Surround im Hörfunk - ein Trauerspiel

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fotoralf
Inventar
#1 erstellt: 24. Mrz 2013, 13:43
Gerade läuft das Sonntagskonzert auf NDR Kultur. Laut Programm sollte das in Surround übertragen werden. Leider wieder Fehlanzeige. Nicht einmal der AC3-Stream ist auf Astra vorhanden.

Und darauf brauchen sie sich beim NDR nicht viel einzubilden, denn die Kollegen beim WDR können das genauso gut. Letztens lief bei einer Live-Übertragung aus der Kölner Philharmonie der erste Teil mit einem völlig verphasten Surround-Signal und die zweite Hälfte nur noch in Stereo.

So etwas passiert leider ständig. Da wird die Möglichkeit, über Astra ein Surround-Signal zu senden, schon so wenig genutzt, und dann geht es auch noch regelmäßig schief, weil in den Schalträumen offenbar gepennt wird. Zu meiner Zeit beim DLF haben wir in die Sendewege zur Kontrolle regelmäßig hereingehört. Das scheint wohl aus der Mode zu sein.
Stefanvde
Inventar
#2 erstellt: 24. Mrz 2013, 14:41
Könnte aber vielleicht auch daran liegen das im Radiobereich Surround von der Mehrheit nicht erwartet wird?

Denke 99% der Hören bemerken so einen Fehler gar nicht.
fotoralf
Inventar
#3 erstellt: 24. Mrz 2013, 15:32
Das ist eine Einstellung, die ich notfalls einem 1-Euro-Jobber durchgehen lasse, nicht aber einem üppig entlohnten Mitarbeiter im öffentlichen Dienst.

Leider ist sie auch dort nur allzu gängig. Das ist einer der Gründe, warum ich seit über 20 Jahren aus diesem Schlendrian raus und wieder selbständig bin.

Ralf


[Beitrag von fotoralf am 24. Mrz 2013, 15:37 bearbeitet]
DB
Inventar
#4 erstellt: 24. Mrz 2013, 23:15
Vielleicht erwrtest Du auch ein wenig viel. Bei den paar Kreuzern Rundfunkgebühr muß man halt Abstriche machen ...

MfG
DB
Stefanvde
Inventar
#5 erstellt: 24. Mrz 2013, 23:32
Naja,soll man jetzt erwarten das die das bei sowas primitivem wie einer Radiosendung fehlerfrei hinbekommen wenn es noch nichtmal bei einer TV-Übertragung richtig klappt teilweise?

Selbst einige 5.1 Spuren auf DVD's sind mittlerweile so übel abgemischt das die Effekte Dich vom Sofa blasen,dafür aber die Sprache kaum noch verständlich leise ist,außer man will das alle Nachbarn mithören.
Radiowaves
Inventar
#6 erstellt: 29. Mrz 2013, 13:45

fotoralf (Beitrag #1) schrieb:
Gerade läuft das Sonntagskonzert auf NDR Kultur. Laut Programm sollte das in Surround übertragen werden. Leider wieder Fehlanzeige. Nicht einmal der AC3-Stream ist auf Astra vorhanden.


NDR Kultur ist meines Wissens nach der einzige formal AC3 anbietende ARD-Kulturkanal, der seine AC3-Spur wegnimmt, wenn keine 5.1-Übertragungen laufen. Die anderen, die AC3 formal anbieten (BR Klassik, WDR 3, SWR 2, hr 2, MDR Figaro) lassen die Spur immer laufen, sie überträgt dann halt Stereo (2.0). Dabei fällt z.B. bei BR Klassik und MDR Figaro auf, daß dort ohne UKW-Soundprocessing gearbeitet wird, während die MP2-Stereospur offenbar (Figaro) bzw. definitiv (BR Klassik) das UKW-Zuführungssignal überträgt. Der BR führt UKW zu einigen kleineren Standorten nämlich gleich über den Hörfunktransponder zu. Also ist MP2 "postfromm" begrenzt, während AC3 nicht bei 16 kHz begrenzt wird und weniger / keine (?) Dynamikkompression und kein Limiting hat. Das kann man auch gut sehen:

BR-Klassik: Dynamikkompression und Limiting auf DVB

Mag sein, daß die Zuschaltung der AC3-Spur beim NDR nicht funktioniert hat. Wie DVB-Empfänger auf "live" neu erscheinende PIDs zu vorhandenen Services zu reagieren haben, weiß ich auch nicht. Würde mich nicht wundern, wenn es auch Kisten gäbe, bei denen man den Service "NDR Kultur" bei momentan laufender AC3-Spur einlesen muß, damit sie erkannt wird.

Bei SWR 2 wurde ich vor 2 Wochen Zeuge einer solchen Mehrkanal-Umschaltung. "Punkt um" mit dem letzten Ton des Zeitzeichens schaltete die immer durchlaufende AC3-Spur von Stereo auf 3F/2R/1LFE und 2 Stunden später schaltete sie zurück auf Stereo. Das scheint über einen Scheduler an die Zeit gekoppelt zu werden und muß ja mit der Konfiguration der Studiotechnik gekoppelt sein. Heutige Pulte lassen sich einfach auf 5.1 umkonfigurieren, man hat dann auf einem Regler den kompletten 5.1-Mix. Gesehen habe ich das im BR bei einem Lawo Zirkon XL, man schaltet um und hat dann auch gleich die 5.1-Pegelanzeige auf dem Aussteueurngs-Monitor (und hinter einem ruckeln mit mechanischem Krächzen zwei Haltearme mit den rear-Geithains langsam von der Studiodecke bis auf Hörposition und wenn man nicht aufpaßt, rammelt man beim Aufspringen und Weglaufen dagegen).

Ein Splitting des TS oder der AC3-Spur an der Stelle der Formatänderung geschieht bei PVR-Aufnahmen nicht. Wiedergabeseitig reagiert der VLC in Echtzeit und schaltet knackfrei auf das neue AC3-Format um. Dabei fiel mir aber auf, daß der VLC im 5.1-Modus den Pegel von Stereoinhalten etwas zurücknimmt, der letzte Ton des Zeitzeichens war etwas leiser. Umgekehr war der letzte Ton des Zeitzeichens 2 Stunden später bei Rückschaltung auf 2.0 wieder etwas lauter. Schau Dir mal den Output von ProjectX an, im Log steht immer drin, mit welchen Zielpegeln die AC3-Spur zu decodieren ist. Genau da gibt es wohl extreme Probleme bei Receivern. Mein Technotrend S845 brüllt mich beim Umschalten auf die AC3-Spuren der ARD immer an und geht auch bei 2.0 offenbar bis zur Vollaussteuerung des D/A-Wandlers (kanns leider nicht am SPDIF überprüfen, da dort dann zwingend AC3-Stream und nicht decodiertes stereo-PCM rauskommt). Ich muß da nur mal Geduld mitbringen und dann Clipping nachweisen. Der AC3-Decoder von LaSAT-Receivern ist hingegen stets leiser als die Stereospur. Es scheitert also offenbar schon an der korrekten anbieterseitigen Signalisierung bzw. der korrekten empfängerseitigen Interpretation. Vom hr weiß ich, daß im Schaltraum die AC3-Spur von hr 2 extra mit einem separaten QBit DAR abgehört wird, dem ein amtlicher AC3-Decode rim 19"-Format nachgeschaltet ist, damit sie das, was da rausgeht, in der Kontrolle haben.


fotoralf (Beitrag #1) schrieb:
Und darauf brauchen sie sich beim NDR nicht viel einzubilden, denn die Kollegen beim WDR können das genauso gut. Letztens lief bei einer Live-Übertragung aus der Kölner Philharmonie der erste Teil mit einem völlig verphasten Surround-Signal und die zweite Hälfte nur noch in Stereo.


