Enthusiaten und Authentizität

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Gantz_Graf
Hat sich gelöscht
#1 erstellt: 16. Mrz 2007, 20:43
Liebe Klassiker,

es begab sich, dass ich am Mittwoch mein zweites klassisches Konzert besuchte. Bruckners Achte wurde dargeboten, Neue Philharmonie Westfalen, in der Konzertaula Kamen/Westfalen. In einigen Belangen eine für mich interessante Veranstaltung.

Musikalisch und akustisch, hierauf will ich nur kurz eingehen, fand ich es hochinteressant. Ich saß viel weiter vorne als beim letzten Mal im Konzerthaus Dortmund und konnte damit auch viel mehr Details wahrnehmen. Die Interpretation gefiel mir, nur fand ich alles einen Tick zu abgehackt. Das großartige Finale, der heiligste Moment war leider entheiligt, es fehlte die notwendige Spannung.

So, kommen wir nun zum Publikum und hier gilt es, mal ein paar lose Behauptungen aufzustellen :-)

Ich kam aus Duisburg von der Arbeit, hatte mich zuvor etwas frisch gemacht, mit einem kurzärmligen, bunten, aber ordentlichem Hemd. Lloyd-Schuhe, typische Kleidung für einen IT-Fritzen.
Meine Sitznachbarin, es war Fräulein Rottenmeier (aus "Heidi"), jetzt mit Gatten, war darüber die ganze Vorstellung pikiert. Saß 90 Minuten wie mit einem Stock im Rücken da, Hände schön auf die Knie gelegt, keine Bewegung mehr. Vermutlich entsprach das nicht ihrem Habitus. Nein, ich habe nicht gestunken und bin auch kein Untier, eigentlich bin ich vom Aussehen her eher der Geilste

Ich sah 80% Senioren in Begleitung ihrer Gattinnen, die alle aus Pflichtgefühl da waren. Die Herren gehen wahrscheinlich teilweise aus Gesellschaftsgründen hin, auf ihrer Seite ist sicher auch Freude an großen Orchesterwerken vorhanden. Bei Frauen glaube ich da nicht dran.

Eine große Menge an Menschen, die Schmuck, Autos und teure Kleidung vorführen.

Ist Begeisterung vorhanden? Wahrer Enthusiasmus? Ich zweifle daran, ich kann ihn nicht sehen! Meine Behauptung ist, dass das Publikum in zum Beispiel einem Rammstein-Konzert sehr viel authentischer ist. Ich glaube auch, dass es ein großes, echtes, authentisches Klassikpublikum nicht gibt. Würde man alle Leute abziehen, die aus irgendwelchen Verpflichtungen hingehen, wären die Vorstellungen vielleicht sehr leer.

Irre ich mich? Ich hoffe! Beweist mir bitte das Gegenteil!
Hörbert
Inventar
#2 erstellt: 16. Mrz 2007, 21:10
Hallo!

Also sowohl ich selbst wie auch sehr viele meiner Freunde und Bekannten besuchen regelmäßig (so 10-12 mal im Jahr) Konzerte, nach meiner Beobachtung hängt es sehr viel vom Konzert selbst ab, einige sind reine gesellschaftliche Ereignisse wie von dir geschildert, bei anderen ist man als Liebhaber Klassischer Musik unter sich, (zumal bei Kammermusik, bei zeitgenössischer Musik und bei Veranstaltungen von Musikhochschulen o.Ä. Bei allen diesen Events sind allenfalls ausser Musikliebhabern noch die Freunde Eltern oder auch gute Bekannte der Musizierenden anwesend ) Je bekannter allerdings Werk und Komponist sind und je offizieller der Auführungsort um so größer ist deine Chance in ein Gesellschaftsereigniss hineinzugeraten, ganz große Chancen hast du wenn es sich noch obendrein um einen Stardirigenten (da gibts auch örtliche Größen) und ein bekanntes großes Orchester handelt.

MFG Günther
JohnD
Stammgast
#3 erstellt: 16. Mrz 2007, 23:29
Gantz_Graf, Du hast recht.

Und bei dem Pseudonym verstehe ich auch, warum Dich das so nervt.
Mir geht's genauso. Ich kann auch auf 80% des Publikums verzichten. Aber wenn die alle wegbleiben würden, gäbe es überhaupt keine Konzerte mehr...
Kings.Singer
Inventar
#4 erstellt: 17. Mrz 2007, 00:12
Hallo Graf.
Du sprichst mir in gewisser Weise aus der Seele. Ich bin immer noch der Meinung, dass ich mir als 'Jungspund' ein eher sportliches Auftreten (ich hoffe, ich muss jetzt nicht differenzieren ^^) erlauben kann. Doch selbstverständlich fällt es auch einem selbst auf "underdressed" zu sein.

Doch ich kann den Teil des Publikums für das Konzert an sich ausblenden, der es als Pflichtveranstaltung für die High Society ansieht.
Tausend mal schlimmer sind dann immer noch jene, die dies einem verwehren. "Entlarvt!", denke ich mir jedes mal (gleichermaßen gestört und sauer), wenn mich ein klingelndes Handy auf den Boden der Tatsachen zurück holt. Oder solche Leute, die meinen, Teile eines Konzerts kommentieren zu müssen oder einfach nur die ganze Zeit mit sich selbst beschäftigt sind (Stimmt das Outfit noch? - Da schau einer an, was der Herr Bürgermeister heute wieder an hat! - etc.).

