Hörbericht Elac FS 137 Jet (lang!)

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hargi
Stammgast
#1 erstellt: 06. Mai 2007, 12:30
Tach miteinander,

Nach 17 Jahren sollten es doch mal neue Lautsprecher werden, obwohl meine alten Elac ELR 65 so machen Komponentenwechsel der Anlage deutlichst haben hören lassen. Ihr einziger schwerwiegender Fehler: Sie können ihr leichtes Mittelton-Loch leider nicht verleugnen. Leichte Tendenz zum Taunus-Phänomen also. Aber das war wohl der Sound der '80er...

Nach so manchen teuren LS hatte ich nun ein Pärchen der 137 Jet zum Probehören zuhause. Wer die Haupt-Info schnell haben will, hier das Fazit vorweg: Wer um 1000 Euro für Lautsprecher übrig hat (und das ist der Straßenpreis für das Paar), sollte sie unbedingt anhören. Für viele könnte die Suche damit beendet sein. DEN Traumlautsprecher, der alle anderen in die Tasche steckt, darf man jedoch nicht erwarten.

Also von Anfang an:

Das Kirsch-Modell sieht schick aus - der Woman-acceptance-factor ist sehr groß. Die Dinger sind diskret klein, schön gestylt und passen in Wohnzimmer zahlreicher Geschmacksrichtungen. (Gibt auch noch Titan.)

Na ja, sie sind ja nicht bloß zum Angucken da . Nach 2 Tagen pausenloser Einspielzeit (sie waren nagelneu) konnte man sich ein Hörurteil erlauben, nachdem sie frisch aus der Kiste recht "belegt" (O-Ton meiner besseren Hälfte) klangen.

Ihr großes Plus: In allen Lagen absolut verfärbungsfrei. Ich habe wirklich von teureren Lautsprechern viel schlechteres gehört. Aber die 137 klingen in Bässen, Mitten und Höhen einfach "richtig". Gerade der Mitteltonbereich ist IMO die schwierigste Sache bei LS: oft unterdrückt oder durch Überbetonung "gesoundet", was bei Klassik dann oft knödlig klingen kann. Wie gesagt, in dieser Hinsicht sind sie klasse.

Stimmen klingen einfach nur schön, präzis abgebildet, auch wenn man die Boxen weit auseinanderstellt. Überhaupt sind sie aufstellungsunkritisch. Für Entkopplung und wandnahes Aufstellen sind Spikes und Stopfen für die Reflexrohre dabei. (Komischerweise 1 Stopfen pro LS - dieser hat aber 2 Reflexöffnungen... .) Überhaupt scheinen sie sich perfekt für Heimkino und Stimmen zu eignen. Am Sat-Receiver und DVD-Player angeschlossen, haben sie mir gut gefallen. Nichts auszusetzen. Sänger sind schön vor der Combo abgebildet, gute Aufnahmen immer vorausgesetzt. Aber auch alte Monoaufnahmen von Callas bis Rudi Schuricke klingen schön, ordentlich, sauber. Nie nervig, immer kontrolliert und aufgeräumt. Man könnte wirklich ewig alte Platten damit hören.

Andere Musik? Pop- und Rockmusik jeder Couleur kommt einfach gut. Alles stimmt. Satt und sauber. Druckvoll und feinfühlig wenn's sein soll. Auch bei niedrigen Lautstärken wird's nicht wischiwaschi. Überhaupt, der vielbesprochene Jet-Hochtöner: Er nervt nie. Die Box ist alles andere als höhenlastig. Bässe sind natürlich, präzis und für diese schlanken Dinger sehr tief. Ich hatte wirklich nie die Sehnsucht nach einem Woofer.

Hat die Sache einen Haken? Ja. Bei Klassik machen sie keine so gute Figur. Komplexe (vielleicht die komplexesten!) Aufgaben wie große Streichergruppen löst sie nicht so gut, die Elac. Es klingt ein bißchen einheitsbreiig und wenig luftig. Stimmgruppen sind nicht sehr gut unterscheidbar. Es fehlt irgendwie an Auflösung in diesem Bereich. Überhaupt ist die Bühne bei Orchester- und Orgelmusik etwas klein. Alles wirkt etwas gedämpft, wie in einem Kammermusiksaal, selbst die "Sinfonie der Tausend" ... Man spürt einfach zu wenig "Luft" zwischen den Instrumenten, zu wenig eingefangene Raumatmosphäre.

