Was ist Balanceregelung?

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richi44
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 12. Feb 2007, 11:57

mahlzeit und hallo.
könnte mir jemand einen Schaltplan bzw. eine beschreibung geben mit der ich einen Balance-Regler für meine stereoanlage bauen kann??? Das heist also das ich auf die linke box und auf die rechte box mehr bzw. weniger lautstärke geben kann.
mfg


Diese Anfrage hat mich mal zur Überlegung angeregt, was eine Balanceregelung eigentlich ist oder sein soll.
Üblicherweise wird bei einem Stereoverstärker die Lautstärke der Kanäle gegeneinander verstellt und damit die Balance zwischen den Lautsprecher-Lautstärken ausgeglichen. Dazu werden verschiedene Verfahren angewendet:
1) Die Lautstärke eines Kanals wird bis Null reduziert, der andere bleibt unverändert.
2) Die Ausgangsspannung des einen Kanals wird verdoppelt, die andere halbiert.
3) Die Leistung des einen Kanals wird verdoppelt, die andere auf Null gesetzt.
4) Die Kanaltrennung wird verändert.
5) Die Kanaltrennung und die Leistung wird verändert.
6) Jeder Kanal wird individuell getrimmt (AV-Receiver).

Schauen wir uns mal Fall 1 bis 3 an. In allen Fällen werden die Lautstärken der Kanäle verändert, die Kanaltrennung bleibt gleich.
Bei 1 können wir uns die Auswirkung etwa wie folgt vorstellen: Wir haben zwei Sänger, einer links, einer rechts. Mit dem Balanceregler bringe ich den einen zum Schweigen. Folge: Es wird leiser.
Bei 2 bekommen wir in dem Kanal, den wir lauter machen quasi 4 Sänger, weil doppelte Spannung auch doppelten Strom bedeutet und damit die Leistung sich vervierfacht. Im anderen Kanal haben wir noch 1/4 Leistung. Damit verändert sich die Totalleistung von 2 auf 4 1/4.
Bei 3 bleibt die Totalleistung gleich und somit ändert sich an der Abhörlautstärke nicht. Das könnte also der Idealfall sein.

ABER

Nehmen wir nun an, der linke Säger hat die erste Stimme, der Rechte die zweite Stimme. Stimmt jetzt der Klang, wenn wir zwar die erste Stimme lauter machen, aber die zweite ausblenden? Es ist zwar gleich laut, aber das wars.
Oder müssten wir irgend etwas aus der Reihe 4 bis 6 wählen?
Denkbar wäre, mit dem Balanceregler ab Mittelstellung jeweils einen Kanal zu beeinflussen, indem das linke Signal langsam von links nach rechts verlagert wird, bis es ganz rechts liegt bezw. das rechte nach links verlagert in der anderen Drehhälfte.
Der grundlegende Vorteil wäre, dass die Zweistimmigkeit auf jeden Fall noch erhalten bleibt, sogar im jeweiligen Extremfall = Poti-Anschlag.

Wenn wir das mit der Lautstärke betrachten, müssten wir eigentlich Fall 5) als ideal ansehen, weil wir damit die Totalleistung und damit die Total-Lautstärke gleich halten können.
Die Frage ist nun, soll ein Balanceregler solche Extremstellungen zulassen, dass also die Wiedergabe nur über einen Lautsprecher erfolgt und ist es dann wichtig, dass die Zweistimmigkeit erhalten bleibt?
Oder kann man auf die Zweistimmigkeit verzichten?
Oder schränkt man die Extreme etwas ein, bleibt aber bei der Zweistimmigkeit?
Oder macht man die Extremeinschränkung noch stärker, dass also der Pegel um maximum 6dB abgesenkt werden kann und verzichtet dann auf die Kanaltrennungsreduktion?
Und wie ist das bei der Zweistimmigkeit mit der Monobildung und der entstehenden Pegelüberhöhung der mittigen Instrumente?

Mich würden einfach mal die verschiedenen Meinungen interessieren, damit wir einem Fragesteller wie hier am Anfang des Threads die richtige Antwort und die technische Umsetzung dieses "Problemchens" liefern können.
Genau
Stammgast
#2 erstellt: 13. Feb 2007, 03:59
Hallo

Sehr interessante Überlegungen.
Ich habe auch sehr viel nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, daß es nicht eine allgemeine Lösung gibt. Das liegt daran, das die von dir aufgeführten sechs Varianten verschidene Leistungsmerkmale haben, die unter bestimmten Bedingungen gegensätzlich wirken.

