Hörbericht: B&W, Canton et al.

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hamsterschreck
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 11. Nov 2008, 00:48
Liebes Forum,

demnächst möchte ich mir ein vernünftiges Stereo-System zusammenstellen. Einen Yamaha-CD-Player habe ich von meinen Eltern abgegriffen, Verstärker und und Lautsprecher sollen neu angeschafft werden und der Grundstein für meiner Stereo-Zukunft sein. Deshalb habe ich bei einem lokalen Händler die eine oder andere Stunde im Hörraum verbraucht. Für alle, die es interessiert, hier die gesammelten Höreindrücke.

Bitte denkt daran, dass Höreindrücke subjektiv sind. Wenn irgendjemandes Lieblingsmarke mir nicht gefällt und hier schlecht wegkommt, heißt das ja noch lange nicht, dass die jeweilige Marke tatsächlich und objektiv schlecht ist.

Meine Anforderungen an die Boxen habe ich erst im Verlauf des Probehörens festgelegt ("Neeee, so viel Höhen will ich nicht..."). Ich denke, dass ich relativ unvoreingeommen an die Sache herangegegangen bin. Festgelegt hatte ich mich allerdings auf Standboxen wegen der zu erwartenden satteren Wiedergabe im Vergleich zu Kompakten.

In einem ersten Anlauf habe ich verschiedene Boxen an verschiedenen Verstärkern gehört. Die Boxen, die mir überhaupt nicht gefallen haben (und bei denen demnach auch ein anderer Verstärker wohl Nichts retten kann), habe ich aus dem Feld gestrichen und dann Verstärker verglichen. Die geschilderten Höreindrücke sind im Verhältnis zur jeweiligen Konkurrenz im Testfeld zu verstehen. Manche Boxen haben mich anfangs begeistern können, wurden schließlich aber geschlagen. Los geht's:

Boxen

Canton Vento 809: Die ersten Boxen im Test sind ein Paar Canton Vento 809 (nicht 890). Sehr gut gefallen hat mir der sehr knackige Bassbereich. Paukenschläge werden einem förmlich entgegengeschleudert. Die Mitten sind etwas zu zurückhaltend für meinen Geschmack und etwas zu kalt. Sehr problematisch finde ich die Höhen: zwar spielen die Ventos hier sehr präzise und geben Details deutlich, manchmal aber zu deutlich wieder. Außerdem fügen sich die Höhen nicht in die Bühne ein, sondern spielen scharf abgelöst vom Rest der Musik und neigen deshalb zur Nervigkeit. In Summe wirkt die Musikwiedergabe dynamisch, aber weder rund noch zusammenhängend. Ein wenig effekthascherisch, sozusagen.

Musikbeispiele: Pink Floyds "Hey You" spielen die Ventos sehr gut. Die Akustikgitarre wird detailreich wiedergegeben, die Bässe in der zweiten Strophe sind sehr knackig. Der etwas zurückhaltende Mitteltonbereich fällt hier kaum negativ auf, weil die Stimme aufnahmebedingt ohnehin eher blechern und distanziert klingt. Das angesprochene Höhenproblem zeigt sich hier allerdings sehr deutlich. Die Mittenschwäche zeigt sich z.B. bei Freddy Mercurys & Montserrat Caballés "Barcelona". Die Stimmen mögen mich irgendwie nicht einhüllen. Miles Davis' "Someday my Prince Will Come" hat mich schließlich von den Ventos abgebracht: Die Trompete klingt aufdringlich und fügt sich nicht in die Bühne ein, der Song wird überdetailliert wiedergegeben.

Canton Karat 709: Ähnlich wie die Ventos, ein bisschen besser in den Höhen und ein bisschen schlechter im Bass.

B&W 683 und 684: An beiden Boxen begeistert mich ihre unglaubliche Unaufdringlichkeit. Das Bässe sind sehr satt, aber nicht ganz so knackig wie die der Ventos. Die Mitten sind sehr ausgeprägt und warm. Die Höhen fügen sich nahtlos in die Bühne ein, geben jedes Detail preis, wenn man hinhört, drängen es einem aber nicht auf. Die kleinere 684er schwächelt im Vergleich zur 683er deutlich in den Bässen. Insbesondere wenn Bässe und Mitten gleichzeitig sehr dynamisch sind, kommt die 684er ins Schleudern und neigt zum Dröhnen.

Musikbeispiele: Als ersten Song habe ich Pink Floyds "Shine on You Crazy Diamond, Part I" auf der großen 683er angespielt und die Box umgehend in den Favoritenkreis aufgenommen. Die sphärischen Synthesizer-Melodien schweben förmlich in der Luft, die Gitarre singt und der Bass sorgt für das nötige Fundament. Einfach eine sehr runde Wiedergabe. Selbst die Gitarre ab Minute 7:40 klingt nicht schrill, hier haben andere Kandidaten durchaus genervt.

Miles Davis' "Someday my Prince Will Come" wird sehr schön wiedergegeben. Die Bühne stimmt, selbst die sehr schrille Trompete sortiert sich nahtlos in ein, und das Klaviersolo fließt förmlich aus den Boxen. "Telegraph Road" von den Dire Straits klingt ebenfalls hervorragend, hier würde ich mir allerdings etwas weniger Bass wünschen, bei beiden Boxen. Bei der 684er lässt sich das erwähnte Dröhnen und Verschmieren von Mitten und Bässen be"ohr"achten.

Martin Logan Preface: Ebenfalls gehört habe ich die Martin Logan Preface, also keine Elektrostaten, sondern Horn-Hochtöner. Die Boxen waren zufällig gerade angeschlossen, darum habe ich ihnen eine Chance gegeben.

