Gedankenexperiment: (KH-)Treiber-Impedanz umstricken

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audiophilanthrop
Inventar
#1 erstellt: 24. Feb 2011, 13:44
Was passiert eigentlich, wenn ich bei einem üblichen dynamischen Treiber die Drahtdicke der Schwingspule ändere, aber deren Masse konstant halte?

Ausgehend von dieser Überlegung kann man ziemlich leicht herausfinden, was man grundsätzlich tun muß, um die Impedanz eines Treibers bei sonst gleichem Verhalten zu ändern, und wie sich das auf die Empfindlichkeit auswirkt.

Aber der Reihe nach - zuerst die Voraussetzungen. We hold these truths to be self evident, that... Naja, oder so.
1. Das dynamische Verhalten wird sich nicht ändern, solange die bewegte Masse M_m konstant bleibt. Sollte jedenfalls.
2. Die Geometrie der Schwingspule möchte bitte auch gleich bleiben. Am Durchmesser wird eh keiner drehen, an der Wickelhöhe aber bitte auch nicht.
3. Die erzielte Lautstärke hängt direkt am magnetischen Fluß, den die stromdurchflossene Schwingspule erzeugt. Der wiederum ist bei gegebener Frequenz proportional zu Signalstrom I und Windungszahl n, Induktionsgesetz läßt grüßen. Man kann das ganze auch als Linienstromdichte modellieren, kommt mit Punkt 2 aufs gleiche raus.
4. Die Treiberimpedanz wird - jedenfalls in bestimmten Frequenzbereichen - vom Gleichstromwiderstand dominiert.

Damit wird verlangt:
M_m := const und
I * n := const

Nun erhöhen wir z.B. den Drahtdurchmesser um den Faktor 2. Was passiert?

1. Die Querschnittsfläche steigt auf das 2²=4fache, damit natürlich auch die Masse pro Längeneinheit. Im Gegenzug wird der Gleichstromwiderstand pro Längeneinheit auf 1/4 reduziert. (Feinheiten wie CCAW-Draht und Skineffekt sollen hier unberücksichtigt bleiben - bei einer Eindringtiefe von 0,66 mm bei 10 kHz und typischen Drahtdurchmessern von <1 mm hat der Skineffekt m.E. im hörbaren Bereich auch nichts zu melden.)
2. Wenn die Masse der Schwingspule konstant bleiben soll, dann darf jetzt natürlich nur noch 1/4 der ursprünglichen Länge drauf, also wird n kurzerhand geviertelt. Der Gleichstromwiderstand damit ebenso.

Damit haben wir die bewegte Masse insgesamt nicht verändert. Das Ohmsche Gesetz verrät uns, daß vom ursprünglichen Gleichstromwiderstand nur noch 1/2^4 = 1/16 übrig ist, entsprechend sollte sich also auch unsere Nennimpedanz verändert haben. Aus 600 Ohm wurden mal eben 37,5 Ohm.

Und die Empfindlichkeit? Nun, bei gegebenem I * n wird man wohl 4mal soviel Strom durchjagen müssen. Dafür braucht man aber auch nur noch 1/4 der Spannung (U = R * I und so). Ergo: Der Schallpegel bei gegebener elektrischer Leistung hat sich nicht verändert! Unsere Empfindlichkeit in dB SPL pro 1 mW bleibt gleich (und diese ist bekanntlich unser Wirkungsgrad-Äquivalent).

Das kann man sich vorstellen wie bei einem Trafo oder Übertrager. Mehr Wicklungen sekundärseitig - höhere Spannung - weniger Strom.

Ob wohl auch die relative Impedanzvariation gleich bliebe? Ich würde fast meinen ja, aber ob diese doch sehr grundlegenden Überlegungen so weit tragen... Da wäre dann doch der Blick in ein Buch über Elektroakustik eine gute Idee.

Bleibt jetzt noch die Frage: Warum klingen dann z.B. die Beyers mit 32, 250 und 600 Ohm nicht genau gleich?
Ganz einfach, beliebig fein abgestufte Drahtdurchmesser will man nicht herstellen oder doch wenigstens nicht auf Lager halten, damit wird man so die Wunschimpedanz nie genau treffen und muß letztlich doch etwas an der Windungszahl und damit der bewegten Masse drehen. Und ob die (in Sachen Verzerrungsverhalten relevante) Wickelhöhe in praxi tatsächlich konstant gehalten werden kann...

So, das Aufschreiben hat jetzt viiiel länger gedauert als die eigentliche Überlegung, aber so ist das eben...

/ap
ZeeeM
Inventar
#2 erstellt: 24. Feb 2011, 14:30
Was du bei den Beyersystemen nicht weisst, ob bei den 250er und 600er identische Magnetsysteme benutzt werden.
m00hk00h
Inventar
#3 erstellt: 24. Feb 2011, 18:40

ZeeeM schrieb:
Was du bei den Beyersystemen nicht weisst, ob bei den 250er und 600er identische Magnetsysteme benutzt werden.


Werden.


audiophilanthrop schrieb:
Ob wohl auch die relative Impedanzvariation gleich bliebe?


Sollte. Der typische Bassbuckel ist eine mechanische Resonanz, also Feder-Masse-System. Da wir im Gedankenexperiment weder was an der Membran, noch an der Masse geändert haben, sollte der gleich bleiben.
Ebenso wie die leichte Zunahme in den Höhen durch Induktion, Strom und Anzahl der Wicklungen gehen linear in die Gleichung ein. Wenn wir also nur noch ein Viertel so viel Drahtlänge haben, passen nur noch ein Viertel so viele Windungen drauf und haben wir nur noch ein Viertel der Feldstärke - was jedoch durch den vierfachen Strom kompensiert wird.

Davon abgesehen macht beyer kein Geheimnis daraus, dass die 600-Ohm-Systeme um einiges leichter sind, und es ist auch schon länger kein Geheimnis, dass die 32 bzw. 80 Ohm-Versionen der beyer auch nicht besser an mobilen Quellen gehen, als die normalen 250er (auf Grund des höheren Gewichts aber schlechter klingen...).

...insofern Frage ich mich gerade nach dem Zweck dieses Threads?


m00h


[Beitrag von m00hk00h am 24. Feb 2011, 18:43 bearbeitet]
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