Michell GyroDec - seltsame Ausführung

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el-zahni
Schaut ab und zu mal vorbei
#1 erstellt: 02. Mrz 2012, 04:35
So,schon eine ganze Zeit lang lese ich in diesem Forum mit, habe ein Füllhorn an interessanten und amüsanten Diskussionen verfolgt und einige äußerts praktische Anregungen ernten dürfen - zunächst einmal ganz großen Dank dafür.

Jetzt habe ich allerdings ein paar Fragen, auf die ich auch nach intensiver Suche keine Antwort finde - vielleicht weiß ja der eine oder andere von Euch ein wenig mehr...



Und die Geschichte ist die:
Letztens habe in bester Laune nach bestandener letzter Magisterprüfung und unter deutlichem Akloholeinfluß folgenden Plattenspieler erstanden:

http://www.ebay.de/i...id=p3984.m1439.l2649

- geboten per App vom Kneipentresen aus und im sicheren Wissen, daß ich ihn für 800 € sowieso nicht bekomme - also genauso wie man es NICHT macht. Ergebnis:ich bin arm und der Dreher steht hier. Mein Gedanke war der, daß selbst wenn der Tonarm hinüber ist (wie die Bilder vermuten lassen), doch nicht alles verloren ist - immerhin geht laut Verkäufer der Motor - und allein das Kabel kostet neu rund 900 € (nicht daß ich denken würde ein solches Kabel wäre je 900 € Klangewinn wert). Und das Laufwerk is ja auch noch da und mit ein wenig Glück in respektablem Zustand. Für den Tonabnhemer hatte ich kein Hoffnung...

Vorgestern hab ich ihn abgeholt (400 km auf dem Beifahrersitz - ihn hochhaltend - weil Transportsicherung gab es keine und die Dämpfung macht einen ziemlich filigranen Eindruck) - und jetzt ist er mal probeweise aufgebaut - und es ist in der Tat ein sehr seltsames Gerät.
Ich weiß garnicht, ob er überhaupt in die Klassikerecke gehört - Seriennummer finde ich keine, lediglich der Verkäufer sagt, er sei mindestens 15 Jahre alt - und auf der Anleitung zur Inbetriebnahme sind Ergänzungen in (echter) Schreibmaschinenschrift - könnte also einer der frühen sein, aber das ist Spekulation. [@ Moderator: Der Thread kann natürlich gerne verschoben oder in einen Neuzugänge-Beitrag umgewandelt werden]

Die erste Besonderheit ist die daß er mit zwei Riemen läuft, die am Teller auch in zwei Rillen laufen:

Re2

Zuerst dachte ich, das ist zum Umlegen für 33/45 - und der zweite ist nur dort damit er nicht verloren geht - aber die Riemen laufen parallel auf 33 - ist das normal? Diese Ausführung habe nirgens gefunden.

Dann der Arm:
Er ist völlig unbeschriftet - aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Moerch UP4 oder DP6 - aber keine der beiden Spezifikationen passt genau:

Re5

Kennt vielleicht jemand den Arm?
Leider ist der Tonarmlift hinüber und der gesamte Arm läßt sich an einer vertikalen Achse durch die Mitte der Aufnahme nach links und rechts kippen - das ist auch ein Defekt, oder?

Das Tonarmrohr (roter Punkt, also für mittelschwere Systeme) ist leider, wie die Bilder der Auktion vermuten lassen, tatsächlich nach unten verbogen (wie man das schafft bleibt rätselhaft...):

Re3

Wirklich rätselhaft wird es aber jetzt - das Tonarmrohr läßt sich tatsächlich trotzdem soweit anheben, daß ein Platte drunterpasst - und weil ich es nicht lassen konte hab ich die erste Rage against the Machine aufgelegt - und jetzt sind zwei Sachen augenfällig:

1. Die Headshell, die in dem Tonarmrohr integriert ist, ist, wenn der Tonabnehmer auf der Platte aufliegt, nahezu perfekt parallel zur Platte:

Re6

2. Das ganze Ding funktioniert und klingt so sensationell, daß es eigentlich kein Zufall sein kann, wirklich erstaunlich. Kann es sein, daß das alles doch Absicht ist und so gehört?

