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ECM, die Edition of Contemporary Music und ihre Platten

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Mr._Lovegrove
Inventar
#351 erstellt: 17. Okt 2019, 09:23
Doch ich komme nun zu Terje Rypdal, einem der wohl prägendsten Künstler auf ECM und jemandem, der in meinen Augen keine einzige durchschnittliche oder gar schwache Platte veröffentlicht hat.
Rypdal kommt aus einer Musikerfamilie, lernte erst Klavier, dann Trompete und brachte sich schließlich selbst das Gitarrespielen bei. Schon vor seiner Zeit bei ECM war er in Norwegen recht bekannt, da er eine Zeit lang bei den Vanguards gespielt hat und ihren landesweiten Erfolg als instrumentale Rockband mitprägte. Doch als Solist wählte er, beeinflußt von moderner Klassik und ebensolchem Jazz, einen anderen Weg. Sein Debüalbum "Bleak House" (auf Philips erschienen) zeigt trotz einiger rockiger Songs schon den Weg, den er kurze Zeit später unter Manfred Eichers Ägide konzentriert verfolgen sollte: Jazzrock mit vielen klassischen Einschlägen und einer starken Neigung zu Avantgarde und Moderne. Rypdals Gitarrenspiel auf der Fender Stratocaster ist geprägt vom massiven Tremolo- Einsatz, von langen Legatolinien und einer ausgeprägten weitschweifenden Art, die seine Soli auch nach vielen Minuten noch kreativ und spannend erscheinen lassen. Seine technische Brillanz und seine außergewöhnlichen Ideen schweben über denen der meisten rockigen Gitarristen und erstaunen auch nach Jahrzehnten noch.
Seinen ersten Einsatz auf ECM hatte der Gitarrist auf Garbareks "Afric Pepperbird" und Eicher verwährte ihm eine seiner Kompositionen dort anzubringen, versprach ihm aber gleichzeitig sein eigenes Debüt.
tr
Terje Rypdal
Terje Rypdal
ECM 1016, 1971

Electric Bass – Bjørnar Andresen
Electric Bass, Double Bass – Arild Andersen
Electric Piano – Bobo Stenson, Tom Halversen
Guitar, Flute – Terje Rypdal
Oboe, English Horn – Ekkehard Fintl
Percussion – Jon Christensen
Tenor Saxophone, Flute, Clarinet – Jan Garbarek
Voice – Inger Lise Rypdal

Dies folgte 1971 und schon seit Erstling auf ECM klingt trotz aller Wildheit und rauhen Atmosphäre ausgereift und durchdacht. Gleich der Opener "Keep it like that, tight" ist ein frühes Statement in Sachen beinharter Jazzrockmusik, auch wenn es langsam und schleichend erklingt. Auch vollzieht Rypdal schon hier Ausflüge in klassisch veranlagte Gefilde ("Rainbow"), die ihn Zeit seines Lebens immer wieder beschäftigen werden. Die herausragende "Electric Fantasy" bestätigt diese Leidenschaft meisterhaft.
Das Album ist insgesamt stark psychedelisch geprägt und zeigt Rypdal eher als schlauen Komponisten, denn als virtuosen Gitarristen.

what
Terje Rypdal
What comes after
ECM 1031, 1974

Bass – Barre Phillips
Electric Bass – Sveinung Hovensjø
Guitar, Flute – Terje Rypdal
Oboe, English Horn – Erik Niord Larsen
Organ, Drums – Jon Christensen

Der Norweger führt auf dem zweiten Album für das Münchener Label seine Linie fort, setzt aber gleichzeitg schon erste neue Markpunkte, die man nur wenige Zeit später voll ausgeprägt hören wird. Auch dieses Album ist stark von psychedelischen Sounds durchzogen und erfordert einen stark konzentrierten Hörer mit langem Atem und Geduld. Man hört den Saitenhexer hier auch seltenerweise auf der akustischen Gitarre, aus der er außergewöhnliche Klänge herausholt. Das Titelstück gestaltet Rypdal wie viele andere Stücke auf folgenden Alben als rhythmisch recht geradlinig gestalteten Jazzrock mit viel Raum für seine Soli und die der anderen. Doch noch gibt er sich als Solist etwas zurückhaltend und weniger selbstbewußt, als später. Lieber fröhnt er auch hier klassischen Arrangements für ebensolche Instrumente. Diese Liebe hört man dann auf dem Folgealbum noch deutlich kompromißloser durchdringen.

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Terje Rypdal
Whenever I seem to be far away
ECM 1045, 1974

Bass – Sveinung Hovensjø
French Horn – Odd Ulleberg
Guitar – Terje Rypdal
Mellotron, Electric Piano – Pete Knutsen
Percussion – Jon Christensen
Orchestra – Südfunk Symphony Orchestra
Conductor – Mladen Gutesha

Rypdal hat hiermit ein dreiteiliges Monster geschaffen, das er teilweise mit Mitgliedern des Südfunk Orchesters eingespielt hat. Das erste Stück ist eine knallhart hämmernde Jazzrockpiece, auf der Jon Christensen als Taktgeber mehr als brilliert. Rypdal versteckt seine Virtuosität etwas im Mix, aber reißt den Hörer tief in diesen hörbar durch Miles Davis und die frühe Fusionära geprägten Strudel hinab. "The Hunt" ist ein eine kürzere und knapp verdichtete Fortsetzung dessen und begeistert immer wieder mit komplexer Härte.
Doch im Titelstück dann schwenkt Rypdal um und erschafft ein Adagio für Orchester und Sologitarre, das ganz ohne klassisches Jazzsetup auskommt und seine Affinität zur klassischen Musik der Moderne ganz ohne improvisiertes Beiwerk aufzeigt. Schon hier ebnet er intelligent und ausgereift den Weg zu späteren Alben wie "Q.E.D".

Der zweite Teil meiner Rypdal Werkschau folgt dann später. Entweder heute abend noch oder morgen.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 17. Okt 2019, 10:51 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#352 erstellt: 18. Okt 2019, 08:57
Hier nun Teil 2 der Rypdal- Werkschau. Sie beginnt mit dem Opus Magnum in Rypdals Karriere. Und wenn ich "Whenever I seem to be far away" als Monster bezeichnet habe, dann ist der Nachfolger eine gigantische Hydra mit mehreren Köpfen:
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odyor
Terje Rypdal
Odyssey
ECM 1067/1068, 1975

Bass – Sveinung Hovensjø
Drums – Svein Christiansen
Guitar, Synthesizer, Soprano Saxophone – Terje Rypdal
Organ – Brynjulf Blix
Trombone – Torbjørn Sunde

Ursprünglich sollte auch auf dieser Platte Jon Christensen am Drumkit sitzen, doch der hatte dieses Mal keine Zeit. Und so bekam Svein Christiansen den Job. Er macht ihn so gut, dass man auch einen Jon Christensen nicht vermisst.
Und auf diesem Album bekommt man Rypdals ganze Kunst in einer davor und danach nicht wieder gehörten Kompromißlosigkeit und Reinheit zu hören. Das epische Doppelalbum besticht mit einer packenden Mischung aus hartem Jazzrock und hochverdichteter Ruhe. Gleich nach einer richtungsweisenden Einführung gibt es mit Midnight ein düsteres Midtempomonster im 5/4 Takt. Zunächste bekommt Torbjørn Sunde viel Platz und begeistert mit atmosphärischen Linien an der Posaune. Es dauert über 10 Minuten, bis Christiansen mit zwei simplen Schlägen Rypdal zum Solo auffordert. Und was dieser in der Folge spielt, ist so fesselnd wie hart wie unvergleichlich. Hier tritt der technisch wie kreativ einmalige Gitarrist das erste Mal in seiner Plattenkarriere so richtig ins Scheinwerferlicht und spielt wie ein Dämon, der langsam aus den Tiefen der Erde empor steigt.
Doch das Album bietet auch viele intensive Momente der Verinnerlichung und Ruhe ("Adagio", "Farewell"), aber auch bildhaft gemaltes wie das einzigartige "Better off without you". Das direkt folgende "Over Birkerot" wiederum ist knallharter Jazzrock mit einem fast schon brutal voranschreitenden Svein Christiansen und einem nervös sägenden Rypdal an der Strat.
Doch auf einer guten Platte läuft natürlich auf das Finale hinaus. Und hierfür hat sich Rypdal ein Monster im Monster aufbewahrt. Brynjulf Blix an der Orgel öffnet die Höllenpforten für eines der gigantischsten Stücke der Jazzrockgeschichte und leitet mit einem geheimnisvollen und nebulösen Intro den "Rolling Stone" ein. Nach exakt 3 Minuten steigen Rypdal und Hovensjø ein, lassen das Thema erklingen und sich selbst schließlich von Christiansen auf einem harten 4/4 Takt in das Stück tragen. Und Rypdal lässt sich Zeit bis zum Solo; viel Zeit. Er spricht lieber vorerst in Riffs und steigert die Spannung so ins Unermessliche. Sunde an der Posaune gibt noch extra Pfeffer in diese Höllenmühle und Rypdal ein paar schwarze Keyboardlinien dazu. Und dann nach knapp 9 Minuten öffnet er den Schlund langsam, aber bestimmt und spielt das hunderprozentig beste Solo seines Lebens (und mit etwas mehr als 9 Minuten auch das längste). Alleine dieses hart treibende Stück ist den Preis des Albums wert. Das Quintett lässt es dann gemeinsam ausklingen und danach ist der Hörer platt und glücklich, einer der besten Jazzrockscheiben überhaupt erlebt zu haben.

Rypdal selbst hat mal erzählt, dass speziell das deutsche Publikum auf den Konzerten in der damaligen Zeit immer wieder "Rolling Stone" gefordert hat und man es auf Grund dessen auch immer wieder gespielt hat.
Für den CD Erstrelease wurde das Album übrigens um ausgerechnet dieses Stück gekürzt, damit man es als Einzel- CD rausbringen konnte. Und so geisterte der rollende Steine viele Jahre lang als Mythos durch die Fanwelt. Bis Manfred Eicher die Hörer erlöste und das Album als Dreifachbox vollständig wieder herausbrachte. Hierbei war auch ein Konzertmitschnitt mit einer Big Band Aufnahme Rypdals enthalte, der als "Unfinished Highballs" betitelt wurde und ebenfalls sehr spannend ist.

