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ECM, die Edition of Contemporary Music und ihre Platten

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arnaoutchot
Moderator
#201 erstellt: 14. Aug 2019, 11:12
Danke, Maik. Sehr schön, wusste ich nicht, dass es die bei Amiga gab. Sehr authentisches Bild, links altergerecht vergilbt ... oder war das der Rauch der F6-Zigaretten ?

Fügen wir dem Mann am Klavier mal einen Duo-Partner hinzu. Es gab eine frühe Platte von Jarrett mit Jack De Johnette - Ruta and Daitya (ECM 1021, 1973), die ich nicht habe und an die ich mich ehrlich gesagt von früher auch nicht mehr erinnern kann - Kennt die jemand ?

Viele Duos hat Jarrett nicht gemacht. Die für mich denkwürdigste war die intime Begegnungen, die er mit Charlie Haden im März 2007 in seinem Heimstudio hatte und die 2010 als Jasmine (ECM 2165) und 2014 als The Last Dance (ECM 2399) erschien. Wunderbar ruhige und abgeklärte Musik von zwei gereiften Herren, die sich ein Leben lang kannten und einfach nur Spass hatten, zusammen zu spielen. Und sollte jemand Jarrett Extrovertiertheit oder Showmanship vorwerfen, so wird er hier eines Besseren belehrt.

jpc.de jpc.de
sowento
Hat sich gelöscht
#202 erstellt: 14. Aug 2019, 19:58
sorry,aber was hatte ich schon Diskussionen über Mister Jarrett,wenn es mal etwas zu viel wurde,legte ich meistens No End auf,t`ja dann fing es so richtig an,mit Haarspaltereien,Fachidiotie,Lehramtsmeinungen und was weiss ich noch,egal



KEITH-JARRETT-No-End
arnaoutchot
Moderator
#203 erstellt: 14. Aug 2019, 20:33
Kannst Du noch etwas mehr zu der Platte sagen ? Zumindest ich verstehe nicht ganz, auf was Du hinaus willst ?
sowento
Hat sich gelöscht
#204 erstellt: 14. Aug 2019, 20:43
ach so Hamburg 72 war auch noch so ein Fall.,oder,was er war bei Miles?

Aber ein absolut bemerkenswerter Musikant,jedoch für mich durch seine esoterischen Vorgehensweise der letzten Jahrzente nicht mehr interessant,sorry,Jarrett Fans.


[Beitrag von sowento am 14. Aug 2019, 20:54 bearbeitet]
sowento
Hat sich gelöscht
#205 erstellt: 14. Aug 2019, 20:53
zu No End,
einfach etwas anderes,brauche beim besten Willen nicht unzählige Solo Piano Scheiben.Es ist ja schön wenn er auf allen Bühnen der Welt schon wahr.
Aber die Größe die er hat, wäre es doch möglich,mal wieder eine Hammer Platte rauszubringen.Junge mega talentierte Musiker gibt's doch zu hauf.
arnaoutchot
Moderator
#206 erstellt: 14. Aug 2019, 21:07
Na dann. Klingt ja alles fundiert. Hast Du verstanden, worum es hier in diesem Thread geht ? Hast Du ihn wenigstens ansatzweise gelesen, bevor Du gepostet hast ?
Mr._Lovegrove
Inventar
#207 erstellt: 15. Aug 2019, 09:12
@sowento: So ganz schlüssig bin auch ich nicht, was du uns mitteilen willst. Aber wenn du Alben bezüglich des Threadthemas postet, dann würde ich als TE mich freuen, wenn du dich an die festgelegten Grundsätze hältst; also nicht nur das Cover und den Albumtitel posten, sondern nochmals Interpreten, ECM Katalognummer und Erscheinungsjahr dazu. Das ist auch bezüglich der Suchfunktion sehr sinnvoll.

Und letztlich polarisiert Jarrett bekanntlichermaßen (ähnlich wie Garbarek). Dennoch ersehe ich es als sinniger an, hier keine Grundsatzdiskussionen über das Für und Wieder eines Musikers zu beginnen, sondern nah beim Threadthema zu bleiben. Schließlich soll dieser Faden hier u.a. als Inspiration für Musikfreunde dienen, die tiefer in das Universum von ECM eindringen wollen. Da nützen sachferne Kommentare wenig. Wenn man einmal kurz erwähnt, dass man mit dem einen oder anderen Musiker nix anfangen kann, ist das OK, aber dann sollte man denjenigen, die diesen Teil des Threadthemas mit Leben füllen wollen, auch einfach kommentarfrei ihren Raum geben oder seine Kritik systematisch anhand nachvollziehbarer Beispiele innerhalb einer Plattenbesprechung äußern. Das ist von mir auch nicht böse oder ausgrenzend gemeint, aber nur so wird dieser Thread weiterhin allen viel Spaß bereiten.

Herzlichen Dank!


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 15. Aug 2019, 11:20 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#208 erstellt: 15. Aug 2019, 11:56
Michael, volle Zustimmung. So wie von Dir zusammengefasst sollte der Thread verstanden werden. Leider gibt es hier im Forum immer wieder Kandidaten, die ohne sich mit den Zusammenhängen zu befassen, eben gerne etwas absondern. Lesen und fokussieren ist eben manchmal schwer !

Der Vorredner erwähnte aber die Hamburg 72. Das ist sogar (zufällig) eine ganz gute Überleitung zu den Trios. Ich habe die Platte nach Erscheinen im Was hört ihr gerade-Thread gepostet, das erlaube ich mir nochmals herzuholen.


Eben hier verklungen: Keith Jarrett - Charlie Haden - Paul Motian - Hamburg 1972 - ECM 2422 (2014). Zurecht ausgegrabene Trio-Live-Aufnahme des frühen Jarrett von 1972. Es ist eine etwa einstündige Performance, die Jarrett neben Klavier auch ausgiebig an Sopransaxophon und einigen Flöten zeigt. Haden steht leider für mich etwas zu sehr im Hintergrund, Motian zeigt seine unglaubliche Bandbreite von fein ziselierter Percussion bis zu einem schon fast rockhaften Schlagzeug. Musikalisch reicht es von lyrisch balladesken Momenten bis zu freien Szenen, zB in der Hommage "Piece for Ornette", in der Jarretts Sopransax fast Coltranesche Expressivität annimmt. Klanglich ist es gut hörbar, Jarrett's Piano ist für eine Live-Aufnahme sogar gut abgebildet, Motian's Becken klingen etwas blechern, aber erträglich. Fazit: Ein wichtiges und hörenswertes Live-Dokument dieses Trios.

jpc.de
sowento
Hat sich gelöscht
#209 erstellt: 15. Aug 2019, 15:29
arnaoutchot sagte:
eben gerne etwas absondern
in welcher Welt lebt Ihr eigentlich.
euer Thread,arrividercie
arnaoutchot
Moderator
#210 erstellt: 15. Aug 2019, 19:14
Eigentlich wollte ich dem letzten Beitrag sofort als Off-Topic zurückgeben. Aber die anderen Thread-Teilnehmer sollen das ruhig sehen. Keiner Deiner drei (!) Beiträge weiter oben zeugt von nur irgendeiner annähernden Beschäftigung mit dem Thread-Thema und der Art , wie wir hier vorgehen. Der Thread-Ersteller hat sich hier eine grosse Mühe gemacht, eine strukturierte Vorstellung der Platten des ECM-Labels zu starten. Hierbei haben wir uns auf eine bestimmte Form geeinigt. Deine "abgesonderten" und hingerotzten Beiträge zu dem, was Dir gerade bei Jarrett durch den Kopf geht, deuten nicht darauf hin, dass Du Dich nur annähernd mit dem Thread-Thema befasst hast. Insofern nehme ich Deine Verabschiedung gerne an, wir kommen - glaube ich - hier auch gut ohne Dich aus.