Die Krone setzen dem dann Open-Air-Veranstaltungen auf. Denn da sind immer wieder diese verdammten Weicheier von "Schirmöffnern" zu finden. Das sind die Schlimmsten von Allen. Auf ein Open-Air im Abendkleid gehen und dann (sprichwörtlich) aus allen Wolken fallen, wenn es - trotz gleich lautender Wettervorhersage - anfängt zu regnen. Was tun? "Jetzt seien sie nicht so unverschämt. Ohne den Regenschirm ginge mein Fuchspelzmantel kaputt. Überhaupt! Sie in dem schäbigen Regen-Cape wollen mir sagen, wann ich meinen Schirm zu öffnen oder zu schließen habe??!!"

So viel dazu.

Grüße,
Alex. ^^
Uwe_Schoof
Ist häufiger hier
#5 erstellt: 17. Mrz 2007, 00:15
Hallo,

früher, als ich noch meist Opern und Sinfoniekonzerte besuchte, habe ich einen ähnlichen Eindruck gehabt wie Gantz Graf. Dies hat sich allerdings geändert, seitich hauptsächlich Kammermusikkonzerte besuche. Hier habe ich fast immer das Gefühl, echte Liebhaber und Interessierte neben mir sitzen zu haben, wie Günther dies ja bereits erwähnte.

Für mich ist das ein wirklich gutes Gefühl. Das allgemeine Interesse bewirkt eine konzentrierte, intensive Stimmung im Vortragssaal, die, wie ich glaube, beobachtet zu haben, auch auf die Interpreten übergeht. Da tut es keinen Abbruch, dass die Kammermusikkonzerte meist nicht gerade überfüllt sind.

Ein kleiner Umweg am Rande: Ich habe 10 Jahre lang ein Streichquartettabo in der Kölner Philharmonie gehabt. Neben mir saß, bereits in der ersten Vorstellung, ein älterer Mann. Er schaute auf die Bühne, blätterte dann etwas in seinem Programheft, schaute wieder auf die Bühne, blätterte,...Auch in der zweiten Vorstellung dasselbe. In der dritten dann sprach ich ihn an, höfliche Worte. Er erzählte mir, dass er bis vor einigen Jahren selbst Bratscher in diesem Orchester war. Wir tauschten in der Pause bei einem Bier unsere Vorlieben aus, Bartok, Beethoven...Wir sprachen über die Konzerte (die er trotz blättern sehr intensiv wahrnahm), über unsere Vorstellungen, interpretatorische Schwierigkeiten - und immer wieder über unsere gemeinsame Leidenschaft Bartok.

Wir waren 10 Jahre lang Nachbarn - eine schöne und bereichernde Zeit.

Uwe
Kreisler_jun.
Inventar
#6 erstellt: 17. Mrz 2007, 00:34

Gantz_Graf schrieb:

So, kommen wir nun zum Publikum und hier gilt es, mal ein paar lose Behauptungen aufzustellen :-)

Ich kam aus Duisburg von der Arbeit, hatte mich zuvor etwas frisch gemacht, mit einem kurzärmligen, bunten, aber ordentlichem Hemd. Lloyd-Schuhe, typische Kleidung für einen IT-Fritzen.
Meine Sitznachbarin, es war Fräulein Rottenmeier (aus "Heidi"), jetzt mit Gatten, war darüber die ganze Vorstellung pikiert. Saß 90 Minuten wie mit einem Stock im Rücken da, Hände schön auf die Knie gelegt, keine Bewegung mehr. Vermutlich entsprach das nicht ihrem Habitus. Nein, ich habe nicht gestunken und bin auch kein Untier, eigentlich bin ich vom Aussehen her eher der Geilste

Ich sah 80% Senioren in Begleitung ihrer Gattinnen, die alle aus Pflichtgefühl da waren. Die Herren gehen wahrscheinlich teilweise aus Gesellschaftsgründen hin, auf ihrer Seite ist sicher auch Freude an großen Orchesterwerken vorhanden. Bei Frauen glaube ich da nicht dran.

Eine große Menge an Menschen, die Schmuck, Autos und teure Kleidung vorführen.


Dir ist aber bewußt, dass Du die anderen Zuhörer ebenso oberflächlich beurteilst wie du vermutest, dass Deine Sitznachbarin Dich aufgrund Deines bunten Hemdes be(ver)urteilt hat? (Und wenn sie vom Naturell Fräulein Rottenmeyer war, hätte sie auch stocksteif gesessen, wenn du einen Smoking getraagen hättest :D)

Warum sollten gerade die Frauen weniger Interesse an der Musik haben?
(andersrum heißt es bei Kreisler: "Auch Herr Blau - weiß genau - warum er hier ist, nämlich wegen seiner Frau")




Ist Begeisterung vorhanden? Wahrer Enthusiasmus? Ich zweifle daran, ich kann ihn nicht sehen! Meine Behauptung ist, dass das Publikum in zum Beispiel einem Rammstein-Konzert sehr viel authentischer ist. Ich glaube auch, dass es ein großes, echtes, authentisches Klassikpublikum nicht gibt. Würde man alle Leute abziehen, die aus irgendwelchen Verpflichtungen hingehen, wären die Vorstellungen vielleicht sehr leer.


