Entzerrung eines PC-Lautsprechers mit REW

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MBU
Inventar
#1 erstellt: 23. Sep 2020, 01:04
REW - Room EQ Wizard

Bei PC-Lautsprechern lohnt sich die Anpassung an den Hörplatz, insbesondere wenn sich dieser am Schreibtisch innerhalb weniger Zentimeter Umkreis befindet. Das folgende Beispiel beschreibt die Entzerrung meiner Luthien.

REW ist eine kostenlose Software, die hier heruntergeladen werden kann. Dazu benötigt man noch ein Messmikro mit passender Kalibrierdatei. In diesem Fall kann man auch ein USB-Mikro verwenden.

Für die Entwicklung von Mehrwegelautsprechern dagegen ist ein USB-Mikro ziemlich unbrauchbar, weil das Timing zwischen mehreren Messungen nicht stimmt, da Windows das Signal entgegennimmt, wenn es gerade mal Zeit und Lust hat. Wer darüber mehr wissen möchte schaut sich dieses Video von Frank an.



Messungen

Die Lautsprecher werden am Hörplatz mittels einer Wedelmessung gemessen und zwar der linke und rechte jeweils für sich. Wie das geht ist hier beschrieben, wobei eine Abweichung zur Anleitung notwendig ist, aber dazu später mehr. In diesem Video und diesem wird die Vorgehensweise erklärt.

Abweichung: Entgegen obiger Anleitung muß unter averages anstatt "Exponential 0.75" 16, 32 oder forever eingestellt werden, ansonsten werden die Einzelmessungen nicht gemittelt.

averages

Das korrekt gemittelt wird stellt man fest, wenn sich die Kurve nach einiger Zeit des Wedelns nicht mehr verändert. Jetzt speichert man die Messung.



Zielkurve für Entzerrung

Als Zielfunktion (House Curve) habe ich eine von Harman Kardon empfohlene verwendet.


31.5 6
40 5.9
50 5.5
63 4.9
80 3.7
100 2.5
125 1.3
160 0.6
200 0.2
250 0
1000 -1
32000 -6


Man kopiert den Inhalt obigen Quotes in eine Textdatei (z.B. housecurve.txt) und lädt diese als House Curve in REW. Man kann natürlich auch einen linearen Verlauf als Zielkurve verwenden. In meinen Ohren klingt das allerdings schrill.



Equalizing

Nachdem man beide Lautsprecher einzeln "gewedelt" hat geht man an die Raumanpassung. Man klickt auf EQ und erhält folgendes Fenster.

eq1

Man nimmt die gezeigten Einstellungen in den rechten Fenstern vor. Den Target Level stellt man so ein, daß die Zielkurve unterhalb der Messung liegt.
eq2

Jetzt klickt man auf match response to target.

eq3

Die Meldung eq4 ignoriert man und klickt auf OK.

Nach einigen Sekunden Rechenzeit erscheint das Ergebnis.

eq5

Durch Klick auf EQ Filters sehen wir uns an, was REW gemacht hat. Wir sortieren die Filter by gain und sehen uns die Zeilen mit positivem gain (Anhebung) an.

eq6

Hier beachten wir insbesondere die Anhebungen bis ca. 100 Hz. In diesem Bereich sollte man nicht zu stark anheben, denn diese Entzerrung gilt nur für den Hörplatz, an dem gemessen wurde. An anderen Positionen im Zimmer können sich solche Anhebungen ziemlich "bassgewaltig" anhören und eine evtl. dort sitzende Ehefrau könnte sich lautstark beschweren. Abgesehen davon verkraftet so etwas auch nicht jede Box. Ich denke da insbesondere an meine kleinen Fullrange-Breitbänderchen im Baßreflexgehäuse.

Sehen wir uns das Ergebnis an.

eq7

Das kann sich sehen bzw. hören lassen, aber nur an dem zuvor gemessenen Abhörort. Am Schreibtisch ist dieser aber als Konstante anzusehen und insofern ist das Ergebnis brauchbar.

Jetzt speichern wir die Entzerrung noch durch Klick auf export filter settings as text.
eq8



Nutzung der ermittelten Korrekturen

Ich habe die Grundkonfiguration der Luthien in den Hifiakademie-DSPs meiner beiden Endstufen hinterlegt. Obige Entzerrung binde ich über Equalizer APO ein, welches quasi "vor" den Endstufen zum Tragen kommt. Dazu vereine ich beide Messungen in einer Datei und binde diese in Equalizer APO ein.

eq9

Danach empfiehlt sich nochmaliges Wedeln zur Kontrolle.



... und jetzt kommt der Hammer

Probeweise habe ich meine eiBox mit REW entzerrt. Dabei verzichtete ich auf die EA-Einstellungen der eiBox. Die Ausgangssituation:

eq011

Ich setzte lediglich den Hochpassfilter manuell, welcher der eiBox Bass beibringt.

eq010

Nach der Optimierung kam folgendes heraus.

eq012 eq013
links ungeglättet, rechts 1/12-tel Oktave geglättet

Klingt sehr sehr gut, aber ist nicht für eine Veröffentlichung geeignet, denn der geneigte Nachbauer müßte nicht nur die eiBox, sondern auch mein Arbeitszimmer nachbauen.



