JBL 250Ti LS-Weiche - Austausch ELKOs

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Some
Ist häufiger hier
#1 erstellt: 01. Jan 2023, 13:46
Hallo,

ich habe meine JBL 250 Ti seit 1986 und denke seit langen darüber nach die Weichen zu revidieren. Nun sind die verbauten Weichen wahrlich Monsterteile mit eine hohen Anzahl an Bauteilen. Somit wollte ich erstmal nur die Elektrolyt Kondensatoren gegen Folienkondensatoren austauschen. Gerne dann auch MCAPs von Mundorf. Soweit habe ich mich darüber schon mal schlau gemacht. Ich habe aber folgende Fragen, welche ich nicht logisch zusammen kriege:
Bild JBL Weiche
- Original sind Elektrolyt Kondensatoren mit jeweils 24µF (Bass und Mitteltöner) bzw. 6µF (Ultra-Hochtöner) verbaut. Bestenfalls finde ich 22µF und 5.6µF bei Mundorf (+/- 5%). Wäre das ok, soweit beide Boxen identisch revidiert sind oder verändert sich dadurch der Klang schon zu unkalkulierbar.

- günstige aber explizit als "Tonkondensatoren" angebotene Folienkondensatoren bei reichelt.de oder conrad.de haben eine Abweichung von 20%. Ist das akzeptabel oder wirklich nur für einfachste LS gedacht? Ich finde oft in Forumsbeiträgen den Hinweis, dass einfache "Tonkondensatoren" ausreichend wären, aber scheinbar haben die doch höhere Abweichungen als die "guten" von Mundorf...

- schlussendlich habe ich auch oft gelesen, das man Kondensatoren parallel schalten kann um die notwendige Kapazität zu realisieren, also z.B. 22µF + 2.2µF ergeben dann 24.2µF was so ziemlich die Kapazität meiner Bass Kondensatoren treffen würden. Da meine Weiche allerdings jeweils noch 0.1µF im Bypass (also ebenfalls parallel) verwendet, frage ich mich, ob das überhaupt Sinn macht...da bin ich etwas verwirrt (und ja, auch unwissend).

Hier der Schaltplan der Weiche. Die ELKOs die ich austauschen möchte habe ich rot umrandet:
Schaltplan JBL Weiche
Danke für Eure Hilfe,
der musikhörer


[Beitrag von Some am 01. Jan 2023, 13:52 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#2 erstellt: 01. Jan 2023, 14:43
Guter Plan, das mal anzugehen.
Und ja: Gerade vor den Hochtönern sollte man hochwertige Audio-Kondensatoren, wie die von Dir genannten, unbedingt verwenden. Lass Dir nichts anderes einreden.

Zu Deinen Fragen:

a) Non-standard Kapazitätswerte in der Weiche:
Tatsächlich sind Kapazitätsabweichungen um die 10-20% nur gering bis gar nicht mit dem Gehör feststellbar, allerdings gilt dies nur, wenn beide Seiten möglichst gleich sind, da sind max. 5% erstrebenswert. Man kann aber leicht durch Parallelschaltung die Kapazität zusammensetzen, z.B.
6µF = 5,6µF ---> in der Regel noch akzeptabel wenn seitengleich
6µF = 5,6µF + 0,33µF ---> passt gut. 0,33µF ist gut verfügbar
6µF = 5,5µF + 0,39µF ---> passt sehr gut, 0,39µF gibt es nur selten

b) Tonfrequenzkondensatoren sind bipolare Elektrolytkondensatoren mit glatter Alu-Folie. Dadurch sind sie impulsfester und verzerrungsärmer in Frequenzweichen, aber auch voluminöser als normale "raue" bipolare Elkos. Es sind allerdings immer noch Elkos und werden in allen klangrelevanten Eigenschaften von Folienkondensatoren übertroffen. Leider aber auch deutlich im Volumen, so dass man bei besonders hohen Kapazitäten um Elkos nicht herumkommt, manchmal greift man da sogar zu "Rauen". Die blauen Kondensatoren auf der Originalweiche dürften glatte Tonfrequenz-Elkos sein.

