Stax 3030 vs HD800

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Inscheniör
Stammgast
#1 erstellt: 29. Mai 2011, 17:53
Hallo zusammen,

vor einigen Jahren hatte ich das erste mal das Vergnügen einen Stax Kopfhörer zu hören. Ich kannte leider die Test-CD nicht, der Sound hat mich jedoch ziemlich aus den Socken gehauen. Das Lied enthielt jedoch ziemlich wenig Tieftonanteile.

Gestern bin an einem Hifi-Laden vorbeitgelatscht. Da mein HD650 langsam erste Alterungserscheinungen aufweist, bin ich nach kurzer Überlegung durch die Tür und habe nachgefragt, ob das Sortiment auch Stax umfasst.

Es gab einen Schrank mit CDs aus denen ich mir was aussuchen konnte, das Probehören war mit einer Handvoll CDs bewaffnert ohne weiteres möglich.

Einige Worte zur Technik


Die Stax-Kopfhörer sind Elektrostaten. Während bei normalen Kopfhörern ein Magnet Kräfte auf einen stromführenden Leiter ausübt, basiert die Funktionsweise beim Stax auf der Elektrostatik - Hauchdünnde Folien werden auf eine hohe Spannung aufgeladen und üben anschließend auf eine Folie mit dem Musiksignal eine Kraft aus. Für die Aufladung der Folien ist eine Ansteuerungseinheit für die Kopfhörer zwingend notwendig.

Was der technische Vorteil der Elektrostaten ist weiß ich bis heute nicht. Die Folien sind deutlich leichter als normale Lautsprecher - das dürfte aber eigentlich nur die Resonanzfrequenz nach oben verschieben. Und die liegt schon bei dynamischen Kopfhörern üblicherweise nicht im hörbaren Bereich. Ansonsten ist das Impulsverhalten von Systemen (also auch Lautsprechern) durch den komplexen Frequenzgang vollständig beschrieben - und Phase+Frequenzgang sind bei vielen dynamischen Kopfhörern ziemlich nah am ideal.

Ein anderer Erklärungsansatz betrifft die große Fläche der schallabstrahlenden Membran bei Elektrostaten. Bei Lautsprecherboxen sorgt die große Fläche von Elektrostaten im Vergleich zu magnetisch-angetriebenen Kalottenhochtönern für eine starke Bündelung - womit die Raumakustik in einem gewissen Frequenzbereich verstärkt ausgeblendet wird. Der Klang wird von vielen als "schnell" oder "impulstreu" beschrieben. Bei Kopfhörern dürfte das Wechselspiel aus Abstrahlung und Raumakustik jedoch nicht entscheidend sein.

Jedoch ermöglicht die große Fläche bei Kopfhörern eine gleichmäßigere Beschallung des Ohrs - was dem natürlichen Höreindruck näher kommen soll. Die HRTF (Außenohr-Übertragungsfunktion wird komplett genutzt und der Kopfhörereffekt wird abgemildert.

Eine weitere Erklärung betrifftt den gleichmäßigen Antrieb bei Elektrostaten - was Partialschwingungen minimiert und somit in niedrigen Klirrwerten resultiert. Der Klirr von dynamischen Kopfhörern ist jedoch auch sehr niedrig - immerhin ist Klirr Pegelabhängig, und Kopfhörer spielen deutlich leiser als Lautsprecherboxen.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe keine Ahnung, ob irgendeine der Erklärungen für die "Überlegenheit" von Elektrostaten fundiert ist. Möglicherweise haben die Stax-Kopfhörer durch das Versorgungsteil auch einfach einen Badewennanfrequenzgang aufgezwungen bekommen - und gefallen mir dadurch subjektiv gut. Den Eindruck hatte ich zwar nicht, aber das will ja nichts heißen.

Verarbeitung

Das Versorgungsteil von Stax (in meinem Falls das Versorgungsteil aus dem 2020 Set) sieht recht solide aus. Metallgehäuse, alles wirkt ganz ordentlich.

