Tiefenstaffelung

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MarGan
Stammgast
#1 erstellt: 20. Jun 2003, 17:25
Ist bei der 2.0 Stereo-Wiedergabe eine Tiefenstaffelung der Instrumente überhaupt möglich? Manche Quellen behaupten Ja und andere verneinen die Möglichkeit und behaupten dass die Stereo-Wiedergabe die Instrumente nur zwischen den Lautsprechern aber nicht in der Tiefe plazieren kann.

MarGan
wn
Inventar
#2 erstellt: 20. Jun 2003, 17:45
Hallo MarGan,

Ist bei der 2.0 Stereo-Wiedergabe eine Tiefenstaffelung der Instrumente überhaupt möglich? Manche Quellen behaupten Ja und andere verneinen die Möglichkeit und behaupten dass die Stereo-Wiedergabe die Instrumente nur zwischen den Lautsprechern aber nicht in der Tiefe plazieren kann.

eine Staffelung der Tiefe ist bei der Wiedergabe durchaus vorhanden. Der Grad der Tiefenstaffelung hängt aber, im Gegensatz zu einer echten Mehrkanalaufnahme, sehr von den verwendeten Komponenten und des Hörraumes ab.

- Gruss, Wilfried
Tantris
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 20. Jun 2003, 18:16
Hallo Margan,

eine Tiefenstaffelung ist bei Stereowiedergabe grundsätzlich möglich. Das Gehör nimmt Tiefe hauptsächlich über folgende Faktoren war:

1. relative Lautstärkeunterschiede, leisere Quellen werden tendenziell als weiter weg wahrgenommen

2. Verhältnis direkter/indirekter Schall - je mehr indirekter Schall der Schallquelle zugeordnet wird, desto weiter entfernt wird sie erkannt.

3. Auswertung des Hallmuster - hier werden die Verzögerungszeiten der einzelnen Reflexionen und die Diffusität des Nachhalles analysiert, daraus kann das Gehör Rückschluß auf Raumbeschaffenheit und Schallquellenentfernung ziehen.

Allerdings: Die Tiefenwahrnehmung bei Stereo entspricht nicht der beim Live-Hören oder bei 5.1, die Tiefenstaffelung ist eingeschränkter, da ja kein indirekter Schall von der Seite/von hinten wiedergegeben werden kann. Auch wird eine "unendliche Tiefe" auf Aufnahmen fast nie realisiert, weil der Ortungseindruck dann sehr schlecht wird.

Auch sollte man sich nicht beim Probehören von Anlagen dazu verleiten lassen, eine große Tiefenstaffelung als Zeichen von hoher Wiedergabequalität zu misdeuten: Wiedergabefehler des Lautsprechers können eine künstliche Räumlichkeit und stärkere Tiefenstaffelung erzeugen, ein Paradebeispiel sind unbedämpfte Reflexionen von der hinteren Wand bei Dipolstrahlern (Flächenwandler wie Vollbereichselektrostaten/Magnetostaten). Ein korrekt abbildender Raum wird jedoch nur die Tiefenstaffelung wiedergeben, die auch auf der Aufnahme vorhanden ist, und das ist oft erstaunlich wenig, viele Popmusikaufnahmen klingen richtig wiedergeben eher "flach" mit Projektionsebene in Lautsprechernähe.

Gruß, T.
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#4 erstellt: 21. Jun 2003, 00:08
Tiefenstaffelung ist möglich.
Allerdings (daher ja auch die Frage) wird sie oft nicht whrgenommen, weil viele Hersteller von Hifi-Komponenten, aber auch viele Schallplattenstudios sich darum nicht kümmern.
Echte Tiefenstaffelung wird z.B. durch Multikanaltechnik (so nicht gekonnt eingesetzt) und künstlichen Nachhall verhindert.
Alte, nicht phasenoptimierte Lautsprechersysteme brachten oftmals einen ausgeglichenen Frequenzgang, jedoch keine Tiefenstaffelung zustande,aber auch CD-Player und Verstärker spielen hier eine wichtige Rolle.
So weist z.B. mein NAD 541 eine ausgeprägte Tiefenstaffelung (in seiner Preisklasse) auf.

