Die wirrsten Booklet-Texte

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antiphysis
Stammgast
#1 erstellt: 10. Nov 2004, 21:18
Innerhalb eines anderen Threads bin ich auf die Idee gekommen, vielleicht stößt es auf Interesse: Wer kennt wirre, blumige bis vollkommen sinnentleerte Texte aus Beiheften.
Einziger Nachteil: zumeist muss man die Texte fürs Forum abschreiben.

Ich mache mal den Anfang mit dem in dieser Hinsicht mir lieb gewordenen Label ERATO (Roussel, Bacchus & Ariane, Suite en fa. OdP, Dutoit / 1988):

"... lange und krumme melodische Kurven, eine zugleich rauhe und raffinierte Harmonielehre, Rhythmen, deren Kraft fasziniert (eine wesentliche Tugend für ein Ballett), eine farbige und glänzende Orchestrierung mit dem für ihn typischen roten Gold der Blechinstrumente, all dies vereinigt sich und verwandelt sich in eine verblüffende Feier des Lebens, der Freude und der Sonne."
- In diesem Dschungel von Metapher und Synästhesie finde ich mich jedenfalls nur mit Mühe zurecht.

Einige Fragen, die der Text ansonsten noch aufwirft:
Was ist ein "klänglicher Schwarm"[!]? - auf den dann auch noch "der Vorhang mit Pracht herunterfällt".
Und interessant fände ich noch eine Erläuterung "flämischer Saftigkeit"



Möge der Saft mit euch sein!
Hilda
Stammgast
#2 erstellt: 10. Nov 2004, 23:18
Hallo Antphysis,

vielleicht etwas off-topic, aber ich persönlich lege keinen so grossen Wert auf die Beiheftchen - naja ein schönes Cover sollte es schon sein, man will ja was zum anschauen haben

Ausnahmen sind natürlich Werke abseits des 'Kernrepertoires'. Was ich häufig viel bedauerlicher finde ist, daß so selten Aufnahmeort und Datum sowie der Tonmeister angegeben sind. Das ist für mich zumindest häufig interessanter als ein lieblos heruntergeschnuddelter Text eines 'Feuilletonisten'

Gruss
Klaus
Markus_Berzborn
Gesperrt
#3 erstellt: 11. Nov 2004, 03:43

antiphysis schrieb:
"... lange und krumme melodische Kurven, eine zugleich rauhe und raffinierte Harmonielehre, Rhythmen, deren Kraft fasziniert (eine wesentliche Tugend für ein Ballett), eine farbige und glänzende Orchestrierung mit dem für ihn typischen roten Gold der Blechinstrumente, all dies vereinigt sich und verwandelt sich in eine verblüffende Feier des Lebens, der Freude und der Sonne."


Nun ja, ich vermute mal, dass es sich dabei um eine Übersetzung handelt. Ich kann mir jedenfalls kaum vorstellen, dass ein originaler deutscher Text solche Formulierungen enthält.

Gruß,
Markus
antiphysis
Stammgast
#4 erstellt: 11. Nov 2004, 22:05
Hallo Markus,

in der Tat handelt es sich um eine Übersetzung, allerdings von einer Französin (Claire Valensi). Andere Texte sind bei Erato in den 80er Jahren kaum besser (häufig übersetzt von Ingrid Trautmann). Hinzu kommen Rechtschreibfehler und falsche Trennungen (wohl durch ein Layoutprogramm verursacht, das deutschen Text nicht unterstützt).
Was im Deutschen erheiternd oder verwirrend wirkt, hat zumeist die Ursache in einer wortwörtlichen, und dadurch schlechten, Übersetzung.
Dessen ungeachtet hatte und hat Erato sehr schöne Aufnahmen (sofern das Label weiter existiert, als Sublabel von Warner scheint mir das fraglich).
Interessanterweise hat Erato später, auch bei besseren Übersetzungen, auf die Namensnennung des Übersetzers gerne mal verzichtet.

Grüße
Markus_Berzborn
Gesperrt
#5 erstellt: 12. Nov 2004, 00:01
Bei Übersetzungen bin ich halt immer besonders hellhörig und kritisch, weil das mein Job ist.
Erato war wirklich ein sehr interessantes Label. Ich konnte mir neulich noch originalverpackte LP-Restbestände aus Paris sichern. Sehr seltene und schöne Sachen dabei, z.B. von Jolivet und Constant. Außerhalb von Frankreich interessiert das allerdings kaum jemanden.

