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Beethoven: Die Streichquartette

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SirVival
Hat sich gelöscht
#51 erstellt: 15. Nov 2007, 17:19
Hi,

p.hs. hat doch wohl gefragt, was wir von der historischen (eher wohl historisierenden) Aufführungspraxis in Falle der Streichquartette von Beethoven halten? Dazu habe ich meine Meinung kundgetan.

Das einzige Negativbeispiel Quartett auf historischen Instrumenten, das ich kenne, sind die J. Haydn gewidmeten Streichquartte von Mozart gespielt von ?? (Muss ich nachtragen, weiß ich jetzt nicht). Beim Hören dieser Aufnahme kam ich mir vor wie der Soldat im Märchen "Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen", als ihm die Prinzessin nachts die kalten Fische ins Bett legte. Einfach schauderhaft. Die Protagonisten mögen sich ja alle Mühe geben, aber solch seelenlose Interpretationen hat Mozart nicht verdient. Ich lehne diese Murkserei jedenfalls glatt ab.

Leider ist im Bereich Barock kaum noch eine Aufnahme mehr mit modernem Instrumentarium erhältlich, aber es gibt, und das gebe ich gern zu, auch historisierend zum Teil hervorragende Interpretationen, bei denen man das Engagement und die Liebe zur gespielten Musik bei den Instrumentalisten spürt. Und dann ist mir historisierend oder nicht eigentlich schnurzpiepe.

Gruß
Joachim49
Inventar
#52 erstellt: 16. Nov 2007, 00:14

Kreisler_jun. schrieb:

(es gibt mindestens zwei sehr gute Einspielungen von op.18 auf alten Instrumenten, mit dem Turner und dem Smithsonian Quartett),
JK jr.


Vielleicht sollte man ier auch das Quatuor Mosaiques erwähnen, die op 18 aufgenommen haben. Wenn das so gut ist, wie der Haydn vom Qu. Mosaiques, dann ist es wahrscheinlich mit den genannten Aufnahmen konkurrenzfähig.
Freundliche Grüsse
Joachim
Kreisler_jun.
Inventar
#53 erstellt: 16. Nov 2007, 16:22
Das ist aber jetzt was ganz anderes. Eine konkrete Interpretation mag mißlungen sein oder nicht gefallen, das muß nichts mit alten Instrumenten zu tun haben. Es steht auch jedem frei, den Klang alter Instrumente nicht zu mögen, aber Du hast unterstellt, dass die HIP-Musiker sich diese Lücke gesucht hätten, weil sie (technisch oder wie auch immer) zu schlecht gewesen wären, um sich der Konkurrenz auf "normalen" Instrumenten zu stellen. Das ist einfach falsch und eine grundlos herabsetzende Behauptung.

Was ich nämlich noch vergessen habe, es gibt von Beginn an eine ganze Reihe Musiker, die weiterhin auf modernenen Instrumtenten spielten, zusätzlich oder für konkrete Projekte aber auf alten.
So haben Hermann Baumann (Horn) und Milan Turkovic (?); Fagott, Mozart-Konzerte auf alten Röhren eingespielt, die Pianisten Badura-Skoda und Demus seit 40 Jahren immer mal wieder mit alten Klavieren experimentiert, der Cellist Wispelwey hat z.B. Beethovens Sonaten sowohl auf dem alten wie auf dem modernen Cello (mit entsprechender Begleitung) eingespielt, der Klarinettist Charles Neidich hat mit dem Orpheus CO auf modernen Instrumenten, aber Kammermusik auch mit alten aufgenommen usw.

Das Mosaiques Quartett hatte ich noch vergessen, weil ich deren Beethoven nicht kenne.

viele Grüße

JK jr.
jensl
Hat sich gelöscht
#54 erstellt: 04. Jan 2008, 00:20
Hallo,

ich besitze eine GA der Beethoven-Streichquartette mit dem Melos Quartett. Ich bin etwas verwundert, dass auf diese Aufnahme in diesem Thread nicht eingegangen wird. Zufall? Unbedeutend? - Mir gefiel die Aufnahme immer ausgezeichnet, ein bißchen unterkühlt-intellektuelistisch vielleicht. Aber mich würde doch sehr Eure Meinung interessieren.

Gruß
Jens
Hüb'
Moderator
#55 erstellt: 04. Jan 2008, 08:46

jensl schrieb:
Hallo,

ich besitze eine GA der Beethoven-Streichquartette mit dem Melos Quartett. Ich bin etwas verwundert, dass auf diese Aufnahme in diesem Thread nicht eingegangen wird. Zufall? Unbedeutend? - Mir gefiel die Aufnahme immer ausgezeichnet, ein bißchen unterkühlt-intellektuelistisch vielleicht. Aber mich würde doch sehr Eure Meinung interessieren.

Gruß
Jens

Hi!

Welche? Die für Intercord oder jene für die DG?

Grüße

Frank
jensl
Hat sich gelöscht
#56 erstellt: 04. Jan 2008, 08:50
Hallo Frank,

die für die DG. Deine Meinung?

Jens
Hüb'
Moderator
#57 erstellt: 04. Jan 2008, 08:55
Kenne ich leider nicht.

Meine konkretisierende Frage nur deshalb, weil es anderen dann vielleicht leichter fällt, eine Antwort zu geben.

Grüße

Frank
Kreisler_jun.
Inventar
#58 erstellt: 04. Jan 2008, 14:17
Die DG-Aufnahme des Melos-Q. war meine erste Gesamtaufnahme (u.a. weil sie damals (1990) nur DM 150 kostete, die mit dem ABQ knapp 300, soviel zu gestiegenen CD-Preisen...) und ich halte sie noch immer für sehr gut. Geradlinige Interpretationen, schnelle tempi, auch der Klang ist für 80er-DDD-Aufnahmen recht ordentlich. Vielleicht nicht sehr intim (auch klanglich eher "großformatig") und in den langsamen Sätzen mag man anderswo differenzierte Lesarten finden. Aber insgesamt eine wirklich gute Einspielung (und eine der ganz wenigen, die die Wdh. von Durchf./Reprise in op.59,2i macht)!

Ich erwähne sie u.a. deshalb fast nie in solchen threads, weil sie meines Wissens seit Jahren vergriffen ist und es inzwischen so günstige gute oder sehr gute Einsteigerangebote gibt, dass ich keinem raten will, sich auf die Jagd nach seltenen Aufnahmen zu machen.

Von der Intercord-Einspielung (von der immer mal wieder sehr billige Auflagen erscheinen) würde ich eher abraten; die entstand, als das Ensemble erst wenige Jahre zusammenspielte, ist interpretatorisch oft etwas zaghaft und auch klangtechnisch nicht besonders toll.

viele Grüße

JK jr.
jensl
Hat sich gelöscht
#59 erstellt: 04. Jan 2008, 17:22
Danke für die ausführliche Antwort!
Ich meine mich zu erinnern, dass ich sie mir damals nicht allein wegen des günstigen Preises gekauft habe, sondern auch weil sie in einem Feature "Eibführung in die Späten Streichquartette Beethovens" auf WDR3 oder NDR 3 so überragend abgeschnitten hatte.

Hatte mich für viele Jahre in einen Bach-Cocon zurückgezogen und gehe jetzt wieder auf Entdeckungsreise. Da ist die alte Melos-Aufnahme einfach mein Anküpfungspunkt. Müsste mich nun auch ganz neu orientieren, denn ich weiß gar nicht, was nach Melos, Guarneri, Alban Berg etc. bei den jüngeren geschehen ist. Dazu mache ich gleich einen eigenen Thread auf.

Grüße
Jens
Kreisler_jun.
Inventar
#60 erstellt: 04. Jan 2008, 19:08

jensl schrieb:
Danke für die ausführliche Antwort!
Ich meine mich zu erinnern, dass ich sie mir damals nicht allein wegen des günstigen Preises gekauft habe, sondern auch weil sie in einem Feature "Eibführung in die Späten Streichquartette Beethovens" auf WDR3 oder NDR 3 so überragend abgeschnitten hatte.