Aber auch das Plattenlabel spielt eine Rolle.
Im klassische Bereich habe z.B die Aufnahmen der Firman EMI CBS und RCA gute Tiefenstaffelung.

Gruß

a.s.
michaelg
Hat sich gelöscht
#5 erstellt: 21. Jun 2003, 11:47
Diese Diskussion ist so alt wie die Welt. Dabei scheinen von Anfang an zwei Lager zu existieren. Der professionellere Bereich hält sich bedeckt bis ablehnend und die HighEnd Fraktion macht aus der "Tiefenstaffelung" ein höchstwichtiges KO-Kriterium. Es gab schon vor über 20 Jahren (in der Hifi-Stereophonie) eine monatelange Leserbrief"schlacht" zwischen einer HighEnd Firma (Outsider, weiß nicht, ob es die heute noch gibt) und einem Importeur von Studio-LS (Spendor, Püllmanns) zu diesem Thema. Ich glaube aber nicht, das da irgendwas im Netz abrufbar ist, also wenn einer einen Link findet, wäre ich dankbar... .
Aber zurück zum richtigen Leben: wer beispielsweise ein Sinfoniekonzert besucht und vernünftig (soll heissen nicht zu weit vorne, aber einigermaßen mittig) sitzt, hört eine sehr schöne Breitenstaffelung und auch Tiefe, schließt er hingegen die Augen bleibt die Breitenstaffelung bestehen und die Tiefe verabschiedet sich. Man "richtet" sein Gehör dahin, wohin man sieht. Augen zu und aus die Maus!
Bei der Wiedergabe über eine Anlage hilft daher auch keine Mehrkanaltechnik, wenn eine massive Tiefenstaffelung vorhanden ist, wurde die Aufnahem entsprechend bearbeitet.
Sie ist dann genauso weit weg vom Original wie die simple und oft gescholtene Stereo-Wiedergabe.
Schönen Gruß,
Michael
Tantris
Hat sich gelöscht
#6 erstellt: 21. Jun 2003, 12:11
Hallo Michael,



schließt er hingegen die Augen bleibt die Breitenstaffelung bestehen und die Tiefe verabschiedet sich.


Das ist nur teilweise richtig. Es gibt ein psychoakustisches Experiment zur Schätzung der Entfernung im Blindtest, wo das reproduzierbare Ergebnis ist, daß blind Schallquellenentfernungen deutlich kürzer geschätzt werden als im offenen Vergleichstest. D.h. ohne Unterstützung des Auges wird die Tiefenwahrnehmung zwar komprimiert, funktioniert aber in relativer Einschätzung noch, d.h. man kann nach wie vor wahrnehmen, welche Schallquelle weiter entfernt ist als die andere, nur die Entfernung wird als geringer empfunden.

Gruß, M.
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#7 erstellt: 21. Jun 2003, 13:03
Aber zurück zum richtigen Leben: wer beispielsweise ein Sinfoniekonzert besucht und vernünftig (soll heissen nicht zu weit vorne, aber einigermaßen mittig) sitzt, hört eine sehr schöne Breitenstaffelung und auch Tiefe, schließt er hingegen die Augen bleibt die Breitenstaffelung bestehen und die Tiefe verabschiedet sich. Man "richtet" sein Gehör dahin, wohin man sieht. Augen zu und aus die Maus!

Das händgt schon sehr vom Hörraum ab.
Man muß auch sagen, daß es schon im Konzert 2 Arten von Hörern gibt:
A) will den vermischtten Klan, den der Komponist angeblich angestrebt hat. Er sitzt nicht ganz vorn im Saal.

B) will einzelne Instrumente exakt orten. Er sitzt nahe beim Orchester.

Es ist unbestritten, daß das Auge in der Regel das Ohr unterstützt, so werden eher einfach gestrickte Tonaufnahmen selten beanstandet, wenn Sie Teil einer Fernsehaufzeichnung sind.