Aufwand

Bis man als REW-Neuling damit klarkommt gehen schon einige Stunden ins Land. Auch die Messungen erledigt man zunächst einmal nicht eben so. In das Equalizing muß man sich ebenfalls erst einmal einfuchsen. Ich würde mit gut 8 Stunden für den ersten Boxentyp rechnen. Wenn man es dann kann klappt das locker innerhalb einer Stunde.

Auf jeden Fall lohnt es sich und man kann ja mal den Aufwand spendieren anstatt eine neue Box zu bauen.


[Beitrag von MBU am 23. Sep 2020, 02:08 bearbeitet]
icebaer72
Stammgast
#2 erstellt: 23. Sep 2020, 08:37
Danke dir für die Anleitung


MBU (Beitrag #1) schrieb:
Für die Entwicklung von Mehrwegelautsprechern dagegen ist ein USB-Mikro ziemlich unbrauchbar

Aus dem "ziemlich unbrauchbar" würde ich allerdings ein "nicht optimal" machen

Gerade für die hier beschriebene Hörplatzentzerrung macht es keinen Unterschied, ob USB oder nicht bzw Ein- oder Mehrweg, da immer alle Wege zusammen gemessen werden.

Bei Messungen der einzelnen Treiber mit einem USB-Mic, kann man sich damit behelfen, dass von den Einzelmessungen minimalphasige Varianten erzeugt und genutzt werden. Auch das Delay zwischen den Treibern lässt sich einfach mit einer verpolten Messung herausfinden.
Ist zugegebenermaßen etwas mehr Aufwand. Man kann aber zu dem gleichen Ergebnis kommen.
bizarre
Inventar
#3 erstellt: 23. Sep 2020, 20:45
Hmm, also z,B, einfach nen BB in ein halbwegs brauchbares Gehäuse klöppeln, und REW macht den Rest ?
Doppelsitzer
Stammgast
#4 erstellt: 06. Okt 2020, 16:05
tolle Anleitung MBU, da bekommt direkt Lust am Messen.
Im Wohnzimmer überlasse ich diese Raumanpassung allerdings dem AV-Receiver.
Zumindest mein Marantz macht das ganz ordentlich.
MBU
Inventar
#5 erstellt: 16. Jan 2021, 21:56
BPA hat derzeit das MikOne USB-Messmikro für 80 Euro im Sonderangebot. Da konnte ich nicht dran "vorbeigehen" und habe eines bestellt, welches heute gekommen ist.

Oben im Bild seht ihr das MikOne, unten mein MBC-550 (heutiger Neupreis 380,-), mit dem ich alle meine Boxen entwickelt habe.

10_Mikros

Die Korrekturdateien zum MikOne lädt man von der BPA-Seite herunter. Dazu muß man nur die Kalibrier-Nummer (steht auf dem Karton) eingeben.

Die Kalibrierdateien beider Mikros im Vergleich:

20_MikOne 20_MBC-550

Wie man anhand des Preisunterschieds vermuten könnte ist der Frequenzgang des MikOne "nicht ganz so gut" wie der des MBC-550. Für reine Frequenzgangmessungen ist das aber egal, solange die Korrekturdatei stimmt. Zum Vergleich habe ich eine eiBox ohne Entzerrung auf dem Schreibtisch mittels Wedelmessung mit beiden Mikrofonen gemessen und die Ergebnisse 1/24-tel Oktave geglättet.

10_Mikro-Vergleich(rot MBC550)
rot: MBC-550. grün: MikOne

Das passt so! Das MikOne ist für die Raumanpassung eines Lautsprechers mittels REW allemal geeignet.
sakly
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 25. Jan 2021, 17:04
Mittlerweile gibt's echt einfache Lösungen für wenig Geld 👍
Ich denke, ein Umik wird da ziemlich ähnlich abschneiden.

Interessant wäre jetzt, woher die doch recht deutlich große Abweichung unter 35Hz herkommt. Das sind immerhin 10-15dB Unterschied in einem Bereich, wo es noch Moden gibt, die man vielleicht auch (halbwegs korrekt) messen möchte.
MBU
Inventar
#7 erstellt: 25. Jan 2021, 20:38

sakly (Beitrag #6) schrieb:
Interessant wäre jetzt, woher die doch recht deutlich große Abweichung unter 35Hz herkommt.


Gute Frage!

PS: ich vertraue da eher auf das MBC-550, denn der Lautsprecher bringt z.B. bei 10 Hz, garantiert keinen Schalldruck mehr und der Raum ist zu klein, als daß hier eine Raummode entstehen könnte.


[Beitrag von MBU am 25. Jan 2021, 20:41 bearbeitet]
sakly
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 26. Jan 2021, 09:40
Hi,

Qualitativ sieht der Verlauf ja bei beiden Micros sehr ähnlich aus, deshalb vermute ich eher ein Filter bei dem MBC, denn der Abfall bei 30Hz sieht nicht so aus, als käme der vom Lautsprecher oder Raum.