Bitte keine Nachlese hier im Thread, das werde ich definitiv ablehnen. Wenn Du noch etwas erörtern willst, dann schick mir eine PM.

Michael - Moderation.
Mr._Lovegrove
Inventar
#211 erstellt: 15. Aug 2019, 20:29
Nun, mit der Löschung seines Profils hat er sich auch gleich komplett verabschiedet, nicht nur aus diesem Thread.
Dann freue ich mich auf die Beiträge von euch. Ich warte einfach mal auf die Besprechung der Quartett Aufnahmen mit Garbarek. Da kann und will ich auch noch was zu schreiben. Natürlich in gesetzter Vernunft!
Don_Tomaso
Inventar
#212 erstellt: 15. Aug 2019, 22:58
Zum European Quartet morgen mein Beitrag. Habe gerade viel um die Ohren.
arnaoutchot
Moderator
#213 erstellt: 16. Aug 2019, 08:04
Nun, der Abgang des o.g. Posters ist kein allzu grosser Verlust Sorry für meine relative Härte, aber mich regt zunehmend auf, wenn in Threads wie diesen einfach nur reingeblökt wird !

Ich komme noch zum Trio, ich hoffe ich schaffe es heute.


[Beitrag von arnaoutchot am 16. Aug 2019, 08:04 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#214 erstellt: 16. Aug 2019, 08:37
Ich bin grade schon fleißig am hören; European Quartet natürlich.
Und noch kurz der Nachtrag, welche Künstler ECM im J überhaupt bietet.
Screenshot_20190816_083509
Hatte ich im fließenden Übergang vom I zum J ganz vergessen.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 16. Aug 2019, 08:38 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#215 erstellt: 16. Aug 2019, 12:13
Oh, dann kommt ja noch mehr to do. Jahnel, Jokleba und Jormin habe ich mW auch in der Kollektion.

Aber nun noch zu den Trios. Das zentrale Trio ist selbstverständlich das von Jarrett mit Gary Peacock (b) und Jack DeJohnette (dr). Die drei kannten und spielten schon weit vor der langen Reihe an Standards-Aufnahmen zusammen, auch auf ECM. Eine interessante Erfahrung mag für den einen oder anderen das Trio unter der Führung von Gary Peacock sein, das bereits 1977 mit Tales of Another eine Platte vorlegte (ECM 1101, 1977).

jpc.de

Ich schrieb oben schon, dass ich als eine der grössten künstlerischen Errungenschaften von Jarrett die Erhebung von Standards in diesem Trio zu einer nahezu eigenständigen Kunstform erachte. Negativ mag man anmerken, dass das mit der ungeheuren Flut an Veröffentlichungen des Trios inflationiert wurde und bereits ab den späten 1990ern nur noch wenig neue Blickwinkel aufgezeigt wurden. Insofern kann ich es mir mal wieder einfach machen, und empfehle als Einstieg die ersten drei Studioplatten des Trios aus dem Jahr 1983 (alle drei Platten entstanden in einer Session) Standards Vol. 1, Standards Vol. 2 und Changes. Heute gibt es das sauber gebündelt als 3-CD-Box Setting Standards (ECM 2030-32, 2008). Klanglich blitzsauber und essentiell für jeden, der sich mit diesem Thema befassen will.

Danach gab es nahezu ausschliesslich Live-Aufnahmen des Trios. Die erste war Standards Live (ECM 1317, 1986), eine gute Ergänzung zu der o.g. Box, knisternde Live-Atmosphäre (aber auch mit Jarretts Gesang ) und klanglich ein Muster für eine perfekte Live-Aufnahme.

Den Höhepunkt hatte das Trio für mich dann in den frühen 1990ern erreicht. Wer die Kosten nicht scheut, hat mit der Complete-Blue-Note-Box (6CDs, ECM 1575-80, 1994) ein hervorragendes Dokument, wie sich das Trio auch in sehr langen Improvisationen mit an die 30 Minuten Laufzeit quasi wie ein Organismus bewegt. Das ist schon unerreicht !

Wie gesagt, danach setzte eine Flut von Veröffentlichungen des Trios ein, zum Teil erhebliche Jahre nach dem Aufnahmedatum erscheinend. Ich habe viele davon, höre das auch immer wieder gerne, aber es gilt was ich oben sagte, ausser einer zunehmenden Reife und Abgeklärtheit kann ich wenig neue Aspekte feststellen. Einige wie die erst kürzlich (2018) veröffentlichte After the Fall (ECM 2590-91, 2018, rec. Nov. 1998, ohne Bild) fand ich sogar etwas ärgerlich. Klar, es ist ein Dokument des ersten nach Jarretts Überwindung des Chronique Fatigue Syndroms ("The Fall") stattfindenden Auftritts. Aber es ist blechern aufgenommen und alle drei tasten sich nur extrem zurückhaltend durch das bekannte Material. Mal sehen, was uns da noch so alles erwartet.

So viel dazu, gerne lese ich Ergänzungen, Meinungen, und vor allem etwas zu den Quartetten. Mit der Survivor's Suite weiter oben hatten wir schon einen Vertreter des amerikanischen Quartetts.

jpc.de jpc.de jpc.de
andreas3
Inventar
#216 erstellt: 16. Aug 2019, 23:35
Guten Abend,

da habe ich wohl etwas vorgegriffen, die angedachte Reihenfolge Solo - Duo - Trio - Quartett erscheint mir reizvoll, wurde mir aber erst nach meinem Posting bewusst. Dann jetzt eine Trio- Aufnahme, die ich immer wieder gerne mal höre und die meiner Meinung nach von sauberem Klang und enormer Spielfreude geprägt ist:

whisper not

Keith Jarrett - Whisper not
ECM 1724/25 (2000)

What ist that thing called love, damit beginnt die zweite CD dieses Konzerts vom Juli 1999 in Paris, und was Jarrett, Peacock und DeJohnette hier feiern jagt mir Schauer den Rücken herunter. Auf dem nächsten Stück, was gerade läuft, mach Jarrett leider wieder diese Stimmen, die nicht recht passen wollen. übertrieben oft, na ja, aber das Uhrwerk aus drums, bass und piano arbeitet schon sehr perfekt und auf höchstem Niveau. Und die drei Herren haben scheinbar ebensoviel Spaß wie das begeisterte Publikum.