Nur ein Jahr später überrascht der Norweger dann mit einer reinen Soloplatte.
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Terje Rypdal
After The Rain
ECM 1083, 1976

Electric Guitar, Acoustic Guitar, Synthesizer [String Ensemble],
Piano, Electric Piano, Soprano Saxophone, Flute, Bells,
Tubular Bells, Composed By – Terje Rypdal
Vocals – Inger Lise Rypdal

Wobei Soloplatte sich eher darauf bezieht, dass Rypdal sie ganz alleine eingespielt hat und neben den Gitarren auch alle anderen Instrumente bedient. Gut, ein wenig hilft ihm noch seine damalige Frau mit hypnotischen Gesangslinien, doch prinzipiell ist das Rypdal pur.
Er zeigt sich hier von einer ganz anderen und sehr introvertierten Seite, lässt auch mal die Akustische sprechen und nimmt den Albumtitel beim Wort. Die Stücke erklingen wie Ausflüge in die Natur und deren Phänomene. Regen, Sonne, dunkle Wolken, Luft, die nach Wasser riecht, sich im Wind wiegende Bäume; so kann man sich diese Musik bildlich vorstellen. Dennoch wirkt das alles nicht fremd, sondern eher wie die andere Seite des Rypdalschen Spiegels; eine invertierte Welt, in der man den Gitarristen aber immer wieder erkennt. Auch hier ist das Tremolo der Strat am Anschlag und auch hier spielt Rypdal seine langgezogenen Linien, nur halt in Zeitlupe und sehr bedacht. Es ist eine sehr persönliche Platte, die unverbaut in Rypdals Seele blicken lässt und ihn so pur wie nie zeigt. Auch dies ist schon ein Meisterwerk.

In Teil drei dann trifft Rypdal auf seinen Bruder im Geiste; Palle Mikkelborg....


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 18. Okt 2019, 17:06 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#353 erstellt: 18. Okt 2019, 16:27
Ich habe mir gerade mal Rolling Stone aus der Odyssey aufgelegt. Das ist schon auch heute noch ziemlich abgespact vor allem duch den hypnotischen Rhythmus und die Posaune von Torbjørn Sunde ... mit Rypdals metallisch-schneidendem Gitarrenton hab ich eher meine Probleme. Dagegen läuft jetzt die After the Rain, auch von Vinyl, die gefällt mir gerade deutlich besser. Passt auch gerade zum apokalyptischen Wetter draussen (schwarze Regenwolken, seit 16 Uhr fast dunkel ... )

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Mr._Lovegrove
Inventar
#354 erstellt: 19. Okt 2019, 08:30
Als sich Terje Rypdal und der dänische Trompeter Palle Mikkelborg im September 1977 für "Waves" ins Studio begaben, trafen zwei Künstler aufeinander, die synergetischer kaum hätten zusammenarbeiten können. Diese beiden passen einfach zusammen wie Klinke in Buchse. Mikkelborg galt zwar als Epigon von Miles Davis und er machte sich als Leader in Bezug auf Plattenaufnahmen extrem rar (in den 70ern wird exakt eine Platte mit ihm als Leader verzeichnet), aber er ist bis heute ein technisch brillanter und innovativ aufspielender Trompeter und war hier "the man" für den norwegischen Gitarristen. Mikkelborg brachte ebenso Elektronik mit in die Musik ein wie Rypdal. Zunächst entstand:

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Terje Rypdal
Waves
ECM 1110, 1978

Drums, Percussion – Jon Christensen
Electric Bass – Sveinung Hovensjø
Electric Guitar, Keyboards, Synthesizer – Terje Rypdal
Trumpet, Flugelhorn, Piano, Keyboards, Electronics – Palle Mikkelborg

Neben Mikkelborg sind wieder Christensen und Hovensjø mit an Bord und zusammen entwirft das Quartett eine einzigartige Atmosphäre, die sich so ganz anders gibt, als der harte und düstere Jazzrock von "Odyssey" und seinen Vorgängern. Gleich zu Beginn erklingt mit "Per Ulv" ein Klassiker im Rypdal´schen Katalog und die ersten Takte gehören einem pluckernden Drumcomputer, der schließlich kongenial von Christensen untermauert wird. Dieser Computerbeat zieht sich durch das ganze Stück, und zusammen mit den warmen Keyboardlinien bildet es die flüssige Basis für einen faszinierenden Opener, der keine wirklichen Soli, sondern eher Sprengsel der beiden Hauptakteure enthält.
Im Verlaufe der Platte kristalliert sich heraus, wie exzellent Rypdal und Mikkelborg zusammenpassen, wie sie sich Ideen zuwerfen und ganz und gar ungewöhnliche Stimmungen erschaffen. Im Grundduktus ist die Musik höchst dicht und auf Spannung gezogen, bleibt dabei aber extrem flüssig und behält sich immer einen dramatisch- düsteren Grundduktus. Einzig in "Dain Course" fahren alle mal so richtig aus und spielen wild und ungestüm. Ansonsten ist dies ein Album eher für Liebhaber atmosphärischer und gleitender Musik denn für Freunde ausufernder Soli.

Zwei Jahre später hatten die beiden ihr Konzept schließlich perfektioniert und ein wahrhaftiges Meisterwerk daraus geschaffem.

desc
Terje Rypdal
Descendre
ECM 1144, 1980

Drums, Percussion – Jon Christensen
Guitar, Keyboards, Flute – Terje Rypdal
Trumpet, Flugelhorn, Keyboards – Palle Mikkelborg


Rypdal und Mikkelborg konzentrieren sich hier zusammen mit Jon Christensen, aber dieses Mal ganz ohne Bass ganz auf Atmosphäre, Sie entziehen ihrer Grundidee von "Waves" die Aggression und letzte Härte und verflüssigen die Musik weiter. "Avskjed" gleich zu Beginn lässt den Hörer fast schon zeitlupenartig und extrem verdichtet in diese Welt eintauchen. Rypdals Gitarre erklang nie so dramatisch und vereinnahmend. Mikkelborgs Trompete umrandet dieses Spiel im mehrfach Dubbing höchst effektiv. Überhaupt setzt der Trompeter teils mit elektrischen Verzerrungen, teils mit Harmon- Dämpfer- Einsatz stilistische Markpunkte, die man später durchaus auch wieder bei Nils- Petter Molvaer wiederfindet. Rypdal selbst nimmt die Härte aus seinem Spiel, bleibt sich seinem Sound aber treu und konzentriert sich eher auf den erzählerischen und geduldig agierenden Teil seines Stils.
Im Verlaufe des Albums gibt es zwar auch freier improvisierte Momente ("Circles", immerhin über 11 Minuten) und im Tempo voranschreitendes (das von Christensen höchst genial angetriebene "Innseiling"), aber insgesamt halten die drei ihren Kurs einer liquide- düsteren Dramaturgie zu jedem Takt vollauf. Und die letzten beiden Stücke schließlich umwabern den Hörer mit dieser Idee so sehr, dass man die Platte gleich nochmal anstarten möchte. Dies ist ein absolut vereinnahmendes Meisterstück voller einmaliger Ideen.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 19. Okt 2019, 13:52 bearbeitet]
andreas3
Inventar
#355 erstellt: 19. Okt 2019, 13:40
Hallo Michael,

deine Werkschau zu Terje Rypdal gefällt mir gut! Die Platten deiner ersten beiden Posts stehen hier und wurden (endlich mal wieder!) gehört, Odyssey als DoLP. Lohnt die CD- Ausgabe hinsichtlich der Live- Aufnahmen? Die Platten wurden ja im Studio aufgenommen.

Die Aufnahmen mit Palle Mikkelborg kenne ich noch nicht, obwohl ich meinte dass Waves hier steht kann ich sie nicht finden.

Unbedingt erwähnt werden sollte noch diese:

to be continued

Terje Rypdal - To Be Continued
ECM 1192 (1981)

Terje Rypdal - electric guitars, flute
Miroslav Vitous - acoustic and electric bass, piano
Jack DeJohnette - drums, voice

Mein persönliches Highlight, sie läuft von Rypdals Aufnahmen am häufigsten.. Allein die Version von Vitous´s Komposition Morning Lake, das man von Weather Report kennt, erzeugt Schauer in mir. Vitous spielt hier exakt die Pianoschnipsel, die Zawinul damals so genial dahinwarf, und natürlich seinen Bass im Overdub, und Rypdal schafft es meisterlich, Wayne Shorters Part zu übernehmen. Dem steht die restliche Platte nicht nach, DeJohnette steuerte das Titelstück bei, das er sich selbst und seinen Drums, aber auch Rypdal auf den Leib geschnitten zu haben scheint. Vitous greift zum E- Bass, und Rypdal tobt sich hier mal richtig aus, während die übrigen Stücke weniger rockig daherkommen, sondern von spärisch über klassisch- experimentell bis free ein geniales Zusammenspiel hören lassen.