In der Messung vermutete ich jetzt auch keine Mode in dem Bereich, der Hinweis kam nur, weil es ja auch größere Räume gibt. Vor allem aber auch, weil der Unterschied ja sehr deutlich bei knapp über 30Hz einsetzt und der Bereich noch oft deutlich von Moden dominiert wird.
Bei mir im Keller sehe ich noch eine Mode unter 20Hz, die von zwei angeschlossenen Räumen kommt, wo der Bass sich quer über ~18m entfalten kann 🙃
bizarre
Inventar
#9 erstellt: 28. Jan 2021, 00:24
Hi Michael. Wie sieht eigentlich der 90° FG vom MikOne aus? Müßte zu den Höhen ja noch stärker abfallen...

PS: hab heute mal meine TKM 110 2€ Mikros grob kalibriert ( Referenz: STICK ).. Dann mal den Pegel angeglichen und die Abweichung vom "Soll" angezeigt:

TKM1_Delta Der FG sieht so aus : TKM_1_0°
MBU
Inventar
#10 erstellt: 28. Jan 2021, 01:56
0 90
MBU
Inventar
#11 erstellt: 24. Feb 2021, 04:46
Auf meiner Website gibt es jetzt ein ausführliches Tutorial zur Entzerrung von PC- (und auch anderen) Lautsprechern mit REW.

bild_600

Teilweise ist das (für mich) frustrierend, zumindestens für fullrange laufende Breitbänder - eine gute Treiber-Gehäusekonstruktion hinlegen, den Rest macht (man mit) REW.

Ggf. müsst ihr die Tutorial-Seite im Browser neu laden um die Neuigkeiten zu sehen.
icebaer72
Stammgast
#12 erstellt: 24. Feb 2021, 10:13
@MBU: Danke dir für das Tutorial
Hab mir auch gerade mal die HK-Curve runtergeladen

Zu dem Tutorial hätte ich allerdings noch Anmerkungen..,

Bei dem generierten Signal, sollte man ein Pink Periodic Noise nehmen, mit der gleichen Sequence length (64k), wie es nachher im RTA für FFT length genutzt wird.

Für die Auswertung würde ich neben den Einzelmessungen auch immer eine Stereo-Messung machen. Gerade wenn man beide LS getrennt mit Auto-EQ bearbeitet, kann es sein dass die verschiedenen Filter zu sehr an der Phase drehen.
So einen Fall hatte ich erst vor kurzem. Die Einzelmessungen sahen gut aus, es klang aber seltsam. Erst die Stereo-Messung hat das Problem gezeigt.
Hier sieht man die beiden Messungen der LS, sowie in blau die Stereo-Messung. Da hat sich von 400-900Hz ein deutlicher Buckel ergeben, der in den Einzelmessungen nicht vorhanden ist.
room_eq
Nachdem dann beide LS auch identische Filter bekommen hatten, war der Buckel wieder weg.
Deswegen bin ich da inzwischen sehr vorsichtig, was zum einen das Auto-EQ betrifft und mache das lieber händisch. Und zum anderen kommt zur Kontrolle immer eine Stereo-Messung dazu.

Du scheinst noch eine recht alte Version von REW zu verwenden. Auf den Screenshots konnte ich was von 5.19 sehen. Im Gegensatz zu den aktuellen 5.20 Versionen ist die zwar nicht Beta. Hat aber dennoch einige neue Features und verhält sich auch nicht wie eine Beta.

Edith wollte noch den Download-Link zur 5.20 einfügen, zumal die schon der Beta entwachsen ist und zum RC reifte.


[Beitrag von icebaer72 am 24. Feb 2021, 10:34 bearbeitet]
MBU
Inventar
#13 erstellt: 24. Feb 2021, 14:45

icebaer72 (Beitrag #12) schrieb:

Bei dem generierten Signal, sollte man ein Pink Periodic Noise nehmen, mit der gleichen Sequence length (64k), wie es nachher im RTA für FFT length genutzt wird.


Das hatte ich doch, oder hab ich in irgendeinem screenshot was verbaselt? Gib mir mal nen Tipp, wo du den Fehler gefunden hast.

Bezüglich der Stereo-Messung hänge ich ggf. noch einen Reiter "Nachmessen" dran.


Edith meint, daß sie keine Tutorials für Beta-Versionen macht, auch nicht für release candidates. Die von mir verwendete 5.19 ist die aktuell neueste freigegebene Version.


[Beitrag von MBU am 24. Feb 2021, 14:58 bearbeitet]
icebaer72
Stammgast
#14 erstellt: 24. Feb 2021, 14:56

MBU (Beitrag #13) schrieb:

icebaer72 (Beitrag #12) schrieb:

Bei dem generierten Signal, sollte man ein Pink Periodic Noise nehmen, mit der gleichen Sequence length (64k), wie es nachher im RTA für FFT length genutzt wird.


Das hatte ich doch, oder hab ich in irgendeinem screenshot was verbaselt? Gib mir mal nen Tipp.

Hast Recht. Im Generator ist "Pink PN" ausgewählt, was wohl vermutlich Periodic Noise ist.
Hab nix gesagt
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