Grüße!
Don_Tomaso
Inventar
#217 erstellt: 18. Aug 2019, 18:56
Keith Jarretts “European Quartet” mit Jan Garbarek (Sopran- und Tenorsaxophon), Palle Danielsson (Bass) und Jon Christensen (Drums) bestand von 1974 bis 1979. In dieser Zeit wurden lediglich 2 Studioalben veröffentlicht, 1980, 1989 und 2012 noch insgesamt 3 Live-Mitschnitte.
Die Platten des “European Quartet” sind aus mehreren Gründen interessant und genießen eine gewisse Sonderrolle im Schaffen Jarretts. Zum einen sind sie in den vielen Veröffentlichungen Jarretts in dieser Zeit sehr vereinzelt, auf den ersten Blick könnte man sie für ein unbedeutendes Nebenprojekt halten, angesichts etwa von 12 Platten des “American Quartet” mit Dewey Reman, Charlie Haden und Paul Motian zwischen 1971 und 1977. Zum anderen ist innerhalb der Veröffentlichungen des European Quartet eine deutliche Trennung zwischen den beiden Studioplatten und den insgesamt 3 Liveplatten zu erkennen: Keiner der Titel der Studioplatten findet sich auf den Live-Platten wieder. Und so sehr alle 5 Veröffentlichungen ganz klar den Sound des European Quartet haben, so sehr unterscheiden sie sich für mich in ihren Stimmungen: Dieses Quartet muss live ein Ereignis gewesen sein.
Der Spekulation, das European Quartet sei irgendwie ein Lückenfüller gewesen, widersprechen übrigens sowohl Jarrett als auch Garbarek ganz entschieden. Hierzu Wikipedia: “Zu seiner Zusammenarbeit mit Garbarek, Danielson und Christensen äußert Keith Jarrett sich selbst in den 1970er Jahren wie folgt: “Ich selbst, als sogenannter Leader, wünsche mir sehr, sehr oft mit den anderen drei Musikern zu verschmelzen und die Konstellation (der “Belonging”-Band) erlaubt mir das, weil hier niemand gegen den anderen ankämpft. Jeder versucht einfach nur, die ganze Sache transparent und klar zu machen und sich wohl zu fühlen.””. Jan Garbarek beschreibt sein Erleben in den Liner Notes zu “Selected Recordings” so: “Es war eine äußerst wichtige Zeit für mich, da ich als junger und relativ unerfahrener Musiker so eng mit jemandem zusammenarbeiten konnte, der musikalisch so fortgeschritten war wie Keith. Ich habe davon unglaublich profitiert. Sein Anschlag, seine Akkordprogressionen, der stets präsente Rhythmus, die überraschenden melodischen Wendungen, die Fähigkeit, sein Klavier in solch einer einzugartigen Weise singen zu lassen... Ich musste damals aufpassen, dass ich nicht in Ehrfurcht vor ihm erstarrte. Manchmal wollte ich mich gar nicht in die Dinge einmischen, die Keith, Palle und Jon spielten. Mir machte es einfach unglaublich viel Freude, ihnen zuzuhören! Doch da gibt es eine Sache, die sich ganz besonders in mein Gedächtnis eingegraben hat: das war die Art, wie wir Melodien unisono spielten. Tatsächlich fühlte ich mich vollkommen im Einklang mit der Art, wie Keith generell Musik machte... es war, als ob ich dazugehörte.”
Ich kann den Artikel auf Wikipedia (über das Album “Sleeper”), aus dem ich oben zitiert habe, nur jedem empfehlen, der sich für das European Quartet interessiert, er ist sehr reich an Informationen und Zitaten lesenswerter Rezensionen.

Die folgenden 5 Veröffentlichungen gibt es vom European Quartet:

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Belonging, aufgenommen April 1974 im Arne Bendiksen Studio, Oslo [ECM 1050].
Tracks:
1.Spiral Dance
2.Blossom
3.Long As You Know You’re Living Yours
4.Belonging
5.The Windup
6.Solstice

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My Song, aufgenommen im Oktober und November 1977 im Talent Studio, Oslo, veröffentlicht 1978 [ECM 1115].
Tracks:
1.Questar
2.My Song
3.Tabarka
4.Country
5.Mandela
6.The Journey Home

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Nude Ants. Die Aufnahme ist vom Mai 1979 aus dem Village Vanguard in New York, erschienen ist das Doppelalbum 1980 [ECM 1171/72].
Tracks:
1.Chant of the Soil
2.Innocence
3.Processional
4.Oasis
5.New Dance
6.Sunshine Song

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Personal Mountains. Das Material für dieses Album wurde am 16. und 17. April 1979 in Tokio aufgenommen, es erschien 1989 [ECM 1382].
Tracks:
1.Personal Mountains
2.Prism
3.Oasis
4.Innocence
5.Late Night Willie

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Sleeper. Eine Nachlese des Konzerts vom 16. April 1979 als Doppel-Live-CD, erschienen 2012 [ECM 2290/91].
Tracks:
1.Personal Mountains
2.Innocence
3.So Tender
4.Oasis
5.Chant of the Soil
6.Prism
7.New Dance

Ich kann nicht genau sagen, was für mich den besonderen Reiz dieser Formation ausmacht. Es ist sicher das stark rhythmisch-perkussive der Musik, das Rockige, daneben das Sanfte, die Lust der Musiker am Musizieren, die Melodik und Theatralik, einfach alles.
An Keith Jarrett und an Jan Garbarek werden sich die Geister wohl immer scheiden. Für die einen sind sie die größten Nervensägen des Labels ECM, für andere Genies. Jarrett-Fans finden Garbarek schrecklich, Garbarek-Verehrer können Jarrett nicht ertragen (Danielsson und Christensen gehen in diesen Debatten meist unter, Glück und Fluch der Rhythmusgruppe...). Dabei wird oft übersehen, dass sich hier ganz offensichtlich zwei gesucht und gefunden haben. Besonders auf den Live-Platten ist meiner Meinung nach ganz klar zu hören, wie sehr nicht nur Jarrett Garbarek inspirierte - und das tat er! - sonder auch wie sehr er das Zusammenspiel mit dem ja nur 2 Jahre jüngeren Saxophonisten genoß, wie er ihn anfeuerte und nach manchen Soli regelrecht applaudiert.
Auf zwei Aspekte möchte ich noch etwas eingehen, beides betrifft die Live-Aufnahmen.
In Kritiken zu “Nude Ants” - übrigens ein Wortspiel auf “New Dance”, da musste auch erst mal drauf kommen - bemängeln oft die Länge der Stücke, ausufernde Improvisationen auch ein generelles “Nicht auf den Punkt kommen”, vor allem im längsten Track der Platte, “Oasis”. Nun bin ich kein Freund ewig ausgewalzter Stücke, doch gerade hier kann ich das nicht nachvollziehen. Das Stück ist so lang, wie es nun mal ist und wie es gebraucht wird. Wie sich Jarretts dichtes und arabeskenreiches Klavierspiel entfaltet und dann, aus heiterm Himmel, Garbareks Saxophonton, scharf wie ein Falke, hineinstürzt, sich überschlägt, hin und her jagt, das finde ich einfach großartig. Und wie diese enorme Spannung dann aufgelöst wird, wie Garbarek ein ums andere Mal die Register wechselt, vom klar-hell Schneidenden ins warm-wohlige Brummeln und zurück in den typischen, schwer zu beschreibenden Garbarek-Ton und Jarrett dabei die hohe Dichte seiner Untermalung beibehält, aber gleichzeitig auch für die Entwicklung sorgt, das geht nun mal nicht schneller. Das Thema wird dann ja auch erst nach etwa 7 Minuten von Garbarek angestimmt und dann geht es erst richtig los. Jarrett macht noch mal was ganz anderes daraus, es klingt durch und wieder auch nicht. Und dann kommt der große Auftritt Garbareks. Das ist Exstase, da brennt die Luft im Vanguard, Jarrett geht regelrecht ab. Gegen Ende, wenn Garbareks Solo geschafft ist, ist so viel Energie in dem Stück, da kann man nicht einfach den Deckel zuklappen und Feierabend machen. Also nimmt Jarrett sich die Zeit, alle runterzuholen, einzufangen, alles wieder in den Tasten seines Klaviers zu bündeln und dann sind halt 30 Minuten sehr kurzweilig vorübergegangen.
Die erste Platte, die ich vom European Quartet gehört habe, war “Sleeper”, und ich muss zugeben, sie hat mich damals umgehauen und schafft das noch heute. “Oasis” ist hier etwas kürzer und, wie ich finde, glatter, als auf “Nude Ants”, die Schokoladenseite von “Sleeper” ist aber eh CD1. Hier kommen direkt hintereinander drei derart schöne und interessante Stücke, dass ich jedesmal aufs neue begeistert bin. Los geht es mit “Personal Mountains”, das sich auch auf der gleichnamigen ECM-Veröffentlichung von 1989 findet, hier aber in einer Version vorliegt, die mir besser gefällt. Das Riff, das Jarrett einleitend spielt, ist schroff und eingängig zugleich, die Entwicklung hochvirtuos von allen Beteiligten und der Ausklang wundervoll melancholisch und melodisch. “Innocence” und “So Tender” greifen diese Stimmung auf und gönnen uns mehr davon. Lyrizismus, Melancholie und Heiterkeit ergänzen sich um Virtuosität und immenses Können und wieder ist ganz klar, wie sehr die Musiker sich anfeuern, welchen unglaublichen Spass sie haben, miteinander zu spielen.