Grüße!
Mr._Lovegrove
Inventar
#356 erstellt: 20. Okt 2019, 08:50

andreas3 (Beitrag #355) schrieb:

Terje Rypdal - To Be Continued
ECM 1192 (1981)

Dann komme ich doch gleich noch zum Vorgänger, der auch zu den Klassikern des Labels zählt und oft wieder aufgelegt wurde; u.a. in der ersten Charge der Touchstone Serie.
rvdj
Terje Rypdal, Miroslav Vitous, Jack DeJohnette
dto
ECM 1125, 1979

Double Bass, Electric Piano – Miroslav Vitous
Drums – Jack Dejohnette
Guitar, Guitar Synthesizer, Organ – Terje Rypdal

Diese Trioplatte ist schon eine wirklich außergewöhnliche Arbeit dreier Legenden; vorallem dreier Legenden auch des Jazzrock. Und diese drei Meister ihres Faches erschaffen Musik, die genauso klingt wie das so stimmungsvolle Coverfoto von Dieter Rehm. Schon von den ersten Beckenschlägen an entwirft das Trio fast holografische Bilder von enormer Kraft und auch Genauigkeit. Es ist der sprichwörtliche Lauf durch den dunklen, verregneten und gewitternden Tag. DeJohnette präsentiert sich als virtuoser und rhythmisch perfekt getimter Beckenartist, der von Vitous so typischem abgründigen Basslinien untermauert wird. Rypdal spart nicht an Pedaleffekten und erscheint in der Szenerie oftmals wie eine Urkraft aus der Tiefe.
Und gerade wenn Vitous den Bass streicht und beide Solisten ihre Künste an Keyboards und E-Piano einsetzen, dann wird es sehr heimelig. Ein Stück wie "Will" zähölt dann auch zum unheimlichsten und atmosphärischsten, was ich an Jazzmusik kenne.
Und nur in "Flight" gönnen sich die drei einen einen eher wilden und freien Ritt auf dem Improvisationspferd, ansonsten bleibt die Platte bis zum Schluß eine einzigartig atmosphärische Angelegenheit.
Der Nachfolger, den Andreas schon so schön beschrieben hat, gibt sich da deutlich härter und progressiver.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 20. Okt 2019, 10:39 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#357 erstellt: 20. Okt 2019, 09:34
Doch Rypdals Trioarbeit beschränkte sich nicht auf das Teamwork mit den beiden, er gründete 1985 The Chasers und fand im Bassisten Bjørn Kjellemyr und im Drummer Audun Kleive zwei kongeniale Partner, mit denen er in recht kurzer Folge zunächst drei höchstunterschiedliche Platten einspielte, die in meinen Augen aber gleichermaßen genial sind:
chaser
Terje Rypdal
Chaser
ECM 1303, 1985

Auf dem fast schon wüst klingenden Erstling shreddern sich die drei durch wilden und ungestümen Triojazz und lassen ihren Fingern freien Lauf. Aber sowohl der Opener "Ambiguity" als auch der schroffe Blues "Ornen" lassen mit schleifender Eingängigkeit schon durchklingen, wohin die Reise der drei noch gehen wird. Auch ein, zwei ruhige Momente werden gesetzt. Aber auf diesem Album wird eher sessionartig drauf los gespielt und Rypdal spart sich nicht aus, die Tonleitern rauf und runter zu riffen. Kleive holzt auch mal ordentlich ins Kit rein und Kjellemyr unterstützt diese Rockattitüde gewaltig.

Zwei Jahre später dann klang das Trio dann schon ganz anders, aber auch stilistisch deutlich gefestigter.
blue
Terje Rypdal & The Chasers
Blue
ECM 1346, 1987

Das Wilde und teils Stehgreifartige ist einer deutlicheren Struktur gewichen. The Chasers treten hier als stilistisch gefestigtes Trio auf und sie haben sich entschieden, die freien Elemente des Vorgängers insgesamt zu tilgen und einer teils kalten und glatten Ästhetik weichen zu lassen. Rypdal setzt mit kühlen Keyboards eine passende Basis und auch insgesamt klingt die Platte durch massiven Halleinsatz und harte Drums- und Basssounds wie ein extremer Widerhall der 80er. Doch die Ambivalenzen, die Rypdal und Co. aufkommen lassen, sind umso faszinierender. Der Gitarrist lässt in diesem dafür eigentlich unpassenden Umfeld seine Stratocaster aufjohlen und kreischen, er verzerrt extrem und nimmt das gute Stück teilweise regelrecht auseinander. Kjellemyr bietet ihm mit seinem Plektrumbass die rechte Partnerschaft dafür immer wieder an und Kleive gibt sich als technoider Ästhetiker.

Für mich ganz persönlich ist dies Rypdals beste Platte, da er sich hier ganz auf sein Solistentum konzentrieren kann und dennoch ein Trio von nahezu gleichwertigem Dasein erklingt. Zudem die auch technisch brillant umgesetzte Klangästhetik einmalig ist.
Auch Regisseur Michael Mann ist wohl Fan davon, denn er verwendete das Stück "Last Nite" im Filmhit "Heat".

Und hier ist auch der einzige Schnittpunkt von "Blue" zum dritten Album der Truppe zu finden, denn Mann benutzte im gleichen Film auch das Stück "Mystery Man" aus dem Album:
single
Terje Rypdal & The Chasers
The Singles Collection
ECM 1383, 1989

Dieses Album hat eine wechselvolle und mitnichten schöne Geschichte. Rypdal arbeitete zu der Zeit mit dem norwegischen Keyboarder Atle Bakken zusammen. Dieser entwarf und produzierte ursprünglich große Teile des dritten Chasers Album vor. Allerdings gefielen Manfred Eicher Bakkens Ideen so nicht und er wollte sie auch so nicht veröffentlichen. Also modellierte Eicher gegen Bakkens Willen die Produktion um, was diesen wiederum dazu brachte, seinen Namen nicht in den Credits nennen zu wollen. Und so ist ein gewisser Allan Dangerfield der Keyboarder auf der Singles Collection.
Unabhängig diese konfliktbehafteten Story ist die Platte absolut gelungen. So viele Keyboards und Synthesizerspuren, Drumcomputer und elektronische Sounds gab es wohl selten auf einer ECM- Platte zu hören. Man kriegt fast den Eindruck, Rypdal und Bakken wollten eine New Age Platte machen. Doch eigentlich sind Teile des Albums auch pure Ironie, was ja auch der Plattentitel suggeriert. Letztlich bleibt Rypdal Rypdal und quält seine Strat wie es sein soll. Und auch Bakkens Ideen sind wirklich gut. Es ist quasi das "Tutu" des Norwegers, nur halt mit dem extra Schuss Chasers- Jazzrock . Ich mag die Scheibe.

Das war nun meine Werkschau in Sachen Rypdal. Mit den klassischen Alben und auch den ganz späten Sachen habe ich mich ehrlicherweise kaum auseinandergesetzt. Wer dazu was sagen kann, der tue es.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 20. Okt 2019, 19:58 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#358 erstellt: 20. Okt 2019, 10:44

andreas3 (Beitrag #355) schrieb:
Lohnt die CD- Ausgabe hinsichtlich der Live- Aufnahmen? Die Platten wurden ja im Studio aufgenommen.

Die dritte CD beinhaltet eine Liveaufnahme mit Big Band und ist eine komplett andere Baustelle als die Studiosachen. Das ist interessant, aber eher für Sammler eminent.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 20. Okt 2019, 10:45 bearbeitet]
andreas3
Inventar
#359 erstellt: 20. Okt 2019, 19:34
Danke für die Info, hier läuft gerade noch eine "neuere" CD von ihm:

skywards

Terje Rypdal - Skywards
ECM 1608 (1997)

Terje Rypdal - electric guitar
Palle Mikkelborg - trumpet
Terje Tonnesen - violin
David Darling - cello
Christian Eggen - piano, keyboards
Paolo Vinaccia - drums, percussion
Jon Christensen - drums

Trotz zweier Drummer ist diese Platte überwiegend ruhig, es beginnt mit einem romantisch angehauchten Trompetenstück, was freilich in seinem Verlauf ordentlich aufgemischt wird. Ebenso eine kleine zuckersüße Melodie für die Geige, aber auch die bekannten flächigen Gitarrensounds, die auch mal kurz an Pink Floyd erinnern lassen. Ein wildes Drums- und Trompetenduo, unterschwellige Keyboardsound, verfremdete Gitarren, plötzlich dann einzelne Pianotöne, ein Trompetensolo, nur mit Glocken und einzelnen Keyboardsprenklern begleitet, ein Duo für Klavier und Geige - Rypdal hat mehr Wert auf seine Kompositionen gelegt und greift nur zur Gitarre, wenn die Musik es erfordert. Sparsamkeit ist auch beim Einsatz der Musiker angesagt, selten ertönen mehr als drei oder vier aus der Besetzung gleichzeitig. Beim aufmerksamen Zuhören öffnen sich Welten..

Grüße!
Mr._Lovegrove
Inventar
#360 erstellt: 22. Okt 2019, 08:18

arnaoutchot (Beitrag #348) schrieb:
Adelhard Roidinger[/b] (Schattseite, ECM 1221, 1981) Vielleicht mag jemand etwas dazu sagen. :?

Ja, kann ich!
ar
Adelhard Roidunger
Schattseite
ECM 1221, 1982

Adelhard Roidinger Bass
Michael DiPasqua Drums, Percussion
Harry Pepl Guitar
Bob Degen Piano
Heinz Sauer Tenor Saxophone
Werner Pirchner Vibraharp, Marimba
Aina Kemanis Voice

Der österreichische Bassist und sein Septett bieten eine wunderschöne und lichtdurchflutete, aber auch mal kratzige Jazzmusik der Moderne dar, die typisch für diese Phase von ECM ist. Nun könnte man bei einem Namen wie Heinz Sauer meinen, es ginge die Freejazz- Lucy ab, aber das ist nicht der Fall. Sauer kontrapunktiert diese so sonnenstrahlende und weite Musik aber geschickt und kontrastreich. Degen am Piano ist und bleibt ein Meister romantisierter Schönheit und Harry Pepl ist ein eher Bop- orientierter Gitarrist. DiPasqua macht das, was er am besten kann, nämlich energisch nach vorne schreiten und wie im nervös wirkenden "Ania" jeder Zeit Herr der Rhythmuslage sein und den anderen Antrieb geben. Und auch Vibraphonist Pirchner fügt sich hier hervorragend ein. Roidingers Ton erinnert etwas an Eddie Gomez, aber er ist ein exzellenter Leader und Komponist und weiß mit Spannung umzugehen. Ach ja, Frau Kemanis ihre Stimme (sie singt keine Worte) gibt dieser Musik die ganz besondere Note; so ähnlich wie Flora Purim bei Return To Forever. Tolle Platte!


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 22. Okt 2019, 11:17 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#361 erstellt: 23. Okt 2019, 20:50
Hier mal wieder ich mit einem kurzen Einwurf. Tut mir leid, ich habe zu wenig Musse zur Zeit, ECM-Platten für den Thread zu hören und dann zu besprechen. Jetzt hab ich aber begonnen, mir Enrico Rava vorzunehmen. Der italienische Trompeter (*1939) gehört zum Urgestein des Labels und hat bereits Mitte der 1970er Platten für das Label aufgenommen. Herausragend finde ich bei ihm die Fähigkeit, opernhafte Melodien (Italiener !) bis in freieste Bereiche zu entwickeln, ohne das strukturelle Konzept dahinter zu verlieren.