Schwierig zu erklären, ich versuche es anhand von Beispielen:

Die Balanceregelung ist ja dazu gedacht, den Pegelunterschied zweier nicht gleichweit vom Hörplatz entfernt stehender Boxen auszugleichen. Das funktioniert aber nur in einem recht engen Rahmen gut, da bei starken Entfernungsunterschieden die Phasenverschiebung auf den Höreindruck Einfluß hat, der durch einfache Pegelanpassung nicht aufgehoben werden kann. => Der Stereoeindruck geht verlohren.

Für diesen Fall reicht Variante 3) mit starker Extrembeschränkung, durch diese hätte man auch den Vorteil einer recht feinen Regelmöglichkeit.


Was passiert jetzt aber wenn ich bewusst einen Kanal abschalten will. Das kann ich so mit den Varianten 1), 2), 3) und 6). Will ich jetzt aber alles auf nur einer Box hören und habe oben genannte Varianten, dann kann ich immernoch die "Mono-Taste" drücken. Das ist natürlich ein Knopfdruck mehr als bei Variante 5), aber ich habe höhere Variabilität. Mit Variante 4) z.B. geht dieses Szenario gar nicht.


Kommen wir zu einem ganz anderen Punkt: Dem Schaltungsaufwand.

Variante 6) ist wohl das einfachste, für 1) braucht man schon ein Poti mit Mittelanzapfung und 2) ginge mit einem Stereopoti, dessen eine Schleifbahn logarithmisch ist, während die andere negativ logarithmisch ist. Gibt es soetwas überhaupt. Für die anderen Varianten würde ich jetzt mehr Schaltungsaufwand einschätzen, besonders für Variante 7) (von mir hier eingeführt, die Laufzeitkorrektur).


Mich würden einfach mal die verschiedenen Meinungen interessieren, damit wir einem Fragesteller wie hier am Anfang des Threads die richtige Antwort und die technische Umsetzung dieses "Problemchens" liefern können.


Wie schon gesagt, so einfach ist es mMn nicht. Man müsste einen Fragesteller erstmal mit Gegenfragen löchern, was die Balance leisten soll und wie viel Schaltungsaufwand er betreiben möchte, um dann die beste Lösung zu finden.
cr
Inventar
#3 erstellt: 13. Feb 2007, 04:19
Um eine unterschiedliche Entfernung von den LS auszugleichen, müßte eigentlich eine relativ geringe Änderung der Leistungen in den beiden Kanälen genügen. Würde eine Differenz von 6dB ausreichen (zB -3, +3 dB)?

Alles darüber hinausgehende erscheint mir wenig sinnvoll.
Interessant auch die Frage, ob die zumindest früher tw. üblichen Lautstärkeregler sinnvoll sind, wo die beiden koaxial angeordneten Regler gegeneinander verdreht werden können und mit diesem Versatz dann die Lautstärke geregelt wird (hier müßte sich ja die Kanalabschwächung in Anhängigkeit von der Lautstärke ändern, was wohl lästig ist).
richi44
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 13. Feb 2007, 11:07
Ich gebe zu, ich will damit eine Diskussion starten. Die Sache ist nämlich wirklich nicht ganz "logisch" und daher sind verschiedene Ansichten immer interessant.
Doch erst mal zur Praxis:
An einem Studiotonpult gibt es Stereo-Eingänge, die hauptsächlich für Zuspielung fertiger Beiträge dienen, daneben gibt es Mono-Eingänge, die üblicherweise als Mik-Eingänge genutzt werden.
Wenn ich eine Band aufzeichnen will, so bekommt (heut fast Standard) jedes Instrument sein Mik. Mit dem Panpot setze ich das Instrument nun lautstärkemässig an einen Platz zwischen den Lautsprechern. Das kann von ganz links bis ganz rechts reichen. Also brauche ich da einen Regler, der den vollen Bereich zulässt. Und weil es sich ja eh um ein Monosignal handelt, gibt es da nichts von Kanaltrennung. Es müsste also etwas im Stile 1 bis 3 sein.
Und da ich ja möglicherweise die Instrumente lautstärkemässig schon optimiert hab, nur halt jetzt das Eine etwas auf der Basis verschieben möchte, kommt NUR Variante 3 in Frage. So sind Mischpulte bei Mono-Eingängen aufgebaut. Und zur technischen Frage: Es werden Pot verwendet mit einer pos.log.Kurve und einer neg.log.Kurve.
Es lässt sich aber auch mit einem normalen, linearen Pot erreichen, wenn man jeweils den Bereich Eingang zu Schleifer mit einem Widerstand so überbrückt, dass die Dämpfung bei Mittelstellung jeweils 3dB beträgt.