Zur Tiefenstaffelung:

Diese benötigt nicht mal Stereo (obwohl sie bei optimaler Aufnahmetechnik in Stereo besser realisierbar ist)

Auch bei guten alten Monoaufnahmen ist sehr gut hörbar, wie weit sich ein Instrument vom Hörer befindet, der Nachhall des Raumes (so nicht manipuliert) macht dies möglich.

Es ist also (im Idealfall) sehr wohl eine Tiefenstaffelung (nach vorn) aber keine Rechts-links Ortung möglich.

Die Ablehnung vieler Profis Tiefenstaffeling zuzulassen beruht auf vielen Traditionen, bzw Einschränkungen die diese Forderung nach sich zieht.

Man verliert Tiefenstaffelung (im allgemeinen) in folgenden Fällen:

1) Die Lautsprecher sind nicht phasenkorrigiert
2) Es wurde mit mehr als 2 Mikrophonen gearbeitet
(Die einzelnen Instrumente werden dann klarer und präsenter abgebildet, allerdings ist die (natürliche) Tiefenstaffelung dann futsch und muß gegebenenfalls durch eine künstliche ersetzt werden. (die dann, je nach Klasse der Anlage, als solche entlarvt werden kann)
3)Es wurde ein phasenverschiebendes Filter zwischengeschaltet (simel gesagt: Klangregler oder Equalizer)
4)Minderwertige Wiedergabeelektronik
5) Ungünstige räumliche Abhörbedingungen.

Abschließend muß gesagt werden, daß die räumliche Tiefenstaffelung immer flacher ist, als in der Natur.

Gruß

a.s.
wn
Inventar
#8 erstellt: 21. Jun 2003, 13:22
Hallo Michael,

...Bei der Wiedergabe über eine Anlage hilft daher auch keine Mehrkanaltechnik, wenn eine massive Tiefenstaffelung vorhanden ist, wurde die Aufnahem entsprechend bearbeitet.

das ist schlichtweg falsch, da die tiefenmässige Ausdehnung des Klangkörpers bereits bei der Aufnahme eingefangen wird. Eine Bearbeitung erfolgt in der Premasteringphase lediglich hinsichtlich der Balance wobei darauf geachtet wird, dass die Homogenität des Klangkörpers nicht zugunsten der Tiefenstaffelung auf der Strecke bleibt. Die 'alten' Pentatone RQRs sind ein gutes Beispiel ebenso die aktuellen DSD Aufnahmen von SONY Classics.


Sie ist dann genauso weit weg vom Original wie die simple und oft gescholtene Stereo-Wiedergabe.

Ich denke, eine gute Mehrkanalaufnahme kann deutlich näher am Original sein als eine Stereowiedergabe der gleichen Aufnahme. Einfach mal die Stereo- und die Multichannelspur einer SACD vergleichen. Allerdings, und da gebe ich dir recht, kann auch eine Surrounddarbietung das Liveerlebnis nicht ersetzen.

- Gruss, Wilfried
wn
Inventar
#9 erstellt: 21. Jun 2003, 13:35
Hallo a.s.

...Es wurde mit mehr als 2 Mikrophonen gearbeitet
(Die einzelnen Instrumente werden dann klarer und präsenter abgebildet, allerdings ist die (natürliche) Tiefenstaffelung dann futsch und muß gegebenenfalls durch eine künstliche ersetzt werden. (die dann, je nach Klasse der Anlage, als solche entlarvt werden kann)

jain ;). In der Anfangzeit der Stereophonie wurde gerne mit drei Mikrophonen gearbeitet, die aber alle als Raummikrophone eingesetzt wurden. Der Centerkanal wurde dann beim Mastering zwischen die L + R Kanäle gepannt. Beispiele hierfür sind zum Beispiel die 'Living Presence' Serie von Mercury und die 'Living Stereo' Serie von RCA. Deinen weiteren Ausführungen stimme ich gerne zu.