Ja, ich erinnere mich auch vage, dass mir ein Freund mal solch eine Sendung mitgeschnitten oder davon berichtet hatte. Der Preis war wg. des 25jährigen Jubiläums (gegr. 1964 oder 65) des Quartetts.
Wie gesagt, ich halte die Einspielung immer noch für sehr viel mehr als eine solide Basis und durchaus konkurrenzfähig.

viele Grüße

JK jr.
kingberzerk
Schaut ab und zu mal vorbei
#61 erstellt: 20. Jan 2008, 18:09
Ich muss einer der ersten Käufer der späten Streichquartette auf CD mit dem Melos Quartett gewesen sein (DG) und war absolut begeistert. Gerade die pianissimo-Passagen lebten in ihrer intelligenten Interpretation auf. Alles stimmt, die Tempi, die Dynamik, die Klangfarbe. Unglücklicherweise zerkratzte die CD mit dem cis-Moll-Quartett, weil der tragbare CD-Player im Rucksack aufging.

Die Melos-Aufnahme war dann vergriffen und ich suchte verzweifelt nach Ersatz. Natürlich war ich vorbelastet und geprägt von der Interpretation, doch das Alban-Berg-Quartett zum Beispiel konnte ich nicht gelten lassen, und ich versuchte noch etwa zehn weitere Interpretationen. Schließlich fand ich in der Einspielung vom Suske-Quartett (eine DDR-Einspielung) eine interessante Alternative, und ein audiophiler Freund schenkte mir eine historische Aufnahme vom Budapest-Quartett, die herausragend ist. Doch dann geriet ich ans Quartetto Italiano, und das hat mich begeistert. Dann fand ich auch jemanden, der mir die alte Melos-Aufnahme vom cis-Moll kopieren konnte und das Leben fühlte sich wieder vollständig an.
Kreisler_jun.
Inventar
#62 erstellt: 20. Jan 2008, 20:08
Was ich bisher mit dem Suske-Q. und dem Q. Italiano gehört habe, scheint mir aber eher eine komplementäre Ergänzung als eine ähnliche Alternative zum Melos-Quartett zu sein. Sehr schöner, satter Klang, aber m.E. nicht sehr ausdrucksstark, oft zu langsam und nicht energisch und kontrastreich genug. Aber es lebe die Vielfalt... (und vielleicht veröffentlicht die DG die Melos-Aufnahmen mal wieder, allerdings wollen die z.Zt. sicher eher ihre aktuellen Ensembles, Emerson und Hagen verkaufen und die sind ja auch sehr hörenswert)

viele Grüße

JK jr.
sterniwaf
Ist häufiger hier
#63 erstellt: 11. Nov 2009, 12:08
Hallo. ich möchte diesen guten Thread wiederbeleben.
Ich halte die Streichquartette für mit die beste Musikliteratur der Musikgeschichte.
Muss es denn überhaupt eine GA sein?
Ich finde ja. So hat man ein Gerüst, um die Quartette kennen zu lernen und auch die Besonderheiten im Werk heraus zu hören. Hier gibt es ja schon einige Beispiele, ich besitze die GA des Alban Berg Quarttetes. Ich werde mir in Zukunft aber sicher noch andere Künstler herauspicken, dabei lege ich keinen besonderen Wert auf HIP. Mir ist es wichtiger, neue und junge Künstler zu hören.
Schwierigkeiten beim Hören der Stücke hatte ich von Anfang an nie. Der Ideenrichtum der verschiedenen Themen, wie diese dann variiert werden, Überrraschungen im Fluss der Musik, aber ohne das diese das Gesamtbild des Stückes zerstören, beherrscht Beethoven wie kein anderer.
Und das ganze dann aber doch im Detail sinmpel aufgebaut, Läufe, Dreiklänge, wie sie eigentlich auch bei anderen Komponisten vorkommen, aber einfach genial untereinander verbunde, komponiert.
Ein Kritiker hat mal geschrieben: Beethovens Streichquartette sind wie Streitgespräche in einer Gruppe, die aber doch zu einem harmonischen Ende finden. Finde ich einen schönen Zugang zu dieser Musik.
Hilfreich beim Hören ist gute Literatur. Außerdem höre ich mir immer ein Opus komplett an, da es, sehr subtile Zusammenhänge der einzelnen Sätze geben soll ( Auch ein Wissen, das ich aus der Literatur habe, selber muss ich noch fleißig hören! )
Nur zu einem taugen die Quartette gar nicht: Als Hintergrund-Gedudel z.B. in einem Kaufhaus.
Wunderbar, gelle?
Viele grüße Thomas
Klassikkonsument
Inventar
#64 erstellt: 11. Nov 2009, 17:07
Hallo sterniwaf (trinkst Du gerne Sterni und wohnst in Friedrichshain? ),


Ein Kritiker hat mal geschrieben: Beethovens Streichquartette sind wie Streitgespräche in einer Gruppe, die aber doch zu einem harmonischen Ende finden.


Das ist mal 'ne nette Variation des berühmten Goethe-Ausspruchs (ein Streichquartett sei wie eine geistreiche Unterhaltung zwischen 4 vernünftigen Leuten oder so ähnlich), der mir etwas zu gemütlich und bieder vorkommt. Obige Variante passt jedenfalls viel besser auf Beethovens Große Fuge.


Hilfreich beim Hören ist gute Literatur. Außerdem höre ich mir immer ein Opus komplett an, da es, sehr subtile Zusammenhänge der einzelnen Sätze geben soll ( Auch ein Wissen, das ich aus der Literatur habe, selber muss ich noch fleißig hören! )


Wobei man auch ruhig ein bisschen auf sich selber vertrauen kann, was man so an (z.B. motivischen) Zusammenhängen heraushört.
Ich glaube, es war der Musik-Wissenschaftler Arnold Schering, der jedem Quartett aus op. 18 irgendwelche Weltliteratur als Programm unterstellte (z.B. dem langsamen Satz von Nr. 1 F-dur die Szene, in der Romeo & Julia sterben). Das halte ich für nur begrenzt hilfreich, sogar wenn es stimmt. Denn es bringt zwar etwas sich der Struktur mit Hilfe von Assoziationen zu nähern. Aber der Verweis auf hohe Kulturgüter des Abendlands baut schnell einen ehrfurchtsheischenden Popanz des Geistes auf, der dann wieder mehr ablenkt als verdeutlicht.


Nur zu einem taugen die Quartette gar nicht: Als Hintergrund-Gedudel z.B. in einem Kaufhaus.


Schön laut aufgedreht könnte das aber mal ein überraschendes Ereignis sein.

Selbst habe ich als Gesamtaufnahmen die frühere vom Juilliard Quartet (1960'er - 1970, Sony) und die vom Emerson Quartet (DG). Die Emersons liefern wahrscheinlich eine modernere Interpretation ab (z.B. weniger Temposchwankungen bei den späten Quartetten; schneller, manchmal aber vielleicht auch zu schnell), dafür spielen die Juilliards transparenter und ausdrucksvoller.
Eine gute (oder sogar bessere) Ergänzung scheinen mir die Aufnahmen vom Hagen Quartett (DG) zu sein.

Viele Grüße
Martin2
Inventar
#65 erstellt: 11. Nov 2009, 21:22
Also ich besitze zwei Einspielungen: Die des Alerxanderquartetts ( Sony) und die des Guaneriquartetts ( Decca). Die Guaneris sind wohl besser, insbesondere bei den Opus 18.

Ich habe mittlerweile einiges gehört: Die 6 Quartette Opus 18, die mir sehr gut gefallen, die drei Quartette Opus 59, wo mir das erste Quartett großartig gefällt und das Opus 74. Worum ich bisher noch einen großen Bogen gemacht habe, sind die späten Quartette ab Opus 74, aber dieser schwierige Stoff kommt sicher noch mal auf mich zu. Ich bin vielleicht ein bißchen geprägt durch den berühmten Komponisten Tschaikovski, der mit diesen späten Kompositionen angeblich überhaupt nichts anfangen konnte - das hat mich immer abgehalten, dort mal rein zu hören. Das kommt aber noch. Jedenfalls haben sich mir gerade die Opus 18 durch die Guaneris sehr erschlossen, mag diese Quartette inzwischen sehr.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#66 erstellt: 11. Nov 2009, 22:07

Klassikkonsument schrieb:

Wobei man auch ruhig ein bisschen auf sich selber vertrauen kann, was man so an (z.B. motivischen) Zusammenhängen heraushört.
Ich glaube, es war der Musik-Wissenschaftler Arnold Schering, der jedem Quartett aus op. 18 irgendwelche Weltliteratur als Programm unterstellte (z.B. dem langsamen Satz von Nr. 1 F-dur die Szene, in der Romeo & Julia sterben). Das halte ich für nur begrenzt hilfreich, sogar wenn es stimmt.