Gruß,
Markus
WolfgangZ
Inventar
#6 erstellt: 21. Jun 2007, 21:55
Hallo, miteinander!

Ich möchte diesen Thread für ein leicht befremdliches Phänomen hervorholen:

Ich habe mir die auch hier sehr empfohlene Brilliant-Box mit den Orchesterwerken von Strauss unter Rudolf Kempe gekauft und dann feststellen müssen, dass das Booklet nur auf Niederländisch verfasst ist.

War das schon immer so?

Umtauschen - falls möglich - würde ich vielleicht gar nicht wollen. Der Umfang der Texte scheint sich in Grenzen zu halten, und schließlich handelt es sich um ein Repertoire, über das man sich sehr breit anderweitig informieren kann.

Besten Gruß, Wolfgang


[Beitrag von WolfgangZ am 21. Jun 2007, 21:57 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#7 erstellt: 21. Jun 2007, 22:19
Hallo Wolfgang,

nein mein Text ist auf Englisch. Da mußt Du irgendwie die falsche Warenlieferung bekommen haben.

Gruß Martin
Joachim49
Inventar
#8 erstellt: 21. Jun 2007, 23:30

WolfgangZ schrieb:

Ich habe mir die auch hier sehr empfohlene Brilliant-Box mit den Orchesterwerken von Strauss unter Rudolf Kempe gekauft und dann feststellen müssen, dass das Booklet nur auf Niederländisch verfasst ist.
W


Merkwürdig. Im Niederländischen Sprachbereich (NL und Flandern) sind die Texte meistens Englisch. Obwohl es nicht in diesen Thread gehört, hier noch etwas zu Brilliant. In den Niederlande und in Flandern werden die Brilliant CD's von einer Drogeriekette ('Kruidvat', vergleichbar mit Schlecker) verkauft. Man kauft die Windeln und das Haarshampoo und nimmt an der Kasse gleich noch die Matthäuspassion für 3.95 mit. Das hat einen Riesenerfolg und ist sehr umstritten. Umstritten, weil die Dumpingpreise z.T. den niederländischen Klassikmarkt ruiniert haben. Ca. 40% des Umsatzes an Klassik CDs werden im Drogeriemarkt realisiert. (Ob so etwas in der Deutschen Kulturwüste denkbar ist: Schostakowitsch oder Brahms bei Schlecker?)
Zum Thread-thema: der Metaphernschwulst liegt nicht nur am übersetzer. Viele französische Autoren in diesem Genre übersteigern sich geradezu im Metapherngebrauch - meist mit recht misslungenen Kreationen.(und nicht nur in der Musikbranche: auch französische Philosophen schreiben zum Kotzen schwammig).
Noch was aus eigener Lektüre: John Barbirolli, konnte man aus der Feder eines amerikanischen Musikwissenschaftlers im Booklet zu "Madame Butterfly"lesen, wurde nachdem er die New Yorker Philharmoniker verlassen hatte vom Symphonieorchester der Stadt Halle in Deutschland verpflichtet (für Klassikanfänger: Barbirolli ging zum Hallé-orchester in Manchester, benannt nach dem Gründer, glaube ich). Die Nazis jedenfalls hätten sich gefreut, so einen bedeutenden Mahlerdirigenten anzuwerben.
Grüsse aus dem flachen Flandern
Joachim
op111
Moderator
#9 erstellt: 23. Jun 2007, 09:02
Hallo Joachim,


Joachim49 schrieb:
...Brilliant.
...
Das hat einen Riesenerfolg und ist sehr umstritten. Umstritten, weil die Dumpingpreise z.T. den niederländischen Klassikmarkt ruiniert haben. Ca. 40% des Umsatzes an Klassik CDs werden im Drogeriemarkt realisiert.
hier sind es die Mediendiscounter (zuerst 2001 dann JPC und Teile der übermächtigen Weltbild-Gruppe [im Kirchenbesitz]) die sich wahrscheinlich damit selbst ihr Wasser abgegraben haben.
Nach dem Kauf der "dicken Kisten" mit z.T. mehr als 40 CDs tritt so etwas wie Übersättigung beim Hörer auf, die den Kauf teuerer und gewinnträchtigerer Produkte blockiert.


Joachim49 schrieb:
...Barbirolli ging zum Hallé-orchester in Manchester, benannt nach dem Gründer, glaube ich).