Das zeigt sich auch bei der hervorragenden Enrico Rava Quartet (ECM 1122, 1978), die aus meiner Sicht zu einer der stärksten ECM-Platten der 1970er Jahre gehört. Die Besetzung ist perfekt auf dem Cover abgebildet, und das Bläser-Duo von Rava mit dem von mir sehr geschätzten Rudd auf der Basis des erprobten Jenny-Clark/Romano-Fundaments passt auch ebenso perfekt.

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https://www.discogs....rtet/release/2854875



Nach einer längeren Pause mit Aufnahmen für ECM in den 1980ern und 1990ern, kehrte Rava Mitte der 2000er wieder zurück mit einem Trio und der Platte Tati (ECM 1921, 2005). Hier ist er mit Stefano Bollani (p) und Paul Motian (dr) in meist melancholischer Grundstimmung zu hören. Eine sehr ruhige Platte, Motian gibt oftmals nur perkussive Tupfer zur Musik. Schöne Musik für den späteren Abend.

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https://www.discogs.com/Enrico-Rava-Tati/release/1662716

to be continued ...


[Beitrag von arnaoutchot am 23. Okt 2019, 22:22 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#362 erstellt: 27. Okt 2019, 12:21
Ich will Enrico Rava noch zu Ende bringen. Die dritte, die ich noch habe, ist die Tribe (ECM 2218, 2011). Hier ist er in einem Quintett mit rein italienischen Musikern zu hören (Gianluca Petrella (tb), Giovanni Guidi (p), Gabriele Evangelista (ac-b), Fabrizio Sferra (dr), + Giacomo Ancillotto (g) auf vier Stücken). Erstaunlicherweise schliesst sich - in einer etwas weicheren Form - der Kreis zu dem o.g. Quartett aus 1978. Auch hier werden Ravas langgezogene Melodien wieder tw. unisono von der Posaune getragen und bieten breiten Platz für die Entfaltung aller Musiker. Schöne altersreife und beseelte Musik, es gibt kaum rauhere Töne. Klanglich perfekt.

Die New York Days (ECM 2064, 2009), eine weitere Quintettaufnahme, steht noch auf meinem geistigen Einkaufszettel, hat sich aber bislang nicht realisiert.

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https://www.discogs.com/Enrico-Rava-Quintet-Tribe/release/3189193



Ich erwähnte bereits, dass ich die beiden unter Sam Rivers und Dewey Redman veröffentlichten ECM-Platten leider nicht habe. Insofern sticht mir nur noch ein Name in Auge aus Michaels Vorschlagsliste zu R: Steve Reich. Auch wenn wir uns weiter vorne geeinigt haben, auf den ECM-Jazz zu fokussieren, so muss ich hier mal eine Ausnahme machen. Reichs Music for 18 Musicians (ECM 1129, 1978, Erstveröffentlichung noch auf dem ECM-Label, wurde erst später in New Series verschoben) ist heute ein Klassiker der Minimal Music. Ich bin nicht der allergrösste Fan dieser Musikrichtung und besonders auch nicht vom Werk Steve Reichs, aber die logische Struktur dieses einstündigen Werks ist bezwingend. Es gibt heute etliche Aufnahmen der Music, die v.a. klanglich besser sind als die ECM-Aufnahme (zB Ensemble Signal, Brad Lubman, HM 2015), aber den frischen Pioniergeist dieser Erstaufnahme erreicht keine. Wer sich ernsthaft mit Minimal Music befassen will (und damit mit hier schon besprochenen Epigonen wie Nik Bärtsch etc.), der sollte sich das mal anhören.

R-1164585-1350185207-3846.jpeg
https://www.discogs....cians/release/290971


Edit: Das war's bei mir mit R, wenn ich nichts übersehen habe.

Edit 2: Hal Russell & NRG Ensemble fiel mir gerade noch ein. Chicagoer Free Jazz-Urgestein mit ein paar Platten auf ECM. Hab ich aber auch keine davon ... Anyone ?

Edit 3: Hab gerade mal S überschlagen, da kommt es dicke ... 11 Namen auf meiner Liste mit tw. substantiellen Beiträgen ...


[Beitrag von arnaoutchot am 27. Okt 2019, 12:49 bearbeitet]
dietmar_
Inventar
#363 erstellt: 27. Okt 2019, 17:37

arnaoutchot (Beitrag #362) schrieb:
Ich will Enrico Rava noch zu Ende bringen. Die dritte, die ich noch habe, ist die Tribe (ECM 2218, 2011). Hier ist er in einem Quintett mit rein italienischen Musikern zu hören (Gianluca Petrella (tb), Giovanni Guidi (p), Gabriele Evangelista (ac-b), Fabrizio Sferra (dr), + Giacomo Ancillotto (g) auf vier Stücken.

Falls ein bisschen OT gestattet ist: Rava hatte in diesem Sommer in Middelheim immer noch Giovanni Guidi und Gabriele Evangelista in seiner Band. Das Konzert war richtig gut!

Und, ach so, weil ich eben Dewey Redman oben lese, ich hörte vor einigen TagenThe Struggle Continues. Möchte aber lieber noch einmal reinhören, bevor ich ein paar Worte darüber schreibe. Also macht lieber schon mit „S“ weiter.
Mr._Lovegrove
Inventar
#364 erstellt: 27. Okt 2019, 17:49
Na, da fehlt aber doch eine ganz wichtige Rava:
jpc.de
Enrico Rava
The Pilgrim And The Stars
ECM 1063, 1975

Bass – Palle Danielsson
Drums – Jon Christensen
Guitar – John Abercrombie
Trumpet – Enrico Rava

Immerhin auch als Touchstone aufgelegt zeigt dieses Album Rava in exzellenter Form. Er hat hier eine äußerst romantische Formensprache entwickelt, die sich dennoch auch in freiere Bereiche bewegt. Das Titelstück ist ein hervorragendes Beispiel für diese ungewöhnliche Herangehensweise und beginnt als Romantizismus, um dann vom Quartett doch in etwas durchaus wildes und atonales verwandelt zu werden.
Ravas Ton ist auch hier schon weit ausgebildet, während Abercrombie am Beginn seiner Karriere steht und sich noch nicht so charakterstark gibt, wie auf späteren Leaderalben. Auch Christensen und Danielsson wissen zu überzeugen und gemeinsam gestaltet man eine durchgängig überzeugende Platte, die sich gerade durch die sehr verschiedenen Stilistiken der Solisten deutlich abhebt.
dietmar_
Inventar
#365 erstellt: 28. Okt 2019, 21:29
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Dewey Redman Quartet - The Struggle Continues
1982, 2007 rem., ECM 1225

Nicht die typische ECM-Produktion, denn Dewey Redman kann powern, spielt aber auch mit Tiefgang die Ballade. Ed Blackwell, das muss nicht extra erwähnt werden, hat mit dem entsprechenden Fundament eh keine Probleme. Und Charles Eubanks (p) und Mark Helias (b) passen perfekt. Tolle Band!

Produktion in New York, Columbia Recording Studios, Ton: David Baker, produziert von Robert Hurwitz - Eicher wird auf dem Album nicht erwähnt.

Neobop, ein Tribute an Bird: „Dewey Square“, ein bisschen „Free Bop“, ein viel zu wenig beachtetes Album aus den frühen Achtzigern.
arnaoutchot
Moderator
#366 erstellt: 29. Okt 2019, 10:02

Mr._Lovegrove (Beitrag #364) schrieb:
Na, da fehlt aber doch eine ganz wichtige Rava


Ja, mag sein, die kenne ich nicht.


Dietmar schrieb:
Dewey Redman Quartet - The Struggle Continues, 1982, 2007 rem., ECM 1225 ... ein viel zu wenig beachtetes Album aus den frühen Achtzigern


Ja, sehe ich auch so. Danke fürs Vorstellen.
Mr._Lovegrove
Inventar
#367 erstellt: 31. Okt 2019, 10:31
Ich würde vorschlagen, zum S überzugehen. Wie Michael schon erwähnte, ist da einiges los.
Screenshot_20191031_082918
arnaoutchot
Moderator
#368 erstellt: 31. Okt 2019, 21:35
Ja, ich kann etwas zu Saluzzi, Schoof, Seim, Shankar, Sheppard, Smith, Stanko, Stenson und Surman beisteuern. Ich werde mich über das Wochenende mal sammeln.
Mr._Lovegrove
Inventar
#369 erstellt: 31. Okt 2019, 21:37
Bei Shankar, Schoof und Surman kann ich mithelfen!
arnaoutchot
Moderator
#370 erstellt: 31. Okt 2019, 21:42
Wahrscheinlich hast Du auch die Shankar - Song for Everyone mit Deinem Tröter-Freund ... fang gerne damit an

Apropos Freunde: Der Klavier-Jodler bekommt morgen einen Nachschlag: Keith Jarrett - Munich 2016. Da werd ich wohl mfr. wieder müssen ...

amazon.de
crim63
Inventar
#371 erstellt: 31. Okt 2019, 22:19
Hallo !

Ich dachte auch ich kann wieder mal mithelfen beim Buchstaben S, Platte hergesucht, Ravi Shankar s/t aber leider Amiga.
Na mal sehen welche Ihr da so ausgrabt.
Als arnaoutchot die Odyssey von Terje Rypdal vorstellte habe ich die auch gleich noch mal angehört, The Rolling Stone war wahrlich ein feines Stück,
muß mir da sicher noch was zulegen von Terje, Ihr habt ja reichlich Auswahl geboten.
Danke Euch allen für die viele Arbeit.

Gruß Maik
andreas3
Inventar
#372 erstellt: 31. Okt 2019, 22:20
Guten Abend,

leider besitze ich bislang nur diese eine, aber da gibt es noch einiges für mich zu entdecken:

rouge

Louis Sclavis Quintett - Rouge
ECM 1458 / 1992

Louis Sclavis - clarinets, soprano sax
Dominique Pifareli - violin
Bruno Chevillon - bass
Francois Raulin - piano, synth
Christian Ville - drums

Sicherlich keine einfache, aber lohnende Kost zwischen Jazz und Neuer Musik.

