Ermüdung bei Lautsprechern.

+A -A
Autor
Beitrag
Max
Stammgast
#1 erstellt: 12. Sep 2012, 21:20
was ist davon zu halten. Ist das ein echtes Problem oder versuchen hier Anbieter von Lautsprecherüberholungen einen Sachverhalt zu generieren, der zwar möglicherweise messbar ist aber keinesfalls zu hören ist?

Hintergrund: Ich habe letztes Jahr ein Paar JBL L65 aus Ersthand erstanden. Die Boxen sind in super Zustand und die wurden mit Sicherheit nie "geprügelt". Die 122A Bässe sind wie üblich "gar", die Sicken sind durch. Zwei Anbieter haben mir auf Anfragen hin empfohlen, neben dem Reconen der Bässe auch die anderen Treiber zu überholen, da diese mit Sicherheit an "Fatigue" leiden würden. Alle Treiber müssten überholt werden. Einer wollte gleich noch die Weiche tunen. Der JBL Service will die Bässe reconen, weil die Zentrierspinne ausgeleiert wäre und natürlich auch weil JBL kein refoaming anbietet. Da gibts nur das komplette Programm.

Vor kurzem hab ich ein Paar ausgenudelte 116A refoamt, die Membranen hingen ohne Sicken deutlich sichtbar ziemlich unterschiedlich durch wenn die Treiber auf den Magneten oder aufs "Gesicht" gelegt worden. Schwingspule hat in keinen Fällen gestreift. Jetzt nach dem refoaming höre ich keinen Unterschied. Also entweder völlig Holzohr oder der Alterungsprozess der Spinne ist kein Problem.

Bei den Bässen kann ich mir eine Ermüdung durch die mechanische Beanspruchung ja noch vorstellen, aber bei Mittel-und Hochtönern? Hören die das Gras wachsen?


Gruß
shabbel
Inventar
#2 erstellt: 13. Sep 2012, 08:32
Ermüdung gibt es bei Tieftönern, die aus Papier gefertigt sind. Papiermembranen werden durch harte Beanspruchung weicher. Effekt ist weniger Tiefbass, mehr Mitten. Wichtiger als die Alterung der Membran ist die Steifigkeit der neuen Sicke. Eine zu steife Sicke hat den gleichen Effekt wie eine ausgeweichte Membran und eventuell auch weniger Wirkungsgrad. Wobei grob anzusetzen ist: 2/3 der Rückstellkräfte werden durch den Magnetantrieb bestimmt, nur ein Drittel durch mechanische Einflüsse. Da die Zentrierspinne in der Regel den größten Teil der mechanischen Rückstellkräfte bewirkt, kommt ein negativer Einfluß zu harter Sicken erst dann zum tragen, wenn es sie eindeutig zu hart sind. Frei nach der Regel: Die größte Kraft zwingt einem System ihren Stempel auf.

Ein Mitteltöner verhält sich schon ganz anders, weil der Luftgegendruck des kleinen Resonanzvolumens stärkeren Einfluß als bei Basschassis hat.

Die Grenze beim Refoamen sind Treiber, die durch die Schwerkraft nach unten verzogen sind. Eine vorgefertigte neue Sicke muß dann so zentriert werden, daß die Spule an zu kratzen fängt. Da hilft nur Austausch der Membran oder bei mir einschicken.

Es ist schon verdächtig, wenn teuerste Überholungsarbeiten ausgerechnet bei Lautsprechern empfohlen werden, die so teuer sind, daß kein finanzieller Totalschaden durch die Reparaturkosten entsteht. Man kann ja auch eine ausgehärtete Spinne mit Aceton anlösen, von Hand bewegen und anschließend mit Gummiweichmacher bepinseln.
Max
Stammgast
#3 erstellt: 13. Sep 2012, 19:26

shabbel schrieb:


Die Grenze beim Refoamen sind Treiber, die durch die Schwerkraft nach unten verzogen sind. Eine vorgefertigte neue Sicke muß dann so zentriert werden, daß die Spule an zu kratzen fängt. Da hilft nur Austausch der Membran oder bei mir einschicken.


Der Meister beim JBL Service hatte sich damals die Bässe angesehen. Beim Drehen und Wenden sind die Membranen aus der "Nullposition" gekippt, er meinte, da wäre Reconen angesagt. Ich habe dann aber mal mit Sicken verschiedener Anbieter aus USA experimentiert und bin mit dem Ergebnis allerdings nicht zufrieden. Die "neueren" Bässe, die ich im damals auch gezeigt habe, es waren 2214H, da meinte er die könne man noch refoamen. Die Membranen waren auch ohne Sicke nicht großartig am kippen oder durchhängen. Ich denk, ich lass die 122A mal reconen.

Gruß
Detsi_Bell
Stammgast
#4 erstellt: 14. Sep 2012, 10:28
Hallo Max!

