Die kurze Zeit guten Monos

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Martin2
Inventar
#1 erstellt: 20. Okt 2008, 00:02
Was ich eigentlich interessant finde: Es gibt gute Monoaufnahmen, aber es ist eigentlich nur so ein verdammt kurzes Zeitfenster. Seit wann gibt es gutes Mono? So ab den frühen 50ern. Und dann schon 1954 wurde Stereo erfunden ( das heißt eigentlich experimentierte schon Karajan in den 40ern mit Stereo, aber das war nur ein Experiment). Habe nur einige gute Aufnahmen aus dieser eigentlich äußerst kurzen Zeitepoche. Furtwängler - das ist toll, daß es da späte Aufnahmen gibt die äußerst gut zu hören sind, Markewitsch ( die Box, die mir Kreisler Junior empfahl), Boult, die Mozartbox ( Membran), wobei ich da gar nicht mehr weiß welche Aufnahmen Mono sind. In Wirklichkeit ist nämlich Mono oder Stereo weit weniger wichtig als man denkt, bei Klaviermusik habe ich den Sinn des Stereos eh nie verstanden.

Also es gibt eine sehr kurze Epoche des guten Monoklangs, obwohl es Mono vermutlich sogar noch in den späten 50ern ( oder sogar 60ern?) gibt, aber an sich ist dies ein äußerst kleines Zeitfenster. Das finde ich irgendwie faszinierend. Die Monoaufnahme gibt es wohl schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts, sie war äußerst lausig, aber als sie es endlich geschafft hatte, gut zu werden, wurde sie auch gleich von der Stereoaufnahme abgelöst.

Vermutlich gibt es eben deshalb wesentlich mehr schlechtes Mono als gutes. Ich glaube eben das prägt unser Bild vom Mono und genau das ist das Problem. Daß es in diesem "kurzen Zeitfenster" durchaus gute Monoaufnahmen gibt ( Aufnahmen die, wie im Falle Markewitsch gesehen, als "Hifiaufnahmen" verkauft wurden), das ist eine Tatsache, die immer mehr ins Abseits gerät.

Die kurze Zeit guten Monos hat vielleicht gerade deshalb ihre besondere Romantik? So dieser ganz kurze schöne Schwanengesang des Monos.

Gruß Martin
Hüb'
Moderator
#2 erstellt: 20. Okt 2008, 06:05
Hallo Martin,

tatsächlich auf den Markt kamen die ersten Stereo-Aufnahmen 1957/58. Vorher wurde nur Mono-Scheiben angeboten.
"Guten" Mono-Klang würde ich tendenziell auf die Jahre 1949 bis 1958 datieren. Einige Radiostationen haben sogar noch bis Anfang/Mitte der Sechsziger in sehr gutem Mono-Klang produziert (siehe z. B. BBC Legends-Serie).

Grüße

Frank
Martin2
Inventar
#3 erstellt: 21. Okt 2008, 14:11
Hallo Frank,

danke für Deine Hinweise. Worauf ich bei diesem Thread gewissermaßen mehr abhob, ist die Tatsache, daß es da eine gewissermaßen zeitlich kleine Epoche gab, in der gute Monoaufnahmen produziert wurden. Was da in den Mittelpunkt rücken sollte, ist es, daß man da großen Künstlern der Vergangenheit gewissermaßen noch begegnen kann - etwa Furtwängler. Toscanini hat wie ich heute bei Wikipedia gelesen habe, sogar noch das Stereozeitalter erlebt, seine letzte Aufnahme war stereo.

Ich glaube insofern, daß diese kleine Epoche künstlerisch besonders wichtig ist und hatte ein bißchen darauf gehofft, daß hier diskutiert würde, was es denn aus dieser Epoche an künstlerisch wichtigem gibt. Spätes Mono ist immerhin die erste Zeit, aus der wir Tondukumente besitzen, die klanglich befriedigen können. Man kann sich selbstverständlich auch eine Aufnahme aus dem Jahre 1937 anhören, aber besonders bei orchestraler Musik wird eine solche Aufnahme klanglich so wenig befriedigen, daß man sie eher "lesen" als "hören" kann.