[Beitrag von Don_Tomaso am 18. Aug 2019, 19:04 bearbeitet]
Don_Tomaso
Inventar
#218 erstellt: 18. Aug 2019, 20:16
Kleiner Nachtrag zu Sleeper: Ich habe mir das ganze Album nochmal angehört und ich habe CD2 unrecht getan, sie ist viel besser, als ich es in Erinnerung hatte. Die Version von „Oasis“, mit der sie beginnt, ist ganz anders, als auf „Nude Ants“, viel perkussiver, mehr Dschungel . Palle Danielssons Bass ist sehr prominent, gefällt mir gut. Der Übergang zu „Chant of the Soil“ ist fließend, die anschließenden “„Prism“ und „New Dance“ beenden das Konzert.
Ich bleibe dabei, „Sleeper“ ist DAS Album des European Quartet für mich. Granate.
arnaoutchot
Moderator
#219 erstellt: 18. Aug 2019, 20:28
Na gut, überzeugt, ich hab die Sleeper bestellt. Die Nude Ants habe ich, die fand ich nicht schlecht. Ich bin gespannt.
crim63
Inventar
#220 erstellt: 18. Aug 2019, 22:22
Hallo !

Thomas, ein dickes Lob an Dich für Deinen umfangreichen Beitrag, habe viel Neues erfahren, sehr schön.
Für so einen Beitrag hätte ich wohl ein paar Stunden gebraucht......
Die Sleeper, ich hab sie mir auch mal vorgemerkt.
Jetzt kam die Belonging, die ich schon versehentlich dem Herrn Garbarek zuordnete, die iss aber auch gut....

Gruß Maik
Don_Tomaso
Inventar
#221 erstellt: 18. Aug 2019, 22:57
Danke für die netten Worte. @Maik: Ich habe da auch Stunden drangesessen und es ganz viel Spaß gemacht und ich habe viel gelernt.
Sal
Inventar
#222 erstellt: 18. Aug 2019, 23:28
Eine zentrale Veröffentlichung des Keith Jarrett Trios fehlt hier noch:

Changeless


Changeless (ECM 1392)

Denn hier ist ausschliesslich versammelt, was das Trio für mich am Stärksten macht:
Wenn sie in freier, harmonischer Improvisation ohne das Material des American Songbook drauflos jammen
und geradezu abheben. Dass die Musiker sich selber dessen bewusst sind, zeigt sich darin, dass diese CD kein
komplett mitgeschnittees Konzert ist, sondern eine Kompilation aus vier Stücken, die während einer Tour 1987
in den USA aufgenommen wurde. Als die Platte 1989 rauskam, jobbte ich bei WOM und legte das erste Stück
"Dancing" auf. Prompt stand einer an der Theke - der wahrlich nicht nach Jazz-Sammlung aussah - und wollte wissen,
was das für eine "geile Mucke" ist...
Mr._Lovegrove
Inventar
#223 erstellt: 19. Aug 2019, 06:26
@Thomas: Vielen Dank für deine umfangreiche Betrachtung des European Quartetts! Die kleinen Fun Facts kannte ich auch noch nicht (Nude Ants = New Dance ).
Ich stimme dir auch zu, dass die Livescheiben deutlich besser sind, als die beiden Studioalben, auf denen Jarretts typische Art doch arg im Vordergrund steht und so manch geniale Idee einfach überdeckt. Auf "My Song" findet sich als Beispiel das wunderschöne "Tabarka"; ein stilles und unglaublich poetisches Stück, dessen Thema Garbarek fast schon wundersam sensibel und gar streichelnd wiedergibt, währen Christensen sich selbst übertriftt. Und dann kommt Jarrett und klimpert diese ansonsten doch so feingliedrige Schönheit zu Tode, bläst ihren Charakter mit grober Hand einfach hinfort. Schade, ich liebe das Stück ansonsten.
Doch auch ich war nach einer langen Hörpause (mehrere Jahre) überrascht, wie stark die Liveauftritte sind, wieviel Energie darin steckt. Das ist gruppendynamisch eine ganz andere Truppe, die man da hört. Ich habe jetzt zwar nicht so detailliert reingelauscht wie Thomas es just getan hat, aber dennoch kann ich bestätigen, dass "die Luft da brennt". Und noch etwas hört man stark raus, nämlich das Jarrett durchaus in der Lage ist, seinen Pathos und seine Aufdringlichkeiten auch beiseite zu schieben und dann doch zu einem bärenstarken Begleiter mit auch mal sensibler Hand mutiert. (Diese Erkenntnis werden wir viel später bei Kenny Wheelers "Gnu High" noch mal herausarbeiten).
Aber dennoch werden die Scheiben vermutlich jetzt wieder jahrelang im Regal verstauben; zum Fan von Jarrett hat mich auch diese neuerliche Erkenntnis nicht gemacht.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 19. Aug 2019, 18:02 bearbeitet]
Sal
Inventar
#224 erstellt: 19. Aug 2019, 18:28
Noch ein Nachtrag zu Hamburg `72:
Schuld an dieser grandiosen Aufnahme (der Sound ist so gut, dass man bei KJs Intro glaubt, es sei 2016 aufgenommen worden) ist auch
der NDR. Bei youtube geistert der (Fernseh)-Mitschnitt herum, die CD deckt den zweiten Set ab; hier ist Set 1.

https://www.youtube.com/watch?v=xdrQpEYmhoQ

Der Ärger ist, dass der Meister seine frühen Soloaufnahmen nicht mag. Denn eine weitere Perle wartet seit 44
Jahren auf ihre Veröffentlichung und wurde seinerzeit nur eine Woche nach dem Köln Concert von Radio Bremen aufgenommen, in der "Glocke"
Bisher also nur ausgestrahlt, und leider nie von ECM veröffentlicht - und nicht zu verwechseln mit "Bremen / Lausanne".

Trage ich hier mal als ECM-??? nach, als schmankerl die Zugabe, die ab der dritten Minuten zu, reinster minimalistischer Schönheit erblüht:

https://www.youtube....vOJvdAWZG3lQF0U6zBmC


[Beitrag von Sal am 19. Aug 2019, 18:29 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#225 erstellt: 19. Aug 2019, 20:44
Hallo Sal, die Aufnahme in Bremen in der Glocke 1975 hatte ich hier schon als Wunsch erwähnt ... ich denke auch, dass das sehr interessant wäre.