Das scheint dann also noch etwas zu sein, bei dem im Livebetrieb die Routine fehlt. Bei Figaro sollte ich mal ein (Stereo)-Feature mitschneiden und wollte die AC3-Spur verwenden, weil die formal bei 448 kBit/s sauberer ist als das MP2. Leider gab es mitten im Feature eine Pegeländerung, und zwar eine dramatische. Nur in der AC3-Spur, nicht in der MP2-Spur... ich bezweifele, daß hier quellenseitig ein AC3 vorlag, da ist beim Echtzeit-Konvertieren im Ausspielen was schiefgegangen. Glücklicherweise wurde das Feature 3 Tage später planmäßig wiederholt, da war auch bei AC3 alles in Ordnung.


fotoralf (Beitrag #1) schrieb:
und dann geht es auch noch regelmäßig schief, weil in den Schalträumen offenbar gepennt wird. Zu meiner Zeit beim DLF haben wir in die Sendewege zur Kontrolle regelmäßig hereingehört. Das scheint wohl aus der Mode zu sein.


Also, wenn ich in einem Schaltraum arbeiten würde, sagen wir mal beim RBB, würde ich auch nicht in die Sendewege reinhören wollen. Soll ich mir diesen rotzigen, zerrenden, pumpenden Mumpfsound auch noch freiwillig anhören?

Btw., der bald in den Ruhestand gehende RBB-Hörfunktechnik-Chef (der vermutlich für die Optimodisierung des DVB-Weges beim RBB 2011 verantwortlich ist und damit dafür gesorgt hat, daß der RBB bei mir komplett aus der Favoritenliste geflogen ist) war letztens in der MDR-Hörfunkzentrale Halle zu einem Vortrag über Aussteuerung im Rundfunk. Alles sinnvoll, was da so gesagt wurde: einzelne Audioelemente von Einzeltiteln im System über Beiträge unterschiedlichster Herkunft bis Mikrofonwege auf R128 beziehen und einpegeln, danach hat man anständige Lautheit und kann Dynamik drinlassen. Nur, warum plättet man dann bei seiner Anstalt alles durch die fiesesten Optimods der ganzen ARD? Hör mal bei Radio Eins rein, klingt wie ein belgischer Pirat (schrieb mal anderswo ein ARD-Techniker). Und Radio Eins war mal absolut sauber.

Ich bin mal im Radiohaus einer ARD-Anstalt in den Schaltraum, weil ich Fragen zum Signalweg / Standort der UKW-Prozessoren hatte. Der dort absitzende und TV-glotzende junge Mann wußte weder mit dem Begriff "UKW-Processing" noch mit "Optimod" was anzufangen und schien auch sonst außer dem TV, dem er da zuschaute, nicht wirklich was bedienen zu können. Kommentar eines bei dieser Anstalt arbeitenden Bekannten: "manchmal erwischt man da wirklich Hausfrauen".

Nur, selbst wenn da ein fähiger und qualitätsbeseelter Mensch säße, wie würde es ihm dort ergehen? Wie, wenn er wüßte, daß eigentlich alles scheißegal ist, weil hinten pflichtgemäß nur pumpender, zerrender Rotz rauskommt? Ich würde sehen, daß ich irgendwo anders einen Job bekomme, wo ich auch zum "Output" stehen kann, auch wenn der vielleicht nichts mit Hörfunk zu tun hat.

Außerdem ist so ein Schaltraum u.U. auch bei einer großen Anstalt nur noch mit einer Person besetzt bzw. nachts gar nicht mehr besetzt. Die Story mit dem Nachtkonzert ist ja wohl bekannt: da hatten sich mal wieder mehrere ARD-Anstalten zusammengeschaltet zu einer Liveübertragung aus einem Konzertsaal am späteren Abend. Das ganze drohte sich nach hinten raus über Mitternacht zu verlängern. Also Rundruf der gebenden Anstalt an die anderen: achtung, wir überziehen. Antwort vom Saarländischen Rundfunk: danke für den Hinweis, aber da ist nix mehr zu machen. Die Übernahme steht im Scheduler, punkt Mitternacht wird auf das ARD-Nachtkonzert umgeschaltet. Der Schaltraum ist verschlossen, da ist jetzt niemand mehr...