Der Hinweis auf Romeo&Julia wird sogar von Beethoven selbst überliefert (wobei ich nicht weiß, wie zuverlässig der Gewährsmann ist). Schering hat das aber extrem auf die Spitze getrieben und alle größeren Werke Beethovens mit literarischen Werken verknüpft (eines der späten Quartette ist dann mit Hamlet, eins mit Faust assoziiert, oder was weiß ich). Das ist äußerst fragwürdig und vermutlich nicht hilfreich.

Martin, laß dich von Tschaikowsky nicht aus der Ruhe bringen. Der mochte auch die Musik Brahms' nicht (was auf Gegenseitigkeit beruhte ), während Mendelssohn, Schumann, Brahms alle Beethovens späten Quartette (nicht nur die) schätzten und studierten. Ziemlich offensichtlich ließ sich der 18 bzw. 20jährige Mendelssohn bei seinen ersten Quartetten in a-moll und Es-Dur von op.74, op.95 (die rechnet man gewöhnlich nicht zu den "späten", gleichwohl waren sie keine 20 Jahre alt) und op.132 (noch beinahe druckfrisch) inspirieren.



JK jr.


[Beitrag von Kreisler_jun. am 11. Nov 2009, 22:09 bearbeitet]
Hüb'
Moderator
#67 erstellt: 12. Nov 2009, 10:18

Martin2 schrieb:
(...)und die des Guaneriquartetts ( Decca). (...)

Die Guaneris haben die Quartette 2x aufgenommen.
Das erste Mal für RCA, das zweite Mal für Philips. Wahrscheinlich meint Martin die 2. GA, da Decca - ebenso wie Philips - zum Universal-Konzern gehört.


[Beitrag von Hüb' am 12. Nov 2009, 10:18 bearbeitet]
sterniwaf
Ist häufiger hier
#68 erstellt: 12. Nov 2009, 10:25
Halo Klassikkonsument,
ein Getränk namens sterni? Hoffentlich schmeckts.
Mit Literatur meine ich musiktechnische Analysen, z.B. habe ich von Dahlhaus "Beethoven-Interpretationen" beim Hören gelesen. Schwierig, aber man lernt ungemein. Diese ganzen Bezüge zur sonstigen Literatur brauche ich nicht, selbst wenn Beethoven sie selbst so gesagt haben soll. Die Zeitgenossen Beethovens haben ihn ja schon für einen komischen Kauz gehalten, warum soll er dann nicht einfach mit Witz und Ironie die Leute auf die Schippe genommen haben?
In anderen Foren wird ja immer wieder auf solchen Bezügen herumgeritten, da werden solche Sachen wie mit Romeo und Julia wie Zitate aus der Bibel behandelt. Wer es braucht, ich nicht.
Hallo Martin2,
Ich finde es einfach Spitze, das du doch noch einen Zugang zu dieser traumhaften Musik gefunden hast.
jemand hat schon hier geschrieben, das man bei dieser hochkarätigen, schwierig zu spielenden Musik es eigentlich egal ist, für welches Ensemble man sich entscheidet.Hauptsache man hört die Quartette überhaupt.
Hallo Kreisler jun.
haben diese Interpretationsversuche, diese Bezüge in die außermusikalische Literatur, etwas damit zu tun, das Hörer einfach sonst mit der Musik nicht klar kommen? Braucht man wirklich einen solchen "Halt", um Beethoven genießen zu können?
Martin2
Inventar
#69 erstellt: 12. Nov 2009, 11:30

sterniwaf schrieb:
jemand hat schon hier geschrieben, das man bei dieser hochkarätigen, schwierig zu spielenden Musik es eigentlich egal ist, für welches Ensemble man sich entscheidet.Hauptsache man hört die Quartette überhaupt.


Möglich, aber ich muß sagen, daß ich das Alexanderquartett zuerst hatte und mit den Opus 18 nicht viel anfangen konnte und das hat sich mit den Guaneris geändert. Bitte nagelt mich nicht fest, so richtig "vergleichend gehört" habe ich nicht; es muß nicht bedeuten, daß das Alexanderquartett tatsächlich schlecht ist, aber manchmal hilft so eine neue Einspielung einem doch auf die Sprünge. Merkwürdigerweise war ich aber vom ersten Satz des Opus 74 mit den Guaneris enttäuscht, hier hatte mir das Alexanderquartett besser gefallen.

@ Frank ( Hüb) Wußte nicht, daß die Guaneris das zweimal aufgenommen haben. Decca gibt nur an: Produziert von Universal. Produziert für Opus 18 und 59 1995, die anderen Quartette 1988 - 1990.

Zu den Quartetten muß ich allerdings sagen, daß mir nicht alle gleich gefallen. Bei Opus 18 mag ich 1,2 und 5, aber auch 3 und dann folgen 4 und 6. Trotzdem mag ich die irgendwie alle. Bei Opus 59 ist es das erste, was großartig ist, die anderen beiden zünden weniger, bis auf den berühmten Streichquartettsatz aus dem literarischen Quartett. Opus 74 mag ich auch. Dann will ich mal sehen, was die späteren Quartette mir noch bringen, aber ich glaube, um die zu hören, muß ich konzentriert und ausgeschlafen sein. Schwieriger Zugang? Weiß ich nicht, ich finde, die Quartette sind doch etwas entschieden anderes als die Sinfonien oder auch die Klaviersonaten. Der Zugang zu den Sinfonien und Konzerten fällt für mein Gefühl leichter als die Quartette, weil das zum Teil so in Stein gemeißelte Ideen sind, die, wenn man sie gehört hat, fast den Eindruck erwecken, als seien sie schon immer und seit Ewigkeiten da gewesen. Das ist eine sehr große Qualität der Sinfonien insbesondere, aber auch die Konzerte und teilweise die Klaviersonaten haben eine solche Qualität. Die Streichquartette empfinde ich als anders, was den Eindruck erweckt, als seien sie schwächer, aber sie sind vermutlich nur anders, irgendwie persönlicher und sie hämmern sich einem nicht gleich in den Gehörgang.


Gruß Martin
Hüb'
Moderator
#70 erstellt: 12. Nov 2009, 11:36
Hier ist ein Teil der GA in einer ursprünglichen Philips-Ausgabe:
http://www.amazon.de...d=1258014938&sr=1-11
Martin2
Inventar
#71 erstellt: 12. Nov 2009, 12:00
Hallo Frank,

dann ist es also meine Ausgabe ursprünglich die Philipsausgabe? Ist das eigentlich eine gute Einspielung? Was mich übrigens sehr gefreut hat, war die Tatsache, daß der BBC Musicguide ( ich lese ja durchaus nicht nur den Penguin Guide, wie man mir immer vorgeworfen hat ), diese Philipseinspielung bei den Opus 18 über die Maßen lobt und direkt empfiehlt. Freut mich, zumal die CDs auch nicht teuer waren. 16 Euro ( Aktionspreis, sonst 20) bei Saturn. Da habe ich zugeschlagen, zumal ich mich erinnerte, daß die Alexanders, die ich vorher hatte, in einem englischsprachigen Forum schlecht weg kamen ( bei einem "Kenner", was sagt das schon).



Gruß Martin
Hüb'
Moderator
#72 erstellt: 12. Nov 2009, 12:03

dann ist es also meine Ausgabe ursprünglich die Philipsausgabe? Ist das eigentlich eine gute Einspielung?

2x: ja (zur 2. Frage natürlich IMHO ;)).

Die Ausgabe gibt es direkt von Universal, als auch von Brilliant:





Grüße
Frank
sterniwaf
Ist häufiger hier
#73 erstellt: 12. Nov 2009, 12:10

Martin2 schrieb:

sterniwaf schrieb:
jemand hat schon hier geschrieben, das man bei dieser hochkarätigen, schwierig zu spielenden Musik es eigentlich egal ist, für welches Ensemble man sich entscheidet.Hauptsache man hört die Quartette überhaupt.


