Umfrage
Was schätze ich am meisten an klassischer Musik?
1. Geniale Strukturiertheit (45.5 %, 5 Stimmen)
2. Brilliante Instrumentation (9.1 %, 1 Stimmen)
3. Schöne Melodien (36.4 %, 4 Stimmen)
4. Polyphone Durchdringung (0 %, 0 Stimmen)
5. Interessante Harmonik und harmonischer Verlauf (9.1 %, 1 Stimmen)
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Was schätze ich am meisten an klassischer Musik?

+A -A
Autor
Beitrag
Martin2
Inventar
#1 erstellt: 02. Feb 2009, 18:08
Was schätzt ihr am meisten an Musik? Die Entscheidung dürfte schwer fallen, zumal etwa die beste Instrumentation nichts hilft, wenn die Musik eher lau ist, so daß man nie irgendein Element der Musik völlig unabhängig voneinander betrachten kann, aber deshalb kann man doch vielleicht kund tun, was einem besonders wichtig ist, was "in erster Linie" die Faszination an klassischer Musik ausmacht. Ich bin gespannt auf die Antworten und Begründungen.

Gruß Martin
Martin2
Inventar
#2 erstellt: 02. Feb 2009, 21:40
Will denn keiner etwas zu diesem Thema auch sagen? Könnte doch Ausgangspunkt interessanter Diskussionen sein, wobei ich eigentlich geplant hatte, zu diesem Thema auch noch etwas zu sagen, meine Entscheidung zu begründen, Abwägungen in den Raum zu stellen, aber nicht solange diese(r) Umfrage / Thread eine Alleinveranstaltung bleibt.

Zwischenstand jedenfalls 2 für 1, 2 für 3. Daran könnte sich schon eine interessante Diskussion knüpfen ...
Thomas133
Hat sich gelöscht
#3 erstellt: 02. Feb 2009, 22:23
Hallo Martin,
Ich muß erst überlegen wie ich denn hier abstimmen sollte, ich finde alle Punkte irgendwie wichtig.
Die Melodik ist natürlich ein wichtiger Bestandteil, kommt aber darauf an wie sie eingesetzt wird - manche Kompositionen leben zwar vorwiegend von ihren einprägsamen melodischen Motiven - diese aber abwechslungsreich gestaltet, in versch. Schattierungen sind mit evtl. interessanter Rythmik in Verbindung. Wenn aber außer eingängiger Melodik sonst nicht viel Interessantes in der Komposition zu entdecken ist
langweilt mich das auch mit der Zeit (Ein Extrembeispiel wären für mich die Strauss-Walzer die zwar äußerst melodisch sind aber sonst nicht viel Aufregendes in ihnen entdecken kann). Manches muß aber nicht unbedingt so arg melodisch sein wenn irgendwelche Figurationen oder kurze Motive in interessanter Weise verarbeitet und mit einem ansprechenden harmonischen Verlauf verknüpft sind kann das ebenso fesseln wie es ja zB bei manchen Werken Bachs der Fall ist. Polyphonie ist schon sehr interessant und ein "Ohrenschmaus" für sich wenn man das kunstvolle dahinter schätzt und auch ein wenig heraushören kann.
Hier unterscheiden sich dann auch oft extrem die Geister weil es schon intensiverem Kompositionsstudium bedarf um hier Qualität zu bieten (manche sogar große Komponisten haben deswegen nie polyphon komponiert, bei manchen ist es auch nur bei eher diletantischen Versuchen geblieben) - für mich oft die Highlights in manchen Chorwerken, aber ich würde dies nicht zwingend als wichtigstes Kriterium nennen
um bei mir Gefallen auszulösen. Hier würde es auch darauf ankommen wie kunstvoll verarbeitet bzw. wie gut derjenige sein Handwerk beherrscht hat. Ob Bach in seinen Chorwerken etwas Polyphones anklingen läßt oder ob zB Süßmayrs Osanna-Fuge im Mozart-Requiem erklingt...da kann es schon auch große Unterschiede geben. Wenn Chorwerke aber rein homophon durchkomponiert worden sind müssen sie aber schon mit anderen attraktiven Elementen kompensieren um bei mir Gefallen auszulösen, wie zB interessanter Harmonik, Themen, Kontraste usw.
Es ist schwer mich irgendwo genauer ein Merkmal festzulegen weil am Ende das Gesamtprodukt stimmen muß, da muß es nicht zwangsläufig dieses oder jenes vorwiegend beinhalten um bei mir Gefallen auszulösen.
Leichter wäre es wenn man es in Bezug zur heutigen Popularmusik stellen würde - was mich besonders an der Klassik fasziniert das ich in der Popularmusik nicht finden kann - das wären aber auch mehrere Punkte.
gruß
Thomas
Martin2
Inventar
#4 erstellt: 02. Feb 2009, 22:49
Hallo Thomas,

danke für Deinen sehr interessanten Beitrag. In der Tat bin auch ich der Meinung, daß das "Gesamtprodukt" stimmen muß.

