Tonarm: Unterschied zwischen gerade und gebogen

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Exilzebra
Stammgast
#1 erstellt: 07. Jul 2009, 08:55
Kann mir jemand erklären,was den Unterschied zwischen geraden und gebogenen (S und J Form)ausmacht, außer natürlich die Form , dass weiß ich selber.

Wolfgang
Hörbert
Inventar
#2 erstellt: 07. Jul 2009, 10:29
Hallo!

So knapp, klar und scheinbar einfach deine Frage auch ist, ist sie dennoch nicht leicht zu beantworten ohne gleich einen ganzen Roman zu schreiben. Aber ich will es versuchen.

Eigentlich gibt es -überspitzt formuliert-, nur gebogene Tonarme. Bei den Tonarmen ist die Krümmung in die Headshell verlegtund dort auf einer sehr kurzen Strecke realisiert.

Was aber ist der Vorteil der einen oder anderen Bauform?

Zum ersten ergibt ein gerader Tonarm eine geringfügig besser ausgewogene Masseverteilung die sich bei der gleichförmigerenen Belastung der Tonarmlager auswirkt damit wird die Reibung beider Tonarmlager gleichmäßiger verteilt. In der Praxis hat das aber durch die ohnehin geringe Lagerbelastung eigentlich keinerlei Auzswirkung da bei einem guten Tonarm die Lagerreibung ohnehin fast an der Meßgrenze liegt.

Zum zweiten gibt es beim Abtastvorgang durch die unterschiedliche Masseverteilung bei stark verwellten oder stark exzentrischen Scheiben geringfügige Unterschiede im Abtastverhalten die sich in der Praxis allerdings nur in extremen Fällen auswirken können. -Oder anders ausgedrückt, S-Tonarme neigen etwas früher zum Springen als gerade Tonarme-, allerdings hat das, -wie schon erwähnt-, im Analogen Alltag so gut wie keine Relevanz da normal verwellte Schallplatten von beiden Tonarmvarianten gleich gut abgetastet werden.

S-Tonarme haben aber auch zumindestens einen Vorteil, das sind die genormten Wechsel-Headshells die einen raschen Systemweches erlauben, zudem ist ihre eff. bewegte Masse durch das unterschiedliche Gewicht der verwendbaren Headshells in gewissen Grenzen variabel.

So, ich hoffe einigermaßen verständlich geblieben zu sein. Weiterführende Informationen zu den Unterschieden findest du wohl eher mit einer Suchmaschine als auf einem Forum, aber ewventuell hat ja auch der eine oder andere noch einiges dazu beizutragen.

MFG Günther
Bepone
Inventar
#3 erstellt: 07. Jul 2009, 17:44
Hallo,

@Günther:

Zum ersten ergibt ein gerader Tonarm eine geringfügig besser ausgewogene Masseverteilung die sich bei der gleichförmigerenen Belastung der Tonarmlager auswirkt damit wird die Reibung beider Tonarmlager gleichmäßiger verteilt.

Ich dachte, diesen Vorteil könnte gerade der S-Tonarm für sich verbuchen?


Gruß
Benjamin
Hörbert
Inventar
#4 erstellt: 07. Jul 2009, 17:56
Hallo!

@Bepone

Nein leider nicht, um die unterschiedliche Belastung auszugleichen gab es bei den ganz alten S-Tonarmen sogar noch ein Ausgleichgewicht das aber später wegfiel da es eigentlich nur bei den früher gebräuchlichen Messerlagern überhaupt eine Wirkung erzielte.

Diese Reibungsgeschichte ist ohnehin mehr oder weniger akademisch in der Praxis ist bei guten Lagern Lagerreibung gerade so eben meßbar, Micro-Seiki hat seinerzeit z.B. bei seinem Ur-MA-505 (Recht schwerer S-Tonarm mit dynamisch geregelter Aufnahmekraftverstellung) sogar mit nicht mehr meßbarer Lagerreibung geworben.

MFG Günther
Exilzebra
Stammgast
#5 erstellt: 08. Jul 2009, 09:14
Danke, das ist zumindest ne Antwort, die mir erstmal hilft.

Wolfgang
schlotter
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 10. Jul 2009, 15:50

Exilzebra schrieb:
Kann mir jemand erklären,was den Unterschied zwischen geraden und gebogenen (S und J Form)ausmacht, außer natürlich die Form , dass weiß ich selber.

Wolfgang

@ Wolfgang

Bei der Geometrie eines Plattenspielers gibt es 3 wichtige geometrische Parameter:
Der Abstand des Tonarmlagers zum Tellerlager, der Abstand der Nadelspitze zum Tonarmlager, und der Winkel des Systems zur Schallplatte. (wichtig ist natürlich auch die Höhe des Systems zur Plattenoberfläche, was aber Deine konkrete Fragestellung nicht berührt).