c) Sinn von Bypass Kondensatoren 0,1µF
Nicht wundern, damit sind tatsächlich hörbare Unterschiede zu erzielen, das habe ich selbst mehrfach nachvollziehen können. Es geht dabei nicht um eine Erhöhung der Kapazität, sondern eher andere Effekte, wobei die genauen Wirkmechanismen nicht eindeutig nachgewiesen sind (führt hier zu weit). Du findest es bei mehreren Herstellern, vor allem bei denen, welche empirische Untersuchungen zu Frequenzweichen durchgeführt haben. JBL war diesbezüglich bis in die 1990er Jahre absolut führend und sehr innovativ.

Noch ein Punkt, den ich hier anbringen möchte:
Folienkondensatoren sollten nicht MKT (Polyester), sondern MKP (Polypropylen) Typen sein. Das Dielektrikum macht in der Regel einen deutlich wahrnehmbaren Unterschied. Insbesondere gibt es MKT Kondensatoren, bei welchen die Metallisierung der Folienschichten über die Jahre korrodieren (chemische Reaktion mit dem Dielektrikum). Die gelblichen Folienkondensatoren der Originalweiche könnten MKT sein.


- Johannes


[Beitrag von Poetry2me am 01. Jan 2023, 14:44 bearbeitet]
Mechwerkandi
Inventar
#3 erstellt: 01. Jan 2023, 15:19

Some (Beitrag #1) schrieb:

Wäre das ok, soweit beide Boxen identisch revidiert sind oder verändert sich dadurch der Klang schon zu unkalkulierbar.

Das ist völlig ok.

Some (Beitrag #1) schrieb:

Ich finde oft in Forumsbeiträgen den Hinweis, dass einfache "Tonkondensatoren" ausreichend wären, aber scheinbar haben die doch höhere Abweichungen als die "guten" von Mundorf...

Eine geringere Toleranz macht keinen besseren Kondensator. Der fällt u.U. vom gleichen Band, ist nur anders selektiert.
Kauf Dir 1000 Stück und ein Messgerät, dann kannst Du die Bauteile sogar noch paarweise sortieren.

Some (Beitrag #1) schrieb:

Da meine Weiche allerdings jeweils noch 0.1µF im Bypass (also ebenfalls parallel) verwendet, frage ich mich, ob das überhaupt Sinn macht.

Hokuspokus.
Die 0.1µF sind deutlich kleiner als jede übliche Bauteiltoleranz, von der Alterung der Komponenten ganz zu schweigen.
Allein die Aufstellung in Deinem Hörraum mit seinem individuellen Eigenleben hat fallweise einen erheblich größeren Einfluss auf die Wiedergabe.
Some
Ist häufiger hier
#4 erstellt: 01. Jan 2023, 21:54
Danke Johannes,
soweit hast Du meine Fragen sehr klar beantwortet.
Werde somit beide Weichen mit den Mundorf MCAPs verwöhnen und schauen, dass ich durch Parallel-Schaltung nahe an die Originalwerte komme. Die Mundorfs, die ich gefunden habe sind MKP (also wie von Dir empfohlen mit PP-Dielektrikum). Laut Mundorf Datenblatt sind dies die Nachfolger von den MKTs...

Insgesamt "klingen" die LS mit dem NAD M33 Verstärker (+ DIRAC Live Raum/Boxeneinmessung) sehr schön, weshalb der Austausch zu mindestens keine Verschlechterung bringen darf...Warum ich es dann überhaupt mache? : Naja, ohne DIRAC Live Raum/Boxeneinmessung klingen sie nicht mehr so toll, wobei alle Chassis eigentlich ok sind und die Bass-Chassis natürlich neue weiche Schaumstoff-Basssicken bekamen. Also spendiere ich mal die ca. 60 Euro und 2 Stunden Ein/Ausbauzeit in der Hoffnung, dass ich positiv überrascht werde...wie bei der ein oder anderen manchmal nicht unbedingt eingebildeten Tuningmaßnahme mit Kabeln oder ähnlichem.

lg,
der musikhörer
Some
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 01. Jan 2023, 22:01
Hi Andi,

danke für Deine Hinweise...am Ende ist das bestimmt richtig mit den Toleranzen, jedoch denke ich, dass wenigstens beide Boxen einen möglichst ähnlichen Bauteilwert haben sollten und deshalb mag eine geringere Toleranz dies eher gewährleisten.