- Gruss, Wilfried
Tantris
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 21. Jun 2003, 13:44
Hallo Alfred,

ich will zunächst mal bestreiten, daß Komponisten alle einen "vermischten Klang" angestrebt haben und hintere Plätze im Saal akustisch bevorzugt hätten. Es gibt sogar Komponisten wie Mahler, R. Strauss und Brahms, die explizit eine hohe Durchhörbarkeit und Komplexizität des musikalischen Geschehens gefordert haben, die mit einer solchen Akustik keineswegs vereinbar ist.



Man verliert Tiefenstaffelung (im allgemeinen) in folgenden Fällen:

1) Die Lautsprecher sind nicht phasenkorrigiert


Das kann ich nur vehement bestreiten. Zumal ich selber einem Hörtest beigewohnt habe, wo eine vollständige Phasenkorrektur eines Lautsprechers wahlweise zu- und abgeschaltet werden konnte, gerade in dieser Frage gab es keine erwähnenswerten Unterschiede.

>>>2) Es wurde mit mehr als 2 Mikrophonen gearbeitet
(Die einzelnen Instrumente werden dann klarer und präsenter abgebildet, allerdings ist die (natürliche) Tiefenstaffelung dann futsch und muß gegebenenfalls durch eine künstliche ersetzt werden. (die dann, je nach Klasse der Anlage, als solche entlarvt werden kann)<<<<<

Es ist ein Irrtum, daß beim Einsatz von 2 Mikrofonen eine "natürliche Tiefenstaffelung" ensteht. Das Gegenteil ist der Fall, die Stereophonie bei Verwendung eines einzelnen Mikrofonpaars, besonders laufzeitstereophoner Verfahren, verfälscht bereits die Tiefenstaffelung (und mit ihr die Wahrnehmung der Lautstärkeverhältnisse) immens, es kann keine Rede von "natürlich" mehr sein. Es gibt zwar einige "audiophile" Aufnahmen, die das Bedürfnis nach "tiefer Räumlichkeit" zu befriedigen versuchen, aber dies geschieht auf Kosten der Musik.

Auch das die Phasenverzerrungen von EQs etc. per se negativ auf die Tiefeneindruck wirken, kann ich nicht bestätigen. Einfach mal einen hochwertigen EQ anschließen und die Bypass-Taste betätigen...

Gruß, M.
Alfred_Schmidt
Hat sich gelöscht
#11 erstellt: 21. Jun 2003, 14:28
Tantris schrieb:

>ich will zunächst mal bestreiten, daß Komponisten alle >einen "vermischten Klang" angestrebt haben

Kein Einwand, da ich das auch gar nicht behauptet habe.
Du hast nur das Wort *angeblich* uberlesen.
(ich verwende selten smileys wenn ich ironisch bin)

Zu allen weiteren Aussagen meinerseits ist zu sagen, daß es sich um Vereinfachungen handelt.
Natürlich ist mir klar, daß die Aufnahme mit nur 2 Mikrophonen Nachteile hat. Wäre dem nicht so, würden schließlich *alle* diese preisgünstige Lösung einsetzen.

Anders schaut es schon mit "phasenkorrigierten"Lautsprechern aus.
Hier stellt sich die Frage: Wie weit lässt sich das bei Mehrwegsystemen überhaupt korrigieren ??

Als ich würde sagen: niemals ganz
Andererseits sind Lautsprecher heute in der Regel schon eher so aufgebaut, daß sie von Natur aus eher nicht allzuviele Phasenfehler aufweisen.
Wie soll man diese Aussage verstehen?
Als ich in den späten 60ern als Jugendlicher meine ersten selbstgebauten Lautsprecherboxen (ca 70 Liter, geschlossene Box, bzw akustischer Sumpf, wie man damals sagte) den damaligen Insidern präsentierte, waren die gar nicht begeistert. Ich hatte gegen eine Konstruktionsregel verstoßen!!!
Diese Regel hieß: Pla(t)ziere die 3 Chassis einer 3Wegbox so, daß jeder Abstand zu jedem anderen Chassis möglichst verschieden ist und keinesfall in einem mathematischen Bezug zum Abstand zwischen 2 der anderen Chassis ist.
Der Gedanke war, daß Schalleinbrüche im Amplitudenfrequenzgang auf diese weise minimiert würden, weil Interferenzen über das ganze Spektrum verteilt würden.
Das war zwar (im Grunde) richtig, führte aber dazu, daß solche Wandler sehr "flächig" klangen.
Wandler von heute, auch wenn nicht explizit phasenkorrigiert, klingen daher räumlicher (Die Lautsprecher müssen senkrecht in Linie stehen)
Es wurde inzwischen erforscht, daß Interferenzen von untereinander platzierten Lautsprechern als weniger störend empfunden wurden als solche, wo (man hat früher sowas wirklich gemacht !!!) beispielsweise 2 Hochtöner sich *nebebeinander* befanden.