Möglich, aber ich muß sagen, daß ich das Alexanderquartett zuerst hatte und mit den Opus 18 nicht viel anfangen konnte und das hat sich mit den Guaneris geändert. Bitte nagelt mich nicht fest, so richtig "vergleichend gehört" habe ich nicht; es muß nicht bedeuten, daß das Alexanderquartett tatsächlich schlecht ist, aber manchmal hilft so eine neue Einspielung einem doch auf die Sprünge. Merkwürdigerweise war ich aber vom ersten Satz des Opus 74 mit den Guaneris enttäuscht, hier hatte mir das Alexanderquartett besser gefallen.

@ Frank ( Hüb) Wußte nicht, daß die Guaneris das zweimal aufgenommen haben. Decca gibt nur an: Produziert von Universal. Produziert für Opus 18 und 59 1995, die anderen Quartette 1988 - 1990.

Zu den Quartetten muß ich allerdings sagen, daß mir nicht alle gleich gefallen. Bei Opus 18 mag ich 1,2 und 5, aber auch 3 und dann folgen 4 und 6. Trotzdem mag ich die irgendwie alle. Bei Opus 59 ist es das erste, was großartig ist, die anderen beiden zünden weniger, bis auf den berühmten Streichquartettsatz aus dem literarischen Quartett. Opus 74 mag ich auch. Dann will ich mal sehen, was die späteren Quartette mir noch bringen, aber ich glaube, um die zu hören, muß ich konzentriert und ausgeschlafen sein. Schwieriger Zugang? Weiß ich nicht, ich finde, die Quartette sind doch etwas entschieden anderes als die Sinfonien oder auch die Klaviersonaten. Der Zugang zu den Sinfonien und Konzerten fällt für mein Gefühl leichter als die Quartette, weil das zum Teil so in Stein gemeißelte Ideen sind, die, wenn man sie gehört hat, fast den Eindruck erwecken, als seien sie schon immer und seit Ewigkeiten da gewesen. Das ist eine sehr große Qualität der Sinfonien insbesondere, aber auch die Konzerte und teilweise die Klaviersonaten haben eine solche Qualität. Die Streichquartette empfinde ich als anders, was den Eindruck erweckt, als seien sie schwächer, aber sie sind vermutlich nur anders, irgendwie persönlicher und sie hämmern sich einem nicht gleich in den Gehörgang.


Gruß Martin

Hallo Martin,
Ich unterscheide für mich mögen und gefallen ganz klar von der Faszination Beethovens Musik. Ich mag Pop-Songs der Achtziger, mir gefällt Rockmusik, auch Jazz. Ich habe früher langatmige Rockstücke geliebt, habe die für den Gipfel der Musik gehalten. Und jetzt, im etwas fortgeschrittenen Alter, setzen sich da einfach vier läppische Streicher hin, ohne technischen Schnickschnack und künstliche Töne und diese Form der Musik spült das "Können" der Rockbands einfach weg.
Ein tolles Erlebnis, das sich jedesmal erneuert, wenn ich ein Streichquartett höre. Inzwischen gibt es auch noch andere besondere Eigenschaften, z.B. wie sich Beethoven immer mehr in den späten Quartetten von einer strengen Form löst und Kompositionsqualitäten erreicht, die einfach bis jetzt unerreicht sind.
Viele Grüße Thomas
Klassikkonsument
Inventar
#74 erstellt: 12. Nov 2009, 16:49
Hallo sterniwaf,


Halo Klassikkonsument,
ein Getränk namens sterni? Hoffentlich schmeckts.


Ich krieg' Kopfschmerzen davon und schmecken tut's mir auch nicht besonders, aber andere mögen es.



In anderen Foren wird ja immer wieder auf solchen Bezügen herumgeritten, da werden solche Sachen wie mit Romeo und Julia wie Zitate aus der Bibel behandelt. Wer es braucht, ich nicht.
[...]
haben diese Interpretationsversuche, diese Bezüge in die außermusikalische Literatur, etwas damit zu tun, das Hörer einfach sonst mit der Musik nicht klar kommen? Braucht man wirklich einen solchen "Halt", um Beethoven genießen zu können?


vielleicht muss ich den Schering da auch ein bisschen verteidigen. Außermusikalische Bezüge kommen in der Musik ja durchaus vor. Von Beethoven sind noch andere literarische Bezüge überliefert: ganz klar Schiller im letzten Satz der 9. Oder Shakespeare bei der Sturm- Sonate op. 31, 2 - wobei die Überlieferung hier auch zweifelhaft und nicht besonders erhellend ist: Ich glaube Schindler (eine fragwürdige Quelle für so manchen Beethoven-Ausspruch) soll gefragt haben, was diese Sonate bedeuten solle. Darauf der Meister knapp: "Lesen Sie Shakespeares Sturm!"
Daneben hat ja gerade Beethoven noch die politische Dimension in seine Musik geholt, indem er etwa Märsche aus dem revolutionären Frankreich zitiert. Seine Zeitgenossen haben das wohl ohne weiteres verstanden. Aber durch rein immanent musikalische Analyse wird man das nicht rauskriegen.
Bei dem Bezug zur Politik scheint mir auch noch deutlicher zu sein, dass das Außermusikalische nicht unbedingt eine Bebilderung sein muss, die einer schwachen Komposition "Halt" geben soll.

Außerdem aber wirkt Musik auf das Gemüt und löst viele Assoziationen aus. Die sind erstmal nur zufällig, subjektiv, privat. Aber sie können schon auch helfen, Musik besser zu verstehen. Man gliedert so die Musik, und man kann sich fragen, woran das liegt, dass man dann solche Bilder, Gefühle etc. vor sich hat.
Und wenn man keinen persönlichen Draht zu einer Musik bekommt, ist das ja auch nicht der Idealfall.

In den Geisteswissenschaften gerät man allerdings sehr schnell in Exstase, wenn ein großes Werk anscheinend Bezüge zu anderen großen Werken hat. Da entsteht schnell eine Atmosphäre der Feierlichkeit und der Einschüchterung, die in meinen Augen nur ein sehr schlechter Ersatz für den persönlichen Draht ist.

Viele Grüße
sterniwaf
Ist häufiger hier
#75 erstellt: 13. Nov 2009, 09:59

Klassikkonsument schrieb:
In den Geisteswissenschaften gerät man allerdings sehr schnell in Exstase, wenn ein großes Werk anscheinend Bezüge zu anderen großen Werken hat. Da entsteht schnell eine Atmosphäre der Feierlichkeit und der Einschüchterung, die in meinen Augen nur ein sehr schlechter Ersatz für den persönlichen Draht ist.

Viele Grüße


Super.

Edit Tags korr.


[Beitrag von op111 am 13. Nov 2009, 16:21 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#76 erstellt: 14. Nov 2009, 22:41


Hörte heute daraus Opus 74 und 131. Sehr gut. Wobei Opus 131 mein erster Einstieg in die späteren Quartette ist. Gefällt mir allerdings schon beim ersten Hören ganz ausgezeichnet und ich verstehe gar nicht, warum um die späten Quartette solch ein Brimborium gemacht wird. Jedenfalls bei diesem Opus 131 verstehe ich es nicht; für mich klingt das einfach nach Beethoven und zwar nach einem sehr guten. Speziell die Sätze 5 und 7 erschließen sich mir schon beim ersten Hören, bei Satz 4 finde ich den Wechsel der Ausdruckscharaktere bemerkenswert, so daß auch ein so langer Satz nicht langweilig wird. Ich werde das gerne wieder hören! Und irgendwie schon bemerkenswert, daß man zu einer so tollen Musik erst so spät kommt.

Gruß Martin
Klassikkonsument
Inventar
#77 erstellt: 15. Nov 2009, 00:14
Hallo Martin,


Martin2 schrieb:
Wobei Opus 131 mein erster Einstieg in die späteren Quartette ist. Gefällt mir allerdings schon beim ersten Hören ganz ausgezeichnet und ich verstehe gar nicht, warum um die späten Quartette solch ein Brimborium gemacht wird. Jedenfalls bei diesem Opus 131 verstehe ich es nicht; für mich klingt das einfach nach Beethoven und zwar nach einem sehr guten. Speziell die Sätze 5 und 7 erschließen sich mir schon beim ersten Hören,


Ja, die Scherzi aus op. 74 und op. 131 sind echte Hits. Die fallen mir mit als erstes ein, wenn man "Klassik zum Anfixen" (das wär' doch mal ein schöner Sampler-Titel) sucht.


bei Satz 4 finde ich den Wechsel der Ausdruckscharaktere bemerkenswert, so daß auch ein so langer Satz nicht langweilig wird.