Bei Stereokanälen geht man wie gesagt davon aus, dass es sich um einen fertigen Beitrag handelt, der nur leicht auf der "Bühne" verschoben werden muss. Daher werden da Dämpfungen von höchstens 10dB verwendet (die entsprechende Anhebung müsste berechnet werden, liegt aber sicher unter 3dB). Das wäre auch etwas, das bei einer Stereo-Anlage Sinn machen würde, wenn es rein um die Lautstärke-Anpassung ginge.

Der Doppelknopf hat darin seine Tücken, als ein logaritmisches Pot nicht wirklich logaritmisch ist, sondern einfach mal krumm.
Wäre es logaritmisch, gäbe es keine Endstellungen oder zumindest keine bei Pegel Null. Man könnte ja sagen pro 2 Winkelgrad Drehung, wird die Dämpfung um 1 dB verändert. Wenn dem so wäre, könnten wir einen Winkel-Versatz von 6 Grad bei den beiden Knöpfen einstellen und wir hätten dauernd eine Pegeldifferenz von 3dB. Tatsächlich haben wir aber am Maximal-Lautstärke-Ende bei 6 Grad kaum eine Differenz, bei Pegel Null ist der eine Kanal ruhig, der andere singt noch laut vernehmlich. Das ist also nicht das Gelbe vom Ei.

Das mit -10dB / +2,7875dB (habs extra ausgerechnet!!) wäre da schon sinnvoller. Dies, solange es wirklich nur um den Lautstärkeunterschied geht. Denkbar wären auch Pegel von -3dB / +1,761dB oder -6dB / +2,43dB. Das alles ist mit teilüberbrückten, linearen Potis mit entsprechenden Vorwiderständen machbar.
Sobald aber so ein Balanceregler wieder eine Funktion im Sinne eines Panpot übernehmen muss, wird die Sache komplizierter. Ich stelle mir folgende Situation im Studio vor:
Musikantenstadel. Rechts steht eine Musikkapelle am Saaleingang. Diese fängt an zu spielen und marschiert ein. Die Kapelle ist natürlich Playback, wie bei dieser Sendung üblich. Also Stereo, aber ganz rechts. Damit nun nicht die Hälfte der Instrumente fehlt, muss ich in jener Position alles, was links wäre, voll nach rechts verschieben.
Sobald die Musik ins Bild kommt, kann ich damit beginnen, die Kanaltrennung wieder zu vergrössern bis die Musik in der Mitte ist. Dann habe ich normal Stereo. Marschiert sie weiter und geht links ab, muss ich nach und nach alles vom rechten Kanal nach links verfrachten.

Zugegeben, wenn man mit einem Mischpult vor so einer Aufgabe steht, wird halt das Stereosignal als 2x Mono bearbeitet und damit kann jeder Kanal separat "gepant" werden.

Jetzt bin ich neugierig, ob noch Wünsche oder Ideen kommen...
KSTR
Inventar
#5 erstellt: 14. Feb 2007, 00:30
Hallo richi,

Für die gehobene Enduser-Anwendung "Balance" fände ich eine Auslegung sinnvoll, bei der nur ein Kanal um +-3dB einstellbar ist (oder beide gegenläufig um +-1.5dB).
Zweck: Nach dem Einphasen des Sweetspots (per Mono-Rauschen) muss man ja u.U. noch die exakte Phantom-Mittenlokalisation etwas korrigieren, pegelmäßig, weil Quellgerät, Verstärker und LS ja nicht unbedingt perfekten Pegelgleichlauf haben. Im laufenden Betrieb ebenso, je nach Quellmaterial (und Gleichlauf des Lautstärke-Stellers). Genaugenommen müsste man sowas weniger "Balance", sondern besser "L-R-Trimmung" oder so nennen. Eine Änderung in der Leistungs- bzw. Spannungssumme halte ich für unkritisch, auch schon weil sie stark programmabhängig ist. In einem Tonpult oder einer DAW-Software sieht das natürlich anders aus, bei den Software-Pulten kann man zumeist aus einer Anzahl von Varianten für den Pan/Pegel-Mechanismus und deren Kennlinien wählen, nach Bedarf.