Meiner Erfahrung nach sind Stimmen und Orchester die schwierigste Aufgabe. (Überhaupt und ganz grundsätzlich behaupte ich: Norah Jones klingt auf vielen Rumpelanlagen irgendwie noch sexy. Für einen schnellen und doch aussagekräftigen Hörtest reicht IMO eine gute Orchesteraufnahme und eine Klassik-Stimm-CD mit Gesang oder sogar ein gut gemachtes Hörspiel aus!) Also, hier das

Fazit: Stimmen kann die Elac Klasse. Orchester aber nicht wirklich überzeugend. Die Größe der Bühne ist bei meinen alten 65ern viel überzeugender und hat viel mehr Echtheitsillusion. Da ich (leider...) zu 80% Klassik höre, sind es also nicht "meine" Boxen geworden. Schade, denn schön sind sie wirklich... Jedem, der "andere" Musik hört: Probiert Sie mal aus!

Gehört an: Cayin A88T (Röhre) und guten Zuspielern von Marantz und Dual. Für die Voodooisten: Kabel Kimber 4PR.

Ich hoffe, das hilft Interessierten weiter.
Schöne Grüße
H.


[Beitrag von hargi am 06. Mai 2007, 12:31 bearbeitet]
sound_of_peace
Inventar
#2 erstellt: 06. Mai 2007, 12:34
Danke für den interessanten Bericht, habe ich soeben eifrig gelesen, da ich diese LS bereits bei einem Bekannten hören konnte.
alexv1
Stammgast
#3 erstellt: 07. Mai 2007, 11:20
@hargi

Ich danke ebenfalls Habe die ELAC mal eher durch Zufall bei MM gehört und kann mein subjektives Empfinden (für die dort üblicherweise miesen Akkustik-Bedingungen) nur bestätigt finden. Leider waren keine höherwertigen ELAC , z.B. 208 zwecks Vergleich verfügbar.

Meine Frage noch bezüglich der "eingeschränkten" Bühne: Mit welcher Hörraumgröße wurde getestet und wie groß war der Abstand bzw. welche Maße hatte das Hördreieck?

Welche höherwertigen LS hattest Du als Vergleich getestet?


Gruß

Alex
hargi
Stammgast
#4 erstellt: 07. Mai 2007, 12:53

alexv1 schrieb:
Leider waren keine höherwertigen ELAC , z.B. 208 zwecks Vergleich verfügbar.

Meine Frage noch bezüglich der "eingeschränkten" Bühne: Mit welcher Hörraumgröße wurde getestet und wie groß war der Abstand bzw. welche Maße hatte das Hördreieck?

Welche höherwertigen LS hattest Du als Vergleich getestet?


Hi,

der Reihe nach:

- ich konnte im Geilmarkt die 209.2 im A/B Vergleich dazu hören. Bedingungen mies, wie üblich, aber es reichte um zu erkennen: die 209er sind schon deutlich detailreicher, das merkte man gleich. Aber sie kamen mir heller abgestimmt vor. Ich hatte ne CD mit Alter Musik auf historischen Instrumenten dabei, und die Geigen des 18. Jahrhunderts klangen recht metallisch und körperlos.

(Im Konzertsaal tun sie das nicht, sondern klingen ganz wie "normale" Geigen nach Holz. Überhaupt sind Originalklangaufnahmen von Barockmusik o.ä. hervorragende Prüfsteine: Wenn diese Musik an der Anlage nervt, stimmt was mit der Abstimmung nicht. Oft erkennt man so die Höhen-Überbetonung oder "falsche" Mitten von Anlagen.)

Klanglich sind die 209er also wohl eher wie meine ollen `65er abgestimmt, hell und quirlig. Das mag für viele Musikarten schön sein, bei besagter Musik stimmt "es" aber irgendwie nicht.

- Stereodreieck ca. 2,8 Meter an allen Seiten. Gut bedämpfter Hörraum mit 70cm nach Hinten und ca.80cm an die Seiten.