Hier noch ein kleiner Nachtrag zu den Trios: Ich höre/sehe gerade Live in Japan 93 / 96 - ECM DVD 5504-05. Zwei Auftritte in Tokio aus 1993 und 1996, beide mit 4:3 Bild in akzeptabler Qualität und überzeugendem 24/48 Stereo-Ton. Wer mal sehen will, wie Jarrett immer wieder vom Klavierhocker aufstehend mit seinen Läufen stimmlich mitgeht, ist hier richtig. In Japan fühlte sich das Trio (und auch Jarrett solo) offensichtlich bei dem sehr zugeneigten und gleichzeitig disziplinierten Publikum am wohlsten.

amazon.de
Sal
Inventar
#226 erstellt: 20. Aug 2019, 12:23

Hallo Sal, die Aufnahme in Bremen in der Glocke 1975 hatte ich hier schon als Wunsch erwähnt ... ich denke auch, dass das sehr interessant wäre.


Leider ist der Link sehr grob, ich weiss also nicht, welcher Post...

Ich hoffe nur, ECM hat eine Kopie.
Ein Bekannter hat Zugriff auf die Archivlisten der ARD und zeigte mir den Ausdruck.
Das Mastertonband gibt es wohl bei Radio Bremen nicht mehr, stattdessen ist als Datenträger CD angegeben -
also wohl eine gebrannte, irgendwann in den 90ern erstellt. Autsch.

Seinerzeit habe ich mir dieses Werk noch als Import aus Japan besorgt, erst als VHS. Ich träumte von einem Dokumentarfilm
über KJ und holte alles, was an Videoveröffenlichungen zu kriegen war, "verlor" aber gegen Nanni Moretti,
der aber dann auch keinen Dokumentarfilm machte. Das war etwa um 1999.
Danach in den 2000ern wurde "Standards" auch bei ECM wiederveröffentlich:

standards

(ECM 1772707)

Die erste DVDist noch im unkomprimierten PCM aufgezeichnet.

Mein Liebling neben

Still Live

ECM 1360/61


[Beitrag von Sal am 20. Aug 2019, 12:36 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#227 erstellt: 20. Aug 2019, 12:56

Sal (Beitrag #226) schrieb:
Leider ist der Link sehr grob, ich weiss also nicht, welcher Post...


Das müsste zu Post #196 verlinken, im ersten Absatz schrieb ich angeregt von Hans, was noch alles in den Kellern von ECM schlummern müsste.

Die beiden von Dir gezeigten Standards I & II und Still Live habe ich auch. Auch beide sehr gut, die Still Live ist aus dem Gasteig in München, wenn ich recht erinnere. Als Faustregel für mich gilt, dass mir die Trios vor "The Fall" (der krankheitsbedingten Zwangspause von KJ 1997/98) tendenziell besser gefallen als die Aufnahmen danach.

Von meiner Seite aus haben wir Jarrett hier nun seiner Stellung entsprechend würdig behandelt. Ich will aber natürlich niemanden zurückhalten, hier noch Lieblingsplatten oder Verborgenes beizutragen.


[Beitrag von arnaoutchot am 20. Aug 2019, 12:57 bearbeitet]
Sal
Inventar
#228 erstellt: 20. Aug 2019, 16:08
Man kann ihn nicht genug würdigen - Ohne Keith Jarrett kein ECM und keine Threads wie dieser,
denn zumindestens zur Anfangszeit haben seine Platten, allen voran der Millionenseller
"Köln Concert" alle anderen Aufnahmen finanziert. Z.B schräges und leider vergessenes
wie Harald Weiss "Trommelgeflüster"

14307337351591

ECM 1249

Noch was aus Köln:

1430739789

ECM 1420/21
Mr._Lovegrove
Inventar
#229 erstellt: 20. Aug 2019, 16:48
@sal: Schön, dass du Harald Weiss erwähnst, aber denk auch du bitte an unsere Reihenfolge nach dem Alphabet. Womöglich können wir das Trommelgeflüster zu gegebenem Zeitpunkt nochmals ausführlicher behandeln.
Ich möchte dann morgen früh noch selber zwei Jarrett hinzufügen und dann können wir auch von meiner Seite aus weitergehen.
Sal
Inventar
#230 erstellt: 20. Aug 2019, 17:23
Du wirst deine Reihenfolge nicht halten können, dafür gibt es zu viele Querverweise.
Ausserdem wäre ich beim Durchschnittsalter der Jazzer vorsichtig,
kann gut sein, dass der Thread bis "W" keine Teilnehmer mehr hat
Und jetzt springe ich sogar zurück, zu #198 von Maik:

Mit der Amiga-Ausgabe verbinde ich vor allem, dass das "Köln Konzert" 1988
von der Choreografin Birgit Scherzer an der Komischen Oper "vertanzt" wurde.
Es war nicht Teil des Programms und die Tänzer arbeiteten neben den regulären Proben
mit ihr daran. Thomas Vollmer, damals Solist, hatte ihr die Platte vorgeschlagen.
ich war nur ein ahnungsloser Besuch, der vier Wochen vor der Premiere fast vom Stuhl viel,
als er mitbekam was die da machten, damals drehte sich die Scheibe
fast über ein Jahr täglich im Player? Danach versuchte ich noch an Kopien
des Masters zu kommen, denn es war nicht klar, ob zur Aufführung noch
ein Band zu bekommen war (Die Schallplatte war in den Proben runtergenudelt)
Aber alles gut, von Amiga gab es einen amtlichen "Senkel" und in der letzten
Januarwoche 1988 ging "Keith" über die Bühne, mit Standing Ovations.
(Trotzdem war ein großer Teil des Ensembles ein Jahr später im Westen)

"Keith" wird noch heute aufgeführt, zuletzt 2018 in Cottbus...
andreas3
Inventar
#231 erstellt: 20. Aug 2019, 21:57
Guten Abend!

Eine Flut neuer Beiträge, schön.

@ Don_Tomaso:

Danke für den Beitrag, die Mühe hat sich gelohnt. Belongings und My Song begleiten mich seit Jahrzehnten, und gerade die Erstgenannte zeigt, welch hervorragender Songwriter Jarrett auch ist, da sind regelrechte Ohrwürmer dabei. Jarrett hatte begriffen, was in Europa abging. Sein aus meiner Sicht noch größerer Verdienst als sein Beitrag zum Wachsen von ECM ist die Tatsache, dass er tausenden von Hörern die Ohren für den Jazz geöffnet hat. Durch Musik, die man auch mal auflegen kann, wenn Nicht- Jazzhörer zu Besuch sind. Und die dann auch fragen was da läuft.

Belonging macht einfach immer wieder Spaß zu hören, verbreitet gute Laune und ist gut gespielt. My Song müsste ich erst nochmal hören, ich habe sie sanfter in Erinnerung, eher von nordischer Sehnsucht geprägt.

Die drei Liveaufnehmen kenne ich nicht, da werde ich mal dran denken.

Sal schrieb:


Du wirst deine Reihenfolge nicht halten können, dafür gibt es zu viele Querverweise.
Ausserdem wäre ich beim Durchschnittsalter der Jazzer vorsichtig,
kann gut sein, dass der Thread bis "W" keine Teilnehmer mehr hat


Aus langjähriger Erfahrung: Beides siehst du viel zu pessimistisch, es wird anders kommen..

Ansonsten aber: Sei herzlich gegrüßt! Die von dir genannten und dankenswerter Weise auch beschriebenen Aufnahmen kenne ich nicht, da lohnt es sich bestimmt mal näher reinzuhören. Die Cover habe ich alle schon gesehen, aber es gab immer anderes zu erwerben.

arnaoutchot schrieb:


Von meiner Seite aus haben wir Jarrett hier nun seiner Stellung entsprechend würdig behandelt. Ich will aber natürlich niemanden zurückhalten, hier noch Lieblingsplatten oder Verborgenes beizutragen.