@Joachim49: Genau. Hier der Link zum
Hallé Orchestra
the Hallé, Britain's longest-established symphony orchestra, founded in Manchester by Sir Charles Hallé in 1858.


Gruß ins "vlakke land"


[Beitrag von op111 am 23. Jun 2007, 09:03 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#10 erstellt: 24. Jun 2007, 18:37
Joachim schrieb:


[quote](Ob so etwas in der Deutschen Kulturwüste denkbar ist: Schostakowitsch oder Brahms bei Schlecker?)
[/quote]

Wieso, Schlecker hat doch Brilliant CDs verkauft! Ich habe meine ersten Brilliant CDs bei Schlecker gekauft. Jetzt allerdings eher bei Zweitausendeins, die haben zwei Läden hier in Hamburg und das Angebot da ist verläßlicher.


[Beitrag von Martin2 am 24. Jun 2007, 18:41 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#11 erstellt: 24. Jun 2007, 19:45

Martin2 schrieb:

Wieso, Schlecker hat doch Brilliant CDs verkauft! Ich habe meine ersten Brilliant CDs bei Schlecker gekauft.


Als Exildeutscher wusste ich nicht, dass Brilliant CD's in Deutschland auch Über Drogeriemärkte verkauft werden. Hatte das Erfolg? Jetzt scheint's Rossmann zu sein, der sich der klassischen Musikpflege verschrieben hat. (Eigentümer des Labels Brilliant wird Schlecker jedoch wohl kaum gewesen sein). Beneidenswert, die Leute, die einen Zweitausendeinsladen um die Ecke haben, - oder gar zwei.
Freundliche Grüsse
Joachim
Martin2
Inventar
#12 erstellt: 25. Jun 2007, 14:41
Oh mein Gott, jetzt habe ich glaube ich Schlecker mit Rossmann verwechselt. Ja ich glaube es war Rossmann, nicht Schlecker. Die verkaufen das aber schon ziemlich lang, ich glaube, es war erst beim Rossmann und dann ist Zweitausendeins auf den Zug aufgesprungen.
Martin2
Inventar
#13 erstellt: 28. Jun 2007, 11:46

Joachim49 schrieb:
hier noch etwas zu Brilliant. In den Niederlande und in Flandern werden die Brilliant CD's von einer Drogeriekette ('Kruidvat', vergleichbar mit Schlecker) verkauft. Man kauft die Windeln und das Haarshampoo und nimmt an der Kasse gleich noch die Matthäuspassion für 3.95 mit. Das hat einen Riesenerfolg und ist sehr umstritten. Umstritten, weil die Dumpingpreise z.T. den niederländischen Klassikmarkt ruiniert haben. Ca. 40% des Umsatzes an Klassik CDs werden im Drogeriemarkt realisiert.


Lieber Joachim,

ich bezweifle, daß Brilliant den Klassikmarkt ruiniert. Sagen wir lieber, er hat ihn kräftig aufgemischt. Und das ist auch gut so. Viele Leute ( Arbeitslose, Rentner, Studenten) können sich die Hochpreisangebote der großen Klassikfirmen einfach nicht leisten und sie sind froh, ja manchmal geradezu glücklich, daß sie sich jetzt auch mal zu einem billigen Preis eine große Klassiksammlung anlegen können. Ich erinnere mich nur an einen arbeitslosen Bekannten von mir, der sich die Mozartgesamtausgabe gekauft hat und halt sagte: Ja sowas hätte ich mir früher immer gewünscht und nun kann ich es mir leisten. Das ist doch schön!

Im übrigen denke ich, daß auch im Billigsektor bestimmt eine Menge Geld zu verdienen ist. Weil nämlich viele Leute auch nicht soviel Geld haben.

Und dann kann ich halt nur von mir selbst reden. Und da ist es halt Tatsache, daß ich mir dank Brilliant eine Menge Dinge gekauft habe, die ich mir zum Hochpreis sicher nicht gekauft hätte, wie etwa die Streichquartette von Villa Lobos oder jetzt diese Box mit russischen Klaviertrios.

Und "echte" Klassikliebhaber sind eben auch Sammler, die gerne eine Menge CDs hätten und sie sich nur nicht immer leisten können. Und die Firmen, dessen Lizenzen Brilliant vermarktet, werden bei der ganzen Sache sicher gut mitverdienen.

Gruß Martin
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