Grüße!
Mr._Lovegrove
Inventar
#373 erstellt: 01. Nov 2019, 10:18

crim63 (Beitrag #371) schrieb:

muß mir da sicher noch was zulegen von Terje, Ihr habt ja reichlich Auswahl geboten.
Danke Euch allen für die viele Arbeit.

Immer doch gerne! Macht ja auch sehr viel Spaß hier für und mit euch dieses so schöne Thema anzugehen.
Und das mit Rypdal wird nicht billig, denn sein komplettes Oeuvre der 1970er ist gleichermaßen gut und wenn du eine hast, willst du immer noch eine haben. So war das bei mir jedenfalls.

arnaoutchot (Beitrag #370) schrieb:
Wahrscheinlich hast Du auch die Shankar - Song for Everyone mit Deinem Tröter-Freund ... fang gerne damit an

Ich habe natürlich auch noch die "Vision". Aber auch ich werde erst am Sonntag und Montag dazukommen. Morgen abend habe ich erstmal eine "Audienz" bei Al Di Meola und seinem akustischen Quartett.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 01. Nov 2019, 10:21 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#374 erstellt: 01. Nov 2019, 16:50
Ich hab gerade mal gesammelt, ich habe an die 30 Platten von S-Künstlern bei ECM, davon sind rd. 20 von den vier Herren Stanko, Saluzzi, Stenson und Surman. Das werde ich etwas zusammenfassen müssen.

Interessanterweise hängen alle vier o.g. über Tomasz Stanko zusammen, deswegen möchte ich auch mit ihm anfangen. Auf Stankos Album Litania sitzt Bobo Stenson am Klavier, bei From the Green Hill sind sogar Dino Saluzzi und John Surman beteiligt. ECM-Klüngel.

Beginnen möchte ich mit Stankos erster Platte für ECM aus den 1970ern, Balladyna (ECM 1071, 1976). Eine sehr wichtige Platte, wie ich finde, weil hier Stanko (tp) und Tomasz Szukalski (ts, ss) mit Dave Holland (b) und Edvard Vesala (dr) eine ganz neue Form des europäischen Jazz definieren, die sich stark von den amerikanischen Vorbildern der 1960er löst. Zwar gibt es durchaus einen aus dem Free Jazz kommenden Ansatz, aber es scheint schon eine gewisse "europäische" Romantik durch, die sich besonders auf den ECM-Platten der späten 1990er dann voll entwickelt. Dazu komme ich dann als nächstes.

R-2573394-1519020925-9957.jpeg
https://www.discogs.com/Tomasz-Stanko-Balladyna/master/102843
andreas3
Inventar
#375 erstellt: 02. Nov 2019, 18:49
Guten Abend!

movements in colours

Andy Sheppard - Movements In Colour
ECM 2062 (2009)

Andy Sheppard - soprano and tenor saxes
John Parricelli - acoustic and electric guitars
Eivind Aarset - electric guitar, electronics
Arild Andersen - double bass, electronics
Kuljit Bhamra - tabla, percussion

Durch die Tabla erhält die gesamte Aufnahme einen Touch von "Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss...". Sheppard spielt einen weichen Ton mit Sinn für schöne Melodielinien und lässt Andersen und Parricelli (meist an der akustischen Gitarre) gelungene Akzente setzen, während Aarset eher für flächige Hintergründe sorgt. Bhamra´s Tabla ist perfekt aufgenommen, jede Nuance der vielfältigen Sounds erscheint glasklar auf dem Tablett, wie überhaupt die gesamte Aufnahme schon druckvoll, aber immer sauber und transparent klingt. Diesmal nicht Kongshaug, sondern Gérard de Haro im Studios La Buisonne, Pernes-les-Fontaines, France.

Grüße!


[Beitrag von andreas3 am 03. Nov 2019, 00:58 bearbeitet]
dietmar_
Inventar
#376 erstellt: 03. Nov 2019, 02:00

andreas3 (Beitrag #375) schrieb:
Andy Sheppard - Movements In Colour
ECM 2062 (2009)


Oh, ich vergas, die steht hier auch. Deine Beschreibung weckt neues Interesse dafür. Vielen Dank, Andreas!

Edit: Zitat gekürzt. arnaoutchot.


[Beitrag von arnaoutchot am 03. Nov 2019, 12:30 bearbeitet]
Don_Tomaso
Inventar
#377 erstellt: 03. Nov 2019, 12:45
Zu „S“ habe ich auch etwas beizutragen, nämlich die erste Platte, die Dino Saluzzi 1982 bei ECM veröffentlicht hat:

amazon.de

Dino Saluzzi - Kultrum [ECM 1251]. Saluzzi spielt alle Instrumente selber, neben seinem bekannten Bandoneon sind das verschiedene Flöten und Percussion, und er singt auch selber.
Die Platte war für mich, ganz ehrlich, ein Schock, als ich sie das erste mal hörte. Das war eine Musik, die ich nicht gekannt hatte, rauh und archaisch, zart und wild, voller Ferne und weiter Himmel, Sehnsucht und Eigensinn. Der unvertraute Klang des Bandoneons, seine eigenartigen Harmonien und Texturen, die tiefe Verwurzelung in der Folklore beschwören Bilder herauf von kleinen Andendörfern mit lehmigen Sträßchen unter endlosen Himmeln, von Menschen mit kupferfarbenen Gesichtern, vom Wetter gegerbt, in bunter Wollkleidung, von Schafhirten, die dem Kondor nachblicken, von der Weite, immer wieder die Weite!, dem kargen, harten Leben abseits der Metropole.
Es ist eine Platte, die Zeit braucht, wie mancher harsche Vino Tinto, sie ist nicht gefällig, macht keine Kompromisse und belohnt am Ende doch. Es ist eher Folklore, nicht Jazz, eben nicht urban und sophisticated, sondern rauh und unverstellt. Und sehr gut.


[Beitrag von Don_Tomaso am 03. Nov 2019, 12:47 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#378 erstellt: 03. Nov 2019, 12:59
@Dietmar, ich habe mir erlaubt, Dein Zitat zu kürzen. Bitte v.a. keine Bilder wiederholen .. danke.

Aber auch Danke für die Nennung von Sheppard, der stand auch auf meiner S-Liste und steht hier, kann ich auch empfehlen. Ebenso Saluzzis Kultrum, die Beschreibung von Thomas ist sehr treffend, so ähnlich ging mir das beim Kauf der Originalplatte auch.

Edit @Thomas: Wenn Dir die Kultrum so gut gefällt, dann würde ich mal in die From the Green Hill unten reinhören ...


Bei mir geht es aber noch weiter mit Tomasz Stanko. Zwei der schönsten Platten, die ich von ihm habe, sind die Litania (ECM 1636, 1997) und die From the Green Hill (ECM 1680, 1999). Beide sind in grösserer Besetzung aufgenommen.

1/ Litania mit einem nordischen Septet mit Stanko (tp), Bernt Rosengren (ts), Joakim Milder (ts, ss), Bobo Stenson (p), Palle Danielsson (b), Jon Christensen (dr), Terje Rypdal (g, nicht auf allen Stücken). Die Kompositionen stammen hier ausschliesslich von Krzysztof Komeda, einem grossen Vorbild von Stanko und berühmten Jazz-Pianisten und Komponisten für Filmmusiken aus Polen. Wer sich mit polnischem Jazz befasst, wird kaum um Komedas Klassiker Astigmatic von 1965 herumkommen, bei dem auch Stanko mitwirkt. Die Litania ist dem Andenken des viel zu früh verstorbenen Komeda gewidmet.

2/ From the Green Hill hat ein etwas exotischer besetztes Sextet mit Stanko (tp), John Surman (bs, b-cl), Dino Saluzzi (bandoneon), Michelle Makarski (vi), Anders Jormin (b) und Jon Christensen (dr). Die Musik mäandert hier durch Kompositionen von Stanko, Surman und Komeda, eine tragende Rolle hat immer wieder Saluzzis Bandoneon, die dem ganzen einen oftmals etwas folkloristischen Touch gibt. Gefällt mir ausserordentlich gut und klanglich ein Gedicht !

amazon.de

amazon.de


[Beitrag von arnaoutchot am 03. Nov 2019, 13:09 bearbeitet]
Don_Tomaso
Inventar
#379 erstellt: 03. Nov 2019, 13:18

andreas3 (Beitrag #375) schrieb:
...
Andy Sheppard - Movements In Colour
ECM 2062 (2009)

Andy Sheppard - soprano and tenor saxes
John Parricelli - acoustic and electric guitars
Eivind Aarset - electric guitar, electronics
Arild Andersen - double bass, electronics
Kuljit Bhamra - tabla, percussion
...

Grüße!

Ganz toller Tip, danke dafür. Ich denke mal, die CD kommt ins Haus.
arnaoutchot
Moderator
#380 erstellt: 03. Nov 2019, 14:46
Ich wollte aus Gründen der Vielzahl von Stanko-Platten die beiden folgenden schon übergehen, aber das würde ihnen nicht gerecht werden. Schliesslich ist aus dem Stanko Quartet der frühen 2000er das Marcin Wasilewski Trio hervorgegangen, dessen Platten bei ECM zumindest mir ausgezeichnet gefallen. Wir kommen bei W dazu. Insofern ist also bei beiden Stanko (tp), Marcin Wasilewski (p), Slawomir Kurkiewicz (b) und Michal Miskiewicz (dr) zu hören.

Beide Alben Soul of Things (ECM 1788, 2002) und Suspended Night (ECM 1868, 2004) machen es dem Hörer nicht ganz leicht, da Stanko weitgehend auf Titel für seine Stücke verzichtet und nur noch durchnumeriert. Auch gibt es keine Fremdkompositionen mehr, man taucht komplett in die abstrakte Gedankenwelt des Trompeters ein. Das kann aber eine sehr spannende Erfahrung sein, wenn man etwas Bereitschaft dazu mitbringt.