Die Martin Logans waren wirklich penetrant, an entspanntes Hören nicht zu denken. Höhen schrill und überdetailliert, Stimmen wie aus einem Megaphon und Bässe zu laut. Nicht mein Fall.

Musikbeispiele: bei Miles Davis' "Someday my Prince Will Come" baut sich keine Bühne auf, die Trompete, die sonst etwas links der Mitte steht, quiekt aus dem linken Horn. Man wird mit Details zugeschüttet, wirklich zusammenhängend klingt die Musik nicht. "Telegraph Road" von den Dire Straits habe ich nach zwei Minuten ausgeschaltet. Es ist einer meine Lieblingssongs, und er hat mich genervt.

Focal Chorus 816: Mal abgesehen davon, dass ich die Boxen hässlich finde, ist die Wiedergabe ziemlich gut, allerdings insgesamt etwas fad. Ihr fehlt der spielerische Fluss der B&W oder die rockige Dynamik der Cantons. Wenn ich mich zwischen Canton und Focal entscheiden müsste, hätte ich ein Problem. Ich habe mich allerdings auf B&W festgelegt.

Verstärker

Im zweiten Vergleich habe habe die B&W 683 und 684 mit einem Rotel RA-06, NAD C325 BEE und NAD C355 BEE gehört.

Unterschiede habe ich nur im Bassbereich heraushören können. Die NAD-Verstärker spielen die Bässe knackiger und detaillierter, der Rotel-Verstärker eher weich und fließend. Mir als Jazz/Blues/Blues-Rock/Rock-Hörer liegt die NAD-Wiedergabe eher, der Rotel spielt für meinen Geschmack zu weich, zumal die Boxen selbst ja eher weich abgestimmt sind. Unterschiede zwischen dem C325 und C355 habe ich nicht ausmachen können, demnach macht der kleinere das Rennen. Was die Boxen betrifft, habe ich die kleine B&W 684 inzwischen ausgeschlossen, wegen der angesprochenen Bass-Problematik.

Fazit

Wie ich schrieb: Die B&W geben jedes Detail preis, wenn man hinhört, drängen es einem aber nicht auf. Heißt in anderen Worten: Die B&W nerven nicht. Die Kombination aus NAD C325 BEE und B&W 683 ist glaube ich für alle interessant, die nach einer sehr spielerischen, flüssigen, unaufdringlichen Wiedergabe suchen. Wer sich eine sehr neutrale Wiedergabe wünscht oder prägnante Detailwiedergabe, wird mit der Kombination eher nicht glücklich.


Eine gute Nacht wünscht

Philipp


P.S.: Hörraum: ca. 16qm, hohe Decken, Teppich, Pflanzen, Gardinen. Zubehör: gute, aber keine abgedrehten Kabel.
P.P.S.: Edith sagt: Die Martin Logan Preface finden sich u.a. auf der US-Website.


[Beitrag von hamsterschreck am 11. Nov 2008, 10:10 bearbeitet]
Musikfloh
Hat sich gelöscht
#2 erstellt: 11. Nov 2008, 02:43

Martin Logan: Ebenfalls gehört habe ich zwei Martin Logan Boxen, allerdings keine Elektrostaten, sondern Horn-Hochtöner

Bist Du sicher, dass es Martin Logans waren?


Flo
P.S.: Schöner Bericht übrigens
hamsterschreck
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 11. Nov 2008, 10:27
Ja, sind die Martin Logan Preface. Habe den Beitrag schon geändert.


Cheers

Philipp


[Beitrag von hamsterschreck am 11. Nov 2008, 10:28 bearbeitet]
Frankman_koeln
Inventar
#4 erstellt: 12. Nov 2008, 00:39
komisch, deinen klangeindruck bezüglich der basswidergabe der B&W´s und Cantons kann ich nicht annähernd nachvollziehen.

die b&w´s kommen mir vor wie bumms & wumms, die canton ventos sind im bass eigentlich sehr zurückhaltend - um nicht zu sagen zu zurückhaltend.

diese beiden höreindrücke deinerseits habe ich schon öfter genau gegenteilig wahrgenommen ...
hamsterschreck
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 25. Nov 2008, 01:18

Frankman_koeln schrieb:

die b&w´s kommen mir vor wie bumms & wumms, die canton ventos sind im bass eigentlich sehr zurückhaltend - um nicht zu sagen zu zurückhaltend.

diese beiden höreindrücke deinerseits habe ich schon öfter genau gegenteilig wahrgenommen ... :?


Entschuldige die späte Antwort, bin nur Gelegenheitsbesucher.

Zu den Bässen: ob die B&W im Bass "lauter" oder "leiser" sind als die Cantons, möchte ich nicht bewerten. Aber ich stimme Dir ja ausdrücklich zu: Die Cantons spielen die Bässe eher schlank und knackig (knackig ist nicht gleich laut, sondern eher prägnant, abgegrenzt, mit Punch), die B&W sind im Bass eher weich und breit. Nicht umsonst habe ich mich gegen einen Rotel-Verstärker entschieden, die Kombination war einfach zu weich und zu breit.

Ich sehe da irgendwie keinen Widerspruch zu Deiner Wahrnehmung (auch wenn ich Deiner Bewertung widersprechen möchte, denn wie Bumms und Wumms klingen die B&W nicht, wie ich finde). Bezieht sich das "gegenteilig wahrgenommen" nur auf den Bass, oder auch auf die Mitten und Höhen? Das würde mich dann wirklich irritieren.

Anyway, Geschmäcker sind verschieden, Höreindrücke auch.

Nacht
Philipp
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