Ähem, lieber Michael, aber Don_Tomaso erwähnte, dass es 12 Platten des American Quartett gibt, ich besitze die Survivor`s Suite sowie Bop-Be, die allerdings auf ABC / Impulse erschienen ist (1978). Da sollte doch noch was in diesem einzigartigen Faden erwähnt werden, Haden, Motian und Redman waren bei ECM ja feste Größen. Also schaut mal in euren Regalen!

Grüße!
arnaoutchot
Moderator
#232 erstellt: 21. Aug 2019, 08:05

andreas3 (Beitrag #231) schrieb:
Ähem, lieber Michael, aber Don_Tomaso erwähnte, dass es 12 Platten des American Quartett gibt ...


Liebster Andreas, das mag stimmen, ich hab nicht nachgezählt, aber mW sind davon nur die bereits von Dir genannte Survivor's Suite und die Eyes of the Heart (ECM 1150, 1976) auf ECM erschienen. Alle anderen sind auf dem amerikanischen Label Impulse, also off topic hier.

Die Eyes of the Heart bietet gegenüber der Survivor's Suite nicht sehr viel Neues, ebenfalls eine lange Suite, die auf LP sogar eine dritte Seite erforderte. Sie wurde Live in Bregenz aufgenommen. Muss ich mal wieder hören, bevor ich jetzt hier qualitative Aussagen treffe.

Aus meiner persönlichen Sicht haben wir alle wichtigen Bereiche des Mythos Keith Jarrett auf ECM abgedeckt. Es ist - denke ich - nicht das Ziel, jede einzelne Jarrett-Aufnahme nennen zu müssen. Aber wie schon gesagt, ich will niemanden abhalten.

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Mr._Lovegrove
Inventar
#233 erstellt: 21. Aug 2019, 08:34
Ich möchte noch auf zwei Kollaborationen mit Jan Garbarek hinweisen, die Jarrett eher als Komponisten, denn Pianisten zeigen:
amazon.de
Keith Jarrett
Luminessence
ECM 1049, 1975

jpc.de
Keith Jarrett
Arbour Zena
ECM 1070, 1976

Beide Alben drücken sich über einen ähnlichen Grundduktus aus und zeigen Jarrett als Komponisten von weitläufiger, pathetisch angestrichener Romantik. Auf erstgenannter Platte überlässt er den Streichern und Garbarek alleine das Feld. Der darf dann auch einigermaßen frei improvisieren. Ob das alles nun gute Musik ist oder einfach nur über dimensionierter und überambitionierter Kitsch, das muß jeder für sich entscheiden.
Auf "Arbour Zena" setzt sich Jarrett wieder ans Klavier und hat sich zu Garbarek und den Streichern noch den großen Charlie Haden hinzugeholt. Und auch wenn Jarrett hier wieder die Streicher dräuen und jubilieren lässt, so hat das hier deutlich mehr Jazzcharakter und beinhaltet so etwas wie Teamarbeit. Haden spielt groß auf, sein Bass hat etwas intimes und auch strenges. Jarrett selbst gibt einen durchaus veritablen Swingmeister, sein Pathos hält sich etwas zurück. Aber auch hier stellt sich ansonsten die gleiche Frage wie zum Vorgänger.

Ansonsten bin auch ich bei Michael und wir können gerne zum nächsten Künstler übergehen.
Sal
Inventar
#234 erstellt: 21. Aug 2019, 12:48

Fügen wir dem Mann am Klavier mal einen Duo-Partner hinzu. Es gab eine frühe Platte von Jarrett mit Jack De Johnette - Ruta and Daitya (ECM 1021, 1973), die ich nicht habe und an die ich mich ehrlich gesagt von früher auch nicht mehr erinnern kann - Kennt die jemand ?


Ruta

ECM 1021

Yep. Ich habe so praktisch alles von KJ zu Hause, von den Zeiten bei Charles Lloyd bis in die Gegenwart.

Man sollte "Ruta and Daitya" nicht "beim Inder" bestellen, es ist keine Vorspeise, sondern zwei Inseln im Atlantis-Mythos.
Und Spoiler, Jarrett spielt elektrische Instrumente Schon deshalb Sammlungswürdig.
( neben dem Totalausfall "Resoration Ruin" https://en.wikipedia.org/wiki/Restoration_Ruin )


Der Einstieg klingt nach Joe Zawinul at it´s best, der Rest, als hätten Charles Lloyd bzw. Miles Davis Morgens um drei die Bühne verlassen
und Jarrett und DeJohnette toben sich vorm bekifften Restpublikum aus und keiner mag aufhören...

Aber Ruta and Daitya besitzt nicht ganz die Magie der Livemitschnitte der beiden als Sidemen
https://www.youtube.com/watch?v=YEI8O_wnA6c
https://www.youtube.com/watch?v=OQ9sMaPva1U

oder späterer Platten...

Aber die Ansätze sind hörbar, hier und da ein genialer Gospel-Inspirierter Riff und Ausflüge in den Free-Jazz...


[Beitrag von Sal am 21. Aug 2019, 12:49 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#235 erstellt: 21. Aug 2019, 21:08
So, genug mit Keith Jarrett. Und das sage ich als Freund des Mannes ! (wie gesagt, wer noch etwas Wichtiges nachtragen will, ist herzlich willkommen !)

Heute habe ich den nächsten J-Künstler angehört: Benedikt Jahnel Trio - Equilibirum - ECM 2251, 2012. Irgendwie liegt der Schatten von KJ darüber, einiges erinnert mich an die Trios, die ich in den letzten Tagen von KJ gehört habe. Jahnel (*1980) ist promovierter Mathematiker und Pianist, am bekanntesten dürfte seine Rolle in der Band Cyminology sein. Dieses Album ist recht abwechslungsreich, von impressionistischen Kontemplationen wie Moorland & Hill Land bis zu simplen gefühlvollen Stücken wie Sacred Silence ist der Bogen gespannt. Mir hat es gefallen, es bleibt aber meine Anmerkung, dass es für klassische Piano Trios - und hier schaue ich nur auf ECM - immer schwieriger wird, sich noch abzugrenzen.

PS: Das Cover ist ja mal wieder so richtig lebensbejahend.

PS2: Die nächste bei mir wäre Jøkleba ... wer hier eine positive Kritik haben will, sollte sich beeilen. Mit der kam ich gar nicht zurecht, aber ich höre nochmals rein ...

jpc.de
crim63
Inventar
#236 erstellt: 21. Aug 2019, 21:46
ne,ne, mit J habe ich nichts mehr anzubieten.....
das ist sowieso etwas schwierig mit der alphabetischen Wiedergabe, Jarrett steht bei mir unter K wie Keith J.
Normalerweise wird das mit dem Nachnamen geordnet, ich weiß, hab es aber irgendwie anders rum angefangen.