Das heißt auch, der Tonabnehmer ist keinesfalls hinüber, allerdings ist auch der sehr rätselhaft... Jedenfalls trägt er keine Signatur außer einem recht kyptischen "V2021" - und es ist ein mittelschwerer (oder am falschen Rohr montierter) MC-Abnehmer - aber evtl. kennt den ja jemand hier:

RE1

Jetzt bleibt nur noch eine letzte Frage: Kennt jemand jemanden in München, der in der Lage ist, einen solchen Palttenspieler zu revidieren/reparieren? Normalerweise hab ich bestes Vertrauen in Armin von good-old-hifi, aber das ist wirklich eine geschundenen Kreatur, der ich den Postweg ersparen möchte...

Jedenfalls vielen Dank im voraus für die Geduld mit dem langen Post und eventuellen Ideen

christof


[Beitrag von el-zahni am 02. Mrz 2012, 06:21 bearbeitet]
raphael.t
Inventar
#2 erstellt: 02. Mrz 2012, 09:12
Hallo Christof!

Das ist ein UP 6, der allein ist schon selten.
Ich würde das Rohr ab- und den Tonabnehmer runternehmen und vorsichtig versuchen, das Armrohr zwischen Weichholzklötzen im Schraubstock wieder zurückzubiegen.
Das müsste ohne Spuren zu hinterlassen möglich sein.

Der Arm ist eine spezielle Form eines Einpunkters (habe irgendwie die Bezeichnung "Zweipunkter" in Erinnnerung), da ist das Spiel, das du festgestellt hast, richtig und muss so sein.

Im Lift (hatte mal einen UP 4) fehlt höchstwahrscheinlich das Silikon. Besorge dir eines mit der Bezeichnung Wacker 500 000.
Das bringst du vorsichtig ein und dann sollte der Lift auch wieder funktionieren, aber Ferndiagnosen sind schwierig.

Gratulation zu dem Laufwerk und dem Arm!

Grüße Raphael


[Beitrag von raphael.t am 02. Mrz 2012, 09:13 bearbeitet]
Compu-Doc
Inventar
#3 erstellt: 02. Mrz 2012, 18:51
Es liest (und "schaut") sich so, als wäre das Tonarmrohr in der Vertikalen nach unten gebogen, richtig?

"Biegt" man selbigen gerade, verändert sich der Winkel von TA-Träger zur Schallplattenhorizontalen.

Ich denke, daß ist kein Lösungsweg.
el-zahni
Schaut ab und zu mal vorbei
#4 erstellt: 02. Mrz 2012, 21:37
Hallo Raphael, hallo Compu-Doc

vielen Dank für die Hilfe - das mit dem Silikonöl ist in Arbeit.
Bin heute durch München gerannt und habe in geschätzten 10 Geschäften versucht, ein solches Öl zu bekommen. Fehlanzeige. Jetzt muß ich es eben bestellen. (Hätte dann aber auch bis in alle Ewigkeit genug - laut Moerch braucht es 0,1 ml - und das kleinste Gebinde was ich als 500 000er gefunden hab sind 100 ml - wer also welches braucht, einfach melden...)

Der Einwand allerdings, daß der Auflagewinkel nicht mehr paßt wenn ich den Tonarm geradebiege, der ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings ist der Abnehmer nicht ganz horizontal, sondern doch ein klein wenig nach vorne geneigt - und der Tonarm ganz sicher an der Auflage nach unten verbogen - im Moment hat der Arm ca. 4 mm über der Platte seine Maximalauslenkung nach oben. Aber optisch abschätzen kann man (zumindest ich) , ob der Arm in geradem Zustand den Tonabnehmer im richtigen Winkel auf die Platte legt - also ich denke, einen Versuch ist es wert.

Was mir mehr Sorgen macht, ist daß ich keinerlei Daten bezüglich des Tonabnehmers habe - damit ist eine neuerliche Justage quasi unmöglich - aber evtl. erkennt ihn ja doch noch jemand...