Was erwartest Du? Dass sie sich so irr und entmenscht gebärden wie auf einem Rockkonzert? In der Oper tun sies manchmal! Es ist aber eigentlich nicht üblich, ein Relikt aus der Zeit als es eine Zivilisation auf diesem Planeten gab
Was sind irgendwelche Verpflichtungen? War es ein Fest- oder Benefizkonzert? Sehen und gesehen werden? Wieviele Leute gehen zu Rammstein, weil halt die Clique hingeht oder die Frau, die sie rumkriegen wollen oder was auch immer?
Was bedeutet Authentizität in diesem Zusammenhang?

Gewiß ist Dein Eindruck nicht völlig unberechtigt. Aber im Grunde präsentierst Du hier einen Schwung Vorurteile, gegen die Du Dich vermutlich, wenn sie von Fräulein Rottenmeyer in ähnlicher Weise über das typische Publikum von Rammstein geäußert würden, entschieden wehren würdest.
Ich selbst bin zwar eher selten auf Konzerten, aber ich habe dort weder den Eindruck, dass 80% Senioren sind, noch dass 90% unfreiwillig dort wären.

viele Grüße

JK jr.
Maastricht
Inventar
#7 erstellt: 17. Mrz 2007, 10:50
Ich besuche seit vielen Jahren viele Konzerte und Opernausführungen.

Mein Eindruck ist nicht das ein (grosser) Teil der Besucher kommt um gesehen zu werden.
Und wenn es so wäre - macht mir nichts aus.

Und gut das Kleidingvorschriften nicht mehr 'zwingend' sind.

Was mich stört sind die Huster und die Besucher die an den verkehrten Stellen und/oder zu häufig applaudieren und die 'Flüsterer'.

Gruss, Jürgen
Martin2
Inventar
#8 erstellt: 17. Mrz 2007, 16:10
Ich gehe selber eher selten ins Konzert, ab und zu aber doch schon. Ich glaube aber nicht, daß die Leute nur ins Konzert gehen um gesehen zu werden. Das ist aber auch sehr schwer zu überprüfen. Letzlich interessiert es mich aber auch nicht.

Es gibt glaube ich sowieso sehr viel mehr Klassikliebhaber als man denkt. Vielleicht sind sie nicht alle so hochqualifiziert, um in Klassikforen schreiben zu können/wollen. Vielleicht haben sie zum Teil auch ihre Paar Lieblinge und sind neuem gegenüber nicht aufgeschlossen genug. Das kann alles sein.

Ich fand den Eingangsbeitrag von Gantz Graf eher etwas klischeehaft und seine Auffassung, daß die Männer ins Konzert gingen, um Musik zu hören, die Frauen aus anderen Gründen, finde ich ehrlich gesagt sogar ziemlich daneben.

Ich brauche nur in mein persönliches Umfeld zu sehen, um zu erfahren, daß klassische Musik doch viel beliebter ist als man denkt. Nicht alle hören sicher so viel, manch einer bleibt bei seinem Lieblingskomponisten auch hängen. Aber insgesamt sind es doch sehr viele Menschen.

Und ich gebe unumwunden zu, daß, wenn ich in ein Konzert gehe und Musik höre, die mir völlig unbekannt ist und das kommt ja gelegentlich vor, gegenüber dieser Musik auch nicht besser eingestellt bin als ein Banause.

Gruß Martin
eger
Stammgast
#9 erstellt: 17. Mrz 2007, 17:38
Meine Eltern gingen auch nur wegen der festlichen Atmosphäre in die Oper. Mir der Musik konnten sie wenig anfangen, eher noch mit der Handlung. Das Opernglas war meist auf die Kostüme der Darsteller und auf die Kleidung der Damen gerichtet. Wenn dann jemand in Alltagskleidung zu sehen war, dann war das Gesprächsstoff für Tage, obwohl man während der Aufführung keinesfalls irgendwelche Irritierungen zeigte. Meine Mutter hätte die Entrüstung dieses "Fräulein Rottenmeier" voll verstanden, sie hätte nur missbilligt, dass "Fräulein Rottenmeier" diese Entrüstung offen zeigte.
Entsprechend stört mich diese wenig musikbegeisterte Haltung eigentlich nicht, außer wenn irgendwo ewig geflüstert wird oder jemand (durch zuviel Alkohol in der Pause?) laut wird. Die schlimmsten Szenen habe ich bisher bei einer Freiluftaufführung auf den teuersten Plätzen erlebt, da wurde Sekt nur flaschenweise gekauft.
In den letzten Jahren begleitete mich bei allen Konzertbesuchen mein Sohn. Als Teenager hat er gar nichts anderes anzuziehen als Jeans und dunkes Hemd. Aber gestört hat sich bisher niemand daran. Ich denke, die Zeiten haben sich geändert, man achtet mehr auf die Darbietung und weniger auf das Ambiente.
Grüße
agnes
Gantz_Graf
Hat sich gelöscht
#10 erstellt: 17. Mrz 2007, 19:57

Martin2 schrieb:
Ich fand den Eingangsbeitrag von Gantz Graf eher etwas klischeehaft und seine Auffassung, daß die Männer ins Konzert gingen, um Musik zu hören, die Frauen aus anderen Gründen, finde ich ehrlich gesagt sogar ziemlich daneben.

Klischeehaft? Aber selbstverständlich! Eine ausgewogene, demokratische und liberal-verständnisschwangere Betrachtung des Großen und Ganzen unter Einbeziehung aller Für und Wider bringt uns nicht sehr weiter und ist kein Garant für Enthusiasmus und Fortschritt, sondern für lethargisches Mittelmaß. Schau Dir einfach Deutschland an.