Der Kopfhörer ist... Plastik. Wirklich billiges Plastik. Und völlig designfrei. In traditionellen Ingenieursbetrieben werden Design und Haptik wohl öfters etwas vernachlässigt, die Haltbarkeit scheint jedoch hoch zu sein (nach dem was man so liest).

Die Anfassqualität liegt aus meiner Sicht fast auf Sony und Grado Niveau. Kombiniert mit den recht hohen Preisen muss das nicht sein.

Der Sennheiser beeindruckt mich ebenfalls wenig. Bei meinem alten HD650 (mit einer UVP von knapp 400 Euro) löste sich schon nach kurzer Zeit der Lack vom Gehäuse, die Kopfmuscheln lösten sich auch recht schnell auf. Beim HD800 (der noch ein gutes Stück teuerer ist) bestehen inzwischen Teile des Kopfhörers aus richtigem Metall. Immerhin. Die Seitenteile des Steckers wirken für mich immer noch ein wenig wie lackiertes Plastik (hoffentlich tue ich Sennheiser mit der Aussage nicht unrecht - ich wollte nicht mit dem Fingernagel an einem so teuren Kopfhörer rumkratzen bis ich das Plastik sehe). Im Vergleich zum P5 von B&W ist die Verarbeitung immer noch verbesserungswürdig.

Tragekonfort

Der Stax ist wirklich bombig, sitzt wie angegossen. Die Ohrmuscheln sind komplett ohrumschließend. Allerdings sitzt der Stax recht locker, beim Headbangig könnte es zu Unfällen kommen.

Der Sennheiser sitzt deutlich fester. Tragekonfort ist somit etwas schlechter, dafür eingeschränkt Headbangig-tauglich.

Klang

Der Stax war so beeindruckend wie ich ihn in Erinnerung hatte. Beeindruckend.

Am besten gefällt mir der Bass. Er kann laut und tief wie kein dynamischer Kopfhörer - und absolut Dröhnfrei (es sei denn die Quelle verlangt ein Dröhnen). Ansonsten mit einer beeindruckenden Sauberkeit. Der Sennheiser kommt da nicht mit. Dazu kommt eine beeindruckende... Selbstversändlichkeit bei einer messerscharfen Bühnenabbildung die mich wirklich beeindruckt. Die Bühne wirkte ähnlich wie bei richtigen Lautsprechern (wenn auch die Instrumente weiterhin wie bei einem Kopfhörer gruppiert waren, schwer zu beschreiben).

Der HD800 gefiel mit im direkten Vergleich nich so besonders. Sicherlich kein schlechtes Gerät - aber kein Vergleich zum Stax. Der Kopfhörer klang recht ausgeglichen, der leicht dunkele Sennheiser-Housesound den ich von meinem HD650 kenne fehlte. Die Bühnenabbildung war durchaus gut, aber die Selbstverständlichkeit des Stax fehlte.

Nach dem Erwerb des Stax- Sets konnte ich Ihn abends mit den HD650 direkt vergleichen - als BluRay kam eine Scheibe mit Namen "Baraka" zum Einsatz. Es werden nacheinander einige sehr hübsche Filmaufnahmen gezeigt, im Hintergrund meist Musik, manchmal zu den Szenen passende Geräusche (Flugzeugstart oder ähnliches) - eine Referenz in Bild und Ton.

Die Dynamik des Stax ist beeindruckend. Bei einer Sprengung eines Bergwerks sind mir fast di Trommelfelle geplatzt, ohne jegliche Dynamikeinbußen und mit einem beeindruckenden Bass. Ich hatte immer gedacht, dass Elektrostaten im Tiefton schwächeln: das nehme ich zurück.

Der HD650 wirkte bei den gleichen Szenen zwar auch souverän (kein schlechter Hörer), im Vergleich zum Stax fehlte aber einiges. Die Selbstverständlichkeit, die Bühne und die Dynamik.