So gesehen, hast Du wahrscheinlich noch nie einen LS mit argen Phasenfehlern gehört (?). In der Studiotechnik wurden die aber (weil "jahrelang erprobte "Klassiker")sehr lange eingesetzt

Gruß
a.s.
michaelg
Hat sich gelöscht
#12 erstellt: 21. Jun 2003, 14:35

Hallo Michael,


Das ist nur teilweise richtig. Es gibt ein psychoakustisches Experiment zur Schätzung der Entfernung im Blindtest, wo das reproduzierbare Ergebnis ist, daß blind Schallquellenentfernungen deutlich kürzer geschätzt werden als im offenen Vergleichstest.


JA, stimme ich zu, ABER im Zusammenhang mit einer komplexen Orchesterdarbietung, d.h. diverse "Schallquellen" tröten und streichen gleichzeitig aus ungefähr derselben Postion (abhängig von Entfernung und Winkel) relativiert sich das wiederum. Bei einer Versuchsanordnung wo auf einzelne Schallquellen, soll heissen nicht in einen komplexen Zusammenhang wie ein spielendes Orchester eingebettet, referenziert wird ist das viel einfacher. Es stört halt weniger. Absolute Einschätzungen sind wahrscheinlich schwer, aber relative zueinander einfacher.



... ohne Unterstützung des Auges wird die Tiefenwahrnehmung zwar komprimiert, funktioniert aber in relativer Einschätzung noch, d.h. man kann nach wie vor wahrnehmen, welche Schallquelle weiter entfernt ist als die andere, nur die Entfernung wird als geringer empfunden.

Gruß, M.


Eben, s.o. je weniger Ablenkung (gleichzeitig eintreffende zusätzliche Schallereignisse) desto einfacher. Ich sage auch nicht, daß jedwede "Tiefe" verschwindet, aber mit geschlossenen Augen braucht das Orchester weitaus weniger Platz nach hinten .
Gruß,
Michael
burki
Hat sich gelöscht
#13 erstellt: 21. Jun 2003, 16:34
Hi Malte,


Es gibt ein psychoakustisches Experiment zur Schätzung der Entfernung im Blindtest, wo das reproduzierbare Ergebnis ist, daß blind Schallquellenentfernungen deutlich kürzer geschätzt werden als im offenen Vergleichstest. D.h. ohne Unterstützung des Auges wird die Tiefenwahrnehmung zwar komprimiert, funktioniert aber in relativer Einschätzung noch, d.h. man kann nach wie vor wahrnehmen, welche Schallquelle weiter entfernt ist als die andere, nur die Entfernung wird als geringer empfunden.


haette mal eine Frage zu diesem Experiment.
Wie waren da die Rahmenbedingungen --> Livekonzert, Konserve, Groesse des Hoerraums, Daempfung des Hoerraums, ... ?

Gab es auch schon Untersuchungen zur Tiefenstaffelung im heimischen Wohnzimmer (ich weiss, sehr schwammige Rahmenbedingungen) ?
Mir geht es beim Hoeren daheim (zumeist im abgedunkelten Raum und auch primaer - aufgrund des Quellenmaterials - in Stereo) schon so, dass haeufig die Tiefenstaffelung bei geschlossenen Augen eher zunimmt (hab einen Hoerabstand von knapp 2 m ) --> genaues Gegenteil zu Deinen Infos.
Ebenso ist meine Erfahrung (hab noch einen zweiten Hoerraum mit Fernblick !), dass ein "Fenster-Ausblick" den Hoereindruck nochmals veraendern kann (alle Eindruecke bei "reinem" Stereo, da IMHO der Mehrkanalton eine ganz andere Art von Raumgefuehl produziert) ...