Also Abseits des politisch-korrekt Wünschenswerten glaube ich fest daran, dass der Anteil der Frauen, die komplexe Orchesterwerke enthusiastisch feiern, gering ist. Ich extrapoliere natürlich aus eigenen Eindrücken meiner Frau und auch daraus, dass in Klassik-WWW-Foren kaum Frauen schreiben. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie eher Stücken mit Tanzelementen offen gegenüberstehen. Das kann ich natürlich nicht beweisen, ist wahrscheinlich auch eine unerwünschte Behauptung, aber ich vermute, dass es so ist, vielleicht liege ich aber auch völlig falsch.


Ich brauche nur in mein persönliches Umfeld zu sehen, um zu erfahren, daß klassische Musik doch viel beliebter ist als man denkt. Nicht alle hören sicher so viel, manch einer bleibt bei seinem Lieblingskomponisten auch hängen. Aber insgesamt sind es doch sehr viele Menschen.


Wo nehmt Ihr nur alle Euer Umfeld her? Ich habe nie ein Umfeld gefunden welches wusste, was Autechre ist und nun dies: Ich habe Ende der Woche auf der Arbeit vom Bruckner-Konzert erzählt. Ob der öfter auftritt, wurde ich gefragt. Diese Frage bewog mich dazu, noch 3 weitere Leute, die ins Büro kamen, mit der Frage zu belästigen, wer denn Anton Bruckner sei. "Philosoph" und 2x "weiß ich doch nicht" waren die Anworten. Alles Leute >30 und wahrscheinlich mindestens Abitur. Was natürlich nicht überzubewerten ist.


Und ich gebe unumwunden zu, daß, wenn ich in ein Konzert gehe und Musik höre, die mir völlig unbekannt ist und das kommt ja gelegentlich vor, gegenüber dieser Musik auch nicht besser eingestellt bin als ein Banause.


Würde mir auch so gehen. Da ich aber weiß, dass große Werke erstmal schwierig sind und man sich erarbeiten muss, Zusammenhänge zuerkennen und das Werk zu "verstehen", besuche ich nur Konzerte mit Werken, die ich gut kenne. An etwas völlig neuem hätte ich vermutlich keinen Spaß, das erarbeite ich mir lieber zuhause.


[Beitrag von Gantz_Graf am 17. Mrz 2007, 20:00 bearbeitet]
Thomas228
Stammgast
#11 erstellt: 17. Mrz 2007, 21:03
Hallo allerseits,

gerade gestern Abend habe ich in der Staatsoper Hamburg Tosca gehört. Ich versichere euch, da gab es genug Besucher, über die man im Sinne von Gantz_Graf hätte lästern können: Rentner, deren Anzügen man die Mottenkugeln ansehen konnte.Frauen, die sich extra für das besondere Ereignis fein gemacht haben und offenbar sehr erleichtert waren, als sie in der Pause Sekt trinken durften (übrigens vergreifen sich solche Frauen regelmäßig in der Garderobe, tragen sie Kleider, die zur Premiere passen würden, aber nicht zur Repertoire-Vorstellung). Männer, die sich sichtlich unwohl fühlten und wohl nur als Begleiter von Frau, Mutti oder Tante mitgekommen sind...

Na und? Wo liegt das Problem? Doch nicht darin, dass Personen, die ihre Sozialisation in der Adenauer-Zeit empfangen haben, es als ungehörig empfinden, wenn jemand in kurzärmeligem Hemd ins philharmonische Konzert geht? Die Zeiten, in denen von dieser Gruppe ein solcher gesellschaftlicher Druck ausging, dass man sich fügen musste, sind seit 1968 vorbei. Und darüber, dass die adenauerisch denkende Sitznachbarin sich über das eigene Aussehen mokiert, sollte man stehen.

Ist es nicht sehr viel besser, dass all diese Leute Opern und Konzerte besuchen, als zu Hause sitzen und Talkshows oder Andre Rieu gucken?

Sicher, es kann einen sehr ärgern, wenn der Sitznachbar sich unterhält oder umständlich ein Bonbon herausknistert. Aber in der Regel tut besagtes Publikum so etwas gar nicht.

Hat dieses Publikum Auswirkungen auf die Musikrezeption der Kenner und Enthusiasten? In der Regel nicht. Natürlich bemerken es die Musiker, wenn im Saal Kenner sitzen und kann es sein, dass der Funke überspringt, die Musiker also beflügelt werden. Dort aber, wo besagtes Publikum sitzt, wird Repertoire gespielt, für das sich die Musiker ohnehin nicht interessieren, Zeugs eben, dass sie üblicherweise nur runternudeln. Andererseits werden viele Aufführungen durch auch dieses (zahlende) Publikum erst möglich, weil es anderenfalls nicht genug Nachfrage gäbe.

Eingeräumt sei, dass die Opernsängerin, die sich gestern als Tosca versuchte und meiner Meinung nach an der Aufgabe sowohl gesanglich als auch darstellerisch verhob, den meisten Applaus bekam. Nun ja, so ist es eben. Man sieht: Solch Publikum kann für die Musiker auch segensreich sein.