Der Variationen-Satz von op. 131 hat ja außerdem einen gewissen Spannungsbogen. Für mich hört sich das direkt ein bisschen wie die Szene einer Oper an.

Viele Grüße
sterniwaf
Ist häufiger hier
#78 erstellt: 15. Nov 2009, 09:17
"Klassik zum anfixen" finde ich heftig.
Braucht man sowas? Damit soll sich wohl die Hoffnung verbinden, das eher leicht eingängige Fragmente eines Werkes Musikliebhaber den Einstieg in die Musik Beethovens
erleichtern sollen.
Ich finde den Weg von Martin2 einfach Klasse.
Warum so ein Brimborium um das Spätwerk gemacht wird? Denk nur mal an den Musiker. Schnelle Passagen wechseln abrupt mit langsamen und der Zusammenhang der beiden besteht oft nur darin, das exakt ein Ton als Anschluss gespielt werden muss, der auch noch mit einem vorherigen Thema im Einklang stehen muss und das bei den Quartetten teilweise von allen vier Instrumenten.Zeitversetzt. Wahnsinn.
Jetzt mal eine andere Frage: Sollen wir uns mal die einzelnen Quartette vornehmen , die Besonderheiten herausstellen und allgemeinverständlich darüber austauschen?
Viele Grüße Thomas


[Beitrag von sterniwaf am 15. Nov 2009, 09:20 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#79 erstellt: 15. Nov 2009, 12:55

sterniwaf schrieb:

Jetzt mal eine andere Frage: Sollen wir uns mal die einzelnen Quartette vornehmen , die Besonderheiten herausstellen und allgemeinverständlich darüber austauschen?


Hallo Thomas,

dazu bin ich grundsätzlich immer bereit. In der Tat sehe ich - grundsätzlich gesagt - drei Zwecke eines Klassikforums: Allgemeine Betrachtungen, Interpretationenvergleich und Austausch über Musik. Letzteres kommt mir immer zu kurz, obwohl wir ja den Thread über Schumanns 1. und Bergs Lyrische Suite hatten. Gut - ich bin letzlich kein Musiker sondern nur Hörer. Ich analysiere Musik selten - ich gebe mich ihr hin. Wenn ich sie nicht verstehe, höre ich sie öfter und dann finde ich meistens einen Sinn in ihr, ohne sie großartig "verstehen" zu müssen. Trotzdem liebe ich den Austausch über Musik. Das Opus 131 aber müßte ich wohl einfach noch mal öfter hören, damit sich die Dinge mir mehr erschließen.

Was zum Beispiel das Alexanderquartett nun wirklich taugt, weiß ich gar nicht so genau, ich weiß nur, irgendwie geriet mein Interesse an den Quartetten ins Stocken und mit den Guaneris ist es wieder da. Also höre ich erst einmal die Guaneris und vielleicht irgendwann noch mal das Alexanderquartett.

Wichtig finde ich es vor allem, sich über Dinge auszutauschen, wo man den Zugang nicht so recht findet oder die einem einfach weniger sagen. Das ist etwa bei mir bei den Opus 59, 2+3 der Fall ( bis auf den letzten Satz von 3). Gut, im Grunde genommen muß man viele Dinge einfach nur öfter hören. Ich halte es für recht sinnlos, über Verständnisschwierigkeiten zu reden, wenn man die Sache wirklich nur erst einmal gehört hat. Das eine muß mit dem anderen in einem sinnvollen Verhältnis stehen, das Hören und das drüber reden. Und Beethovens Streichquartette sind so für sich genommen schon eine Menge Holz anspruchsvoller Musik. Aber laß uns gerne im Gespräch bleiben und erzähle mir gerne, wie Du die Streichquartett kennen lerntest, welche Du besonders magst, welche Du zunächst gar nicht mochtest und dann doch, was Dir eine bestimmte Musik gibt usw.

Einfach im Gespräch bleiben über Musik finde ich wichtig und zwar völlig zwanglos. Etwa das Opus 74 nur mal als Beispiel. Ich mag es sehr, auch schon mit den Alexanders, nur der langsame Satz bereitete mir Schwierigkeit. Irgendwie schön, aber das Originelle an der Sache wollte mir noch nicht einleuchten. Aber vermutlich auch nur eine Sache häufigeren Hörens. Die langsamen Sätze aus Opus 18, 1+2, vielleicht auch 3 gefielen mir jedoch auf Anhieb. Gelegentlich höre ich bei den langsamen Sätzen von Beethoven allerdings zwar das Typische heraus, den Beethovenschen Stil, aber nicht das Originelle. Opus 131, 5 + 7 mochte ich sofort, das war einfach sehr originell. Über solche Dinge laß uns im Gespräch bleiben, nur wiegesagt es wäre sinnlos, über Musik mehr zu reden als sie zu hören. Und ich habe bei Beethoven auch nicht das Verlangen, das auf Krampf zu hören. Ich muß schlicht in einer wirklich aufnahmebereiten Stimmung sein, sonst habe ich letzlich nichts von der Sache.

Aber ich finde es prima, mich zwanglos über Musik auszutauschen; ich habe gelegentlich schon das Gefühl, daß das zu kurz kommt. Finde es prima, wenn Du das willst, ich mache das auch gerne.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#80 erstellt: 15. Nov 2009, 14:02
op. 131 wirkt auf den ersten Blick noch ungewöhnlicher als es vielleicht ist. Einzigartig sind die beiden ersten Sätze, der erste langsam und fugiert, der zweite wohl ein rudimentärer Sonatensatz, aber ohne wirklich kontrastierendes Material und mit scherzando-Charakter. Der dritte Satz ist eine rezitativische Überleitung. Der 4. Satz beginnt als völlig regulärer Variationensatz, wie häufig schon bei Haydn sind dann die letzten Variationen etwas freier gestaltet und gehen in eine Coda über. Der 5. Satz ist ein ziemlich normales Scherzo, nur eben nicht dreiteilig, sondern mit mehrfacher Wiederkehr des "Trios". Der sechste Satz ist im Grunde eine ausgedehnte Einleitung zum Finale (wie ähnlich in op.95 oder etlichen Klaviersonaten). Das Finale ist (der einzige) reguläre Sonatensatz des Werkes. Bemerkenswert hier ist, wie das "Grundmotiv" des Werks, das auch die Basis für das Fugenthema des Kopfsatzes als "cantus firmus" auftaucht.

Man hat also eine Art viersätzige Form, mit der Besonderheit des ungewöhnlichen gegensätzlichen Paares am Anfang und den Überleitungen/Einleitungen.

I 1) cis-moll Fuge + 2) D-Dur-Satz
Überleitung 3)
II langsamer Variationensatz 4)
III Scherzo 5)
IV langsame Einleitung 6) + Finale 7)


JK jr.
Martin2
Inventar
#81 erstellt: 15. Nov 2009, 16:25
Hallo Kreisler Jr,

danke für Deine sehr instruktive Schilderung der Struktur von Beethovens Opus 131

Ein Werk mit einer Fuge beginnen zu lassen finde ich in der Tat ungewöhnlich, die Regel ist ja eher, daß sie ein Werk beschließt: Haydnquartette, Präludium und Fuge bei Bach, Jupitersinfonie, Bruckners 5., Regers Mozart- und Hillervariationen. Dieses finale Überhöhende der Fuge scheint der Normalfall zu sein, dieses Werk also beginnt mit einer Fuge. Aber wie Du ja klar machst, ist das Werk offensichtlich keine Suite, worauf die 7 Sätze deuten, sondern im Grunde doch ein kompaktes Werk und Überleitungen sind ja nichts ungewöhnliches. Das macht mich wieder darauf gespannt, das Werk neu zu hören.