Naja, wie schon weiter oben geschrieben, wollte ich zu mindestens nix verschlechtern und hoffe eben insgeheim, die Boxen dadurch klanglich (noch) transparenter zu machen...ich werde es hier berichten ;-)

lg,
der musikhörer
Some
Ist häufiger hier
#6 erstellt: 15. Jan 2024, 18:09
Hallo nochmal,

ich wollte ja berichten, was der Austausch der ELKOs gegen Mundorf MCAPs gebracht hat...dauerte leider etwas bis ich jetzt im Neujahr mal Zeit dazu fand...

Also:
- Erstmal habe ich nur in einer LS-Box die ELKOs gegen die Mundorf MCAPs ausgetauscht. Mit HighRes-Mainstream Tracks, welche ich selbst auf Mono via Sound Forge gewandelt habe, habe ich dann die revidierte Box klanglich mit der unveränderten Box verglichen. Bei Stimmen (Diana Krall) war die überarbeitete Box deutlich (!) klarer - bei IDM habe ich kein wirklichen Unterschied feststellen können.
- Nach Überarbeitung beider Boxen war ich zwar der Meinung es klingt gut, aber besser als vorher...naja, keine Ahnung.
- Interessant: Die Original ELKOs habe ich alle nach dem Entfernen vermessen: Alle hatten so ziemlich exakt Ihre Nennkapazität, und das nach über 37 Jahren! Allerdings kann ich nicht die Frequenzlinearität messen, somit will ich mir einfach mal "einbilden" dass die Mundorf MCAPs da doch irgendwo etwas im Klang verbessern?!

Im Nachgang habe ich folgende interessante Diskussion gefunden, welche generell ein Kondensator-Tuning/Austausch für Bauteile ab den 1980er Jahren für unnötig hält...

...https://www.audiosci...is-it-audible.12287/

...deshalb mein Bericht. Ja, es mag klanglich einen Unterschied machen, welche Art von Kondensator man verwendet (dazu gibt es ja auch genügend Internet-"Quellen"), aber die Kosten sind bei komplexen Schaltungen schon hoch und dann mögen andere Tuning-Maßnahmen (LSP-Aufstellung, Raum-Dämpfung etc) doch wirksamer sein?!

lg,
der musikhörer


[Beitrag von Some am 15. Jan 2024, 18:10 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#7 erstellt: 15. Jan 2024, 20:57
Prima.
Lasse die Kondensatoren erst mal ein paar Tage einspielen. Aus irgendeinem Grunde macht das tatsächlich etwas aus, speziell bei Elkos.

Kapazität ist übrigens auch nicht das einzige Problem bei Alterung, auch verschiedene Verluste (ESR, Leckströme) und Verzerrungsarten (Dielektrische Absobtion), nehmen zu.

Ansonsten würde ich eine Aussage vorher/nachher ganz ohne DIRAC Raumkorrektur (IDM?) bevorzugen. So ein DIRAC gleicht Einiges aus, aber nicht jeder von uns hat diesen Luxus zur Verfügung.

- Johannes


[Beitrag von Poetry2me am 15. Jan 2024, 21:10 bearbeitet]
Poetry2me
Inventar
#8 erstellt: 15. Jan 2024, 21:09
Die parallelen Folienkondensatoren sind hoffentlich noch dran.

Falls es MKT Typen sein sollten, würde ich sie austauschen, und zwar gegen MKP Typen. Es geht dabei nicht um die extra Kapazität, sondern um eine deutliche Verbesserung im Klang, vor allem oben herum. Dabei sind die Querglieder der Weiche ebenso wichtig wie die Längsglieder, da sie bestimmen, was herausgefiltert wird.