Gruss
Burkhardt
Alex8529
Hat sich gelöscht
#14 erstellt: 21. Jun 2003, 19:36
Hallo,


Ist Tiefenstaffelung physikalisch nachweisbar, oder handelt es sich um Psychoakustik
ähnlich der Telefonübertragung ?

Frank
Albus
Inventar
#15 erstellt: 23. Jun 2003, 12:34
Guten Tag Frank,

das Schallereignis (die elektroakustische Wiedergabe der Lautsprecher bei Stereoaufstellung) muss bestimmte Eigenschaften haben, damit das Hörereignis (der Person) in dem Gehörten, dem so genannten Stereo-Panorama, neben Rechts-Links-Abstufungen auch Vorn-Hinten-Abstufungen und Oben-Unten-Abstufungen überhaupt aufweisen kann. D.h. die Aufnahmetechnik macht den Anfang einer mehrstufigen Produktions- und Wiedergabe-Kette. Der Hörer hört alsdann in einem (pychophysikalischen) Sinnenakt, Wahrnehmung genannt (Hörereignis), ein Ereignis der technischen Akustik (Schallereignis). Der Hörer decodiert das Schallereignis als Soundso, unter Benutzung der Apparate X-Mk IV ... .

Beschreibung der schwierigen Verhältnisse zB in M. Dickreiter, Handbuch der Tonstudiotechnik, 2 Bände (hier: Band 1).

MfG
Albus
Tantris
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 23. Jun 2003, 14:33
Hallo Alfred,

das mit den 2 Mikrofonen wollte ich nur nochmal erwähnen, weil leider viele Leute 2-Mikrofon-Aufnahmen für alleinseligmachend halten.

Der Phasengang und die Gruppenlaufzeit lassen sich bei einem Mehrwege-Lautsprecher ohne weiteres korrigieren, bis PG und Sprungantwort optisch perfekt sind. Dazu benötigt man lediglich einen DSP und programmierte Filter, bei denen sich der PG unabhängig von der Amplitude entzerren läßt, sich FIR-Filter oder IIR+Allpässe.

Was die aktuellen Lautsprecher angeht, gebe ich Dir weitgehend recht: Die Verzerrungen von Phasengang und Gruppenlaufzeit sind da - im Mittelhochtonbereich - mit wenigen Ausnahmen unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle und eine Diskussion um "Zeitrichtigkeit" lohnt sich deshalb ohnehin nicht. Insofern verstehe ich auch nicht ganz warum Du das Thema aufgegriffen hast.

zu Burkhardt:

wenn ich mich richtig entsinne, war das Experiment nur mit Sprache wechselweise im Freifeld bzw. in einem mittelgroßen Raum. Hauptanliegen war, insbesondere den Zusammenhang zwischen Pegel und vom Gehör geschätzter Schallquellenentfernung zu untersuchen - d.h., im Freifeld wird eine 10m entfernte Schallquelle als genausoweit erkannt wie eine 3m entfernte, solange Pegel und Verfärbung übereinstimmen. Im "lebendigen" Raum funktioniert das nicht mehr so gut, da die Hallmuster mit einbezogen werden.

zu Alex:

Die Wahrnehmung von Tiefenstaffelung ist ein psychoakustisches Phänomen, dem aber selbstverständlich akustische Reize zugrundeliegen, die sich meßtechnisch erfassen lassen. Dies ist bei vorhandenen Musikaufnahmen jedoch sehr kompliziert, da man die Signale ja nicht extrahiert hat.

Gruß, T.
burki
Hat sich gelöscht
#17 erstellt: 23. Jun 2003, 15:19
Hi Malte,


m "lebendigen" Raum funktioniert das nicht mehr so gut, da die Hallmuster mit einbezogen werden.


naja, genau das haette mich aber interessiert und genau um dieses "Detail" geht es ja auch in diesem Thread ...