Eine Stanko hab ich noch ...

jpc.de jpc.de
Mr._Lovegrove
Inventar
#381 erstellt: 04. Nov 2019, 10:30
Wie Michael schon erwähnte, bespreche ich nun die beiden Alben von Shankar, die dieser zusammen mit Jan Garbarek aufgenommen hat.
Zunächst ist der 1950 geborene Lakshminarayana Shankar, so sein voller Name, ein Pionier und ein indischer Weltstar, auch wenn ihn die meisten hierzulande nicht kennen. Er entwickelte eine 10- saitige E- Doppelvioline, mit der er nie zuvor gehörte Sounds produzierte. Ferner gründete er zusammen mit John McLaughlin die Jazzrockfusionband Shakti, spielte zusammen mit Peter Gabriel den Oscar- prämierten Soundtrack zu "Die letzte Versuchung Christi" ein und war auch sonst an Alben beteiligt, die sich in Summe weltweit um die 100 Millionen Mal verkauft haben. Und er spielte insgesamt 7 Alben für ECM an, von denen zwei hier zum Thema werden.

vision
Shankar
Vision
ECM 1261, 1984

Shankar 10-String Stereophonic Double Violin, Percussion
Jan Garbarek Tenor Saxophone, Soprano Saxophone, Bass Saxophone, Percussion
Palle Mikkelborg Trumpet, Flugelhorn

Die Erste Zusammenarbeit mit Jan Garbarek kann nur als äußerst gelungen bezeichnet werden. Das so ungewöhnliche Trio, in dem noch der dänische Trompter Palle Mikkelborg als Vertreter der nordischen Moderne mit von der Partie ist, entwickelt einen teils düsteren und zeitlupenartigen Songzyklus, in dem jeder der Drei gleichgewichtiges hinzufügt. Shankar nutzt die enormen Möglichkeiten seiner E-Violine voll aus, grundiert seine Soli mal mit voll klingenden Pizzicati, mal mit dem typischen Säuseln dieses Instrumentes. Er baut die Lieder eher aus der Tiefe auf, gibt Garbarek und Mikkelborg viel Raum. Im über 13- minütigen Titelstück tauchen die drei fast schon rauschhaft und sphärische Tiefen ein, während der "Psychic Elephant" als eine harmonische Ode an Shankars Heimat Indien erklingt, die die beiden Bläser quasi als Besucher erkunden. Erstaunliches leisten Shankar und Garbarek im übrigen auch als Percussionisten, denn auch hier verbinden sie völlig differierende Stilistiken zu einer wundersamen Melange.
Fun Fact nebenbei: Man hört Garbarek hier zum ersten und einzig Mal auf dem Basssaxofon!
Von den beiden Kollaborationen ist diese erste sicher auch die spannendere, während die zweite schließlich mehr Meinungsteilung führen wird.

sfe
Shankar
Song for Everyone
ECM 1286, 1985

Shankar 10-String Double Violin, Drum Machine
Jan Garbarek Soprano Saxophone, Tenor Saxophone
Zakir Hussain Tabla, Congas
Trilok Gurtu Percussion

Denn Kritiker werden Garbarek hier wieder vorwerfen, er überblase den durchaus spannenden Ansatz Shankars, aber dem würde ich entgegnen, dass genau daraus dieses Album seinen Reiz entwickelt. Viel gewöhnungsbedürftiger ist sicherlich der massive Einsatz von Shankars eigenem Drumcomputer. Aber immerhin sind da ja noch die beiden Weltstars der Percussion, Zakir Hussain und Trilok Gurtu. Und so entspinnt man zusammen eine Art hochmoderner Weltmusik, die den Hörer entweder abstößt und ihn in seinen Bann zieht. Wenn man sich darauf einläßt, wird man von exotischen Harmonien fernab westlicher Gewohnheiten umschwärmt, wird man von Shankars fast schon rauschhafter Geige hypnotisiert und erlebt einen Jan Garbarek, der gar schon lieblich und verträumt diese Geige umspielt (und das meine ich positiv). Und die beiden Percussionlegenden arrangieren sich wunderbar mit dem Drumcomputer und werden auch sonst ihres Rufes als innovative Gestalter gerecht.
Aber wie schon gesagt, diese Platte ist extrem polarisierend und meine Worte können bei Ersthörern auch Kopfschütteln produzieren. Aber eines ist dies dennoch auf keinen Fall: Billige und kitschige Worldmusicsoße. Hier spielen immerhin vier Legenden und haben eine Idee.
Und für Garbarek selbst scheint die Platte durchaus Gewicht zu haben, immerhin hatte er für seine Tour Mitte der 2000er den Opener "Paper Nut" als ebensolchen für seine Konzerte auserkoren.

Uabhängig der Musik übrigens halte ich die beiden Cover der Platten für äußerst gelungen. Beide wunderbaren Fotos stammen von Petra Nettelbeck. Barbara Wojirsch war für das Layout der "Vision" zuständig, Dieter Rehm betreute die "Song for everyone".


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 04. Nov 2019, 10:42 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#382 erstellt: 04. Nov 2019, 23:19

Mr._Lovegrove (Beitrag #381) schrieb:
Viel gewöhnungsbedürftiger ist sicherlich der massive Einsatz von Shankars eigenem Drumcomputer.


Das ist allerdings richtig. Ich konnte mich zunächst nicht entscheiden, was schlimmer ist bei dieser Platte: Der Drum-Computer oder Garbareks Getröte ! Michael, Du darfst Dich freuen, ich fand den Drum Computer noch schlimmer ... geht gar nicht ! Erinnert mich daran, dass ich die CD noch aussortieren muss.

Hier noch eine letzte Stanko aus meinem Fundus, zu der ich ehrlich gesagt bislang noch keinen rechten Zugang finden konnte: Wislawa (ECM 2CD 2304/05, 2013). Hier jetzt mit einem amerikanischen Quartett, Stanko (tp), David Virelles (p), Thomas Morgan (b), Gerald Cleaver (dr). Es mag die absolute Länge der Doppel-CD sein, aber trotz mehreren Anläufen erschliesst sie sich mir noch nicht. Mag aber an mir liegen, ich versuche es weiter.

jpc.de
Mr._Lovegrove
Inventar
#383 erstellt: 05. Nov 2019, 10:00

arnaoutchot (Beitrag #382) schrieb:

Michael, Du darfst Dich freuen, ich fand den Drum Computer noch schlimmer ... geht gar nicht ! Erinnert mich daran, dass ich die CD noch aussortieren muss.

Da habe ich ja nochmal Glück gehabt!
arnaoutchot
Moderator
#384 erstellt: 05. Nov 2019, 18:31
Siehst Du, was Recht ist, muss Recht bleiben ... Ich hab's ja nicht geglaubt, als ich diesen Drum Computer auf so einer Platte das erste mal gehört habe.

Hier aber etwas ohne solche Mätzchen: Dino Saluzzi - Once Upon a Time - Far Away in the South (ECM 1309, 1986). Die auf den ersten Blick etwas zwanghaft aussehende Kopplung von Saluzzi (bandoneon) mit Palle Mikkelborg (tp), Charlie Haden (b) und Pierre Favre (perc) resultiert in einer über weite Strecken verträumten, melancholischen und wunderschönen Platte, die die Charaktere der beteiligten Musiker im besten Licht präsentiert. Herausragend ist die Version von Hadens Silence, die den Mittelpunkt des Albums darstellt; Silence ist für mich eine der schönsten (traurigen) Kompositionen des balladesken Jazz, Haden hat sie ja viele Male in unterschiedlichen Besetzungen aufgenommen. Ein Kleinod.

Hier sei auch der Verweis auf Saluzzis gute Kooperation mit Wolfgang Dauner und Charlie Mariano One Night in '88 und weitere für das Label mood erlaubt, die inhaltlich auch ohne weiteres auf ECM hätten erscheinen können.

jpc.de
Mr._Lovegrove
Inventar
#385 erstellt: 06. Nov 2019, 16:37
Ich habe es gerade gelesen:
Gestern verstarb im Alter von nur 75 Jahren der große Jan-Erik Kongshaug. R. I. P!
Mr._Lovegrove
Inventar
#386 erstellt: 07. Nov 2019, 11:24
Dann möchte ich mal mit einer Aufnahme, die Kongshaug wie üblich hervorragend betreut hat, weitermachen und zu John Surman kommen.
js
John Surman
Adventure Playground
ECM 1463, 1992

John Surman - Baritone Saxophone, Soprano Saxophone, Bass Clarinet
Paul Bley - Piano
Gary Peacock - Bass
Tony Oxley - Drums

Der britische Saxophonist und Innovator des modernen Jazz ist hier erneut mit Paul Bley zu hören, mit dem er schon auf dessen Quartettaufnahmen 1986 und 1987 zu hören war. Das nun zusammengestellte Quartett hat übrigens exakt ein Jahr später, am 01.09.1993, eine weitere Platte, nämlich "In the evenings out there" (ECM 1488) veröffentlicht.
Und Surman und Bley sind einfach zwei Brüder im Geiste, deren Denkweise in ein und dieselbe Richtung geht. Beide haben sich einer modernen und selbst in swingenden Momenten immer abstrahierten Spielweise verschrieben, die extrem vielschichtig ist. Diese Swingabstraktion ist wunderbar auf dem Stück "Figfoot" zu vernehmen, einem im mehrfachen Sinne komischen Blues.
Aber das eigentliche Thema dieses Albums ist, wie so oft, die Freiheit und die Grenzauslotung dieser. Und dort sind Surman und Bley, aber auch Peacock und der polyrythmisch versierte Oxley einfach in ihrem Element, nehmen den Hörer mit auf eine Reise in dieser so weite definierte Ferne. Surman ist unter den freigeistigen Saxophonisten ja der mit Abstand poetischste und lyrischste Spieler, der auch fernab jeder Melodieführung und Harmonie noch Geschichten erzählen kann und bildhaft bleibt. Und entweder "unterhält" er sich kongenial mit Peacock, "diskutiert" mit Bley oder vollführt unterstützte Monologe von ausserordentlicher Tiefe.
Ich habe ehrlicherweise keine weiteren Leaderalben von Surman und bin kein großer Kenner seiner Diskografie, aber diese Platte ist ein brillantes Highlight und ich bin mir sicher auch für Kenner ein hervorragendes Beispiel seiner Kunst.
andreas3
Inventar
#387 erstellt: 07. Nov 2019, 18:22
John Surman begegnete ich zum ersten Mal auf John McLaughlin´s Extrapolation, die für mich heute noch zu seinen besten Aufnahmen zählt, ebenfalls mit Tony Oxley am Schlagzeug. Die werde ich mir besorgen, danke für den Tipp!