Gruß Maik
Mr._Lovegrove
Inventar
#237 erstellt: 21. Aug 2019, 21:55
Ich habe natürlich noch Marc Johnson im Angebot. Morgen dazu mehr.
Mr._Lovegrove
Inventar
#238 erstellt: 22. Aug 2019, 07:37
Dann komme ich nun noch zum amerikanischen Bassisten Marc Johnson, der mit einem ungewöhnlich besetzten Quartett namens Bass Desires zwei brillante Alben auf ECM gemacht hat:
jpc.de
Marc Johnson
Bass Desires
ECM 1299, 1986

jpc.de
Marc Johnson, Bass Desires
Second Sight
ECM 1351, 1987

beide:
Bass - Marc Johnson
Drums - Peter Erskine
Guitar - Bill Frisell
Guitar - John Scofield

Solch eine Besetzung mit zwei Gitarristen funktioniert nur wirklich gut, wenn beide Saitenkünstler natürlich einen völlig unterschiedlichen Grundton anschlagen. Mit dem eher klassisch boppig und teils funky agierenden Scofield und dem völlig diametral aufspielenden Frisell hatte Johnson die ideale Besetzung für dieses Experiment zusammengestellt. Der stets flexibel, extrem agil und treibend aufspielende Peter Erskine komplettiert die Allstartruppe schließlich kongenial. Die Musik ist weitläufig verortet und man hört Bop, funky Stuff, Fusionanklänge, aber auch wundervoll atmosphärische Stücke, die Frisell mit seinen langgezogenen Tönen faszinierend ausstaffiert. Scofield fühlt sich in dieser Konstellation hörbar wohl und glänzt mit seinem so typischen Spiel voller Soul und Funk.
Johnson selbst gibt hier eher den Katalysator für die zwei großen Solisten und schafft mit seinem Bass eine kräftige und voluminöse Grundierung, auf der die beiden Gitarristen ihre volle Palette aufbringen können.
Diese Ansicht gilt übrigens für beide Alben gleichermaßen. Auf der "Second Sight" spielt das Quartett etwas kompakter und tighter auf, während das Debüt sich atmender und atmosphärischer gibt, aber die Grundintention ist auf beiden Alben änhnlich und zwar ähnlich großartig.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 22. Aug 2019, 07:38 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#239 erstellt: 22. Aug 2019, 08:22
Oh und fast wäre mir noch einer aus dem "J" entschwunden, aber mir ist noch diese hier eingefallen:
daybreak-dark
Herbert Joos
Daybreak - The Dark Side of Twilight

JAPO 60015, 1977
auf CD 1990 unter der ECM/JAPO Flagge wiederveröffentlicht

Der Trompeter/Kornettist/Flügelhornist und ebenso talentierte Grafiker Herbert Joos hat mit dieser Platte ein äußerst ambitioniertes Werk für Streicher und Solotrompete geschaffen, das man als sehr gelungen bezeichnen kann. Für Joos sind die Streicher keine reine Unterlage um zu solieren, sondern er behandelt diese Instrumentierung auch als Kontrapunkt sowie als Antrieb. Seine Streicherarrangements sind modern, sie sind natürlich dramatisch, aber sie sind auch voller Attacke. Teils reiht sich Stakkato an Stakkato und oft wirken sie bedrohlich oder zumindest enorm gespannt.
Joos nimmt sich diese Energie und verwandelt sie auf seinen Blasinstrumenten zu einer Sanftheit und Ruhe, zu teils auch wirklich jazzigem Swing. Unter den einigen modernen im Jazz verankerten Streicherplatten die ich kenne, ist dies mit die gelungenste. Zu keiner Zeit kommt das Wort Kitsch auch nur annähernd in den Kopf und das ist schon große Kunst.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 22. Aug 2019, 08:39 bearbeitet]
arnaoutchot
Moderator
#240 erstellt: 22. Aug 2019, 11:53
Ich habe noch zwei J, zum einen wie erwähnt Jøkleba (Jørgensen, Kleive, Balke) - Outland (ECM 2413, 2014), die ich aber vor einiger Zeit relativ ratlos in die Sammlung gestellt habe und auf jeden Fall nochmals hören muss. Ich melde mich dazu.

Einfacher ist es bei Anders Jormin - Xieyi (ECM 1762, 2001). Der schwedische Bassist legt hier im Prinzip ein Solo-Album vor, welches aber mit Chorälen gespielt von einem Blechbläserquartett durchsetzt ist. Zusammen genommen hat das eine gewisse Faszination, aber ist natürlich ungefähr so lustig wie eine Beerdigung bei Nieselregen im November. Nur für gefestigte Gemüter zu empfehlen (und Bass-Solo-Freunde !). Jormin hat noch etliche weitere Platten für ECM aufgenommen, die kenne ich aber nicht.

jpc.de
HansFehr
Inventar
#241 erstellt: 22. Aug 2019, 17:26

arnaoutchot (Beitrag #240) schrieb:
ungefähr so lustig wie eine Beerdigung bei Nieselregen im November.

Ich habe es gerade durchgehört. Dagegen ist ja das Album November von Abercrombie voller Fröhlichkeit.

Sollten wir zu K kommen, habe ich schon etwas mit japanischem Hintergrund parat.
Mr._Lovegrove
Inventar
#242 erstellt: 23. Aug 2019, 08:11

HansFehr (Beitrag #241) schrieb:

Sollten wir zu K kommen, habe ich schon etwas mit japanischem Hintergrund parat. :)

Und bei mir trommelt sich ein Franzose schonmal warm.
arnaoutchot
Moderator
#243 erstellt: 23. Aug 2019, 08:24
Also dann von mir noch zu Jøkleba - Outland - ECM 2413, 2014. Per Jørgensen (tp, voice, fl, kalimba), Jon Balke (electronics, piano), Audun Kleive (electronics, dr, perc). Die Platte lässt mich ratlos zurück. Kurze Soundscapes mit viel Elektronik, wenig Tonalität und teilweise dem "Gesang" von Jørgensen. Das ist gar nicht meine Welt. Ich wollte sie schon aussortieren, wenn da nicht ein Stück wie The Nightwood auftauchen würde, in dem Jørgensen ein ätherisch-melodisches Trompetensolo über einem sanften Hintergrund spielt, das schon fast an einen Miles Davis / Miles Ahead des 21. Jahrhunderts erinnert. Ich werde mir also weiter die Zähne ausbeissen ... meine Musik ist das aber nicht.

Ich habe damit dann von meiner Seite fertig mit J.

jpc.de
Mr._Lovegrove
Inventar
#244 erstellt: 23. Aug 2019, 09:43
Gut, dann eröffne ich das K hiermit.
HansFehr
Inventar
#245 erstellt: 23. Aug 2019, 10:25
Masabumi Kikuchi Trio
Sunrise
ECM 2096, 2012

Eine der letzten Aufnahmen von Paul Motian, (dr). Dazu gehörte Thomas Morgan, (b).
Feine, ruhige, sensible Musik. Von Kikuchi höre ich fast keine "stimmlichen Geräusche". Würde auch nicht passen.




[Beitrag von HansFehr am 23. Aug 2019, 12:38 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#246 erstellt: 24. Aug 2019, 08:10
Das K ist übrigens wirklich ergiebig:

Kayhan Kalhor
Tõnu Kaljuste
Giya Kancheli
Vera Kappeler
Eleni Karaindrou
Ingrid Karlen
Kim Kashkashian
Manu Katché
Leonidas Kavakos
András Keller
Keller Quartett
Golfam Khayam
Masabumi Kikuchi
Victor Kissine
Alexander Knaifel
Garth Knox
Momo Kodama
Lee Konitz
Patricia Kopatchinskaja
Tõnu Kõrvits
Krakatau
Gidon Kremer
Steve Kuhn
György Kurtág jr.
György Kurtág

Das ist die offizielle ECM Auswahl auch mit so einigen Klassikkünstlern, aber eben auch vielen Jazzern dabei.
arnaoutchot
Moderator
#247 erstellt: 25. Aug 2019, 19:36

Mr._Lovegrove (Beitrag #246) schrieb:
Das K ist übrigens wirklich ergiebig


Ist es das ? Ich habe die oben gezeigte gute Kikuchi-Platte. Alles von dem für mich speziell auf ECM sehr langweiligen Katché hab ich inzwischen entsorgt. Bleibt Steve Kuhn. Da gibt es das Trio mit der Coltrane-Hommage Mostly Coltrane mit Joe Lovano und die Wisteria in meiner Sammlung, die muss ich erst nochmals hören. Die Solo-Piano Ecstasy kenne ich auch, ich melde mich dazu. Ansonsten fällt mir im Jazz zu K nichts ein ....


