainwavz R1 ist die großartige Räumlichkeit - die Bühnendarstellung ist sehr plastisch und räumlich, Breite und Tiefe werden sehr realistisch und dreidimensional dargestellt.
Hier gefällt mir der R1 besonders gut und übertrifft in dieser Disziplin andere In-Ears mit sehr guter Bühnendarstellung in der reinen Größe - in Sachen exakter Positionierungspräzision ist die (preislich jedoch um ein Vielfaches teurere) Elite besser, die Authentizität jedoch nicht unbedingt.

Der R1 verglichen mit anderen In-Ears:
• Den Sennheiser IE 80 übertrifft der R1 meiner Meinung nach deutlich - zwar kann der Sennheiser mehr Tiefe darstellen, wirkt im Vergleich jedoch ein wenig gekünstelt hallig und Instrumente werden etwas gestreckt dargestellt.
• Mit dem IE 800 ist der R1 in dieser Disziplin einigermaßen on par, wobei der Sennheiser die Bühne anders darstellt und diese breiter aufspannt. Der IE 800 jedoch stellt die Bühne weitaus präziser dar und leerer Raum zwischen Instrumenten wird deutlich besser präsentiert.
• Ebenfalls on par sehe ich den R1 mit dem Etymotic ER-4S. Hier ist die Bühnendarstellung sehr ähnlich, wobei die des R1 luftiger erscheint (was an der nicht ganz geschlossenen Bauweise liegt), die Etymotic-Bühne jedoch ist präziser und auch nur da, wenn die Aufnahme es hergibt.
• Bei mäßigen Aufnahmen übertrifft der R1 auch einen UERM, bei sehr guten Aufnahmen spielt der UE dann jedoch seine äußerst holographische Bühnendarstellungsstärken deutlich aus und lässt den R1 kein Licht sehen.

In Sachen Darstellungspräzision sind die anderen In-Ears dem R1 merklich überlegen, wobei der Abstand zwischen dem R1 und IE 80 im Vergleich zu den anderen am geringsten ausfällt.

Bei wenig räumlichen Aufnahmen klingt der R1 trotzdem noch etwas räumlich. Man kann dies nun auf zwei Weisen betrachten: negativ ausgedrückt lässt der R1 auch Aufnahmen mit mäßig Räumlichkeit räumlich klingen, positiv ausgedrückt kann man jedoch auch sagen, dass der R1 bei mäßig räumlichen Aufnahmen das letzte Bisschen an Räumlichkeit "herauskitzelt".

Fazit:
Von den technischen Fähigkeiten befindet sich der Brainwavz R1 in seinem Preisbereich nur im Mittelmaß, bietet dafür jedoch eine Bühnenpräsentation, die man fast schon als einzigartig bezeichnen könnte. Von der Abstimmung her erinnert der R1 etwas an den (wesentlich zurückhaltenderen) Ultimate Ears Triple.Fi 10.
Obwohl mir persönlich das Sounding dann doch etwas zu extrem ist, obwohl ich mich recht schnell an stärkere Unterschiede im Sounding gewöhnen kann, kann ich mir dennoch vorstellen, dass Besitzer von stärker gesoundeten In-Ears am R1 schnell Gefallen finden könnten. Die Bühnendarstellung jedenfalls gefällt mir sehr gut.
XperiaV
Inventar
#2 erstellt: 28. Mrz 2015, 23:11
Danke für deine Eindrücke.
Hast du den R1 probiert mit einem EQ anzupassen? Ich finde wenn man einen IE testet, bekommt man mit jedem Gerät eine andere Präsentation ... jede Musik App auf einem Smartphone zB hat im EQ OFF Modus eine andere klangliche Ausrichtung (ich habe so einige getestet, auch einige kostenpflichtige), was eine wirkliche Bewertung der Soundqualität schwer macht. Zumindest wäre es interessant zu wissen wie ein IE auf einen sehr guten EQ reagiert - auch da habe ich sehr viele unterschiedliche Erfahrungen einzelner Modelle.