Ich habe übrigens für die Alternative 1 gestimmt. Dabei bin ich mir darüber im klaren, daß die Alternative 3 sehr viele Anhänger finden wird. Die "schöne Melodie" steht für viele im Vordergrund. Ich hatte im übrigen den Punkt 3 in der Hinsicht abgeschwächt, daß ich nur die "schöne Melodie" in den Vordergrund stellte - ich hätte ja auch vom "schönen Melos" sprechen können, ein sehr weites Feld.

Für Alternative 1 habe ich vielleicht auch deshalb gestimmt, weil ich von der Sinfonik komme. In der Tat kann es eines der Urerlebnisse klassischer Musik sein, daß gewisse "Einzelbestandteile" gibt, die für sich genommen gar nichts besonderes darstellen, aber in der Gesamtsicht durchaus wichtig sind. Hört man meinetwegen eine Brucknersinfonie, ist es dieses "Urerlebnis" "so und nicht anders", was für mich in besonderer Weise mit klassischer Musik in Verbindung gebracht wird.

Alternative 2, die "brilliante Instrumentation" hat aber auch etwas für sich. Zum Beispiel hörte ich neulich Haydns Sinfonie 101, und da gibt es im Trio des Menuetts ein gar entzückendes Duett zwischen Flöte und Fagott - natürlich ist das Melos da ganz entscheidend, aber das Unvergeßliche des ganzen Moments liegt doch in der Instrumentation, insofern ist die Instrumentation schon ein zwar wenig kreativer, doch ganz entscheidender Punkt.

Alternative 3 - schöne Melodien, wird für viele sehr ausschlaggebend sein und in der Tat kann sich niemand der Wirkung des schönen Melos entziehen. Manchmal kann auch etwas durchaus homophones durchaus "wirken".

Alternative 4: die Kontrapunktik. Da hoffe ich doch auf ein paar Bachliebhaber, aber durchaus nicht auf die. In der Tat ist es die Parallelität gewisser musikalischer Vorgänge, die eine besondere Faszination ausmacht.

Alternative 5: die Harmonik. Schon sehr interessant - besonders in der Analyse. In der Tat beschränkt sich Analyse von Musik, etwa bei Simpsons großartigem Buch über Anton Bruckner, sehr auf die Harmonik. Bei John Adams "Harmonielehre" hat man bei dem ersten großartigen Satz in der Tat den Eindruck, daß dies "nur Harmonik" ist, und es ist dann erstaunlich, daß Harmonik einen Satz in diesem Sinne doch trägt.

Mir geht es bei dieser Umfrage mehr um "Sympathiepunkte". Denn daß das Melos doch meistens der "entscheidende Faktor" ist, der durch die anderen Faktoren nur "verstärkt" wird, dürfte klar sein. Zum zweiten dürfte klar sein, daß die Strukturiertheit von Musik einen entscheidenden Faktor bei klassischer Musik ausmacht. Insofern ist es klar: 1 und 3 werden das Rennen machen.
WolfgangZ
Inventar
#5 erstellt: 02. Feb 2009, 22:52
Hallo, miteinander!

Abgesehen davon, dass wirklich alle genannten Kriterien relevant sein können, um ein Werk attraktiv erscheinen zu lassen, habe ich doch für die Harmonik gestimmt.

Viele meiner Lieblingswerke aus dem 20. Jahrhundert waren über mittlerweile Jahrzehnte hinweg - oft gewiss auch deutlichen Schwankungen unterworfen - von diesem Kriterium bestimmt. Es ist die Reizharmonik, die sich nicht gänzlich von der Tonalität löst, sie aber mehr oder minder ausgeprägt erweitert, die für mich einen besonderen kulinarischen Wert darstellt, das fängt bei den offenen Schlussakkorden in der "Psalmensinfonie" von Strawinsky an, geht über die Sextharmonik Messiaens hin zum Klavierkonzert für die linke Hand von Korngold.

Es gäbe Hunderte anderer Beispiele, die auch nicht auf das 20. Jahrhundert beschränkt sein müssen.

Natürlich mag das in der Wiener Klassik bei Weitem weniger relevant sein, aber auch dabei entdecke ich immer wieder ein Faible für die kleinen harmonischen Rückungen in den langsamen Sätzen der Klavierkonzerte Mozarts.

Es ist dies ein gänzlich subjektives Kriterium - und wie ich schon sagte, wird es kaum ein Musikstück geben, dessen Gesamtwirkung nicht auf dem Ineinanderspiel aller Kriterien beruht. Aber wenn dieser Thread nun einmal besteht ... Ich bitte daher darum, mich mit Unverständnis nicht zu behelligen.

Besten Gruß, Wolfgang
Martin2
Inventar
#6 erstellt: 02. Feb 2009, 22:57
Hallo Wolfgang,

Deine Stimme für die Harmonik erscheint aber leider gar nicht. Bisher gibt es keine Stimme für die Harmonik.

Gruß Martin
WolfgangZ
Inventar
#7 erstellt: 02. Feb 2009, 23:21
Jetzt gibt`s diese Stimme. Ich dachte, ich hätte draufgedrückt.