Auch sinnvoll für Sonderzwecke wäre evtl. ein Routing-Schalter:
L --> L und R
R --> L und R
L+R(Mono) --> L und R
R/L --> L/R

Sowie L und R nach dem Routing oder ganz hinten einzeln abschaltbar. Das kann man mit den oft vorhanden und einzeln schaltbaren A/B-Ausgängen für die LS natürlich ebenso einfach machen.

Für eine Vollbereichsauslegung der Balance habe ich eigentlich keine Anwendung.


Lustig wird's bei Surround, da wären dann mehrere Trimmungen nötig (oder ein feinfühliger Kreuzknüppel).

Grüße, Klaus
richi44
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 14. Feb 2007, 12:05
Hallo Klaus,
Du hast da wieder etwas ins Spiel gebracht, das auch mehr als nur einer Betrachtung wert ist. Surround.
Bevor ich aber darauf eingehe, noch ein paar Gedanken zu Stereo allgemein.

Heutige Stereoaufnahmen sind im XY-Verfahren aufgenommen, also quasi mono, aber mit unterschiedlichem Pegel. Und so werden sie auch wiedergegeben. Darum funktioniert ein Balanceregler auch, weil er auf das einzige Ortungsmerkmal, den Pegelunterschied, einfluss nimmt.
Daneben gibt es aber andere Verfahren, etwa AB (mit grossem Mik-Abstand) oder ohrbezogene Stereofonie (ORTF, Kunstkopf, OSS), bei welcher neben der Lautstärke auch die Klangfarbe oder zumindest die Laufzeit eine Rolle spielt.
Dazu habe ich vor 20 Jahre ein Experiment gemacht: Musik, einmal mit einer festen Verzögerung, im anderen Kanal das Gleiche mit variabler Verzögerung. Je nach Delay war eine Kanalzuordnung, also Ortung möglich, wobei das kürzere Delay die Richtung vorgab. Diese Richtung wurde auch beibehalten, wenn das verspätete Signal um einiges lauter war. Ich weiss, dieser Umstand ist bekannt, aber wie es halt bei mir so ist, ohne Selbstversuch glaub ich nichts

Es dürfte klar sein, dass wir bei einer solchen Aufnahme, die vorwiegend mit der Laufzeit arbeitet, mit einer Balance von 3 dB nichts ausrichten können.

Und hier gleich ein weiteres Experiment (solche Geräte wurden von Luxor, Schweden vor über 30 Jahren verkauft):
Umsetzung von XY-Stereofonie auf MS-Stereo. Das bedeutet, dass wir einen Kanal mit L+R haben, also Mono, und einen mit L-R, also das Differenz- oder Seitensignal. Diese Technik wird bisweilen auch bei der Aufzeichnung verwendet, indem ein Mikrofon das mittige Geschehen aufnimmt, ein zweites mit Acht-Charakteristik nur das Seitensignal. So wie sich XY in MS umrechnen lässt, ist das auch mit MS zu XY möglich.

Was nun Luxor angeboten hat, war ein Gerät mit einem grossen Center-Lautsprecher und zwei kleinen Satelliten, die untereinander gegenphasig betrieben wurden. Somit hatte man den Center mit L+R, den linken Satelliten mit L-R und den rechten Satelliten mit -(L-R), also R-L. Die Umwandlung in Stereo geschieht dabei rein akustisch.

Der grosse Vorteil war, dass mittige Instrumente und Sänger auch wirklich mittig wahrgenommen wurden, es gab ja nicht nur eine Phantommitte. Die beiden zusätzlichen Lautsprecher gaben den seitlich stehenden Instrumenten eine Richtung, nur war die Ortung nicht mehr besonders scharf.
Wir hatten da also genau das Gegenteil von dem, was wir heute haben, nämlich eine gute Ortung in den Extremen und eine schlechte in der Mitte. Bei dieser Anordnung war eine Balance nicht möglich, aber auch nicht nötig, denn der Sänger, den wir auf der Mitte der Bühne erwarten, war auch wirklich dort zu finden, denn er als Monosignal lieferte seine Stimme nicht an die Satelliten.