JBL war in Sachen Weichenentwicklung seiner Zeit damals eindeutig voraus. Sie hatten auch die ersten Weichen mit vorgespannten Kondensatoren etc.
Vieles davon habe ich bei meinen Weichen nachvollzogen und es war immer vorteilhaft.
MosFetPapa
Stammgast
#9 erstellt: 16. Jan 2024, 00:47
Hi,
Glückwunsch zur gelungenen Revision.
Das du keinen all zu großen klanglichen Aha-Effekt hast zeigt eigentlich nur das JBL damals einen guten Job gemacht hat. Die parasitären Effekte insbesondere der Elkos sind im Design sicherlich mit eingeflossen.

Das die glatten original Elkos noch ihre Nennwerte haben spricht auch für gute Qualität. Erfahrungsgemäß neigen die dazu hin zu größen Kapazitätswerten zu driften.

MKPs hätt ich auch genommen, auch wenn die ihren eigentlichen Vorteil der höheren Filtergüte und Impulsfestigkeit an den meisten Stellen nicht wirklich ausspielen können, da sie oftmals durch äußere Widerstände ohnehin stark bedämpft werden.

Aber die Hauptinvestition ist ja nicht das Material sondern Deine Arbeitszeit.
Und die Langzeitstabilität der MKPs ist ungeschlagen.

Zu den ganzen Bypass-Kondensatoren sehe ich das ein wenig anders.
In erster Linie hat JBL die sicherlich verbaut um parasitäre Effekte der original Kondensatoren zu kompensieren.
Die MKPs haben das eigentlich gar nicht mehr nötig.

Gruß
MosFetPapa
Poetry2me
Inventar
#10 erstellt: 16. Jan 2024, 01:25
Welche Art Folienkondensatoren sind eigentlich die großen gelben auf der Weiche?
Some
Ist häufiger hier
#11 erstellt: 16. Jan 2024, 18:22
Danke für Eure vielfältigen Antworten.

Die Mundorf MCAPs sind MKPs:
The MCap® Classic series has formed the basis of the Mundorf audio film capacitors since 1990. Avoiding an additional housing, the simple printing method and the classic longitudinal structure make it possible to create our most compact and cost-effective MKP-types.

Die auf dem Ursprungsfoto weiter oben im Thread sichtbaren anderen gelben Original-Kondensatoren, welche in dieser Art ansonsten überall auf den Weichen verbaut sind, sind zwar keine (gepolten, blauen) ELKOs und wie die gelben Kondensatoren konkret hergestellt sind, weiß ich auch nicht.
Bei einer E-Mail Diskussion mit einem Weichen-Freak, der diese Weichen schonmal komplett nachgebaut hat, wurde mir gesagt, dass ich die gelben Kondensatoren nicht unbedingt ersetzen müßte, aber wohl schon die ELKOs. Gepolt sei dabei nicht wichtig und so landete ich bei den MCAPs von Mundorf.

Ohne Dirac hab ich es nicht getestet und jetzt ist es für einen sinnhaften Vergleich natürlich zu spät. Ich bin aber zufrieden: Ich mag (nach wie vor) den guten, detaillierten Klang dieser Boxen, welche ich 1986 neu gekauft hatte. Ich habe in meinem Abhörraum einige, wenige 2000-7000 Euro Boxen im Vergleich angehört und war dann doch erstaunt, wie viel mehr Klarheit und Tiefe diese Lautsprecher noch heute erzeugen. Natürlich bin ich an diesen Sound gewöhnt aber eigentlich ist es ja auch egal solange ich nicht wirklich denke, dass mir da was fehlt.
Wollte somit nur den Vollzug melden und, naja, ich fand den Effekt zwischen der revidierten und nicht revidierten Box erstaunlich...nachdem beide Weichen überarbeitet waren, klingen aber beide Boxen gleich gut...

lg, der musikhörer


[Beitrag von Some am 16. Jan 2024, 18:24 bearbeitet]
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