[Beitrag von arnaoutchot am 25. Aug 2019, 19:58 bearbeitet]
Mr._Lovegrove
Inventar
#248 erstellt: 25. Aug 2019, 20:24
Gut, wenn du die Katchés entsorgt hast, werde ich mich ausführlich dazu äußern. Das aber wohl erst morgen.
arnaoutchot
Moderator
#249 erstellt: 25. Aug 2019, 21:11
Das will ich hoffen ! Ich finde Katché auch einen guten Drummer, zB bei Peter Gabriel. Aber seine Sachen bei ECM waren für mich ungefähr so risikofreudig wie mit Gürtel und Hosenträgern gesichert ...
crim63
Inventar
#250 erstellt: 25. Aug 2019, 21:46
Hallo !
Ich habe 2 Platten von Katche, die Neighbourhood und Playground. Für mich als Jazzanfänger sind die relativ interessant,
kann nichts negatives Sagen. Ich bin eben auf Katche aufmerksam geworden wie Du schon geschrieben hast durch seine Mitarbeit
in der Peter Gabriel Band.
Die Vorstellung der Platten überlasse ich aber gern dem Spezi Mr._Lovegrove, der hat mehr Ahnung.

Gruß Maik
Mr._Lovegrove
Inventar
#251 erstellt: 26. Aug 2019, 07:24
Danke für den Vortritt!
Der Tausendsassa am Schlagzeug hat zwischen 2005 und 2012 insgesamt vier Alben für ECM aufgenommen und entweder man mag den Kompositionsstil des Franzosen oder man empfindet seine Musik als eher langweilig. Ich höre ihm und seinen wechselnden Besetzungen sehr gerne zu; seine Musik gibt sich oftmals wie ein rhythmischer Herzschlag von urbaner Ruhe und Gelassenheit.
Der Schlagezeuger, der schon bei Peter Gabriel, Sting und Jan Garbarek hinter der Schießbude saß, startete seine ECM- Karriere mit einem Album, dessen Besetzung übermäíges verhieß:
jpc.de
Manu Katché
Neighbourhood
ECM 1896, 2005
Manu Katché Drums
Tomasz Stanko Trumpet
Jan Garbarek Tenor Saxophone
Marcin Wasilewski Piano
Slawomir Kurkiewicz Double-Bass

Er schnappte sich kurzerhand zweidrittel des Marcin Wasilewski Trios, rief Tomasz Stanko und seinen Buddy Jan Garbarek an und erschuf einen modernen ECM Klassiker, der mit im Trio eingespielten "November 99" und dem äußerst knackigen "Number One" zwei vitale und kraftvolle Einsteiger bietet. Danach fahren alle Beteiligten ein bis zwei Gänge runter und bieten eben jenen ruhepulsigen Jazz, den ich oben ansprach. Aber ich empfinde das eben nicht als langweilig, sondern wie einen erzählerischen Fluß, wie einen Soundtrack. Garbarek überrascht hier im übrigen mit der mit Abstand großartigsten Performance seit gefühlt 1980. Kein Pathos, keine langatmigen Schlangenlinien am Sax, sondern ein vitaler und durchdringender Sound!
Auch Stanko und die Rhythmusboys Wasilewski und Kurkiewicz wissen mehr als zu überzeugen, tragen gleichermaßen zu diesem stilistisch sehr festem Album bei. Und Katché? Der zeigt trotz (oder gerade wegen?) viel innerer und äußerer Kontemplation, welch versierter Drummer er ist; welch gewichtige Werkzeuge ihm als Wanderer zwischen Pop und Jazz zur Verfügung stehen, die vielen reinen Jazzdrummern fehlen. Ich mag die Platte einfach.
Und klanglich ist dies hier die in meinen Augen beste ECM Aufnahme aller Zeiten! Da könnt ihr jetzt gegen wettern wie ihr wollt, aber dieser recht trockene, extrem präsente und lupenhaft transparente Klang ohne übermäßig ausufernde Hallsperenzien ist vom Label selbst nicht zu toppen! Eicher, Kongshaug und das damals neue Rainbow Studio at their best!

jpc.de
Manu Katché
Playground
ECM 2016, 2007
Manu Katché Drums
Mathias Eick Trumpet
Trygve Seim Tenor Saxophone, Soprano Saxophone
Marcin Wasilewski Piano
Slawomir Kurkiewicz Double-Bass
David Torn Guitar

Schon die deutlich veränderte Besetzung zeigt auf, dass die zweite Platte eine andere ist und eben nicht nur eine Abwandlung des Rezeptes der ersten. Natürlich trifft Katché im Grunde den gleichen Nerv, aber gerade Mathias Eick, seines Zeichens Melancholiker vor dem Herren, bringt eine weit wehmütigere und dunklere Note hier rein. Auch Trygve Seim ist ja nicht gerade als Happyman bekannt. Und so ist das Album deutlich getragener und balladesker geworden, ohne aber die Grund-DNA von Katchés Stilistik zu verwischen. Dieses Album hatte ich mir damals erspart zu kaufen; ein just geschehenes erneutes Anhören widerlegte meine damaligen Zweifel.

jpc.de
Manu Katché
Third Round
ECM 2156, 2010
Manu Katché Drums
Tore Brunborg Soprano Saxophone, Tenor Saxophone
Jason Rebello Piano, Fender Rhodes
Pino Palladino Bass
Jacob Young Guitars
Kami Lyle Vocal, Trumpet

In der dritten Runde für Manfred Eichers Label kehrt das sanfte Lächeln in die Musik des Franzosen zurück. Gleich im gelungenen Opener "Swing Piece" setzt Jason Rebello am Flügel einen kraftvollen Markstein und glänzt mit leuchtenden Akkorden. Die neue Besetzung bringt frischen Wind in Katchés Klangwelt. Tore Brunborg klingt zwar wie ein entfernter Cousin von Jan Garbarek, aber seine wohl dosierte Sanftheit passt so wunderbar in diese feingliedrige und sensible Musik wie Pino Palladinos leicht swingender Bass. Jaconb Young ist hier eher ein Hintergrundmaler, der Katchés wie immer präsentem Spiel feine Farbtupfer verleiht.

jpc.de
Manu Katché
Manu Katché
ECM 22584, 2012
Manu Katché Drums
Nils Petter Molvaer Trumpet, Loops
Tore Brunborg Tenor Saxophone, Soprano Saxophone
Jim Watson Piano, Hammond B3 Organ

Das letzte Album für ECM wartet mit einer hochmodernen Quartettbesetzung auf und lässt Katché in moderat- modernere Gefilde schwenken. Dieses mal wird der erneut anwesende Brunborg von Nils Petter Molvaer und seiner einmaligen Mischung aus Trompete und Elektronik ergänzt. Zusammen mit einem agilen Jim Watson erfinden die vier das Rad des Franzosen zwar nicht neu, aber gerade Molvaer mit seiner unbändigen Kreativität an Horn und Digitalspielzeugen dreht diese immer noch recht ruhige Musik in eine etwas raffiniertere und atmosphärisch spannendere Richtung.

Man mag Katché oder halt auch nicht, aber seine Musik ist stilistisch doch extrem gefestigt und in ihrer Mischung aus leichtem Swing, wohldosierter Melancholie und doch auch lockerer Lebensfreude recht einmalig.


[Beitrag von Mr._Lovegrove am 26. Aug 2019, 13:07 bearbeitet]
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