Hier läuft gerade eine seiner Soloplatten:

private city

John Surman - Private City
ECM 1366 (1987)

Teile des Werks wurden 1987 für eine Ballettchoreographie geschrieben, die ebenfalls Private City benannt wurde. Und passend dazu kommt das Werk tendenziell eher romantisch, rhythmisch und wohlklingend daher, die Mischung seiner verschiedenen Blasinstrumente und dem Synthesizer ergibt Klänge, die man in manchen Passagen auch in der Klassik verorten könnte. Dann aber auch Synthie- Loops, die eher in Richtung "New Age" verweisen, aber durch Surmans Saxophon davor bewahrt werden, ins Seichte abzudriften. Ein schönes, gefühlvolles Album, hervorragend aufgenommen im Rainbow Studio Oslo von Jan Erik Kongshaug.

Grüße!
arnaoutchot
Moderator
#388 erstellt: 07. Nov 2019, 19:35
Zuerst nochmals zu Jan-Erik Kongshaug: Ja, ein zu früher Tod. Möge er in Frieden ruhen. Er war tatsächlich hinter den Reglern an vielen erfolgreichen ECM-Produktionen massgeblich beteiligt (Discogs sagt, bei 125 Platten in meiner Sammlung, davon fast alles ECM). Ich habe vor nicht allzu langer Zeit seine Solo-Platte The Other World aus dem Jahr 1999 erworben, die allerdings nicht bei ECM, sondern bei ACT erschien. Warum nicht bei ECM, weiss ich nicht. Vielleicht wollte er es absichtlich trennen. The Other World eben, er als performender Gitarrist und nicht als Tontechniker. Worth a listen.

Schön, dass ihr schon mit John Surman angefangen habt. Ich habe eine ganze Menge Platten von ihm, auf ECM und auch davor auf anderen Labeln. Ich greife einfach mal drei meiner Lieblingsplatten heraus, die alle drei einen starken Bezug zu der Gegend in England haben, aus der er stammt, nämlich der äusserste Südwesten des Königreichs, Cornwall. Um genau zu sein ist er zwar aus Tavistock, das ist schon über der Grenze in Devon, aber seine Bezugspunkte gehen eindeutig in Richtung Cornwall.

Seine erste Solo-Platte auf ECM Upon Reflection (ECM 1148, 1979) finde ich nach wie vor in ihrer Ausgewogenheit zwischen modern klingenden Synthesizer-Loops und ursprünglichen folkloristischen Jigs auf dem Sopransaxophon solo unübertroffen. Ich hab sie schon seit Erscheinen als LP (und später als CD) und sie gehört seitdem zu einer meiner Lieblings-ECM-Platten. Das Konzept der Soloplatten änderte sich nicht sonderlich stark, aber irgendwie brachte er immer neue Aspekte. The Road to St. Ives (ECM 1418, 1990) hat als Titel der Stücke ausschliesslich Orte in Cornwall, an einigen bin ich selbst schon gewesen, dadurch entwickelt sich natürlich eine gewisse notalgische Verbundenheit mit der Musik. Schliesslich sei noch die relativ neue Saltash Bells (ECM 2266, 2012) erwähnt, auf der ihn sein Sohn in die Möglichkeiten von Software-Synthesizern eingeweiht hat (im Gegensatz zu den von ihm auf den alten Platten verwendeten Analog-Synthesizern). Das bietet neue Soundscapes, über die er mit den Saxophonen und Bass-Klarinette improvisiert. Das letzte Stück auf der Platte heisst Sailing Westwards und klingt fast wie ein sich schliessender Kreis zu seinem ersten Solo-Album Westering Home, das allerdings 1972 bei Island erschien (auch sehr empfehlenswert). Jedenfalls hat er seit Saltash Bells kein weiteres Solo-Album mehr aufgenommen.

amazon.de

jpc.de jpc.de
arnaoutchot
Moderator
#389 erstellt: 08. Nov 2019, 19:59
Ich lasse es bei John Surman mal damit bewenden, obwohl ich noch einiges hätte ...

Hier eingeschoben eine Platte, die mir beinahe durchgerutscht wäre: Jiri Stivin & Rudolf Dašek - System Tandem (JAPO 60008, 1975). Sehr schöne Duo-Platte der beiden tschechischen Musiker, Stivin an Block- und Querflöten und Saxophonen, Dašek an der Gitarre. Ich hab das Duo in den 1980ern mehrfach live gesehen, das war immer sehr unterhaltsam, weil Stivin auch ein rechter Komödiant ist. Jazz ist ohnehin nur ein Betätigungsfeld von Stivin, er ist auch in Barock- und Renaissancemusik firm. Die o.g. Platte finde ich auf jeden Fall sehr gelungen. Sie ist allerdings nie auf CD erschienen.

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andreas3
Inventar
#390 erstellt: 08. Nov 2019, 21:50
Guten Abend!

karta

Markus Stockhausen - Karta
ECM 1704 (2000)

Markus Stockhausen - trumpet, fluegelhorn, piccolo trumpet
Terje Rypdal - electric guitar
Arild Andersen - double bass
Patrice Heral - drums, percussion, live electronics

Überwiegend Gruppenimprovisationen, die wohl allen sechs beteiligten großen Spaß gemacht haben. Im Booklet finden sich sieben Schwarzweissfotos, die Manfred Eicher, Jan Erik Kongshaug und die vier oben genannten Herren einträchtig, konzentriert und guter Laune in einer Aufnahmepause (Eicher hat sich Andersen´s Bass gegriffen und jammt mit Rypdal, Stockhausen greift zur Trompete, der Rest amüsiert sich sichtlich) und später beim Mix einträchtig am Mischpult zeigen. Musikalisch überwiegen ruhige, athmosphärische und sich langsam vorantastende Phasen, eher selten heftigere Töne, Heral und Rypdal lassens auch mal krachen, insgesamt ein Album zum Lauschen.

Grüße!


[Beitrag von andreas3 am 08. Nov 2019, 21:52 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#391 erstellt: 09. Nov 2019, 10:31

andreas3 (Beitrag #390) schrieb:

Überwiegend Gruppenimprovisationen, die wohl allen sechs beteiligten großen Spaß gemacht haben. Im Booklet finden sich sieben Schwarzweissfotos, die Manfred Eicher, Jan Erik Kongshaug und die vier oben genannten Herren einträchtig, konzentriert und guter Laune in einer Aufnahmepause (Eicher hat sich Andersen´s Bass gegriffen und jammt mit Rypdal, Stockhausen greift zur Trompete, der Rest amüsiert sich sichtlich) und später beim Mix einträchtig am Mischpult zeigen.

Die Fotos sind mir nie aufgefallen; wahrscheinlich hatte ich nie in das Booklet geschaut. Aber auf jeden Fall eine extrem starke Platte, die mit "Seizopen" einen unglaublich atmosphärischen Opener hat, der auf keiner ECM- Playlist fehlen darf. Wer auf freier improvisierte Musik mit Tiefgang und ohne Anflug von Lärmattacken steht, sollte hier zugreifen.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 09. Nov 2019, 10:36 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#392 erstellt: 09. Nov 2019, 13:01
Eine kurze Zwischenmeldung in Sachen ECM Neuigkeiten betreffend des 50 Jahre Jubiläums:
Manfred Eicher bringt als Highlight für Sammler Mal Waldron "Free at last" (ECM 1001, 1970) als Extended Edition Doppel LP raus. VÖ ist der 15.11. Enthalten sind neben dem kompletten allerersten Album des Labels auch Bonustracks und die originale Artwork inkl. des ursprünglichen Labellogos.
Mr._Lovegrove
Inventar
#393 erstellt: 10. Nov 2019, 10:40
Ein Must- Have für ECM Sammler und Fans ist sicherlich die Doppel- CD von Manfred Schoof.
res
Manfred Schoof
Resonance
ECM 2093/94, 2009

Manfred Schoof Trumpet, Flugelhorn
Michel Pilz Bass Clarinet
Jasper van't Hof Piano, Electric Piano, Organ
Rainer Brüninghaus Piano, Synthesizer
Günter Lenz Double-Bass
Ralf-R. Hübner Drums

Auf dieser Zweierset gibt es die drei Alben, die das Quintett um den begnadeten Trompeter für JAPO aufgenommen hat, nahezu komplett zu hören. Diese drei Alben sind:
sca ll hor
Scales, JAPO 60013, 1976
Light Lines, JAPO 60019, 1978
Horizons, JAPO 60030,

Warum die "Horizons" nicht komplett übernommen wurde, ist mir zwar rätselhaft, denn Platz wäre genug gewesen, aber dennoch ist der Twofer eine über zweistündige Entdeckungstour durch einen faszinierenden Sound, den Schoof extrem versiert und stilsicher zwischen atmender Schönheit und wilder Freiheit gesetzt hat. Und besser als Schoof es im Booklettext beschrieben hat, könnte ich es auch nicht sagen, weshalb ich ihn mal (verkürzt) zitiere:
"Die Musik auf diesen CDs ist zeitgenössisch und frei im besten Sinne; mehr noch, sie ist zeitlos.......So wird die Tradition als Erfahrung der Vergangenheit betrachtet, die Bestandteil einer neuen Klanglichkeit wird.
Einer Klanglichkeit, in der harmonische Soundwelten neben atonalen Kollektivimprovisationen stehen, und Ruhe neben Eruption. Wechsel zwischen rhythmisch freien und gebundenen Teilen, pulsierender Textur und der Spannung, der Elektrisierung eines zyklischen Rhythmus sind selbstverständlich. Sie schließen sich nicht aus. Im Gegeteil, es erschließt sich eine musikalisch reiche Szenerie....."
Mehr kann man dem eigentlich nicht hinzufügen, außer dass Schoof Musiker um sich geschart hat, die genau diese Idee in faszinierender und virtuoser Weise umsetzen konnten. Ganz besonders van´t Hof brilliert an Piano und E-Piano, aber es ist prinzipiell eine Kollektivleistung, die diese Musik so vereinnahmend wirken lässt.
Und auch klanglich wissen die Aufnahmen aus dem Tonstudio Bauer, Ludwigsburg deutlich zu überzeugen. Fantastisch!