Geradezu abwegig finde ich es, dass Männer sich mehr für klassische Musik interessieren als Frauen. Daraus, dass mehr Männer in Internetforen posten, lässt sich gewiss nichts dergleichen herleiten, ist doch der Männeranteil der Computernutzer deutlich größer als der Frauenanteil. Vermutlich gibt es auch weniger Frauen, die den Hang zum Sammeln von Aufnahmen in sich tragen. Aber das besagt gar nicht. Schauen wir uns den Anteil an ausübenden Musikern an, inklusive der Laien. Da dürfte der Frauenanteil größer sein.

Und dass in der Internet-Branche Tätige Bruckner nicht kennen, wundert mich gar nicht.

Gibt es also kein echtes, authentisches Klassikpublikum? In Hamburg gibt es solches ohne Frage. Bloß findet man es nicht in den Abonnement-Konzerten.

Thomas

P.S.: Übrigens gab es gestern eine Frau, so was von hübsch, sage ich euch, die hat sich auch in der Garderobe vergriffen. Tief ausgeschnittenes Kleid, dünner Stoff unter dem sich der Körper abzeichnete, perfekter Hintern, ahnbare nackte Pobacken... Ich höre besser auf. Ja, so ein Fehlgriff kann auch sein Gutes haben!
Fressbacke
Stammgast
#12 erstellt: 17. Mrz 2007, 21:26
ROFL @ Thomas ...

Erzähl nur weiter *gg*. Mein Kollege schwärmt heute noch (und er ist ein sehr ernsthafter Konzertgänger, so wie ihn sich Gantz_Graf sicher wünschen würde!) vom letztjährigen Konzert, als er von der ersten Reihe aus die Geigerin Miriam Contzen sehen ... äh hören durfte - immerhin ist ihm dabei aufgefallen, daß der Dirigent ziemlich ungeputzte Schuhe und ein zerknittertes Hemd hatte (hmm - der Herr Feltz hat sich aber dann stark verbessert, konnte das letzten Sonntag nicht feststellen!).

Mir ist es eigentlich egal, was für Ignoranten teilweise in die Konzerte mit mir gehen - Hauptsache, sie halten während des Konzerts die Klappe und beherrschen sich, was Husten und Niesen angeht, so gut es geht! DA möchte ich manchmal eine große Keule auspacken - mir würde es NICHT einfallen, total verschnupft und erkältet in ein Konzert zu gehen (deswegen habe ich leider auch seinerzeit Frau Contzen versäumt ...).
Und wenn ich Schlafmangel habe, lege ich mich aufs Kanapee und schnarche nicht meinem Vordermann in der Philharmonie was vor (allerdings gilt hier bei einigen wenigen Dirigenten eine Generalabsolution!!).


Ralf
JohnD
Stammgast
#13 erstellt: 17. Mrz 2007, 21:36

Gantz_Graf schrieb:

Wo nehmt Ihr nur alle Euer Umfeld her? Ich habe nie ein Umfeld gefunden welches wusste, was Autechre ist und nun dies: Ich habe Ende der Woche auf der Arbeit vom Bruckner-Konzert erzählt. Ob der öfter auftritt, wurde ich gefragt.


Also ich kenne Autechre, und auch das Video zu Gantz Graf. :-)
Und Venetian Snares kenn ich auch...
eger
Stammgast
#14 erstellt: 17. Mrz 2007, 22:10
Was bedeutet es für Gantz_Graf ein Werk zu kennen und zu verstehen?
Bedeutet es allerlei Fakten rund um seine Entstehung zu kennen. Oder die Partitur auswendig zu kennen? Interessante Motive selbst zu spielen?

Für mich bedeutet ernsthaftes Musikhören nicht, dass man vorher genau nachgelesen hat, was der Komponist am Entstehungstag zu Mittag gegessen hatte oder wer das Stück in Auftrag gegeben hatte.

Die Noten sind meiner Meinung nach hilfreicher, aber hat man ein Stück wirklich verstanden, nur weil man nachkontrollieren kann, ob alle Wiederholungen gespielt wurden? Und Interpretation bedeutet die Freiheit ein Werk immer wieder anders aufzuführen.

Und warum sind Orchesterwerke mehr Kunst als andere Musikwerke? Komplexität hängt nicht von der Zahl der Mitwirkenden oder der Lautstärke ab.

Warum ist es wichtig Bruckner zu kennen? Wäre es nicht wichtiger alle einheimischen Drosselarten sicher unterscheiden zu können? Dein Kollege kennt vielleicht Bruckner nicht, aber hält dich vielleicht für ungebildet, weil du so wenig über die Geschichte der deutschen Eisenbahn sagen kannst. Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall.

Frauen sind ansich in Internetforen weniger vertreten. Schafft die Hausarbeit ab und es wird sich ändern.

Grüße
agnes
enkidu2
Inventar
#15 erstellt: 17. Mrz 2007, 22:58
Hallo Gantz_Graf,

ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wo ich beginnen soll. Vielleicht erst einmal mit: Willkommen in Deutschland. Vielen ist es Ihnen ja nicht so bewusst, aber Deutschland ist ein multi-kulturelles Land, auch ohne dass wir hier über die Einflüsse ausländischer Kulturen reden müssen. Jede Gesellschaftsschicht hat da so ihre eigene Kultur. Und offensichtlich saßen Sie in dem Konzert soweit vorne, dass Sie erstmalig mit jenen Kreisen in Berührung gekommen sind, die sich zur Bildungs- und Wirtschaftselite zählen.