Gruß
Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#82 erstellt: 15. Nov 2009, 17:34

Martin2 schrieb:

Ein Werk mit einer Fuge beginnen zu lassen finde ich in der Tat ungewöhnlich, die Regel ist ja eher, daß sie ein Werk beschließt: Haydnquartette, Präludium und Fuge bei Bach, Jupitersinfonie, Bruckners 5., Regers Mozart- und Hillervariationen. Dieses finale Überhöhende der Fuge scheint der Normalfall zu sein, dieses Werk also beginnt mit einer Fuge. Aber wie Du ja klar machst, ist das Werk offensichtlich keine Suite, worauf die 7 Sätze deuten, sondern im Grunde doch ein kompaktes Werk und Überleitungen sind ja nichts ungewöhnliches. Das macht mich wieder darauf gespannt, das Werk neu zu hören.


suitenhafter ist das Werk, das ursprünglich mit der Fuge geendet hat, op.130/133. Genauer entsprechen zwei Tanz- und zwei langsame Sätze der Serenaden/Divertimenti-Tradition wie sie in einigen Werke Mozarts ebenfalls schon "auf höherer Ebene" aufgegriffen wurde (KV 563 f. Streichtrio oder die "Gran Partita" KV 361 für Bläser). Freilich passen dort der Kopfsatz, die Fuge und wohl auch die "Cavatina" von Komplexität bzw. Ausdruck kaum zum "Divertimento".

Es lohnt sich evtl. auch mal die Partitur (findet man im Netz) mitzuverfolgen. Dann wird ganz offensichtlich wie regulär etwa der Variationensatz bis aufs letzte Drittel oder so verläuft.

Wie Beethoven auf die Idee kam, mit einem fugierten Satz im langsamen Tempo (das ist ja in der Klassik überhaupt eher selten, selbst wenn es einzelne fugierte Abschnitte in langsamen Sätzen wie im Trauermarsch der Eroica gibt) zu beginnen, weiß ich nicht, auch nicht, ob es Vorbilder dafür gibt. Im "Heiligen Dankgesang" in op.132 wählt er für die beiden Variationen des Chorals die traditionellere Form eines Cantus-firmus-Bearbeitung (wie z.B. schon Haydn im Kaiserquartett, auch wenn Beethoven freier vorgeht).
op.131 ist zweifelsohne nicht nur eines der besten, sondern auch originellsten Werke der gesamten Literatur, aber eben keineswegs eine "freie Fantasie", sondern vom Beginn abgesehen, gar nicht so weit vom typischen Sonatenaufbau.

viele Grüße

JK jr.
Martin2
Inventar
#83 erstellt: 16. Nov 2009, 23:37
Hallo Kreisler Junior,

ich hörte heute wieder Opus 74 und Opus 131. Die verkappte Viersätzigkeit bei Opus 131 will mir als reiner Hörer aber so nicht einleuchten. Suitenartig empfinde ich das Werk aber auch keinesfalls. Wollte ich den Aufbau des Werkes von meinem reinen Hörgefühl her schildern, käme mir eher eine Form a1,b1,c,b2,a2 in den Sinn. Also keine suitenartiger Aufbau, aber auch kein klassischer, sondern eher ein symmetrischer, analog etwa zum Aufbau des 5. Streichquartetts von Bela Bartok. In der Mitte dieses symmetrischen Aufbaus dann c, also der langsame Variationssatz. Zwei gewichtige Teile als Ecksätze, also die Fuge a1 und 6+7 als a2. Zwischen dem Zentralsatz c und den Eckteilen dann zwei Scherzoabschnitte b1 ( 2+3) und b2 ( das Presto 5). So höre ich das Werk, aber musikologisch mag ja gegen mein Hörgefühl etwas sprechen.

Gruß Martin
Kreisler_jun.
Inventar
#84 erstellt: 17. Nov 2009, 01:14

Martin2 schrieb:
Hallo Kreisler Junior,

ich hörte heute wieder Opus 74 und Opus 131. Die verkappte Viersätzigkeit bei Opus 131 will mir als reiner Hörer aber so nicht einleuchten. Suitenartig empfinde ich das Werk aber auch keinesfalls. Wollte ich den Aufbau des Werkes von meinem reinen Hörgefühl her schildern, käme mir eher eine Form a1,b1,c,b2,a2 in den Sinn. Also keine suitenartiger Aufbau, aber auch kein klassischer, sondern eher ein symmetrischer, analog etwa zum Aufbau des 5. Streichquartetts von Bela Bartok. In der Mitte dieses symmetrischen Aufbaus dann c, also der langsame Variationssatz. Zwei gewichtige Teile als Ecksätze, also die Fuge a1 und 6+7 als a2. Zwischen dem Zentralsatz c und den Eckteilen dann zwei Scherzoabschnitte b1 ( 2+3) und b2 ( das Presto 5).


Das finde ich ebenfalls plausibel und nachvollziehbar. Meine "Zusammenfassung" der ersten beiden Sätze als Ersatz für den üblichen Kopfsatz ist gewiß nicht offensichtlich oder unproblematisch.
Deutlich zeigt sich diese "Brückenform" ja in op.132 mit dem "Dankgesang" im Zentrum.
Der Höreindruck ist ja letztlich nie wirklich durch solche "statischen" Vergleiche zu erfassen. Man nimmt schließlich nicht wie bei einem Triptychon die Flügel gleichzeitig wahr, sondern als zeitliches Nacheinander.

viele Grüße

JK jr.
Klassikkonsument
Inventar
#85 erstellt: 17. Nov 2009, 03:39

Martin2 schrieb:
Die verkappte Viersätzigkeit bei Opus 131 will mir als reiner Hörer aber so nicht einleuchten. Suitenartig empfinde ich das Werk aber auch keinesfalls. Wollte ich den Aufbau des Werkes von meinem reinen Hörgefühl her schildern, käme mir eher eine Form a1,b1,c,b2,a2 in den Sinn. Also keine suitenartiger Aufbau, aber auch kein klassischer, sondern eher ein symmetrischer, analog etwa zum Aufbau des 5. Streichquartetts von Bela Bartok. In der Mitte dieses symmetrischen Aufbaus dann c, also der langsame Variationssatz. Zwei gewichtige Teile als Ecksätze, also die Fuge a1 und 6+7 als a2. Zwischen dem Zentralsatz c und den Eckteilen dann zwei Scherzoabschnitte b1 ( 2+3) und b2 ( das Presto 5). So höre ich das Werk, aber musikologisch mag ja gegen mein Hörgefühl etwas sprechen.


Ich finde diese Einteilung auch plausibel und interessant. Da bin ich noch nicht drauf gekommen. Ich kannte auch nur die von Kreisler jr. referierte Interpretation nach der üblichen Viersätzigkeit.
Verschiedene Einteilungen schließen sich ja auch nicht aus.

Viele Grüße
kammerklang
Stammgast
#86 erstellt: 19. Nov 2009, 06:17
Ich hätte noch einen Tip in Sachen Gesamtaufnahme: das "älteste" noch amtierende Streichquartett der Welt, das Gewandhausquartett Leipzig, hat bei NCA eine mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnete Aufnahme herausgebracht, die interpretatorisch, spieltechnisch, aufnahmetechnisch und auch preislich m. E. konkurrenzlos ist. 10 CDs im festen Schuber mit aufwändigem Beiheft schön editiert und bei Zweitausendeins für beschämende 13 Euro zu haben.

Ähnlich wie beim Gewandhausorchester spürt man auch bei dem nun seit über 200 Jahren bestehenden Quartett irgendwie die historische musikalische Verbindung in die damalige Zeit. Es hat sich hinter dem eisernen Vorhang etwas erhalten, das im medial hochvernetzten Westen mehr und mehr nivelliert worden ist, eine individuelle, ganz eigene wundervolle Klangkultur, weitergegeben von Generation zu Generation, von der man nur hoffen kann, dass sie in Leebzsch bewahrt wird so gut es eben geht. (Leider gilt das nicht für die Architektur. So steht das für seine Akustik berühmte alte Gewandhaus heute in Boston, USA - die dortige Symphony Hall, die als bester Konzertsaal der Welt gilt, ist eine Kopie. Das neue Gewandhaus ist leider nur ein mäßig gelungener Versuch des DDR-Politbüros, Scharouns Berliner Philharmonie etwas entgegenzusetzen. Vielleicht ist man auch deshalb für die Quartettaufnahmen in den kammermusikalisch viel besser geeigneten Rathaussaal der Vorstadt Markkleeberg ausgewichen, in dem die Tontechniker einen exzellenten Klang eingefangen haben).