Welche Form der Tonarm zwischen seinem Lagerdrehpunkt und der Nadelspitze hat, ist dabei erst mal unerheblich, er kann meinetwegen wie ein Brezel gebogen sein, solange dafür gesorgt ist, dass das System am geometrisch richtigen Ort sitzt.
Da aber grundsätzlich die gerade Linie zwischen zwei Punkten das Ideal darstellt, was Festigkeit und Gewichtseinsparung betrifft, ist der gerade Tonarm auch die idealste Tonarmform.

Lediglich diese Sytembefestigungen mit Überwurfmutter erforderten eine Abwinklung des Tonarmrohres. Die meisten Studioplattenspieler hatten einfach abgebogene Rohre ummittelbar hinter dem Sytemträger (Braun z.B. hatte das auch bei einigen Konsumergeräten).
Dadurch bekam das Rohr aber ein Übergewicht bzw. Drehmoment (natürlich im Grammbereich) das bei einigen Geräten mittels eines Gegengewichtes in Nähe des Tonarmlagers ausgeglichen wurde, weil man meinte, eine ungleiche Belastung der Lager wäre „schädlich“.
Bei doppelt gebogenen („S-förmigen“) Rohren, wie bei sehr vielen japanischen Konsumergeräten zu sehen, war dieses Gegengewicht überflüssig, weil die S-Form des Rohres für einen Ausgleich sorgte (wenn es denn richtig konstruiert wurde).

Jedenfalls war wie gesagt die Überwurfmutterbefestigung der einzige Grund für Tonarmabbiegungen oder „Kröpfungen“. Wobei die Überwurfmutter lediglich im Studio Sinn macht, in dem das System schell wechselbar sein muss. Im Privatbereich ist selten solche Eile erforderlich.
Irgendwie haben es die japanischen Hersteller wie so oft geschafft, marketingmäßig auch in den S-Tonarm mehr hineinzudichten als die Sache faktisch hergab, verliehen ihm so einen Studio-Image (ähnlich wie bei den Chinch-Steckern vs. DIN-Steckern).
Und somit dichteten und dichten so manche HiFi-Freunde aber auch Experten (Fachzeitungsredakteure) in den S-Tonarm allerlei Gründe, Rechtfertigungen oder gar Ideologien und Philosophien hinein, die jedoch aus technischer Sicht völlig haltlos, abwegig und dem Voodoozauber zuzuordnen sind.
S-Tonarme galten als chick und so „technisch“ wirkend, und selbst Dual kam bei einem kleineren in Anlagen von Fremdherstellen eingebauten OEM-Modellen mal auf die Schnapsidee, einen S-Tonarm zu kreieren, nur um den Kundengeschmack zu bedienen.

Kurzum, gebogene Tonarme jeglicher Form stellen das technisch denkbar schlechteste Prinzip dar. Der gerade Tonarm ist vorzuziehen. Leichte auf die Lager wirkende Drehmomente sind absolut vernachlässigbar, bzw. können asymetrische Formgebung des Sytemträgers oder Anordnung der Lager für eine Ausgleich sorgen.


[Beitrag von schlotter am 10. Jul 2009, 16:01 bearbeitet]
Passat
Inventar
#7 erstellt: 10. Jul 2009, 20:42

schlotter schrieb:
S-Tonarme galten als chick und so „technisch“ wirkend, und selbst Dual kam bei einem kleineren in Anlagen von Fremdherstellen eingebauten OEM-Modellen mal auf die Schnapsidee, einen S-Tonarm zu kreieren, nur um den Kundengeschmack zu bedienen.


Den S-Tonarm hat nicht Dual zu verantworten, sondern die OEM-Kunden. Die wollten von Dual ein Gerät mit S-Tonarm, also hat Dual diesen Kundenwunsch befriedigt.
Im eigenen Programm hatte Dual jedoch nie Modelle mit S-Tonarm.

Grüsse
Roman
schlotter
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 10. Jul 2009, 21:06

Passat schrieb:

Den S-Tonarm hat nicht Dual zu verantworten, sondern die OEM-Kunden. Die wollten von Dual ein Gerät mit S-Tonarm, also hat Dual diesen Kundenwunsch befriedigt.
Im eigenen Programm hatte Dual jedoch nie Modelle mit S-Tonarm.

Grüsse
Roman


gerade weil Dual in der Tat immer dem geraden Tonarm, also dem Ideal treu blieb, nannte ich es ja eine Schnapsidee einen krummen zu kreieren. Auch wenn der OEM-Auftraggeber nen krummen wünschte, hätte Dual das doch ablehnen können. Aber offenbar war in dem Moment der einträgliche Auftrag wichtiger und die Gefahr, Ansehen und (technische) Glaugwürdigkeit aufs Spiel zu setzen, wurde nicht gesehen.
Passat
Inventar
#9 erstellt: 10. Jul 2009, 21:24
Ja, der Auftrag war wichtiger, denn Dual hatte zu der Zeit jeden Auftrag ganz dringend nötig.
Viele OEMs, u.A. Grundig sind nämlich in der Zeit zu anderen OEMs gewechselt. Grundig z.B. zu Philips (PS 2000 und 3000) und Technics (PS 2500, 3500 und 4500). Und das Geschäft hat Dual gefehlt.
3 Jahre später waren Dual nämlich pleite und hatte vorher schon ums Überleben gekämpft.