Gruss
Burkhardt
Alex8529
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 23. Jun 2003, 15:25
zu Alex:

Die Wahrnehmung von Tiefenstaffelung ist ein psychoakustisches Phänomen, dem aber selbstverständlich akustische Reize
zugrundeliegen, die sich meßtechnisch erfassen lassen. Dies ist bei vorhandenen Musikaufnahmen jedoch sehr kompliziert, da man die
Signale ja nicht extrahiert hat.

Zitat Ende


Hallo Tantris,

ich versuche es mal auf meine laihenhafte Art.

1. Stereo-Wiedergabe beruht auf dem Abstrahlen durch zwei Punktquellen > Lautsprecher

2. Dazu kommt noch der indirekte Teil der Abstrahlung durch Reflektionen des Raumes

3. Aus diesen Informationen "baut" sich der Hörer ein Klang-Hologramm = Tiefenstaffelung

4. Daraus schlussfolgernd ist die Wahrnehmung reine Psycho-Akustik

5. Ein Hörer, wer noch niemals eine Live-Aufführung gesehen/gehört hätte, könnte demnach
keine Tiefenstaffelung warnehmen

Als Messaufbau schlage ich folgendes vor:


Eine Stereo-Wiedergabe wird mit einem Kunstkopf-Mikro aufgenommen, und dann über Kopfhörer
wiedergegeben.

Als Ergebnis vermute ich eine Wiedergabe incl. Raumakustik, aber das Vermissen der Tiefenstaffelung.


Frank
Tantris
Hat sich gelöscht
#19 erstellt: 23. Jun 2003, 18:23
Hallo Alex,

Du bist etwas auf dem falschen Pfad, ich versuche es mal zu erklären.

1. Stereo basiert auf der Abstrahlung zweier getrennter Schallsignale, wobei der "Haupttrick" in der Abbildung von Phantomschallquellen besteht, d.h. es werden Schallquellen geortet, wo keine sind, nach den Reizen ZWEIER Realschallquellen, nämlich der Lautsprecher.

2. Bei Stereowiedergabe kann ein Räumlichkeitseindruck entstehen, indem den beiden Signalen indirekte Schallereignisse beigemischt werden, sprich Nachhall (künstlich oder echt). Dadurch entsteht auch im wesentlichen der Eindruck von Tiefenstaffelung. Das alles funktioniert völlig ohne indirekten Schall im Hörraum, es geht auch im Freifeld bzw. "schalltoten" Raum. Indirekter Schall im Hörraum ist eher negativ.

4. Ob die Wahrnehmung "Psychoakustik" ist oder nicht, ist sinnlos zu diskutieren, letztendlich ist jede akustische Wahrnehmung dem Bereich der Psychoakustik zuzuordnen - die P. untersucht alle Phänomene der Wahrnehmung und der zugrundeliegenden akustischen Reize, nicht nur Phänomene wie Irrtümer des Gehörs oder das von Dir angesprochene Residuumhören.

5. Das ist definitiv nicht richtig - zwar ist gerade das Entfernungshören ein Phänomen, was auch auf Gehörschulung basiert, das setzt aber nicht die Kenntnis eines Livekonzertes voraus. Wenn das Gehör grundsätzlich schon einmal den Zusammenhang zwischen Raumgröße und -beschaffenheit und dem resultierenden Hallmuster kennengelernt hat, sollte es auch bei unbekannten Klängen eine ungefähre Entfernungswahrnehmung aufweisen.

Das von Dir vorgeschlagene Experiment habe ich mit ganz anderer Zielsetzung schonmal durchgeführt und es ist definitiv eine Tiefenwahrnehmung vorhanden. Probleme gibt es da eher mit der Beurteilung der Ortungsschärfe.

Gruß, T.
Alex8529
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 23. Jun 2003, 20:12
Hallo Tantris,

danke für die Erklärungen, wobei ich unter Pkt.5 meinte, eine
Person, die noch niemals räumlich gehört hat, rein fiktiv gemeint.


Frank
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