Stefanvde (Beitrag #2) schrieb:
Könnte aber vielleicht auch daran liegen das im Radiobereich Surround von der Mehrheit nicht erwartet wird?

Denke 99% der Hören bemerken so einen Fehler gar nicht.


Damit hast Du den heutigen Zeitgeist perfekt wiedergegeben: wird schon nicht auffallen, alles weitere würde mehr Aufwand und höhere Kosten verursachen. So tickt Deutschland! Wer anders tickt, wird auf Arbeit u.U. sogar abgemahnt, weil er als "Kostenverursacher" gilt. Das kenne ich aus eigener Erfahrung, völlig andere Branche (Industrie). Mein Chef wies mich z.B. explizit an, meine Arbeit mit "nur 80% Qualität zu machen, weil die letzten 20% Qualität 80% der Kosten verursachen" würden. Ein anderes mal bekam ich richtig fiesen Ärger, weil ich mich zwischen 2 anliegenden Themen für das produktionsrelevante und gegen das für-den-Chef-imagerelevante entschieden hatte. Damit hatte er mich dann endlich in die innere Kündigung getrieben. Gegangen bin ich aber nicht, weil mich die auch konzerninternen "Kunden" als Ansprechpartner und Anwalt sehr mochten und da soviel Dankbarkeit kam, daß es das wettgemacht hat. Naja, inzwischen sind die alle irgendwo anders, denn "uns" gibt es nicht mehr. Ich war bei der ersten Welle mit dabei, seine Lieblinge hat der Chef noch behalten, einer davon hat ihn dann selbst ausgestochen und ihm, als es richtig zuende ging, noch einen potentiellen Job weggenommen.

Ich liebe solche Gesellschaftsspiele. Um ehrlich zu sein: ich glaube niemandem mehr irgendwelche tollen Aussagen zu Anspruch und Qualität. Niemandem. Genausowenig, wie ich Politikern irgendwas glaube und ihnen schon gar nicht das Entsetzen als glaubwürdig abnehme, wenn man wieder ein Großunternehmen kacken geht und 1500 Hanseln auf der Straße stehen. Das alles hat System, das alles ist gewollt und solange die Mehrheit mitspielt, läuft das so weiter. Die ganze Gesellschaft ist sowenig wert, daß es sich nichtmal lohnt, noch drauf zu spucken. Einfach liegenlassen. Das geht alleie vorüber, wenn genug so handeln. Ich schaue derzeit, von geregelter Arbeit befreit, lieber, daß ich Kontakt zu Menschen bekomme und pflege die an belächelten, aber dringend nötigen Alternativen zu diesen Perversionen arbeiten, dran glauben und dafür alles geben.
Nick11
Inventar
#7 erstellt: 30. Sep 2014, 23:12
Bin hier mit Verspätung reingestolpert und muss sagen, es macht Spaß, den Insidern auf diese Art "zuzuhören".
Also lasst euch zumindest nicht davon abhalten, dass eine Antwort das eine oder andere Jahr auf sich warten lässt....
Suppenelse
Ist häufiger hier
#8 erstellt: 24. Jan 2015, 17:21
Auch ich bin hier, wie mein Vorredner, mit großer Verspätung reingestolpert. Eigentlich finde ich es meist wenig sinnvoll, alte Threads aus der Versenkung zu holen - aber hier IST es sinnvoll, denn das Thema Surround im Radio ist anscheinend, nun ja, etwas unterbelichtet.

Ich kann nur dazu ermutigen, sich bei schlechten Erfahrungen oder technischen Problemen bei den entsprechenden Sendern zu beschweren. Nur so kann sich etwas ändern. Das Problem ist in der Tat, dass sowohl auf redaktioneller wie teils auch auf technischer Seite Surround als Stiefkind betrachtet wird.
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