- Negativ aufgefallen an Röhren sind mir Isophon Corvara und B&W 703. Beide sind tonal zwar auch recht "richtig" abgestimmt. Aber es kam bei beiden (die Isophon hatte ich zuhaus) absolut kein "Mittwipp-Effekt" auf. Die Musik hat einen nicht berührt sondern lief irgendwie nebenher. Beide haben auch viel Details verschluckt. Bei einer Orgelaufnahme habe ich mir spontan die Kopfhörer aufgezogen um nachzuhören, ob mich meine Erinnerung nicht trügt: Und tatsächlich waren dann Details (Trakturgeräusche) zu hören, die die Isophon einfach unterschlagen haben. Meine alten Elacs können das besser. Wäre nicht deren helle Abstimmung, würde ich sie noch ewig behalten.
Besser: Vienna Acoustics Beethoven Baby Grand. Tiefe Bühne, schöne Bässe, seidige Höhen. Aber der Mitteltonbereich kam mir irgendwie nicht "richtig" vor, verstopft oder knödelig. Und ich bildete mir auch ein, Resonanzen des Gehäuses bei lauten Orchesterpassagen zu hören.

Der Traumlautsprecher zw. 1500 und 2800 Euro muss anscheinend also noch erfunden werden. So scheint's mir. Und unter dieser Perspektive sind die 137er zu diesem Preis halt wirklich sehr fein gemacht (siehe erst-Post).

Grüße
Harald
CarstenO
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 12. Mai 2007, 06:21
Moin Harald,

ich danke Dir für diesen tollen Hörbericht. Ich kann Deine Erfahrungen mit Hörtests im Allgemeinen und den genannten Lautsprechern gut nachvollziehen. Meinen Hörtest kannst Du hier lesen:

http://www.hifi-foru...um_id=100&thread=844

Ich war mit der Erwartung losgezogen, eine kleine Standbox zu finden, die das Timbre meiner Castle Pembroke hat, dabei aber ehrlicher und vor allem detailreicher klingt. Irgendwann stellte ich fest, dass sich das Timbre und Ehrlichkeit einander ausschlossen.

Über die Elac-Boxen mit dem Jet-Hochtöner wird hier im Forum sehr viel geschrieben. Von vielen wird die Hochtonwiedergabe als grell, giftig und so weiter empfunden. Meiner Meinung nach hat Elac ein besonderes Konzept unauffällig in einen Gesamtklang eingebunden. So stimme ich auch Deiner Aussage

hargi schrieb:
Überhaupt, der vielbesprochene Jet-Hochtöner: Er nervt nie. Die Box ist alles andere als höhenlastig.

voll und ganz zu.

Auch

hargi schrieb:
Komplexe (vielleicht die komplexesten!) Aufgaben wie große Streichergruppen löst sie nicht so gut, die Elac. Es klingt ein bißchen einheitsbreiig und wenig luftig. Stimmgruppen sind nicht sehr gut unterscheidbar. Es fehlt irgendwie an Auflösung in diesem Bereich. Überhaupt ist die Bühne bei Orchester- und Orgelmusik etwas klein.

kann ich absolut zustimmen. Ich allerdings halte die Elac FS 137 ebenso wie die FS 209.2 in vielen Fällen für überbewertet. Selbst wenn die 209.2 vielerorts für 649 EUR pro Stück angeboten wird, würden mir noch bessere Alternativen einfallen. An der 209.2 konnte ich bislang noch keinerlei räumliche Eigenschaften wie Ortbarkeit oder Raumgröße ermitteln. Hat sie diese Eigenschaften überhaupt?


hargi schrieb:
die 209er sind schon deutlich detailreicher, das merkte man gleich. Aber sie kamen mir heller abgestimmt vor. Ich hatte ne CD mit Alter Musik auf historischen Instrumenten dabei, und die Geigen des 18. Jahrhunderts klangen recht metallisch und körperlos.


Der metallische Zustand dürfte sich nach dem Einspielen geben. Hier scheint mir auch das Problem bei Boxenvorführungen bei Saturn und Media zu liegen. Die Boxen erfahren doch eher dann ein Einspielen, wenn ein Modell in der Gunst des (möglicherweise einzigen HiFi-versierten) Verkäufers steht. Hier ist der Hersteller fein raus, dessen Boxen uneingespielt schon den Geschmack des Interessenten treffen.
Ein weiterer Punkt ist die i.d.R. unpassende Kombination mit Elektronik. Die allernorts präsente Yamaha-Elektronik muss häufig (vermutlich wegen "Natural Sound" ) als Universalzuspieler herhalten. Bspw. gefällt mir eine Elac BS 204.2 sehr gut mit einem Creek EVO Amp. Hat Saturn oder Media aber nicht.


hargi schrieb:
Vienna Acoustics Beethoven Baby Grand. Tiefe Bühne, schöne Bässe, seidige Höhen. Aber der Mitteltonbereich kam mir irgendwie nicht "richtig" vor, verstopft oder knödelig.