Wolfgang
Mellus
Stammgast
#8 erstellt: 02. Feb 2009, 23:55
Wie Martin habe ich mich für Alternative 1 entschieden. Vielleicht weil ich auch das Reich der klassischen Musik von der Sinfonik/Orchestermusik her betreten habe?

Meine gegenwärtige (und wenig originelle) "Arbeitshypothese" ist, dass Musik organisierter Klang ist. Und das liegt schon in der Formulierung nahe an der "genialen Strukturiertheit" aus Option 1. Ich finde es spannend, Strukturen, Formen, Kohäsionen, etc. in Musik zu entdecken. Melodien, um die andere prominente Option aufzugreifen, sind nur ein Container, eine Organisationsform für Klänge -- wenn auch die süßeste. Aber eben nur einer unter vielen. Daher sind mir Melodien auch nicht besonders wichtig. (Mir gefällt im Allgemeinen auch abstrakte Malerei besser als gegenständliche. Ob es da einen Zusammenhang gibt?)

Neben dem Strukturpunkt, der immer aktiv ist, gibt es einige wenige Kompositionen, die förmlich "in mich hineinkriechen", mich ausfüllen, von mir Besitz ergreifen, eine persönliche Bedeutung haben. Ich weiß nicht recht, wie das zu beschreiben ist, ich bin mir aber sicher, dass Ihr wisst, was ich meine, da es Euch auch so geht. Klar kann mich ein Film traurig machen, ein Gemälde in Entzücken versetzen und mir ein Gedicht das Tor zu einer anderen Welt öffnen. Aber an die Intensität von Musik reichen die anderen Künste nicht heran. Dafür gibt es aber keine Abstimmungsoption.

Das ist, was ich an (im weitesten Sinn) klassischer Musik schätze.

Ich habe nicht in jedem Satz die "Momentanität" meiner Ansicht herausgestellt. Vielleicht ändert sie sich noch (sie hat sich schon mindestens einmal geändert). Jedenfalls habe ich alles andere als das Gefühl, "fertig" zu sein und ein abschließendes Urteil zum Faszinosum "Musik" abgeben zu können.

Viele Grüße,
Mellus


[Beitrag von Mellus am 02. Feb 2009, 23:57 bearbeitet]
op111
Moderator
#9 erstellt: 04. Feb 2009, 18:15
Hallo zusammen,

Martin2 schrieb:
Für Alternative 1 habe ich vielleicht auch deshalb gestimmt, weil ich von der Sinfonik komme. In der Tat kann es eines der Urerlebnisse klassischer Musik sein, daß gewisse "Einzelbestandteile" gibt, die für sich genommen gar nichts besonderes darstellen, aber in der Gesamtsicht durchaus wichtig sind.


mir ging es ähnlich.

Da ich Beethovens-Musik schätze, kam Möglichkeit 3 (schöne Melodien) nicht in Frage. Schöne Melodien finden sich durchaus auch ausserhalb der klass. Musik.

Wie Mellus sehe ich Musik vor allem als organisierten Klang / organisiertes Geräusch. Struktur und Vielfältigkeit sind jene Komponenten, die ermöglichen, dass komplexe Kompositionen auch in der Wiederholung noch Neuigkeiten zeigen und so Ermüdung / Langeweile verhindern.

Die anderen Punkte (2-5) sehe ich eher als untergeordnete Komponenten oder Elemente.


[Beitrag von op111 am 04. Feb 2009, 18:17 bearbeitet]
Mellus
Stammgast
#10 erstellt: 05. Feb 2009, 02:46

Franz-J. schrieb:
Die anderen Punkte (2-5) sehe ich eher als untergeordnete Komponenten oder Elemente.


Das sehe ich auch so. 2-5 sind Mittel, 1 zu erreichen.

Ich bin übrigens dankbar über Deine Antwort, Franz! Ich hatte schon die Befürchtung, mein sentimental-plauderischer Beitrag hätte diesem Thread hier den Gar aus gemacht.

Beste Grüße,
Mellus
op111
Moderator
#11 erstellt: 05. Feb 2009, 11:41

Mellus schrieb:
Ich hatte schon die Befürchtung, mein sentimental-plauderischer Beitrag hätte diesem Thread hier den Gar aus gemacht.

Du meinst diese Passage:

Mellus schrieb:
Neben dem Strukturpunkt, der immer aktiv ist, gibt es einige wenige Kompositionen, die förmlich "in mich hineinkriechen", mich ausfüllen, von mir Besitz ergreifen, eine persönliche Bedeutung haben. Ich weiß nicht recht, wie das zu beschreiben ist, ich bin mir aber sicher, dass Ihr wisst, was ich meine, da es Euch auch so geht. Klar kann mich ein Film traurig machen, ein Gemälde in Entzücken versetzen und mir ein Gedicht das Tor zu einer anderen Welt öffnen. Aber an die Intensität von Musik reichen die anderen Künste nicht heran. Dafür gibt es aber keine Abstimmungsoption.

Die sehe ich nicht als sentimental an, sondern als Beschreibung der emotionalen Wirkung, die nur von wenigen Werken ausgeht.
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