Ich habe auch die spätere Guarneri-Aufnahme, die mir recht gut gefällt, und kenne ebenfalls die hervorragende Aufnahme des Melos-Quartetts bei der DGG, die auch klangtechnisch ganz ausgezeichnet, aber leider nicht mehr erhältlich ist. ABQ hat mir weniger gefallen, auch der Aufnahmeort (Kirche) scheint mir schlecht gewählt und für das ziemlich scheußliche Klangbild mitverantwortlich. Vom Quartetto Italiano war ich früher auch recht angetan, aber wenn man modernere Interpretationen hört wird klar, dass Klangschönheit allein nicht alles ist. Schroffe Rasanz aber auch nicht, die Emersons sind mir zu sehr auf Hype und Show aus.

Unter den Einzeleinspielungen ragen für meine Begriffe die zwei bisher erschienenen Aufnahmen des Berliner Artemis-Quartetts heraus, die als Teil einer angekündigten Gesamtaufnahme veröffentlicht wurden - ob das Projekt tatsächlich zu Ende geführt wird, scheint aber unsicher. Bislang sind 18/4, 59/1+2 und 95 erschienen. Bliebe vielleicht zu hoffen, dass sich auch das fabelhafte englische Belcea-Quartett des Themas annimmt, bei Britten und jüngst bei Bartok haben sie in Sachen neuer Lesart referenzverdächtige Aufnahmen hingelegt. Die Aufnahme des Gewandhausquartetts dürfte demgegenüber in ihrer Ausgewogenheit die Zeiten überdauern, weil sie in jeder Hinsicht rundum gelungen ist, und ihr Interpretationsansatz keinem wie auch immer gearteten modischen Zeitgeist geschuldet ist, sondern einer großartigen musikalischen Verbindung bis in die Entstehungszeit der Werke. So wurde op.74 vom damaligen Gewandhausquartett im Jahr 1811 uraufgeführt...






[Beitrag von kammerklang am 19. Nov 2009, 06:47 bearbeitet]
sterniwaf
Ist häufiger hier
#87 erstellt: 19. Nov 2009, 06:50
Hallo kammerklang,
dir scheint ja die Akkustik sehr wichtig zu sein. Wir haben hier in Warendorf einen klanglich tollen Saal, nur die Organisatoren schaffen es nicht, mal Beethoven Interpreten zu engagieren.
Das ABQ hört sich schon sehr analytisch an, weniger weicher Wohlklang. Man hört aber sagenhafte Details, kein Zupfer geht unter. Und die sagenhafte Spielfreude...


[Beitrag von sterniwaf am 19. Nov 2009, 06:50 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#88 erstellt: 19. Nov 2009, 13:30
Das 13. Streichquartett fand ich übrigens eher langweilig. Aber ich werde mein Hörerlebnis der Beethoven Streichquartette demnächst kompletieren. Viel fehlt mir ja nicht mehr
Kreisler_jun.
Inventar
#89 erstellt: 19. Nov 2009, 14:01

Martin2 schrieb:
Das 13. Streichquartett fand ich übrigens eher langweilig. Aber ich werde mein Hörerlebnis der Beethoven Streichquartette demnächst komplettieren. Viel fehlt mir ja nicht mehr ;)


op.130 oder op.132?
(Kompositionsreihenfolge war: op.127, 132, 130/133, 131, 135, alternatives Rondo-Finale f. 130)
Wenn Du 130 mit der Fuge 133 gehört hat, bist Du vermutlich der erste, der 133 "langweilig" findet...

JK jr.


[Beitrag von Kreisler_jun. am 19. Nov 2009, 14:29 bearbeitet]
op111
Moderator
#90 erstellt: 19. Nov 2009, 14:03

kammerklang schrieb:
ABQ hat mir weniger gefallen, auch der Aufnahmeort (Kirche) scheint mir schlecht gewählt und für das ziemlich scheußliche Klangbild mitverantwortlich.

Das ist ein Problem, das leider viele ABQ-Aufnahmen, die in Kirchen entstanden sind, an sich haben. Der falsche Raum(-Klang) ist eines der Probleme, die Mikrofonierung, der anscheinend per Equalizer noch verfärbte weiche Hall ein anderes. Aufnahmen mit dieser "Softing-Philosophie" meide ich nach Möglichkeit.


[Beitrag von op111 am 19. Nov 2009, 17:11 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#91 erstellt: 19. Nov 2009, 14:52

Kreisler_jun. schrieb:

Wenn Du 130 mit der Fuge 133 gehört hat, bist Du vermutlich der erste, der 133 "langweilig" findet...

JK jr.


Wenn Du wüßtest, was Menschen alles langweilig finden können Nein, die Fuge habe ich nicht gehört. Jedenfalls gefiel mir das 12. Quartett deutlich besser.
Hüb'
Moderator
#92 erstellt: 19. Nov 2009, 15:23
Hinsetzen, hören, geil finden! SOFORT!
Kreisler_jun.
Inventar
#93 erstellt: 19. Nov 2009, 15:30

Hüb' schrieb:
Hinsetzen, hören, geil finden! SOFORT!
:prost


Geil finden ist zwar das Ziel, aber mich hätte "scheußlich finden" auch nicht gewundert. Aber eine doch immer noch recht neutrale Reaktion wie "langweilig" ist bei dem Stück vermutlich sehr selten.

Der Rest von op.130 hat m.E. einige der eingängigsten Stücke unter den späten Werken: das Scherzo (2), die "Danza Tedesca" (4) und die Cavatina (5).



JK jr.
Martin2
Inventar
#94 erstellt: 19. Nov 2009, 15:43
Na ja, daß ich es ganz langweilig fand, habe ich ja nicht gesagt. Gut - ich werds bei Gelegenheit mal wieder hören, vielleicht war ich einfach nicht in der richtigen Stimmung. "Scheußlich" fand ich es jedenfalls auf keinen Fall, ich wüßte auch nicht wieso, meine Ohren sind durch Musik des 20. Jahrhunders so abgehärtet, daß mir im Vergleich dazu alles als Wohlklang erscheint.

Gruß Martin
Martin2
Inventar
#95 erstellt: 19. Nov 2009, 18:33
So ich habe mir Opus 130 noch mal angehört und diesmal gefällt es mir sehr. Es ist allerdings so, daß ich den ersten Satz immer noch schwierig finde. Es ist so ein beständiges Schwanken zwischen schnelleren und langsameren Passagen, was dem Satz beim ersten Hören etwas wenig zielgerichtetes verleiht. Dies hatte mich beim ersten mal ermüdet. Jetzt beim zweiten Hören kann ich dieser eigenartigen Strukturiertheit etwas abgewinnen, das Dunkel wird sich hier sicher noch weiter klären. Dem kurzen zweiten Satz kann ich immer noch nicht viel abgewinnen. Dann kommt der dritte und der bietet entspanntes Musizieren. Den vierten finde ich jetzt wunderschön. Der fünfte ist wunderbar verinnerlicht. Und auch der sechste ist heiter und gefällt mir sehr gut.

Überhaupt habe ich jetzt den Eindruck eines durchaus heiteren Werkes. Das überrascht mich irgendwie, ich hatte bei diesem späten Quartett etwas schwermütiges und schwerblütiges erwartet, der komische erste Satz, den ich beim ersten mal nicht verstand, schien das zu bestätigen und irgendwie kriegte ich zum Rest keinen Draht mehr. Aber ich glaube wirklich ein sehr schönes Werk und tut mir ja auch leid, daß ichs beim ersten mal nicht so schön fand.


Hinsetzen, hören, geil finden! SOFORT! :D


Dem bin ich jetzt ja wohl nachgekommen

Gruß Martin
sterniwaf
Ist häufiger hier
#96 erstellt: 19. Nov 2009, 18:59

op111 schrieb:

kammerklang schrieb:
ABQ hat mir weniger gefallen, auch der Aufnahmeort (Kirche) scheint mir schlecht gewählt und für das ziemlich scheußliche Klangbild mitverantwortlich.

Das ist ein Problem, das leider viele ABQ-Aufnahmen, die in Kirchen entstanden sind, an sich haben. Der falsche Raum(-Klang) ist eines der Probleme, die Mikrofonierung, der anscheinend per Equalizer noch verfärbte weiche Hall ein anderes. Aufnahmen mit dieser "Softing-Philosophie" meide ich nach Möglichkeit.

Hall?
Softing-Philosophie?
In meiner Emi-classics- Box ist nichts davon zu hören.
op111
Moderator
#97 erstellt: 19. Nov 2009, 19:51
Hallo sterniwaf,

sterniwaf schrieb:
[Hall?
Softing-Philosophie?
In meiner Emi-classics- Box ist nichts davon zu hören.