Nochmals vielen Dank also und beste Grüße

christof
raphael.t
Inventar
#5 erstellt: 03. Mrz 2012, 11:55
Hallo Christof!

Der Tonabnehmer ist irgendein edles MC, aber dazu später.

Das Armrohr ist doch ganz leicht abnehmbar, zumindest war das beim Morch UP 4 so, spricht man übrigens korrekt "Mörk" aus, das nur nebenbei.

Eine Rändelschraube lösen, abheben und fertig.
Der Arm ist mit den Kontakten gesteckt.
Wenn das Armrohr mal herunten ist, Tonabnehmer runternehmen, Rohr auf ebene Fläche verkehrt herum auflegen und in Ruhe studieren, wo es denn verbogen ist und wieviele mm bzw. Grad.

Hauptbezugspunkte sind beim Rohr vorne die Headshell und hinten der Steck-Zylinder.
Die beiden sollten in einer Ebene sein, was den Winkel betrifft, eventuell ist ein Höhenausgleich vonnöten.
Leicht ist das nicht, vor allem wegen der Form hinten, aber wenn man weiß, worauf es ankommt, ist das machbar.

Wenn du vorne die Shell flach niederdrückst, was geschieht dann hinten?
Mit Gewalt soll man eh nichts versuchen, ein möglicher Biegevorgang gehört gut vorbereitet und sachte durchgeführt, denn zunächst muss festgestellt werden, wo der Knick ist und wieviel zu korrigieren ist.
Kalt sollte man ein Rohr auch nicht biegen, Erwärmen auf ca. 50 Grad (Südfenster, Sonnenschein) ist sicher hilfreich.
60 Grad Backrohr ist auch kein Schaden.
Wenn du dir das nicht zutraust, dann frage doch mal bei den dänischen Erzeugern selber nach, ob sie dir behilflich sein können.
Armrohre gibt es für den UP 6 in verschiedenen Ausführungen, doch die sind teuer.

Soviel ist da bei deinem UP 6 nicht zurechtzubiegen, das schaffst du sicher. Der Einpunktarm verzeiht da schon einiges, du merkst ja jetzt schon, dass ein Abspielen trotz des Mankos eben noch möglich ist.
Um wieviel besser wird das, wenn die Korrektur nur halbwegs gelingt!

Grüße Raphael


[Beitrag von raphael.t am 03. Mrz 2012, 11:58 bearbeitet]
el-zahni
Schaut ab und zu mal vorbei
#6 erstellt: 04. Mrz 2012, 07:10
Hallo Raphael,

vielen, vielen Dank für Deine umfangreichen und detaillierten Ausführungen. Sobald das Silikonöl für den Lift eingetroffen ist werd ich das in Angriff nehemen - dann kann ich den Lift befüllen während der Arm nicht drüber steht.

Ansonsten denke ich, daß ich verstanden habe wie Dur denkst daß es funktionieren könnte.
Mir ist nur eines unklar: Ich dachte, die Verkabelung wäre durchgängig vom Stecker bis zum Anschluß des TA - das ist nicht so - habe ich Dich da richtig verstanden? Das Armrohr sitzt auf einer Steckverbindung mit den vier Steckplätzen? - Dann hätte ich schon einige Sorgen weniger...

Und zum biegen selbst: Der Idealzustand wäre also der daß das Rohr komplett gerade ist - vom Schaft bis zur Headshell - und dann, wenn der TA auf der Platte aufliegt sollte der Arm exakt korizontal liegen - also hebe oder senke ich den Arm in einem eventuellen zweiten Schritt - bin ich soweit richtig?

Und wenn ich nicht draufkomme was es überhaupt für ein System ist - dann kann ich mich doch theoretisch von unten her an das Auflagegewicht annähern, nehme ich an.

Werde Dich auf dem Laufenden halten...