Max schrieb:
Bei den Bässen kann ich mir eine Ermüdung durch die mechanische Beanspruchung ja noch vorstellen, aber bei Mittel-und Hochtönern? Hören die das Gras wachsen?


Nach dem, was ich bisher von Dir gelesen habe, weiß Du ja ziemlich gut, wie und aus was ein LAutsprecher so aufgebaut ist. Demzufolge kannst Du Dir auch ungefähr vorstellen, was ein Alterungsprozess bewirken könnte.

Ich selbst habe einige Chassis aus älteren Tagen und kenne aus meiner Reparaturtätigkeit ein paar Fälle, wo ich selbst überrascht war, was so alles kaputt gehen kann. Das meiste sind Zersetzungserscheinungen von Materialien, meistens Kleber oder die bekannten Schaumstoffe. Auf das hier war ich allerdings nicht gefasst. Ein metallener Schwingspulenträger, der sich z.T. aufgelöst hat. Ich vermute hier tatsächlich eine Materialermüdung bis zum Bruch.

Andererseits gibt es auch Konstruktionen, die scheinbar für die Ewigkeit gebaut sind. Ich würde also immer von Fall zu Fall entscheiden.

Best: Detsi
Max
Stammgast
#5 erstellt: 17. Sep 2012, 20:09
Hallo Detsi,

das Materialien altern, habe ich schon in verschiedenen Bereichen erlebt, das mir aber, quasi prophylaktisch, eine Überholung von HT und MT angetragen wird, ohne die Chassis in Augenschein zu nehmen, aus der Ferne finde ich schon interessant. Ich werd wohl jetzt mal einen der beiden 122A reconen lassen und dann im Vergleich zum refoamten hören. Der JBL Service ruft 228,48.- pro Chassis auf.

Gruß
Detsi_Bell
Stammgast
#6 erstellt: 18. Sep 2012, 17:56
Na klar, die Empfehlung, mal etwas Umsatz zu generieren kann man schon klar unter kaufmännischen Aspekten einordnen.

Ich würde bei einem HiFi-Chassis auch nicht erwarten, daß ein Reconing große Effekte hätte, jedenfalls nicht, wenn es noch vergleichbares Material von damals gibt. Wenn der Satz aber mit x-beliebigem neuem Material zusammengestellt wird, dann könnte das schon anders klingen. Nicht besser oder schlechter, aber anders. Schließlich haben anspruchsvolle Entwickler Einfluss bis hin zur Papiersorte und ihrer Behandlung bei der Trocknung genommen, weil sie eben Unterschiede gehört haben.

Eine Zentrierung macht sich hauptsächlich durch die Luftdurchlässigkeit des Gewebes bemerkbar. Bei heutigen, sehr offenen Korbkonstruktionen ist das nicht so von Belang. Bei alten Körben hat man das beim Abhören deutlich gehört, wenn die Tränkung zu dicht war.

Gruß: Detsi
Suche:
Das könnte Dich auch interessieren:
JBL LX400 - Sicken defekt
roger23 am 08.02.2010  –  Letzte Antwort am 07.03.2010  –  3 Beiträge
JBL TLX20 Sicken gerissen.
Bubbason am 30.06.2010  –  Letzte Antwort am 01.07.2010  –  3 Beiträge
Sind die Sicken noch zu retten?
bubbasmiles am 05.10.2011  –  Letzte Antwort am 05.10.2011  –  2 Beiträge
Rückmeldung an das Forum: Newfoam Sicken + JBL +viel Text
Max am 01.06.2011  –  Letzte Antwort am 03.06.2011  –  5 Beiträge
JBL XPL 140, Tieftöner ausbauen?
kabbi am 07.02.2013  –  Letzte Antwort am 25.02.2013  –  6 Beiträge
Warum sind auf einmal ALLE Sicken kaputt?
DarkyB00 am 17.01.2019  –  Letzte Antwort am 17.01.2019  –  3 Beiträge
JBL LX 880 Tieftöner Sicken durch (oder noch mehr?)
ap0 am 30.06.2019  –  Letzte Antwort am 02.07.2019  –  5 Beiträge
Sicken kaputt
lukas8503 am 03.02.2013  –  Letzte Antwort am 03.02.2013  –  2 Beiträge
JBL L 86
Audio_Mike am 24.04.2012  –  Letzte Antwort am 26.04.2012  –  8 Beiträge
ALR NR.5 Sicken tauschen
gary666 am 02.03.2013  –  Letzte Antwort am 30.12.2013  –  3 Beiträge
Foren Archiv
2012

Anzeige

Aktuelle Aktion

Partner Widget schließen

  • beyerdynamic Logo
  • DALI Logo
  • SAMSUNG Logo
  • TCL Logo

Forumsstatistik Widget schließen

  • Registrierte Mitglieder925.731 ( Heute: 2 )
  • Neuestes MitgliedChriscOg
  • Gesamtzahl an Themen1.551.070
  • Gesamtzahl an Beiträgen21.537.343

Top Hersteller in Lautsprecher und Subwoofer Widget schließen