Der Stax ist für mich persönlich die Referenz. Gerade bei den Bässen halte ich eine Wiedergabequalität mit Lautsprecherboxen selbst bei optimierter Akustik für unmöglich.


Fazit


Ein Sennheiser HD201 oder ein Koss Porta Pro im Preisbereich von 20-30 Euro wird die meisten Leute zufriedenstellen, keine Frage.

Bei aktuellen dynamischen Spitzenkopfhörern wie dem 701 von AKG für 188 Euro bei Amazon bekommt man einen noch-bezahlbaren Hörer für stark gehobene Ansprüche. Mit dem HD650 von Sennheiser bzw. den 880 Modellen von Beyerdynamik bekommt man vollwertige Alternativen.

Wenn man sehr viel Musik über Kopfhörer hört, wird man aber früher oder später über den Namen Stax stolpern. Ich persönlich fand den 3030 deutlich besser als alles was ich vorher gehört habe. Da eine Stereoanlage selbst bei sehr hohem Budget und sehr guter Akustik nur in Ausnahmefällen mit der Abbildungsqualität kratzen kann, kann ein Stax-Kopfhörer ein günstiger Kompromis zu einer sehr guten Anlage sein.

Ich für meinen Teil habe mit dem Stax eine gute Entschädigung für die Überstunden der letzten Zeit bekommen.
zabelchen
Inventar
#2 erstellt: 21. Jun 2011, 15:13
Glückwunsch zum Kauf des Stax.

irgendwann hole ich mir auch mal einen, aber ich warte noch ein bischen, um die Spannung zu steigern....

killertiger
Inventar
#3 erstellt: 25. Jun 2011, 20:22

zabelchen schrieb:
irgendwann hole ich mir auch mal einen, aber ich warte noch ein bischen, um die Spannung zu steigern....

:prost

Du meinst so lange, bis die vollen 580 Volt erreicht sind?
killertiger
Inventar
#4 erstellt: 25. Jun 2011, 21:11

Inscheniör schrieb:
Am besten gefällt mir der Bass. Er kann laut und tief wie kein dynamischer Kopfhörer - und absolut Dröhnfrei (es sei denn die Quelle verlangt ein Dröhnen). Ansonsten mit einer beeindruckenden Sauberkeit. Der Sennheiser kommt da nicht mit.

Der HD800 gefiel mit im direkten Vergleich nich so besonders. Sicherlich kein schlechtes Gerät - aber kein Vergleich zum Stax. Der Kopfhörer klang recht ausgeglichen, der leicht dunkele Sennheiser-Housesound den ich von meinem HD650 kenne fehlte. Die Bühnenabbildung war durchaus gut, aber die Selbstverständlichkeit des Stax fehlte. ....

Die Dynamik des Stax ist beeindruckend. Bei einer Sprengung eines Bergwerks sind mir fast di Trommelfelle geplatzt, ohne jegliche Dynamikeinbußen und mit einem beeindruckenden Bass. Ich hatte immer gedacht, dass Elektrostaten im Tiefton schwächeln: das nehme ich zurück.


Danke für den tollen Bericht.
Mir juckt es gerade auch in den Fingern, mir mal wieder einen STAX, dann wohl einen Lambda 307/407, anzuschaffen.

Was mich ein wenig wundert ist, dass du den Bass als so gut bezeichnest. Ich hatte auch mal ein 3030 Set, und das hat mich nicht wirklich vom Hocker gerissen.
Ich muss aber auch dazu sagen, der SR-303 war eine ganz tiefe S/N und gebraucht gekauft. Und Stax verbessert ja gerne mal über die Jahre ihre KH ein wenig.

Gerade im Bass und Grundton, fand ich den Stax doch etwas blutleer. Die oft genannten Punkte, wie kein "Impact" keinen Bumms. Dadurch fehlte mich die "Körperhaftigkeit". Stimmen hatten keinen richtigen "Brustkorb", ein Live Raum keinen richtigen "dunklen Hall". (Hifi-Sprache, schwere Sprache )
Da gefiel mir mein schnöder HD600 besser. Schon der hat diese Fülle untenrum.