Ferner scheinen Sie sich Ihres kleidungsmäßigen Fauxpas nicht bewusst zu sein. Wenn Bruckner in einem Kulturtempel zelebriert wird, hat man sich gefälligst anständig zu kleiden, sprich dunkler Anzug, langärmeliges, weißes Oberhemd, Krawatte, auf Hochglanz geputzte schwarze Halbschuhe, also ganz so wie zur Konfirmation/Kommunion. Schließlich haben sich auch das Orchester und der Dirigent dem Anlass entsprechend in Schale geworfen. Und bunt oder geil ist da ebenso unpassend wie vielleicht ein FC Bayern Fan in der Fankurve des Schalke 04 oder ein Popper auf einem Punkkonzert. Oder im Anzug auf dem Rockkonzert. Jedenfalls: Sauber und gepflegt ist in gewissen Kreisen, oder sollte man Sitzreihen sagen, nicht ausreichend. Es muss halt korrekt sein.

Als in der Geldmetropole Frankfurt arbeitender Informatiker weiß ich, wovon ich rede. Wobei es sich in der Landeshauptstadt Wiesbaden nicht viel anders verhält. Also seien Sie gnädig und lassen Sie sich auch künftige Abende nicht durch derlei Betrachtungen vermiesen. Schließlich sind ja wenigstens Sie nur wegen Bruckner da. Und freuen Sie sich doch, schließlich müssen die anderen, die anscheinend soviel Wert auf das korrekte Umfeld legen, Sie auch aushalten und leiden vielleicht viel mehr darunter.

Mein Motto ist: Leben und Leben lassen. - Auch wenn's mich tierisch nervt, wenn, kaum dass die letzte Note verklungen ist, die ersten Reihen schon ins Parkhaus stürzen. Aber die Hardcore Klassikliebhaber klatschen weiter und werden manchmal mit einer Zugabe belohnt, wo ich mir dann wünschte, dass die Geflüchteten noch erfahren würden, was sie gerade verpassen. Aber auch so nennt man das dann wohl ausgleichende Gerechtigkeit.

Mit dem Satz allerdings haben Sie sich meine Empörung zugezogen:

Eine ausgewogene, demokratische und liberal-verständnisschwangere Betrachtung des Großen und Ganzen unter Einbeziehung aller Für und Wider bringt uns nicht sehr weiter und ist kein Garant für Enthusiasmus und Fortschritt, sondern für lethargisches Mittelmaß. Schau Dir einfach Deutschland an.

1.) Sie sollten sich vielleicht mal mit der Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert befassen, dann wüssten Sie, wohin einen Enthusiasmus und Fortschritt führen können. Lesen Sie doch mal z.B. eine Biographie des Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Das sollte lehrreich genug sein.
2.) Auch das Mittelmaß hat seine Daseinsberechtigung. Genau genommen sind wir in vielen Dingen selber Mittelmaß. Ich glaube, einige studierte Musiker würden das, was in diesem Forum abgeht, als mittelmäßig bezeichnen. Was mich nicht stören würde, denn das ändert ja nichts daran, dass ich mich mit den Menschen hier gerne über Klassik unterhalte. Auch ohne entsprechenden musikwissenschaftlichen Hintergrund.
3.) Es geht nicht um Ausgewogenheit. Sondern mehr darum zu erkennen, dass es vielfältige Ansichten und Auffassungen gibt, deren Daseinsberechtigung zu bestreiten einem selber nur bedingt zusteht. Genau wie wir hier akzeptieren, dass in diesem Forum viele unterschiedliche Auffassungen vertreten sind. Wären wir alle einer Meinung, was gäbe es da noch zu diskutieren. Manchmal mögen wir die Auffassung anderer nicht teilen, respektieren aber dennoch ihr Recht, sie hier zu äußern solange das in einem gesitteten Rahmen geschieht. Und ebenso mag es Menschen geben, die ein Brucknerkonzert besuchen, nicht so sehr wegen der Musik, sondern wegen des bildungspolitischen und somit gesellschaftlich-relevanten Charakters der Veranstaltung.
4.) Demokratie und Liberalismus leben nicht davon, dass sich Menschen mit gleicher oder doch ähnlicher kultureller Auffassung vertragen, sondern zeigen ihre wirkliche Stärke erst dann, wenn sie sich mit anders ausgerichteten Kulturen vertragen müssen und können.
Gantz_Graf
Hat sich gelöscht
#16 erstellt: 18. Mrz 2007, 15:50

eger schrieb:
Was bedeutet es für Gantz_Graf ein Werk zu kennen und zu verstehen?
Bedeutet es allerlei Fakten rund um seine Entstehung zu kennen. Oder die Partitur auswendig zu kennen? Interessante Motive selbst zu spielen?


Nein, das bedeutet es nicht und das ließ ich auch nicht anklingen. Wenn ich von Enthusiasmus rede, spreche ich nicht von Kennen und Verstehen. Ich spreche davon, ob man ein Werk mag oder es liebt und es gerne hört, im Gegensatz dazu, ob man es sich aus Gründen anhört, die mit Musik nichts zu tun haben. Nur darum gibg es mir.


enkidu2 schrieb:
Also seien Sie gnädig und lassen Sie sich auch künftige Abende nicht durch derlei Betrachtungen vermiesen.

NEIN! Vermiesen ließ ich mir den Abend dadurch nicht.