[Beitrag von XperiaV am 28. Mrz 2015, 23:11 bearbeitet]
vanda_man
Inventar
#3 erstellt: 29. Mrz 2015, 03:05
Den R1 hatte ich mal gehabt, super In-Ear mit Schwächen.
Markus (Bad_Robot) hatte mal diesen In-Ear für dessen Tiefbass (quantitativ) sehr gelobt, fürs kleine Budget eine gute Empfehlung.
Ich habe den R1 lange zum Joggen benutzt, aber irgendwann ging mir der metallische Hochton doch auf die Nerven.
Kopfhörer-Chris
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 29. Mrz 2015, 09:55

XperiaV (Beitrag #2) schrieb:
Hast du den R1 probiert mit einem EQ anzupassen?

Yes, no, maybe, I don't know... Das weiß ich nicht mehr so recht, es ist schon ein paar Monate her, dass ich das Review verfasst habe. Es könnte schon sein, dass ich zum besseren Beurteilen der Auflösung den R1 ein wenig gezähmt habe. Beim (nicht stationären, also meist auch nicht ernsten und mit meinen hauptsächlich gehörten Sachen gespeisten) Musik Hören verwende ich den Equalizer eigentlich nie, beim stationären Musik Hören über CD nie (da habe ich nicht mal einen EQ eingespeist) und am PC über die Festplatte nur selten zum Experimentieren.
Ich bin kein EQ-Hasser (mehr) und respektieren und verstehe sogar dessen Nutzen, nehme die Kopfhörer jedoch lieber so, wie sie sind, das ist halt meine Philosophie.


Ich finde wenn man einen IE testet, bekommt man mit jedem Gerät eine andere Präsentation

Wobei da die Unterschiede meiner Meinung eher gering sind, wenn die Lautstärke beider Geräte gleich ist.


... jede Musik App auf einem Smartphone zB hat im EQ OFF Modus eine andere klangliche Ausrichtung (ich habe so einige getestet, auch einige kostenpflichtige), was eine wirkliche Bewertung der Soundqualität schwer macht.

Bei Android kenne ich mich mit der Musikwiedergabe nicht aus und nutze auch keinen Droiden zur Beschallung, kann mir aber nicht wirklich vorstellen, dass es da, vorausgesetzt, alle DSPs und sonstigen auf den Klang Einfluss nehmende Faktoren, sind in der Anwendung deaktiviert und es gibt keine versteckten DSPs oder die Bitrate wird zugunsten des Prozessors deutlich minimiert. Vorstellen kann ich mir hingegen jedoch, dass jede Applikation einen anderen Vorverstärkungsfaktor und/oder eine andere Skalierung bei der Lautstärkeabschwächung verwendet.


[Beitrag von Kopfhörer-Chris am 29. Mrz 2015, 09:56 bearbeitet]
Lord_of_the_Files
Stammgast
#5 erstellt: 29. Mrz 2015, 09:58
Erstmal danke für das Review.

Die Abstimmung des TF-10 ist ja die extrem Badewanne (tief und sehr hoch), dies leistet der R1 so nicht. Der ER-4 als neutrale Referenz offenbart die Anhebungen ja ganz schön.

Gegen einen KEF M200 sieht der R1 in allen klanglichen Bereichen kein Land.

Freud und Leid liegen beim R1 dicht beisammen. Super Preis, Super Ausstattung (Tasche, Adapter und Tips/Comply Foams) und auch einen satten Tiefbass. Andererseits gab es auch einige Fertigungsproblemchen* und auch mMn. etwas Serienstreuung.
Die Kritik am metallischen Hochton kann ich verstehen, aber nicht ganz nachvollziehen. Liegt vielleicht auch an den verwendeten Tips (Form) und am Ohrkanal (Resonanzen), dass es da zu unterschiedlichen Bewertungen kommt.
Oder an meiner altersbedingten Hörminderung.
Ich würde ihn jedenfalls nicht für alle Musikrichtungen nutzen, aber für den Alltag bestimmt ein brauchbares Teil.

Nochmals vielen Dank Stan_Pines, für die vielen interessanten Reviews in letzter Zeit.

*) Ich blieb davon bisher verschont (R1 mit Mic, gibt es inzwischen nicht mehr)
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