Die Zeit "guten Monos" dagegen ist die Zeit, wo wir zum ersten mal in der Geschichte der Menschheit eine Aufnahmetechnik haben, die klanglich befriedigt. Insofern sie dann m.E. in den Mittelpunkt "historischer Betrachtung" gehört. Mich hätte es halt interessiert, zu erfahren, welche besonderen Perlen es denn aus dieser Zeit gibt. Ich kann nur sagen, daß es mich freut, noch ein paar Furtwängleraufnahmen aus dieser Zeit zu besitzen, während Furtwängleraufnahmen aus den frühen 40ern auch durchaus "interessant" sind, aber doch so schlecht klingen, daß sie doch nur mehr von historischem Interesse sind.

Gruß Martin
op111
Moderator
#4 erstellt: 21. Okt 2008, 15:17
Hallo zusammen,

Martin2 schrieb:
Toscanini hat wie ich heute bei Wikipedia gelesen habe, sogar noch das Stereozeitalter erlebt, seine letzte Aufnahme war stereo.


diese experimentellen Aufnahmen

Toscanini's Penultimate Concert, 21st March, 1954 (complete):
Rossini: Overture to The Barber of Seville
Tchaikovsky: Symphony No. 6 "Pathétique" in B minor, Op. 74

Toscanini's Final Concert, 4th April, 1954 (part):
Wagner: Lohengrin - Prelude to Act 1
Wagner: Götterdämmerung - Dawn and Siegfried's Rhine Journey

kursieren schon lange in der Sammlerszene. Es handelt sich bei den 2-Kanal-Aufnahmen aber nicht um Aufnahmen, die die Qualität der ersten kommerziellen Stereo-Aufnahmen, wie wir sie u.a. aus dem Deccakatalog kennen, erreichen.

Die Veröffentlichung
Pristine Audio PASC 119, 74:52 [www.pristineclassical.com]
"Pristine Audio Natural Sound XR restoration"
wurde mittels einer Software bearbeitet, die einen Raumklang erzeugt.
Martin2
Inventar
#5 erstellt: 23. Okt 2008, 23:43
Ich hatte ein bißchen mehr gehofft, daß dieser Thread sozusagen als "Steilvorlage" an die Experten unter uns, die die "vintage recording" schätzen, hätte fungieren können. Also Furtwängler hätte hier reingepaßt, Toscanini, Boult, Klemperer vielleicht, Markewitch zweifellos. Wie ich seit neuestem durch Joachim weiß, auch der Abendroth. Einiges kenne ich ja selbst, aber dann doch nicht soviel. Ach, es hätte so interessant werden können.
op111
Moderator
#6 erstellt: 24. Okt 2008, 09:08
Hallo zusammen,

viele legendäre Orchesterproduktionen der 50er liegen nur in Mono vor - Bruno Walters noch gar nicht "altersmilde" Beethoven-, Brahms- und Mozart-Aufnahmen mit den New Yorkern; Szells Beethoven; Ansermets Strawinsky; Inghelbrechts Debussy ...

Jürgen werden sicher noch einige unverzichtbare Opernaufnahmen - nicht nur mit M. Callas - einfallen.

Gute Monoaufnahmen von Bestand gibt es nicht nur von Orchesterwerken.

Ich denke an Liedaufnahmen Fischer-Dieskaus, Klavierwerke (W. Gieseking) ...