Grüsse
Roman


[Beitrag von Passat am 10. Jul 2009, 21:27 bearbeitet]
Burkie
Inventar
#10 erstellt: 11. Jul 2009, 01:37
Nun ja,

auch zu hause ist es ja nicht verkehrt, wenn man seine 2 bis 3 Systeme in justierten Shells hat, und diese unkompliziert mittels Überwurfmutter am Arm wechseln kann. Ohne jedesmals großartig umjustieren zu müssen.

MfG
Passat
Inventar
#11 erstellt: 11. Jul 2009, 09:41

Burkie schrieb:
Nun ja,

auch zu hause ist es ja nicht verkehrt, wenn man seine 2 bis 3 Systeme in justierten Shells hat, und diese unkompliziert mittels Überwurfmutter am Arm wechseln kann. Ohne jedesmals großartig umjustieren zu müssen.

MfG


Dazu müssen die Systeme aber bzgl. Auflagekraft und Eigengewicht gleiche Werte haben. Sonst muß man da wieder justieren.

Grüsse
Roman
Hörbert
Inventar
#12 erstellt: 11. Jul 2009, 09:57
Hallo!

Na ja, mit vorjustierten Systemen spart man sich eine Menge Zeit falls man ganz einfach eine Tabelle mit Antiskatingeinstellungen der Systeme führt und zudem über eine Tonarmwaage verfügt.

Umstecken, ausbalancieren, Antiskating- und Auflagegewichtseinstellung nebst VTA-Einstellung dauert allenfalls zwei-drei Minuten bei einem entsprechendem S-Tonarm.

Praktische Nachteile sind im Alltagsbetrieb von einem J- b.z.w. S-Tonarm keine zu erwarten und wenn man die Tonarme gebraucht erwirbt bekommt man jede gewünschte Qualitätsklasse, das einzige daß mir noch nie über den Weg gelaufen ist ist ein S-Förmiger Uni-Pivot Tonarm. Aber selbst das würde mich nicht wundern.

MFG Günther
Burkie
Inventar
#13 erstellt: 11. Jul 2009, 12:58
Hallo,

ich bin da leider vom Technics-Tonarm ausgegangen. ;-)
Jedenfalls ist bei diesem Arm die Einstellung der Auflagekraft und Antiskating nach Skala auf dem Tonarm so gut wie mit einer Waage.
Somit geht auch ein Wechsel sehr schnell: Headshell mit System dranschrauben, Antiskating auf Null, ausballancieren, Auflagekraft nach Skala einstellen, Anstiskating auf denselben Wert, fertig!

MfG
Hörbert
Inventar
#14 erstellt: 11. Jul 2009, 15:59
Hallo!

@Burkie

Nun,nicht alle Tonarme, -auch nicht alle S-Tonarme-, haben eiune statische Auflagekraftverstellung über das Kontergewicht. Es gibt auch bei S-Tonarme dynamisch ausbalancierte Modelle, das aktuellste ist -glaube ich-, einer der beiden neuen Tonarme von Ortofon.

Ansonsten hast du recht, es geht ziemlich schnell und Problemlos.

MFG Günther
killnoizer
Inventar
#15 erstellt: 11. Jul 2009, 18:02
. . . vielleicht haben die klugen schwarzwälder von Dual aber auch bemerkt das es völlig unerheblich ist ob der Arm grade oder S - förmig ist . Natürlich ist der grade Arm ein Dual Erkennungszeichen , die S - Modelle tragen ein A hinter der Nummernbezeichnung .

Für meinen Teil finde ich die Dual S-Tonarme übrigens sehr schick ! Auch wenn sie gerne etwas länger sein dürften ...

Und viele SONY Plattenspieler aus den Jahren 1977 - 1980 haben eine deutliche J - Form ,( PU - A7 Tonarm ) , und damit vereinen sie dann ja wohl alle Vorteile in einer Variante , lediglich ultraleicht sind sie nicht ...

zum Glück !

Aber die Sache mit dem Kontergewicht ( Lateralgewicht ist glaub' ich die richtige Bezeichnung ? ) ist wirklich lustig , den bei der Verwendung von Kugellagern ist das wirklich nur Show und vollkommen überflüssig .

Gerrit
Bendias
Stammgast
#16 erstellt: 11. Jul 2009, 18:48

schlotter schrieb:

Lediglich diese Sytembefestigungen mit Überwurfmutter erforderten eine Abwinklung des Tonarmrohres.


Nicht zwangsläufig:


... und Lenco ist ja sehr vielseitig eingesetzt worden.
Suche:
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