HT Bereich allerdings beim Stax top. Völlig natürlich, luftig und aufgelöst. Details auch super. Aber eben der fehlende Impact, der hat mir echt gefehlt.

Die neuen x07 Lambdas sollen ja, dass sagen wirklich fast alle, einen besseren Bass haben und direkter spielen.
Du schreibst, dass sogar ein HD800 nicht mitkam, und klangoholic auch, dass sein 507 den HD800 dabei schlägt.
Evtl. lag es wirklich hauptsächlich an meinem uralten 3030 Set damals.
Vielleicht wage ich es ja nochmal. Als Amp käme dann aber wohl ein ganz neuer SRM-252S, angetrieben von einem richtig guten, stabilisierten Netzteil. Und als KH dann einen 407.
Sathim
Inventar
#5 erstellt: 26. Jun 2011, 15:10
Der 303 ist schon beileibe kein Bassmonster, der den ich ausführlich gehört habe wäre jetzt 5 Jahre alt.
(Hab ihn verkauft, weil ich auf den leicht bassigeren Lambda Pro umgestiegen bin.)

Rein von der Bassmenge steht der 303 auf jeden Fall hinter dem HD800, der da kein Kind von Traurigkeit ist

Ich fahre allerdings auch vollkommen auf den Elektrostaten-Bass ab.
Ich weiß nicht ob er "objektiv" besser ist als der Bass der Dynamischen, aber kommt für mich
einfach viel schneller, präziser und trockener rüber.

Einen von den neuen Lambdas würde ich auch gerne mal gegen meinen Lambda Pro hören.
Von dem was ich so rauslese, könnten die recht ähnlich klingen - im Hochton noch etwas gefälliger wahrscheinlich.
NoXter
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 26. Jun 2011, 15:34
Die Lambdas haben aber im Gegesatz zum HD800 nennenswert Tiefbass. Beim Kickbass langt der HD800 dann in der Tat mehr zu.
Class_B
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 26. Jun 2011, 23:06

Inscheniör schrieb:
...

Der Kopfhörer ist... Plastik. Wirklich billiges Plastik. ...

Wie kommst Du zu der Annahme
So viel ich weis handelt es sich um hochwertigen Kunststoff,sonst hätte meiner auch sicherlich keine 30 Jahre überstanden.
Class_B
Hat sich gelöscht
#8 erstellt: 26. Jun 2011, 23:15

Sathim schrieb:
Der 303 ist schon beileibe kein Bassmonster, der den ich ausführlich gehört habe wäre jetzt 5 Jahre alt.
(Hab ihn verkauft, weil ich auf den leicht bassigeren Lambda Pro umgestiegen bin.)



Genau das gleiche habe ich auch getan.
Der Lambda Pro liefert deutlich mehr Bass als der SR-303 .
Jedenfalls meine Modelle.
Kakapofreund
Inventar
#9 erstellt: 27. Jun 2011, 07:35

NoXter schrieb:
Die Lambdas haben aber im Gegesatz zum HD800 nennenswert Tiefbass. Beim Kickbass langt der HD800 dann in der Tat mehr zu.


Mehr Tiefbass, als der HD800? Das wäre ja dann schon übertrieben für mich.

Mein HD800 (S/N 78xx) hat einen gewaltigen Tiefbass, wie ich finde. Mehr dürfte er auf keinen Fall haben. Besonders bei Orgelstücken ist der Bass inkl. Tiefbass einfach phänomenal, ohne es zum Wohle der weiteren Frequenzen zu übertreiben.

Kickbass hingegen hat der HD800 ganz klar weniger, als z.B. der K701.


[Beitrag von Kakapofreund am 27. Jun 2011, 07:36 bearbeitet]
Cucera
Stammgast
#10 erstellt: 07. Mrz 2012, 12:09
Guter Thread! Danke
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