[Beitrag von op111 am 29. Okt 2008, 18:41 bearbeitet]
Kreisler_jun.
Inventar
#7 erstellt: 24. Okt 2008, 22:29
Es dürfte kaum Einigkeit bestehen, was alles unter "gutes Mono" fällt. Mitte/Ende der 40er hatte Decca mit ffrr oder so ein Verfahren entwickelt, das ein weiteres Frequenzspektrum aufzeichnen konnte, aber es gibt auch schon einige ziemlich ordentlich klingende (zumal mit den heutigen Restaurationsmöglichkeiten) Aufnahmen aus früherer Zeit. Und für viele andere ist Mono grundsätzlich doppelplusungut...

Franz-J. hat schon darauf hingewiesen: Von einer großen Zahl berühmter Dirigenten (und anderer Musiker) gibt es sehr gute Monoaufnahmen. Bei einigen, die noch lange genug gelebt haben, mögen sie durch spätere Stereo-Neuauflagen weitgehend obsolet geworden sein (z.B. Karajan, teils Klemperer).
Es gibt hier unglaublich viel, gerade auch mit Pianisten, Geigern und Sängern, auch wenn sicher einiges (ob zu recht oder unrecht) lange nicht mehr erhältlich ist. Nur mal in einer etwas historisch orientierten Gruppe wie der bei Google archivierten rec.music.classical.recordings gucken.

Ich zähle mal ein paar Sachen auf, die ich aus der Zeit ca. 1955-58 für hörenswert halte:

Fricsay: fast alles, was man kriegen kann
Mozart: Jupiter & Haffner, Verdi: Requiem, Rossini- Ouverturen, Strawinsky: Le Sacre/Petruschka, Hartmann: 6. Sinfonie, Tschaikowsky: Sinfonien 4-6, Bartok: Konzert f. Orchester/Musik für Saiteninstrumente...

Toscanini: fast immer hörenswert, der Streit besteht nur, ob man nicht vielleicht einige Vorkriegs/kriegsaufnahmen vorziehen sollten. Auch viele derer aus den 40er/50ern klingen leider sehr trocken.
Natürlich Beethoven, Verdi, Wagner-Auszüge, Brahms-Sinfonien, Elgar Enigma + Mussorgsky Bilder ist eine der besser klingenden Einspielungen.

Scherchen: fast immer hörenswert, da seinerzeit eher preisgünstig produziert, oft klang- und spieltechnisch nicht ganz auf der Höhe
Sinfonien von Beethoven, Haydn, Mahler (einzelnes in Stereo)

Furtwängler: Beethoven, Brahms, vermutlich auch Bruckner, Schumann 4, Haydn 88, Schubert 8+9, Wagner Auszüge oder Ring, evtl. Fidelio und Freischütz

Rosbaud: es gibt nicht viel, aber diese Box lohnt sich (teils stereo)


Bruno Walter: Brahms-Sinfonien

Rubinstein: Chopin

Richter: eine Schumann-CD bei DG, einiges bei Melodiya (Beethoven, Schubert) ist auch noch mono

Callas u.a. muß ein Opernfan ergänzen, jedenfalls die Tosca unter De Sabata.

viele Grüße

JK jr.
Martin2
Inventar
#8 erstellt: 25. Okt 2008, 11:55
Danke Kreisler Junior, für Deinen sehr interessanten Beitrag. Den Tip mit der Markewitschbox, die es mal günstig gab, verdanke ich ja Dir. Mit Furtwängler bin ich inzwischen auch gut eingedeckt, wobei mir die Sachen aus den frühen 50ern klanglich wirklich besser gefallen.
Maastricht
Inventar
#9 erstellt: 26. Okt 2008, 11:32

Kreisler_jun. schrieb:


Callas u.a. muß ein Opernfan ergänzen, jedenfalls die Tosca unter De Sabata.


Da gibt's 'ne ganze Menge.
Im Allgemeinen würde ich auf jeden Fall alle Aufnahmen (aus den 50ern) nennen, die der Toningenieur Walter Legge (Ehemann von Elisabeth Schwarzkopf) für EMI gemacht hat. Dazu gehören auch einige Studioaufnahmen mit Maria Callas, mit u.a. der genannten Tosca.

Gruss, Jürgen
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