Mit dem Satz allerdings haben Sie sich meine Empörung zugezogen:

Eine ausgewogene, demokratische und liberal-verständnisschwangere Betrachtung des Großen und Ganzen unter Einbeziehung aller Für und Wider bringt uns nicht sehr weiter und ist kein Garant für Enthusiasmus und Fortschritt, sondern für lethargisches Mittelmaß. Schau Dir einfach Deutschland an.


Hierauf bist Du in so eine Art "wehret den Anfängen"-Reflex verfallen. Darauf will ich nicht hinaus. Ich hatte ein paar bestimmte Bilder im Kopf, und darauf will ich nun eingehen.

Ich tendiere momentan zu der Auffassung, dass wir stärkere individuelle Interessenvertretung und Profile brauchen. Auf einen Forenbeitrag bezogen:
Ich schreibe hier einen Beitrag, der voller Klischees und persönlicher Werturteile liegt. Ja! So soll es sein! Eine allumfassende Betrachtungsweise regt nicht zur Diskussion an und lähmt den Leser. Als subjektives Wesen kann ich gar nicht allumfassend betrachten. Der Ausschlag des Pendels, das Ergebnis, die Richtung, sie ergibt sich doch dann aus der Summe aller Meinungen die eine Gemeinschaft zusammenträgt, nicht notwendigerweise nur aus dem Konsens, nicht notwendigerweise nur aus der Macht der Stärkeren.

Ich erkenne Polarisierung und Extreme als naturbedingte Tatsachen an. In der Politik ist das aus historischen Gründen nicht erwünscht, in der Wirtschaft kann man das gut beobachten. Es ist notwendig, dass ein Hundt den Untergang der Wirtschaft herbeiruft, wenn Lieschen Müller 12 ct mehr pro Monat bekommt. So sollen auch die Arbeitnehmer ihre Interessen vertreten, man kann ihnen nicht abverlangen, verantwortungsbewusst im Rahmen des Großen und Ganzen und entgegen ihrer eigenen Interessen zu handeln. Handeln alle Beteiligten nach ihren Interessen, wird es ein Ergebnis geben.
Haben wir aber den paradoxen Fall, dass jedes Individuum verantwortlich im Sinne aller anderen handeln soll, so haben wir ihm eine nicht lösbare Lebensaufgabe gestellt, die absolut lähmend ist (Kaufe ich dieses und jenes Produkt, unterstütze ich dann diese oder jenen bösen Mächte, schade ich diesen oder jenen Unschuldigen?").

Und ich glaube nicht, dass diese meine Forderung die Gesellschaft teilen würde, ich vermute da keinen Zusammenhang. Wir beobachten doch gerade seit Jahren die Forderung nach dem Bürger, der allumfassend verantwortlich handelt. Wir wollen den Musterknaben, der Omas über die Straße hilft und den Zeigefinger hebt, wo Unrecht geschieht, wo Kinder ohne Fahrradhelm fahren und Raucher ihre Kippen fallen lassen, wo es Feinstaub am Borsigplatz gibt (deutsche "Probleme" also). Sind wir dadurch eine Gesellschaft der Gemeinschaft geworden? Nein, wir entwickeln uns auseinander, Familien sind nur noch lose Verbünde, wir vereinzeln.

Wir entwickeln uns weg vom unberechenbaren, aber interessanten Wesen "Mensch" hin zu einem vereinzeilten, organisierbaren und gewünschtem Norm-Menschen.


[Beitrag von Gantz_Graf am 18. Mrz 2007, 16:00 bearbeitet]
Martin2
Inventar
#17 erstellt: 18. Mrz 2007, 17:58
Lieber Gantz Graf,

bin ich ein Normmensch, nur weil es mir um so etwas wie Wahrheit geht? Es käme mir wie bloße Schauspielerei vor, irgendwelche Extrempositionen zu vertreten, nur um dadurch als Individuum herauszustechen.

Natürlich sind Extrempositionen interessant und natürlich läßt sich anhand von Extrempositionen viel besser diskutieren. Das macht ja auch Spaß, irgendjemand sagt: "Alle Frauen sind doof" und da gibt es dann ein großes Hallali. Nur - muß das sein?

Nun muß ich sagen: Political correctness gefällt mir natürlich auch nicht, political correctness bedeutet, jeder hält sich an irgendwelche moralischen Normen, aber das Vorurteil als solches blüht munter weiter, weil moralische Normen halt nur moralische Normen sind.

"Die Neger sind dumm" ist aber nicht deshalb falsch, weil es unmoralisch ist, so etwas zu sagen, sondern weil es schlicht sachlich falsch ist.

Ich kann schon verstehen, daß Du auf dem "kleinen Unterschied" zwischen Männern und Frauen beharrst. Der kleine Unterschied macht das leben erotisch, ich möchte nicht sagen, daß ich Anna liebe, aber wenn bloß der blöde Sex nicht wär, könnte es rein menschlich gesehen auch Karl Heinz sein.

Aber muß man dann gleich den Frauen unterstellen, daß sie eigentlich unmusikalisch sind und nur ihren Männern zuliebe ins Konzert gehen? Wiegesagt: Political correctness mag ich nicht, wenn jemand dieser Meinung ist, soll er sie haben, nur finde ich, den kleinen Unterschied zwischen Männern und Frauen extremistisch zu vergrößern, ist auch unerotisch. Ich gehe mit meiner Freundin, die nicht Anna heißt, gerne ins Konzert und unterhalte mich mit ihr auch gerne über Musik.