Ich habe diese,
JPC
in der Ev. Kirche in Seon/CH von J.-N. Matthes aufgenommen, die diese Technik verdeutlicht, aber zum Glück nicht bis ins Extrem führt.

Einen durchsichtigen Quartettklang stelle ich mir anders (direkter, weniger diffus) vor.
Ich stehe eher der Auffassung des Users AH. nahe, s. Der gute Klang - das unbekannte Wesen
Das ist übrigens ein interessanter Thread, in dem 2 sehr sachkundige Profis (Heinrich und AH.) aufeinandertreffen.


[Beitrag von op111 am 19. Nov 2009, 19:52 bearbeitet]
Joachim49
Inventar
#98 erstellt: 20. Nov 2009, 01:20

kammerklang schrieb:

das "älteste" noch amtierende Streichquartett der Welt, das Gewandhausquartett Leipzig, hat bei NCA eine mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnete Aufnahme herausgebracht, die interpretatorisch, spieltechnisch, aufnahmetechnisch und auch preislich m. E. konkurrenzlos ist.


Bezieht sich das 'konkurrenzlos' nur auf den Preis, oder wie von der Satzkonstruktion her zu vermuten ist, auch auf Interpretation, Spieltechnik und Aufnahme? Wenn ja, dann scheint mir das Lob doch etwas übertrieben zu sein, obwohl es sich gewiss um eine sehr gute Einspielung handelt. Für meinen Geschmack ist sie etwas zu sehr 'midway', und unter den von dir genannten Aufnahmen würde ich manche vorziehen, und manche ungenannte, noch mehr: zum Beispiel die erste Aufnahme mit den Juilliards. Unter den unvollendeten Integralen, sollte man gewiss auch das Hagen Quartett berücksichtigen.
Sehr merkwürdig finde ich auch, dass es sich bei dem Quartett um eine Art 'Zwangsgemeinschaft' handelt: das Quartett besteht traditionell aus den Leuten, die am ersten Pult der ersten und zweiten Geigen, den Bratschen und der Celli sitzen. ('Stimmführer' wird das, glaube ich, genannt). Der Name des Quartetts kommt eher selten ins Gespräch, wenn es um Referenzaufnahmen geht. Aber das mag ungerecht sein, hat vielleicht auch etwas mit der DDR Vergangenheit zu tun. Das Gewandhausorchester selbst ist jedenfalls renommierter als sein Quartett.

Mit freundlichen Grüssen
Joachim
sterniwaf
Ist häufiger hier
#99 erstellt: 20. Nov 2009, 06:47

op111 schrieb:
Hallo sterniwaf,

sterniwaf schrieb:
[Hall?
Softing-Philosophie?
In meiner Emi-classics- Box ist nichts davon zu hören.

Ich habe diese,
JPC
in der Ev. Kirche in Seon/CH von J.-N. Matthes aufgenommen, die diese Technik verdeutlicht, aber zum Glück nicht bis ins Extrem führt.

Einen durchsichtigen Quartettklang stelle ich mir anders (direkter, weniger diffus) vor.
Ich stehe eher der Auffassung des Users AH. nahe, s. Der gute Klang - das unbekannte Wesen
Das ist übrigens ein interessanter Thread, in dem 2 sehr sachkundige Profis (Heinrich und AH.) aufeinandertreffen.

Hallo
es kommt doch gerade bein Klang auf zu viele unterschiedliche Komponenten an, das fängt doch beim eigenen Gehör an.Mich stört der etwas trockene Hall nicht, ich habe jetzt mal extra beim Hören darauf geachtet.
Das Entscheidende bei Beethoven ist der Inhalt. Worüber die "Experten" im anderen Thread reden, ist für mich unwichtig. Es gab mal ein Experiment: Mehrere "Experten" hörten nacheinander dieselbe Musik unter den genau gleichen Bedingungen. Jeder schilderte hinterher was anderes gehört zu haben.
op111
Moderator
#100 erstellt: 20. Nov 2009, 13:18
Hallo zusammen,

es wird immer persönliche Präferenzen für bestimmte Klangbilder geben.

sterniwaf schrieb:
Das Entscheidende bei Beethoven ist der Inhalt.

Die Frage ist nur, wie (gut) muss die Aufnahme beschaffen sein, um diesen Inhalt zum Hörer zu transportieren.
Da wir uns im Hifi-Forum befinden, ist es naheliegend, sich mit der Frage: "Welche Aufnahme kommt der von Komponist und Ausführenden gewünschen Klanggestalt am nächsten?", zu beschäftigen.
Um den Extremfall zu nehmen, die typische Telefonqualität ist da wohl nicht ausreichend.
Reicht es aus, in etwa Tonhöhen und Dauern grob abschätzen zu können, 2 oder drei Laustärkestufen unterscheiden zu können?
Sicher nicht.
Die extreme Sorgfalt, die Komponist, Instrumentenbauer und Ausführende auf ihre Werke verwandt haben, sollte nicht an der sorglosen, inadäquaten Gestaltung der Aufnahme scheitern.
Ich möchte z.B. die Chance haben zu hören, ob eine Guaneri oder Stradivari erklingt, wie hart oder weich ein Einsatz erfolgt und möchte nicht dass 32-tel Noten zu einem legato-Brei verschwimmen, nur weil im Schwimmbad aufgenommen wurde.

Was bereits bei der Aufnahme versäumt wurde, kann selbst die beste Wiedergabeapparatur nicht wieder herzaubern.

Mir und wahrscheinlich den meisten hier im HiFi-Forum versammelten Musikhörern ist es wahrscheinlich nicht egal, um zur Verdeutlichung zu überteiben, ob das Concerto Köln so klingt wie Rondo Veneziano und damit Bach zur Parodie entstellt wird.
Oder ein Vergleich aus einer anderen Sparte, Aufnahmen für hochwertige Kunstdrucke fotografiert man auch nicht freihändig mit der Handykamera.


sterniwaf schrieb:
Worüber die "Experten" im anderen Thread reden, ist für mich unwichtig.

Für mich nicht. Ich mache mir schon Gedanken, warum ich auf manchen Aufnahme weniger höre als auf anderen.
Ein HiFi-Forum hätte seinen Zweck verfehlt, wenn es sich nicht intensiver die Aufnahmeproblematik beleuchten würde.
Darum mein Hinweis auf diese Threads:
Der gute Klang - das unbekannte Wesen
Aufbau einer audiophilen Klassiksammlung
Warum haben Klassik-Aufnahmen immer diesen Hall??
Wie wichtig ist Euch der Klang von Klassikeinspielungen
u.v.a.

Um mal wieder konkret auf die Beethovenschen Quartette zurück zu kommen:
Aufnahmen, die meinen Vorstellungen näher kommen, sind u.a.


und die von AH. im anderen Thread als Beispiel genannte




[Beitrag von op111 am 20. Nov 2009, 13:50 bearbeitet]
Klassikkonsument
Inventar
#101 erstellt: 20. Nov 2009, 15:49
Hallo sterniwaf,



es kommt doch gerade bein Klang auf zu viele unterschiedliche Komponenten an, das fängt doch beim eigenen Gehör an.Mich stört der etwas trockene Hall nicht, ich habe jetzt mal extra beim Hören darauf geachtet.
Das Entscheidende bei Beethoven ist der Inhalt. Worüber die "Experten" im anderen Thread reden, ist für mich unwichtig. Es gab mal ein Experiment: Mehrere "Experten" hörten nacheinander dieselbe Musik unter den genau gleichen Bedingungen. Jeder schilderte hinterher was anderes gehört zu haben.


Eigentlich hängt die Frage, welche Eigenschaften ein Klang hat, nicht am Geschmack. Man sollte allerdings ein gemeinsames Vokabular haben, um sich darüber einig werden zu können.
"Trockener Hall" z.B. scheint mir ein hölzernes Eisen zu sein. Bitte nicht falsch verstehen, ich kann von mir nicht behaupten, da selber terminologisch sonderlich gefestigt zu sein. Ich dachte jedenfalls immer, dass "trocken" und "hallig" in bezug auf Klang ein Gegensatzpaar wären bzw. die extremen Pole einer Skala.

Viele Grüße
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