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 10. Nov 2019, 10:42 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#394 erstellt: 10. Nov 2019, 21:39

Mr._Lovegrove (Beitrag #393) schrieb:
Ein Must- Have für ECM Sammler und Fans ist sicherlich die Doppel- CD von Manfred Schoof - Resonance.


Absolute Zustimmung. Hervorragende Wiederveröffentlichung. Ostinato von Scales gehört zu einem der faszinierendsten Stücke des ECM-Katalogs für mich.

Nun noch ein paar Worte zu Bobo Stenson (der übrigens in den 1960ern auch mal kurzzeitig mit Manfred Schoof gespielt hat ). Bei ECM sind unter seinem Namen etliche Piano Trios veröffentlicht worden. Ich will daraus exemplarisch wieder drei vorstellen.

Begonnen hat es 1971 mit dem superben Album Underwear (ECM 1012, 1971) mit Arild Andersen (b) und Jon Christensen (dr). Nordischer Jazz im Aufbruch, sehr interessant, man merkt, wie die Musiker versuchen, das Korsett Piano Trio aufzubrechen, ohne aber strukturelle Zuammenhänge völlig aufzugeben. Ich denke, wer die Platten des Trios mit Rypdal oder Garbarek aus dieser Zeit mag, sollte hier richtig sein. Leider gibt es - wenn ich Discogs glauben darf - nach wie vor nur eine LP und eine japanische CD - wurde die wirklich in Europa nie auf CD veröffentlicht ? Ich habe die LP.

Ein Sprung um 30 Jahre ins Jahr 2000, zu Serenity (ECM 1740/41, 2000). Anders Jormin nimmt die Bassrolle ein, Jon Christensen nach wie vor an den Drums. Stenson ist gereift, er bezieht kompositorische Einflüsse von Wayne Shorter, Hanns Eisler, Alban Berg, Charles Ives in die Stücke der Gruppe mit ein und lässt allem viel Raum. Anspieltipp: Seine Eigenkomposition Golden Rain ist traumhaft schön ! Trotz 90 Minuten Laufzeit der gesamten Platte keine Minute Langeweile.

Schliesslich nochmals 12 Jahre weitergesprungen zur bisher vorletzten Platte des Trios Indicum (ECM 2233, 2012). Jormin unverändert am Bass, Jon Fält am Schlagzeug. Inhaltlich nochmals ein Stück mehr zurückgenommen und nachdenklicher, mit Ermutigung gibt es sogar ein Stück von Wolf Biermann ! Feiner subtiler Piano Trio Jazz. Klanglich trotz Nichtverwendung der Stamm-Studios in Ludwigsburg und Oslo einwandfrei, sie ist in Lugano aufgenommen.

R-531228-1443276309-4785.jpeg

jpc.de jpc.de
andreas3
Inventar
#395 erstellt: 11. Nov 2019, 22:47
Guten Abend,

Mr._Lovegrove schrieb:

Die Fotos sind mir nie aufgefallen; wahrscheinlich hatte ich nie in das Booklet geschaut.


Genau das mache ich regelmäßig beim ersten Hören..

Einen Musiker möchte ich nicht vorenthalten:

time is a blind guide

Thomas Stroenen - Time Is A Blind Guide
ECM 2467 (2016)

Thomas Stroenen - drums, percussion
Kit Downes - piano
Häkon Aase - violin
Lucy Railton - cello
Ole Morten Vágan - double bass
Siv Oyunn Kjenstad - percussion
Steinar Mossige - percussion

Wer denkt, dass bei einem Drummer als Bandleader und Komponist nebst zweier Percussionisten automatisch die Post abgeht, wird hier eines bessern belehrt: Stroenen malt mit zarten Farben, sein Spiel häufig reduziert, fragmenthaft. Er lässt sich Zeit, erhöht allmählich die Spannung, steigert, verdichtet, bis er endlich das Motiv preisgibt. Jeder Ton, jeder Trommel- oder Beckenschlag scheint genau auf den Punkt gesetzt. Dass Stroenen ein äußerst phantasievoller und auch wieselflinker Schlagzeuger ist, steht nicht im Vordergrund, wird aber in manchen Passagen sehr deutlich präsentiert. Kit Downes gefällt mir sehr gut. Schöne Melodien gibts gelegentlich auch. Wer sich nicht an den Streichern stört, sollte mal reinhören, und wem Shankar gefällt, erst recht!

Grüße!
arnaoutchot
Moderator
#396 erstellt: 12. Nov 2019, 21:05
Kurzer Einschub: Dieser Thread und seine verheerenden Folgen ! Stiess heute in 2nd Hand auf die beiden unten gezeigten Platten, die hier beide im Thread schon aufkamen, und sich nicht in meinem Besitz befanden. Jetzt schon Im Falle der Dauner - Output (ECM 1006, 1970) ein kostspieliges Unterfangen, sie ist laut Discogs sofort als meine teuerste ECM-Platte an die Spitze geschossen . Ist nie als CD erschienen und auch nach 1970 so gut wie nicht mehr neu aufgelegt worden. Die Old and New Dreams - s/t (ECM 1154, 1979) wähnte ich in meinem Besitz, als wir bei O waren, aber habe festgestellt, dass ich eine blosse analoge Cassetten-Kopie habe. Nun, jetzt habe ich nachgebessert, eine superbe Platte, vermutlich sogar die beste der vier Platten des Quartetts (es gibt zwei auf ECM und zwei auf Soul Note).

Generelle Frage: Bei S habe ich Surman und Stenson nur ausschnitthaft vorgestellt ... ist das im Sinne der Teilnehmer hier, oder soll ich noch weitere Platten der zwei besprechen ? Ansonsten käme ich noch zu Trygve Seim und Leo Smith. Steve Swallow anyone ?

IMG_0278 2
Mr._Lovegrove
Inventar
#397 erstellt: 12. Nov 2019, 21:09
Von mir aus kannst du gerne noch bei Surman und Stenson in die Tiefe gehen.
andreas3
Inventar
#398 erstellt: 12. Nov 2019, 22:28
Ja es ist schrecklich, gestern musste ich mir zwanghaft Manfred Schoof bestellen, obwohl ich von ihm bisher nur den Namen kenne. Ich habe mich für LP entschieden und mit Scales begonnen, und bin sehr gespannt..

Zum S habe ich glaube ich nichts mehr, und ja, von Surman und Stenson gerne mehr, da gibts auch noch Nachholbedarf meinerseits.

Grüße!
arnaoutchot
Moderator
#399 erstellt: 12. Nov 2019, 23:44
Na gut, ihr habt es so gewollt.

Dann nochmals John Surman, diesmal mit Jack De Johnette als Duo-Partner in The Amazing Adventures of Simon Simon (ECM 1193, 1981). Inhaltlich wieder die für Surman typischen englische Motive, arrangiert in einer neunteiligen Suite. DeJohnette's Drums bringen einerseits etwas Bodenhaftung, manchmal aber für mich auch ein bisschen Störung in die Surmanschen Klangwelten. Muss aber sicherlich jeder selbst für sich hören und entscheiden. Surman verwendet weniger Synthesizer als auf anderen Werken, eigentlich nur als Intro der beiden Plattenseiten. Interessant ist es allemal. Ich habe noch die Original-LP, aber die Platte erschien dieses Jahr auch im Rahmen der Touchstones wieder als CD.

jpc.de


[Beitrag von arnaoutchot am 13. Nov 2019, 09:51 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#400 erstellt: 13. Nov 2019, 09:02

arnaoutchot (Beitrag #396) schrieb:
Im Falle der Dauner - Output (ECM 1006, 1970) ein kostspieliges Unterfangen, sie ist laut Discogs sofort als meine teuerste ECM-Platte an die Spitze geschossen

Puh, als ich die Preise bei Discogs gesehen hatte, wurde mir ganz schwindelig. Aber sie ist ja auch wirklich rar, stimmt schon.
arnaoutchot
Moderator
#401 erstellt: 13. Nov 2019, 12:28
Habe aus Spass mal bei Discogs meine ECM-LPs nach mittlerem Verkaufspreis über die Plattform sortiert. Die Top 5 wären demnach

1. Dauner - Output (€ 65)
2. Garbarek - Afric Pepperbird (€ 39)
3. Naura - Vanessa (€ 35)
4. Phillips - Call Me When You Get There (€28)
5. Rypdal - Odyssey (€ 25)

Bei Nummer 1, 3 und 4 verstehe ich es, die sind wohl nie offiziell als CD erschienen. Reich wird man mit ECM-Vinyl (im Vergleich zu manch raren Pressungen im Pop-Rock-Sektor) allerdings nicht wirklich ...

Noch eine letzte John Surman. Die Private City hat Andreas freundlicherweise schon übernommen, die Withholding Pattern (ECM 1295, 1985) ist relativ ähnlich zu der o.g. Upon Reflection und sei hier nur kurz erwähnt. Die Brass-Projekte mit seinem alten Weggefährten John Warren aus Tales of the Algonquin-Zeiten stehen auch bei mir noch auf der Wishlist.

Surman wirkte mit bei dem John Dowland Project - Care-Charming Sleep (ECM 1803, 2003), bei dem Lautenstücke von Dowland, da Rore, Purcell, Monteverdi etc. in ein sanft-zeitgenössisches Konzept eingebettet wurden. John Potter vom Hilliard Ensemble übernahm die Gesangsparts, der klassische Lautenist Stephen Stubbs und Spezialisten für Cross-over wie der Free-Jazz-Bassist Barry Guy und dessen Frau Maya Homburger an der Barockgeige vervollständigen das Ensemble. Surman bläst hier einige einfühlsame Soli, die gut zu dem Renaissance-Hintergrund passen. Alles in allem eine von mir sehr geschätzte Platte, wenn auch ausserhalb des ECM-Jazz-Katalogs.

jpc.de
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