Gruß Martin
SirVival
Hat sich gelöscht
#18 erstellt: 18. Mrz 2007, 18:32
Hi,

ich kann mich lediglich darüber aufregen, dass euch der Arbeiter und kleine Angestellte, der sich kaum für klassische Musik interessiert, den Erwerb subventionierter und darum preisgünstiger Eintrittskarten für das elitäre Musikvergnügen der oberen Zehntausend ermöglicht. Und dann hier noch rummeckern. Toll, wie man sich auch so expertenmäßig gerieren kann und andere verächtlich macht, die sich mindestens genauso auf die Musik freuen, aber sich dann durch unangemessen gekleidete Typen gestört fühlen müssen, und wenn sie auch noch so vom Aussehen her der "Geilste" sein mögen. Da fragt man sich doch wirklich, ob da im Oberstübchen noch so alles in Ordnung ist.

Gruß


[Beitrag von SirVival am 18. Mrz 2007, 18:34 bearbeitet]
ArmerStudent
Ist häufiger hier
#19 erstellt: 18. Mrz 2007, 19:51
hi! will auch mal meinen senf dazu abgeben
also ich gehe auch oft auf konzerte (studiere musikwissenschaften). es ist völlig richtig, denke ich, dass viele menschen unter anderem oder sogar hauptsächlich aus gesellschaftlichen gründen in konzerte gehen. nur frage ich mich was daran schlimm ist. ich gehe auch oft mit meinen leuten ins kino auch wenn mich der film nicht so interessiert damit man sich halt mal sieht und davor und danach ein wenig labern kann. und solange sich die leute vernüntig verhalten, sehe ich auch keinen grund sie zu verdammen. und woran erkennt man denn ob jemand "musikkenner" ist oder nicht? ich denke hier kann man sehr schnell vorschnelle urteile fällen. ich weiß nur das unserem ganzen konzertwesen sehr stark das geld fehlt und wir um jeden konzertbesucher froh sein sollten. außerdem möchte ich mal zu bedenken geben wie die musik als sie geschrieben wurde, gehört wurde. nehmen wir als beispiel die zeit mozarts und seiner großen opern. die zuschauer waren damals oft nicht mit den stühlen auf die bühne gerichtet sondern saßen sich in zwei blöcken gegenüber und die bühne war sozusagen seitlich zum publikum. warum das ganze? natürlich damit man sieht wer so da ist, was er macht und wie er angezogen ist. die zuschauerräume waren auch nicht abgedunkelt. das hatte zum einen mit sicherheit "teschniche" gründe, man konnte aber auch gut beobachten, was außer der oper noch so geschah. wer es sich leisten konnte in einer loge zu sitzen konnte diese sogar mir einem vorhang schliessen, falls die weibliche begleitung interessanter war als das stück ... man sieht, dass das gesellschaftliche nicht erst seit gestern eine große rolle im musikleben spielt. und ich behaupte mal, dass oft besonders solche leute auch großzügige geldgeber sind (nicht anders als zu mozarts zeit auch) ... wie hier schon öfters erwähnt wurde, denke ich, dass sich aber spätestens beim kammerkonzert die spreu vom weizen trennt. mit einem kammerkonzert verdient man aber auch nicht das große geld ...
und zur kleidung: ich denke man sollte sich schon schick machen, wenn man ins konzert geht, schließlich macht es das orchester auch. aber es muss ja nicht immer ein anzug sein, ich finde in meinem kleider schrank hängen auch andere schicke sachen und ich versuche immer einen guten kompromiss zu finden zwischen meinem geschmack und der tradition. ist ja auch denke ich nicht schlimm, dass ich nen anderen klamottengeschmack habe als mein opa mal abgesehen davon war ich auch schon oft mit jeans und und pulli im konzert einfach weil ich halt bis 7 in der uni war und keine zeit mehr hatte nochmal nach hause zu gehen und mich umzuziehen, und ich hatte nicht das gefühl, dass mich da irgendwer komisch angeschaut hat.

Gruß Michael
Gantz_Graf
Hat sich gelöscht
#20 erstellt: 18. Mrz 2007, 20:08

SirVival schrieb:
ich kann mich lediglich darüber aufregen, dass euch der Arbeiter und kleine Angestellte, der sich kaum für klassische Musik interessiert, den Erwerb subventionierter und darum preisgünstiger Eintrittskarten für das elitäre Musikvergnügen der oberen Zehntausend ermöglicht. Und dann hier noch rummeckern. Toll, wie man sich auch so expertenmäßig gerieren kann und andere verächtlich macht, die sich mindestens genauso auf die Musik freuen, aber sich dann durch unangemessen gekleidete Typen gestört fühlen müssen, und wenn sie auch noch so vom Aussehen her der "Geilste" sein mögen. Da fragt man sich doch wirklich, ob da im Oberstübchen noch so alles in Ordnung ist. Gruß


Vielen Dank für die Blumen. Hier geriert sich niemand expertenmäßig.

Und zunächst bin ich mir sicher (in einem anderen Konzert in Dortmund kam ich mir eher "overdressed" vor), dass Seidenstickerhemd, Jeans und gute Lloyd-Schuhe eben im allgemein als nicht mehr allzu unangemessen angesehen werden.

Und eine Kostendiskussion will ich gar nicht anfangen. Möglicherweise trage ich durch Grundsteuern auch etwas zu Infrastruktur und Örtlichkeiten bei.


[Beitrag von Gantz_Graf am 18. Mrz 2007, 20:08 bearbeitet]
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