Und damit wäre ich bei Surround.
Wenn wir nämlich nicht mit zwei Kanälen einen virtuellen Raum abbilden oder das abzubilden versuchen, was unsere Ohren aufnehmen (was ja keinesfalls XY entspricht), so haben wir quasi das Abbild unseres "Gehirns" (Im-Kopf-Lokalisation) und nicht den Raum oder die Musiker.
Wenn wir hingegen den Raum mit einer Vielzahl von Einzelkanälen darstellen, so haben wir einmal die Musiker (zwar an die Wand gedrückt) und andererseits den Schall, der an den Wänden des Raums festzustellen ist (in der Praxis natürlich durch ein Mehrkanal-Einpunktmik aufgenommen, wegen Phasendrehungen durch Laufzeiten, die eine Codierung auf Dolby Prologic nicht zulässt). Da sind bei der Wiedergabe zwar auch Phantomquellen beteiligt, aber diese sind im Vergleich zu den 5 echten Kanälen von untergeordneter Bedeutung.
In so einem Fall haben wir eigentlich Verhältnisse wie beim Luxor MS. Die wichtigen Punkte bleiben am Ort, weitgehend unabhängig von deren Pegel und Hörabstand.
In so einem Fall gibt es (wie bei Surround üblich) den einmaligen Pegelausgleich und je nach Sitzposition auch einen Laufzeitausgleich (ist auf jeden Fall vorgesehen), aber keine weitere Balance. Wenn man seitlich sitzt, sieht man den Bildschirm auch seitlich, folglich ist es richtig, dass man das akustische Geschehen vom Lautsprecher beim Bildschirm ortet. Und weil es die Phantommitte nicht gibt, braucht es auch keinen Ausgleich zu den Hauptlautsprechern.

Bei der Erstellung einer Surround-Aufnahme wird das Mono-Tonsignal eines Instrumentes per Stick an den gewünschten Platz verschoben. Dabei wird üblicherweise nicht nur eine Pegelanpassung vorgenommen, sondern, weil unser Raum ja jetzt auch eine Tiefe hat, was bekanntlich bei Stereo behauptet wird, aber nicht stimmt, wird mit dem weiter weg rücken des Instrumentes auch der Hall und die Klangfarbe angepasst. Dies sind dann aber wieder gestalterische Mittel, die bei der Aufnahme nötig sind, bei der Wiedergabe aber genau so wichtig wie der Klang einer Kirche, in welcher die Nachrichten verlesen werden (Akusik-Modes)

Zum ganzen Kapitel Kanalzuordnung bei Stereo landen wir da, wo Revox mit den ersten Röhrenverstärkern gestartet ist. Damals hat man entweder Stereo vom Band gespielt oder 2 unabhängige Mono-Spuren. Da war üblicherweise die Möglichkeit gegeben, entweder den einen, den andern oder beide Kanäle abzuspielen, was mit Schaltern oder einem Panpot gewählt wurde, und es konnte zusätzlich zwischen Mono und Stereo gewählt werden.
Da man heute aber Mono nicht mehr anwendet und es auch kaum noch vorkommt, dass jemand mit seinem Spulen-Tonbandgerät Mono abspielt, ist diese ganze Funktion in der Versenkung verschwunden.
KSTR
Inventar
#7 erstellt: 14. Feb 2007, 18:27
Hallo Richi,

M.E. würfelst du da ein paar Sachen durcheinander.

Bei den Stereohauptmikrofon-Aufnahmeverfahren für LS-Wiedergabe gibt es drei wesentliche Klassen:
  1. X/Y -- auch beliebig ummatriziert, z.B. M/S --> Koinzidenz, nur Pegeldifferenz (aber u.U. inclusive Signalinvertierungen). Sinnvolle Richtcharakteristiken: Alles oberhalb ab der Niere, damit auch eine Pegeldifferenz zustande kommt.
  2. A/B --> nur Laufzeitdifferenz. Alle Charakteristiken sinnvoll anwendbar.
  3. diverse Äquivalenzstereoverfahren (ORTF, NOS, RAI, EBS, DIN, und beliebig viele andere Kombination aus Basis, Achswinkel und Charakteristik) --> Pegeldifferenz und passende(!) Laufzeitdifferenz. Hier wieder nur oberhalb ab der Niere, damit es zur einer Pegeldifferenz kommt.
Allen gemeinsam ist, dass sie, idealisiert, unter Winkeln keine Klangverfärbung haben (eben ideale Mic-Charakteristiken über der Frequenz angenommen), die Pegel- und Laufzeitunterschiede sind frequenzunabhängig. Bis auf die Koinzidenz-Verfahren gibt es eine Entartung im Nahfeld (wo die 1/r-Hyperbel für den Schalldruckabfall unter Abstand noch merklich Steigung hat, und zudem eine nennenswerte effektive Differenz der Schalleinfallswinkel auftritt), es kommt weiteren zusätzlichen Pegeldifferenzen zw. den Mics.