Beste Grüße und schönes Rest-Wochenende...

christof
max130
Inventar
#7 erstellt: 04. Mrz 2012, 11:40

el-zahni schrieb:


Und wenn ich nicht draufkomme was es überhaupt für ein System ist - dann kann ich mich doch theoretisch von unten her an das Auflagegewicht annähern, nehme ich an.


Grüss Dich Christof,

auch von mir herzlichen Glückwunsch zu Deinem Kauf.
Ich bin schon neidisch auf die "Spielwiese", die dieses interessante Laufwerk darstellt.

Meiner Meinung nach ist es nicht unbedingt nötig zu wissen, welches System das ist, um die optimale Auflagekraft einzustellen.
Wenn Du die Auflagekraft gefunden hast, bei der das System beginnt zu verzerren, dann hast Du es.
Nun noch leicht erhöhen, und dann sollte es passen.

Das System, das Du hast, könnte ein aus seinem Gehäuse befreites System sein, das nur mit Gehäuse allgemein bekannt. Wenn Du gute Bilder machst, am Besten auch eins mit den Spulen, könntest Du bei erfahrenen Händlern (phonophono?) und bei in Frage kommenden Herstellern anfragen.
Wuhduh
Gesperrt
#8 erstellt: 05. Mrz 2012, 05:46
Moin !

Der TA könnte ein gestripptes Lyra oder Benz sein. Die Montageplatte oben kann durch seine Form bestimmt recht gut verglichen werden.

Klaro gibt es auch Laufwerke mit Multiriemenantrieb und auch welche, deren Riemen zusätzlich über eine Andruckrolle läuft.

MfG,
Erik
Passat
Inventar
#9 erstellt: 05. Mrz 2012, 15:21

el-zahni schrieb:

Die erste Besonderheit ist die daß er mit zwei Riemen läuft, die am Teller auch in zwei Rillen laufen:

Re2

Zuerst dachte ich, das ist zum Umlegen für 33/45 - und der zweite ist nur dort damit er nicht verloren geht - aber die Riemen laufen parallel auf 33 - ist das normal? Diese Ausführung habe nirgens gefunden.


Lt. Michell-Homepage ist das die allererste Ausführung des GyroDec aus den frühen 80ern:
http://www.michell-engineering.co.uk/history/


The early ‘80’s saw the introduction of the GyroDec – surely one of the most iconic turntable designs of all time. Developed to be used with an A.C. synchronous motor and two drive belts, the original GyroDec featured a heavy aluminium platter fitted with a rubber mat and the signature gold platter weights mounted below.


Grüsse
Roman
el-zahni
Schaut ab und zu mal vorbei
#10 erstellt: 06. Mrz 2012, 02:31
Auch hier nochmal vielen, vielen Dank für die vielen Kommentare und Hilfestellungen - zusammen mit den Kollegen vom Analog-Forum sind jetzt quasi alle Fragen geklärt:

Das Laufwerk ist ein ganz frühes - gebaut zwischen '80 und '81.
Der Tonabnehmer ist ein Lyra Clavis (ab '92 gebaut, aber schon länger nicht mehr) ohne Umverkleidung.

Ein Münchner Reparateur hat sich zwar nicht gefunden, aber ich werde mein Bestes geben. Erfahrungsbericht folgt sobald alles erledigt ist (spätestens nach der High-End, die praktischerweise mit dem Rad ne Viertelstunde von hier stattfindet und wo ich evtl. ein neues Tonarmrohr abstauben kann, sollte ich es beim Reparaturversuch zerstören.)

Also nochmal: Vielen, vielen Dank, den größten Respekt ( ) und allerbeste Grüße

christof
raphael.t
Inventar
#11 erstellt: 06. Mrz 2012, 09:19
Hallo Christof!

Deine Annahme solle lauten: Ich kann das UP 6-Rohr mit Sicherheit wieder zurechtbiegen!
Da ist nichts zu zerstören, wenn du behutsam vorgehst.
Am heikelsten ist der High-End-Tonabnehmer, aber wenn du vorsichtig bist und keine langärmeligen Strickjacken trägst, mit deren Hilfe du die Nadel leicht abreißen kannst, ist alles paletti.

Grüße Raphael
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