Von Vienna habe ich die Bach gehört und teile Deinen Eindruck mit den gleichen Worten. Ich habe mir gedacht "Schade um den Materialeinsatz". Ich hasse zwar den Begriff, weil er häufig voreilig verwendet wird, aber die diese Box war krassest "gesoundet".


hargi schrieb:
Der Traumlautsprecher zw. 1500 und 2800 Euro muss anscheinend also noch erfunden werden.


Harald, diese Feststellung hatte ich auch als Zwischenschritt festgehalten. Meinen Traumlautsprecher gab es zu diesem Zeitpunkt aber schon: Dynaudio. Aber Vorsicht: Die Auswahl der Elektronik ist bei diesen Produkten sehr wichtig.

Carsten


[Beitrag von CarstenO am 12. Mai 2007, 06:22 bearbeitet]
hargi
Stammgast
#6 erstellt: 12. Mai 2007, 16:54
Hallo Carsten,

interessant, dass Du ähnliche Eindrücke hattest. Den Thread auf den Du verweist, hatte ich schon mal durchgelesen. Der hatte mich auch ein Stück weitergebracht, z.B. mit den Meinungen zu Audio Physic.

Ich muss sagen, ich habe jetzt die Nase vom In-Läden-Mit-den-immergleichen-CDs-Rumrennen und vom Lautsprecher-Rumschleppen und wieder zurückbringen voll. Es ist insgesamt schon reichlich desillusionierend, was z.T. für viel Geld geboten wird. Und es ist recht aufschlussreich, finde ich, dass eine 500-Euro-Box wie die Elac mit Kisten für 1500 Euro (ich sach mal: B&W 703) locker mithält. (Vorsicht: Subjektivitätswarnung!! )

Die Lädentingelei ist mir mittlerweile zum Stressfaktor geworden. Ich krieg echt die Krätze, wenn ich bei vermeintlich seriösen, kleinen Fachhändlern sofort einen Testbericht vor der Nase rumgefuchtelt bekomme, noch bevor die Box einen einzigen Ton von sich gegeben hat.

Oder, anderes Highlight: Ich komme in eine Hersteller-Vorführung der neuen xy-Topklasse für 5000 Eier/Stück, wo die Firmenherren vor großäugigen Freaks mit simplen dicken Metallklötzen Eindruck schinden wollen ("Aus dem Vollen wird bei uns gefräst, fassen sie mal an!" - Oho, aha, so fühlt sich also ein Aluklumpen an, dankeschön, toll.) Dass aber der Raum übel dröhnende Resonanzen im Bass hatte, merkt kein Mensch. Marketing ist offenbar halt alles. Ob die Superbox also wirklich super war, konnte ich nicht hören.

Ohnehin wurde wieder mal Vorführmusik gemacht, die keinem weh tut. Jazz-Trio und liebliche Frauenstimmen dank Studioelektronik, was beides auch im Küchenradio irgendwie wohlgesonnen macht. Das ist jetzt ganz schön OT und ich hör lieber auf... Es musste aber mal raus.

Meine persönliche Konsequenz: Ich machs jetzt ganz anders: Ich baue selber. Einen LS-Bauvorschlag, den ich im Fertigzustand angehört habe. Ob's was geworden ist, berichte ich, wenn's soweit ist.

Schöne Grüße
H.


[Beitrag von hargi am 12. Mai 2007, 17:11 bearbeitet]
Marduk4all
Neuling
#7 erstellt: 16. Jan 2018, 20:00
Danke für Eindrücke und Informationen, auch wenn der Thread schon alt ist. Hab mir ein paar ELR 65 besorgt. Wenn da ein Einmesssytem drübergebügelt hat, ist das Mittelloch weg und sie klingen echt gut. Vielen dank für den Tipp.
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