Dann gibt es die Stereohauptmikrofon-Aufnahmeverfahren für (bevorzugt) KH-Wiedergabe, wie Kunstkopf, OSS (Jecklin-Scheibe), SASS, CLARA. Hier ist das Merkmal, dass beide Empfänger unter Winkeln unterschiedliche Frequenzgänge bekommen, zusätzlich zur Laufzeit und einer eventuellen prinzipiellen winkelabhängigen Pegeldifferenz. Von der grundsätzlichen Klasseneinteilung bewegt es sich zwischen A/B (bei Druckempfängern, oder bei Richtmikros mit 0° Achswinkel) und Äquivalenzprinzip (Richtmikros mit vorhandenem Achswinkel). Auch diese entarten im Nahfeld.
Also resultierend pro Empfänger unterschiedliche frequenzabhängige Pegel- und (etwas) Laufzeitänderungen unter Winkeln, im Extremfall (beim Kunstkopf) bis zur recht exaten Nachbildung der HRTF (Head Related Transfer Function).

Ich habe wie du den Trieb zum Experiment, ich habe z.B. etliche Lokalisationsexperimente hinter mir, mit diversen Kombination von Laufzeit, Phasenlage, Frequenzgang und Pegel, also verschiedenste Möglichkeiten der Phantomschallquellenerzeugung aus einem trockenen Mono-Signal (sprich eines typischen Aufnahmekanals bei Rock/Pop-Produktionen), das ging bis zur (unwissentlichen) Neu-"Erfindung" von Transaural-Stereo (Cross-Cancelling-Stereo) bei LS-Wiedergabe.

Meine primäre Wissenquelle dazu ist übrigens Eberhard Sengpiel (ein Vollprofi), http://sengpielaudio.com. Dessen ca. 500 PDF-Seiten und Excel-Blätter sollte man sich unbedingt ansehen, ein Fundus von wirklich unschätzbar hoher Qualität.



Nun endlich zurück zu Balance:

Dein Einwand, dass 3dB zur Trimmung von z.B. reinem A/B-Stereo nicht reichen würde, ist mE nicht richtig. Denn unter 0° Einfallswinkel habe ich theoretisch exakte Pegel- und Laufzeitgleichheit (resultierernd in exakt mittiger Phantomschallquelle), praktisch aber nicht, speziell beim Pegel (eben wg. dem nie perfekten L/R-Pegelgleichlauf des Systems Aufnahme-->Wiedergabe "über alles"). Dafür reichen die 3dB aber locker. Weiterhin gibt es das Phänomen "Trading", bei dem ein kleiner Laufzeitversatz durch einen gegensinningen Pegelversatz (also gerade nicht äquivalent) kompensiert wird. Auch hier reichen die 3dB Spielraum. Für die "Bühne" einer A/B- oder Äquivalenzstereo-Aufnahme bedeuted das, dass der mittlere Bereich (sagen wir, +-15° Hörereignisrichtung) der Bühne durchaus per leichter Pegeldifferenz etwas verschoben werden kann, an den Rändern greift das Trading aber nicht mehr. Dem Trading-Effekt haben wir auch zu verdanken, dass man, nach Pegelabglich, auch etwas ausserhalb des Sweet-Spots noch Stereo hören kann, mit immer noch ausreichender Präzision der Phantomschallquellen-Lokalisierung. Wenn man vor allem darauf wert legt, sind die 3dB vielleicht etwas knapp, das stimmt... dann nehmen wir halt 6dB, das sollte dann aber echt reichen.

Bei Surround kenne ich mich viel zu wenig aus -- ausser dass ich echte Mehrspurtechnik damit assoziere, kein kompromissbehaftetes Decoder-Zeugs.

Grüße, Klaus
richi44
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 14. Feb 2007, 20:15
Ich weiss, dass ich stark vereinfacht habe. Ich wollte nicht auf alle Details eingehen, weil es sonst in einer Spezialitäten-Diskussion endet.
Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass eine Balance mit -6dB (+2,43dB) ausreicht, um im normalen Rahmen Ungleichheiten anzupassen. Erstens sind sie bei XY-Stereo ausreichend und zweitens sind Laufzeitverfahren eher weniger in Anwendung, besonders bei TV, weil ja davon ausgegangen werden muss, dass das Prologic-Zeugs (zumindest über den AV-Receiver) aktiviert ist und somit jede negative Korrellation unbeabsichtigte Surround-Effekte generiert.
Das hat natürlich jetzt Konsequenzen. Da muss ich an meinem Vorverstärker-Bauvorschlag direkt den Balanceregler "umbauen"...

Und
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